Faszination Freiflug
Europameisterschaft 2012
Claus Gretter
Europameisterschaft 2012
Claus Gretter
Der Freiflug war an der Entwicklung der Luftfahrt maßgeblich beteiligt. Es begann 1871 mit dem Franzosen Alphonse Penaud, der ein freifliegendes Gummimotormodell entwickelte, zum Teil mit aerodynamischen Merkmalen, die heute noch gültig sind.
Sein Flugmodell hatte außer dem Tragflügel noch eine Stabilisierungsflosse, seinerzeit Penaud–Steuer genannt. Es entspricht dem heutigen Höhenleitwerk. Außerdem schränkte er den Tragflügel, um den Flug zu stabilisieren.
Penaud erhielt auf seine Konstruktion ein Patent, er hatte seiner Beobachtungsgabe und seinem Verstand folgend das erste wirklich stabil fliegende und angetriebene Flugobjekt ‚schwerer als Luft’ entwickelt.
Damit begann die Geschichte der Luftfahrt mit der auf physikalischen Grundlagen beruhenden Reproduzierbarkeit.
Die ‚richtigen’ Flieger waren erst einige Jahre später dran. Otto Lilienthals erste Gleitflüge fanden 1891 statt, von ihm stammen auch die ersten systematischen Schritte zur Tragflügelanalyse mit den noch heute gültigen Lilienthalschen Profilpolaren. Die ersten Motorflieger waren dann 1903 die Gebrüder Wright.
Als 1927 der Engländer Sir Charles Wakefield einen Wanderpreis für einen internationalen Wettbewerb für Freiflugmodelle stiftete, begann die Wettbewerbsgeschichte des Freiflugs.
Auch heute noch hat der Freiflug eine technologische Sonderstellung inne – auch wenn das Fliegen ohne Fernsteuerung altmodisch erscheint. Die Geschichte des modernen Segelflugs mit den in Deutschland ansässigen und weltweit bekannten Herstellern wäre ohne Freiflieger undenkbar. Es waren Prof. Richard Eppler, Dipl.-Ing. Hermann Nägele und der zweifache Weltmeister Rudolf Lindner (Klasse F1A – Freifliegende Segelflugmodelle), die das erste Kunststoff–Segelflugzeug bauten, die Phoenix. Dies ist der Urvater des modernen Segelflugzeugbaus.
Lilienthalsche Profilpolare
So sind heute mathematische Verfahren zur Entwicklung von Freiflugmodellen für die Sportler kein Neuland. Im Unterschied zum Großflugzeugbau geht’s vom Computer in die Werkstatt und dann ohne Umweg über den Windkanal direkt in die Luft.
Mit modernen Technologien und Werkstoffen, wie sie im allgemeinen dem illustren Motorsport und insbesondere der Formel 1 zugesprochen werden, und übrigens auch dem Großflugzeugbau, gehen Freiflieger täglich um! Ebenso sind das Arbeiten mit CAD/CAM– Techniken und die Fertigung von Teilen und Komponenten aus Kohlefaser durchaus vertraut.
Luftschraube und Form in CAD/CAM-Technik
Um bei Wettbewerben erfolgreich abzuschneiden, ist neben der Technologie und der Leistungsfähigkeit der selbstkonstruierten Modelle noch ein Spektrum weiterer Fähigkeiten erforderlich. Die Wettbewerber müssen im Stande sein, ihre Modelle optimal zu trimmen, und in der Wettbewerbsphase sind dann Kenntnisse der Mikro–Meteorologie erforderlich, um den besten Startzeitpunkt wählen zu können und in Thermik zu fliegen.
Besonders eindrucksvoll sind Flüge von Freiflugmodellen, bei denen man glaubt, ein Pilot sitzt an Bord. Die Modelle scheinen ziellos zu ‚wandern’, weder fliegen sie geradeaus, noch im Kreis, aber doch irgendwie beides gleichzeitig oder abwechselnd. Dies ist weder Zufall noch Magie! Durch aerodynamisch–konstruktive Lösungen lässt sich erreichen, daß sich ein Freiflugmodell ‚vollautomatisch’ in einem Thermikfeld zentriert und so die aufsteigende Warmluft am besten ausnutzt. Kein Pilot der Welt könnte dies besser!
