Wisel Light XL - ein Flügel aus dem Norden

Wisel Light XL

Ein Flügel aus dem Norden

Mirko Krämer


Durch die Berichte über den (die) Leprechauns bei :rcn: bin ich, wie andere natürlich auch, auf den Wisel Light XL aufmerksam geworden. Das Design gefällt mir, das Modell hat sehr handliche Maße und die Bilder des Bausatzes versprachen schöne Baustunden. Die Bauanleitung besteht komplett aus einer Bilderfolge, die man sich online anschauen kann.


Damit ich beim Bauen nicht ständig das Internet bemühen muss, habe ich mir einen Screenshot gemacht und den Werkstattcomputer damit gefüttert. Zusammen mit dem wirklich super gut gezeichneten Bauplan im Maßstab 1:1 reicht das völlig aus. Die Bauabfolge ist logisch und lässt keine Fragen aufkommen. Aber so viele Bauteile hat der Wisel Light XL auch gar nicht.

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Trotzdem bin ich der Meinung, dass der Bausatz nichts für Anfänger ist. Nicht weil besondere Schwierigkeiten beim Bauen auftreten, nein, das ist bestimmt nicht der Fall. Aber es ist schon einige Sorgfalt notwendig, um den Flügel ohne Verzug, also möglichst exakt zu erstellen. Das soll ja hinterher nicht nur gut aussehen, sondern auch gut fliegen. Dann gleich noch den wohl abgedroschensten Hinweis, den ich auf Lager habe: Baut einen rechten und einen linken Flügel! Gerade weil es so schön schnell geht und einfach erscheint, hat der eilige Modellbauer die ersten Teile schneller verkehrt herum verklebt, als er gucken kann.

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Bis es aber soweit ist, müssen ein paar Dinge vorbereitet werden. Ich habe den Plan in drei Teile zerschnitten, um beide Flächenhälften parallel bauen zu können. Die Kopie ist schlicht zu groß, um am Stück auf einen normalen Bautisch zu passen. Vorher darf man sich ruhig an dem Zeichenwerk erfreuen. Das ist echt toll gemacht.

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Das Heraustrennen der Teile ist dann die zweite Freude. Erstens sind die Haltestege der Einzelteile so klein gehalten, dass man schlicht keinen Cutter braucht. Das fand ich sehr angenehm. Zweitens ist die Anordnung der Bauteile mal richtig cool. Es sind in jedem Brettchen die Rippenpaare nebeneinander angeordnet. So kann man immer eine Rippe nach rechts auf einen Stapel legen, die andere nach links. Nach nur 20 Minuten sind so alle Teile schon sortiert, ohne dass es zu einer Suchaktion gekommen wäre. Genial! Klar, dazu trägt auch bei, dass fast jedes Teil beschriftet ist. Beplankungsteile allerdings nicht, denn das wäre ja doof.

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Ich habe mittags um 12.00 Uhr mit dem Basteln begonnen und konnte abends zwei fertige Tragflächenrippengerüste in die Ecke stellen, um Platz für die ersten Rumpfteile zu schaffen. Dabei habe ich aber nicht durchgehend gebaut. Man kann also, wenn es wirklich sein muss, die Flächen ziemlich schnell fertigstellen. Aber ehrlich, dat tut nicht Not. Erstens wäre es eine frevelhafte Genussverweigerung und zweitens soll das auch vernünftig aussehen. Die fast obligatorische transparente Bespannung würde Baupfusch gnadenlos zur Schau stellen. Also bitte etwas Ruhe und Gelassenheit beim Bauen walten lassen. Lieber eine Tasse aromatischen Heißgetränks zwischendurch, statt Panik aufkommen zu lassen. Aber klar ist auch, es wird nie ein Winterprojekt. Den Gedanken kann man getrost in die Tonne verfrachten. Die angegebenen rund 20 Baustunden kommen jedoch nimmer hin. Allein die Rippenaufleimer ordentlich anzupassen und zu verkleben nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Von den Ruderklappen reden wir da noch gar nicht...