Und Philipp Seifert, das jüngste Mannschaftsmitglied sagt: „Freiflug fordert uns heraus und hält uns fit, schickt uns um die ganze Welt und läßt uns die Natur neu erfahren. Super finde ich auch, daß Freiflug uns an die äußersten Grenzen der Technik treibt. Außerdem hält der Sport die Familie zusammen und verbindet Generationen – mein Opa ist immer dabei! Und was mich besonders reizt, Freiflug schafft Freunde in der ganzen Welt! Alles zusammen: Freiflug macht Spaß!“
Segelflugmodelle
Segelflugmodelle der Wettbewerbsklasse F1A bilden den sportlichsten Bereich des Freiflugs. Die Flugmodelle mit etwa 250cm Spannweite und einem Mindestgewicht von 410g (Gesamtflächeninhalt 32 – 34qdm) werden mit einer 50m langen Leine auf Höhe geschleppt.
Innerhalb eines Durchgangs, der 60min dauert, kann der Wettbewerbsteilnehmer den Startzeitpunkt selbst wählen. Mit dem Modell an der Leine gilt es dann, Thermik – die aufsteigenden Luftströme – aufzuspüren. Die Mechanik des Hochstarthakens erlaubt es, das Modell so lange im Kreis zu schleppen, bis ‚gute’ Luft gefunden wird. Dazu braucht der Sportler eine gute Beweglichkeit und Kondition für den Lauf auf freiem Gelände. Dazu Feinfühligkeit, um aufsteigende Luftströme zu erkennen. Und Sprinterqualitäten sind gefordert, um das Modell stark zu beschleunigen, so daß es nach dem Ausklinken weiter Höhe gewinnen kann.
Gefordert wird eine Flugzeit von 180sec. Landet das Modell nicht vorher, löst ein Zeitschalter im Modell die Thermikbremse aus – das Höhenleitwerk klappt hoch – und verhindert so durch einen Sackflug ein Entfliegen des Modells. Landet das Modell, bevor es 180sec erreicht hat, wird die bis zur Landung erreichte Flugzeit gewertet. Vor allem bei starkem Wind kann das Modell eine größere Strecke zurücklegen, und so ist das Auffinden und Zurückholen ein weiterer Aspekt des Freiflugs. Nach sieben Durchgängen wird zusammengezählt. Bei Gleichstand zwischen mehreren Teilnehmern erfolgt ein Stechen mit verlängerten Flugzeiten, bei dem die Sportler im direkten Vergleich gegeneinander antreten.
Gummimotormodelle
Die Energie von 30g Gummi bringt die F1 –Gummimotormodelle (nach Sir Charles Wakefield, dem Stifter des ersten ‚Freiflug–Pokals’, auch Wakefield-Modelle genannt) in rund 40sec auf bis zu 90m Höhe. Dann werden die großen Luftschraubenblätter (Durchmesser um 60cm) zur Verringerung des Luftwiderstands angeklappt und der Gleitflug beginnt. Bei Spannweiten zwischen 140 und 180cm müssen die Modelle ein Mindestgewicht von 200g (ohne eingelegten Gummi) haben. Jedes Gramm mehr zehrt an der Flugleistung. Leichte und feste Bauweise sind hier gefragt.
Außergewöhnlich ist die Antriebsquelle dieser Klasse, der Gummimotor. Allein die Auswahl des Gummis ist eine Wissenschaft für sich – die moderne Chemie liefert Qualitäten, von denen Alphonse Penaud am Vorabend der Luftfahrtgeschichte nur träumen konnte.
Auch in dieser Klasse sind 180sec Flugzeit gefordert, und innerhalb der 60minütigen Durchgänge kann der Sportler seinen Startzeitpunkt wieder selbst wählen. Im Gegensatz zu den ‚Segelfliegern’ muß die Thermik vom Boden aus erfühlt werden. Fast senkrecht wird das Modell dann beim Start nach oben geschleudert.
Motormodelle
F1C–Motormodelle sind die Freiflugklasse für die Motorenspezialisten, die Tuner mit dem Fingerspitzengefühl für Aerodynamik. Die Modellauslegung wird bestimmt vom Hubraum des Motors, der auf 2,5ccm begrenzt ist, dem Mindestgewicht von 300g/ccm und der Mindestflächenbelastung von 20g/qdm. Die Spannweite liegt bei 23 –250cm. Das deutlich höhere Gewicht (meist 750g), die Größe der Modelle, die Belastung durch die starken Motoren erfordern stabilere Konstruktionen und Bauweisen als bei anderen Modellen.
Und last but not least die Mannschaft des Deutschen Aero Club!
Weitere Informationen:
www.ec2012italy.com
www.thermiksense.de
www.modellflug-im-daec.de
www.fai.org
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