Gibt es Tücken, die beim Bau zu beachten wären?

NEIN! Alle Bauteile passten sehr gut ineinander und zusammen. Die Füße unter den Rippen erleichtern den Bau sehr. Den Flügel gerade zu bauen obliegt einzig und alleine dem Erbauer. Man sollte also schon öfter mal kontrollieren, ob die Holme auch gerade verlaufen und alles im richtigen Winkel steht. Gerade die Wurzelrippe muss auf Rechtwinkligkeit zur Steckung überprüft werden, sonst gibt das hässliche Spalten am Rumpf. Die richtige Stabilität kommt hier erst mit der Beplankung und am Ende mit der Bespannung in das Gerüst. Mir hat gefallen, dass die Konstruktion nicht zu verspielt ist aber trotzdem keine Details mehr selbst entwickelt werden müssen. Das Ding ist bis zu Ende gut durchdacht. Sehr schön!

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Die Rumpfnase und ein Teil des Deckels werden in Schichtbauweise erstellt. Um die Bauteile richtig übereinander stapeln zu können, wurden zahlreiche eckige Dübellöcher gelasert. Die "Dübel" finden sich ebenfalls ausgeschnitten in einem Brettchen und machen so den Bau zum echten Puzzle. In meinen Augen sind es diese Details, die den Bausatz zu einem ziemlich guten Beispiel machen, wie ein Kit auszusehen hat oder aussehen kann...

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Kritisch sehe ich an der Flächenkonstruktion lediglich die separat zu bauenden Ruderklappen. Auch wenn die kleinen Rippchen super schön gelasert und beschriftet sind, ist es doch ziemlicher Fummelkram mit diesen winzigen Teilen.

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Das wirklich gerade zu bauen, erfordert schon gesteigerte Aufmerksamkeit. Diese nützt aber nichts, wenn sich das Grundbrettchen biegt. Ich hatte nach einigen Aufleimerchen die Nase voll und habe die Ruderklappen beidseitig mit 1,5 mm Balsa beplankt. Das geht schnell, wird stabil und ist zweckmäßig. Für meinen Geschmack hat hier den Konstrukteur der Spieltrieb überwältigt, ohne dass ein struktureller Vorteil entstanden ist. Das ist aber eher so eine persönliche Einschätzung. Ich würde ein Ruder immer komplett in die Konstruktion integrieren und nach dem Bau abtrennen oder schlicht eine gefräste Endleiste aus Balsa nehmen, die bei dieser Modellgröße vertretbar wäre.

Der Flächenverbinder ist ein massives "Kantholz" aus ziemlich festem Material. Der passt mehr als stramm in die Flächentaschen, muss also etwas abgeschliffen werden. Aber das ist nicht viel und immer noch besser, als eine "Wurfpassung". Ich habe den Knüppel fein verschliffen und dann mit Parkettlack versiegelt, um ihn unempfindlicher gegen Feuchtigkeit zu machen. Das ist wohl der einzige Nachteil des Naturmaterials. Die Stabilität ist über jeden Zweifel erhaben. So ein richtig fein geschliffenes Hartholz ist auch haptisch ein Genuss.

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Der Rumpf ist mir etwas aufwändig geraten. Sollte das Modell mal einschlagen, wird wohl außer dem Rumpf nicht viel übrig bleiben! Der ist mit einer bemerkenswerten Anzahl von Spanten sehr komplex konstruiert. Das wäre sicherlich auch einfacher möglich und dennoch ähnlich stabil. Aber gut, jeder Konstrukteur hat so seinen Stil und den muss man als Kunde eben hinnehmen oder andernfalls alles selbst gestalten.

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Spaß macht der Rumpfbau trotzdem, vor allem weil alles wieder so schön passt und keine Fragen aufkommen lässt.

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An dieser Stelle werden richtig Späne gemacht, denn der eckige Kasten soll noch möglichst formschöne Rundungen bekommen. Das macht nicht nur für den Modellbauer Arbeit sondern auch für den Staubsauger. Das Ergebnis entschädigt aber in jedem Falle für die Mühe.

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Ein bemerkenswertes Detail ist das Seitenleitwerk. Auch das ist wieder ein konstruktives Kleinod, was ich so noch nicht gesehen hatte. Der Rahmen ist mit Nuten versehen, die eine Füllung aufnehmen. Das kannte ich bisher nur von sehr alten Türen, die noch von einem Tischler gebaut wurden. Klar, notwendig ist das vielleicht nicht, aber schön. Es zeigt erneut, dass der Hersteller nicht einfach nur einen Bausatz anbieten will. Der hatte schlicht Lust auf's Konstruieren und sich dabei etwas ausgetobt (siehe oben). Schön ist das hinten im Rumpf super sicher integrierte Leitwerk. Mit dem letzten Rumpfspant verzapft und bis zum Rumpfboden reichend, wird es rundherum eingeklebt und steht damit stabil im Luftstrom. Das Teil kann nur mit roher Gewalt entfernt werden.

Der gesamte Bau ist für erfahrene Modellbauer ein Genuss, weil er zwar etwas Arbeit macht, aber ohne Schwierigkeiten abläuft und kaum Baufehler zulässt. Trotzdem muss der geneigte Modellbauer mitdenken, denn an einigen Stellen bleibt Gestaltungsspielraum. Beispielsweise habe ich den Heckbereich so vorbereitet, dass das Leitwerk erst nach dem Bespannen eingeklebt werden kann.
In den Wurzelrippen und im Rumpfanschluss sind Löcher und auch entsprechende Verstärkungen für Torsionsdübel vorgesehen. Im Kleinteilebeutel finden die sich aber nicht. Da muss man selbst schauen, wie man das am besten löst.

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Mir hat auch die Flächensicherung mit den beiden Haken in der Wurzelrippe nicht gefallen. Das ist wieder Fummelkram. ...

Die beiden Kunststoffschrauben zur Befestigung des Flächenverbinders und des Rumpfdeckels kann man problemlos kürzen. Beim Verbinder wäre eine kurze Inbusschraube aus Metall möglich.
Das sind Dinge, die ich geändert habe, weil sie meinen Ansprüchen so besser genügen. Notwendig ist es aber eigentlich nicht!

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Was bleibt mir vom Bau in Erinnerung?

Der Bausatz ist grundsätzlich toll gemacht, äußerst präzise gefertigt und glänzt mit guter Materialzusammenstellung. Die Konstruktion trägt deutlich die Handschrift des Herstellers, da ist nichts einfach kopiert oder üblicher Standard. An einigen Stellen wäre vielleicht weniger mehr gewesen. Allein die Ruderklappen würden mehr Bauzeit in Anspruch nehmen, als das Rippengerüst der Flächen. Da stimmt was nicht. Der Rumpf ist zwar sehr aufwändig konstruiert, lässt sich dennoch schnell bauen und wird extrem stabil. Die Flächen hingegen sehen herrlich filigran aus und bekommen ihre endgültige Stabilität tatsächlich erst mit der Bespannung. Die Optik des Modells ist relativ schlicht aber unverwechselbar, das passt.

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Letztlich hatte ich im Urlaub eine gute Woche Bauspaß, also zeitlich war das noch ganz übersichtlich. Dabei ist es erstaunlich, dass das Bespannen, die Erstellung der Anlenkungen und das Programmieren des Senders einen erheblichen Teil der gesamten Bauzeit in Anspruch nimmt. Also nach dem Rohbau ist eigentlich erst Halbzeit.

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Vom vorgesehenen Antrieb einmal abgesehen, ist die Ausrüstung des Modells recht preiswert und eigentlich auch nicht besonders anspruchsvoll. Die Servos sollten zwar stellgenau, aber müssen weder schnell noch stark sein. Die Stromversorgung kann locker das BEC des Reglers übernehmen, sodass die technische Ausstattung als üblich gelten kann.
Das grundsätzliche Setup habe ich vom Hersteller übernommen. Der erklärt die Einstellungen in einem Video. Hier wird auch auf einen Schwerpunkt von 120 mm hingewiesen, im Plan stehen 130 mm...die ich nach den ersten Flügen auch eingestellt hatte, zumindest geschätzt.

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Ich habe in meiner mz-12 pro einen Deltaflügel mit zwei Querrudern und zwei Wölbklappen programmiert. Gas und Bremse habe ich auf dem Gasstick, das wird über einen Schalter gewechselt. Das Not-Aus des Antriebs habe ich auf den gleichen Schalter gelegt, mit dem ich auch die Mischer der Bremse aktiviere. Damit ist die Bedienung des Senders beim Fliegen absolut minimiert, da ich zum Landen nur einen Schalter betätigen muss, um Butterfly steuern zu können. Das sollte ohne Hektik funktionieren, da ich Landungen bewusst fliege und nicht einfach so zufällig hinrotze.

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Den Regler des Antriebs habe ich so eingestellt, dass sowohl Anlauf wie auch Bremse recht weich einsetzen. Damit wird nicht nur das Getriebe sondern auch die Klapplatte geschont, was hoffentlich zu langer Lebensdauer beiträgt.

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Wie fliegt der Wisel Light XL?

Na ja, eigentlich ziemlich unspektakulär. Der Antrieb zieht das Modell vom Stand weg kräftig in den Himmel. Das Höhenruder wirkt ziemlich heftig, da habe ich die Ausschläge etwas reduziert. Ansonsten fliegt das Modell recht ausgeglichen und ist durchaus sehr wendig. Den Schwerpunkt habe ich, wie geschrieben, ein gutes Stück nach hinten verlegt. Ich hatte zunächst mit 125 mm angefangen und dann den Akku schrittweise um etwa 15 mm nach hinten verschoben. Das macht sich deutlich bemerkbar, denn so getrimmt gleitet der Wisel Light XL deutlich besser, sinkt weniger und fliegt sich insgesamt viel angenehmer. Hier kann man also durchaus vorsichtig probieren, es lohnt sich. Für die optimale Einstellung der Bremse mit Butterfly braucht man einige Flüge und auch Feingefühl bis zur richtigen Dosis.

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Fazit

Ein kreativer Kleinhersteller aus Dänemark bietet mit dem Wisel Light XL einen sehr schönen Bausatz an, der wirklich Spaß macht. Was ich hier an Kritik geäußert habe, ist ausdrücklich meinen Vorlieben geschuldet. Die Teile passen ausnahmslos perfekt und es entsteht ein sehr schöner Flügel, der unbedingt transparent bespannt werden muss. Ich hatte im Urlaub eine gute Woche Bauzeit, die durchweg stressfrei blieb. Okay, die Ruderklappen...aber die hätte ich vermutlich mit etwas mehr Geduld auch wie vorgesehen bauen können.

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Ansonsten gibt es von mir einen steil in den Himmel gerichteten Daumen für diesen Bausatz. Wer Nurflügel mag, gerne baut, ohne dass es ein Winterprojekt wird und die nötige Sorgfalt mitbringt, der macht mit dem Modell bestimmt keinen Fehler. Mit hat es echte Freude bereitet und ich hoffe sehr, dass von Dane RC noch mehr schöne und ausgefallene Bausätze kommen.
 
Sehr schön - ein Bau- und Testbericht in echter Mirko-Qualität. Gefällt mir sehr gut, Daumen hoch und weiter so!
Dirk
 
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