Der „heiße“ Folien-Propeller für Kondensator-Saalflugmodelle

Der „heiße“ Folien-Propeller für Kondensator-Saalflugmodelle

Roland Oehmann

Die nachfolgend beschriebene Propellerbauweise ergibt einen präzisen Propeller für leichte Elektro-Saalflugmodelle. Hitze spielt bei der Herstellung eine wesentliche Rolle.
Zutaten:

01.jpg
  • Bowdenzug-Innenrohr, außen 2,0 mm/innen 0,9 mm
  • CfK-Rundstab, 0,7-0,8mm
  • Schrumpfschlauch, Innendurchmesser etwa 2,5 mm
  • Stahldraht, 0,8 mm, 50-80 mm lang
Propellernabe
Die Nabe ist das Mittelstück des Propellers. Sie passt mit leichtem Presssitz auf eine Antriebsachse mit 0,8 mm Durchmesser.

Die Anfertigung erfordert keine Drehmaschine und keine Spiralbohrer. Trotzdem ist sie präzise, sehr leicht und mit einfachen Mitteln herstellbar.

Man nimmt ein etwa 10 mm langes Stück Bowdenzug-Innenröhrchen und ein um 2 mm kürzeres Stück Schrumpfschlauch, welches gut über das Röhrchen passt.
Das Bowdenzug-Röhrchen mit 0,9 mm Innendurchmesser wird auf den 0,8 mm Stahldraht geschoben (Enden entgratet). Über das Röhrchen kommt wiederum der Schrumpfschlauch, der einseitig bündig abschließt.
Der aufgefädelte Verbund wird in ausreichendem Abstand über einer Kerzenflamme geschrumpft. Den Stahldraht dabei horizontal halten und zwischen den Fingern drehen.
Der Schrumpfschlauch schrumpft zuerst auf das Röhrchen. So kann der Verbund noch auf dem Stahldraht verschoben werden.
Durch weiteres, vorsichtiges Erwärmen wandert die Hitze nach innen und erhitzt nun auch das Kunststoffröhrchen.
Das weich gewordene Röhrchen wird durch den Schrumpfschlauch auf den Stahldraht gedrückt. So entsteht ein Innendurchmesser von exakt 0,8 mm.
Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass dort, wo kein Schrumpfschlauch ist, das Röhrchen noch nahezu gleich dick geblieben ist.
Ein Verschieben auf dem Stahldraht sollte nun nicht mehr möglich sein (testen). Zur Sicherheit noch ein paar Sekunden nachheizen, damit wirklich die gesamte Länge am Draht anliegt.

Wichtig:
Hierbei sollte man sich etwas Zeit lassen, weil die Hitze nur langsam in den Kunststoff dringt! Deshalb hoch über die Flamme halten, dafür etwas länger.
Zu geringer Abstand verbrennt den Verbund.



Nach der Schrumpfung und vollständigem Abkühlen sitzt das Röhrchen spielfrei auf dem Stahldraht - idealerweise mit schwachem Presssitz.
Den Nabenrohling schiebt man nun ans Ende des Stahldrahts und noch etwas darüber hinaus, so dass das 2 mm Rohrende innen frei liegt.
Dann erfolgt eine weitere Erwärmung.
Man erhitzt nur das 2 mm-Endstück. Das Ende wird weich und teigig. Nun drückt man das weiche Ende senkrecht auf den Tisch, wobei ein pilzförmiger Kopf entsteht (Mitte Bild 02). Dieser Pilzkopf dient lediglich zur Verbreiterung der Klebefläche für den CfK-Blattholm.

In die Kopffläche wird mittig eine kleine Kerbe gefeilt, etwa 0,5 mm tief, darin wird der CfK-Blattholm mit Sekundenkleber eingeklebt.
Den Schrumpfschlauch aufschlitzen und entfernen. Die Nabe auf Länge kürzen (etwa 6-8 mm).
Wenn die Nabenherstellung nicht auf Anhieb gelingt, weil das Erhitzen erst geübt werden muss oder weil der Presssitz zu locker ist, dann gleich den nächsten Versuch machen. Man braucht ein wenig Übung und Gefühl.
Wer will, kann gleich mehrere Naben schrumpfen, so können gleich mehrere Propeller mit unterschiedlichen Abmessungen hergestellt werden, die beim Fliegen verglichen werden können.

Die Baustufen und fertige Naben

02.jpg

03.jpg

Der Propeller entwickelt, je nach Motor, nur einen Schub von wenigen Gramm – der genügt aber für leichte Saalflugmodelle. Es reicht also eine relativ geringe Steckkraft aus. Man sollte ihn mit wenig Kraft von der Stahldrahtachse abziehen können. Das ist vorteilhaft, da man so beim Fliegen in der Halle schnell mal einen anderen Propeller aufstecken und testen kann.

Tipp:
Falls die Nabe später auf der Antriebsachse doch zu schwach klemmt, dann kann man einen ganz dünnen Film mit Sekundenkleber auf die leicht angeraute Achse aufragen. Unbedingt gut trocknen lassen! Die Nabe passt dann strammer auf den Stahldraht.


Im nächsten Schritt wird der CfK-Blattholm rechtwinklig mit der Nabe verklebt. Dazu braucht man ein absolut rechtwinkliges Brettchen. An diesem eine kleine Aussparung machen, um Platz für die Nabe zu schaffen.
Der Stahldraht wird samt Nabe seitlich mit Gummiringen an das Brett gespannt, das CfK-Stäbchen von oben

04.jpg

Mit einem Tropfen Sekundenkleber wird beides miteinander verklebt. Nach dem Aushärten sicherheitshalber zusätzlich noch einen Tropfen drauf und erneut gut aushärten lassen.
Abschließend die linke und rechte Stablänge auf gleiche Längen kürzen.
Fertig ist die Nabe.

Bemerkung:
Die Verklebung auf dem Pilzkopf ist ausreichend, auch wenn das Modell gegen ein Hindernis stößt, passiert nichts - die auftretenden Kräfte sind gering. Der CfK-Blattholm ist bisher nie gebrochen, selbst mit einem nur 0,5 mm dicken CfK-Stäbchen.

Mit dem dünneren, 0,5 mm CfK-Holm, habe ich aber schlechte Erfahrungen gemacht. Die Blätter konnte man im Anstellwinkel verdrehen, da der 0,5er Stab nicht torsionssteif war. Vermutlich waren die Kohlefasern der Länge nach nicht optimal verklebt?!
Jetzt nehme ich 0,7-0,8 CfK-Stäbe.

Propellerblätter
Die Propellerblätter werden aus steifer, etwa 0,2 mm dicker Kunststofffolie „gekocht“.

Brauchbare Folien sind:
  • transparente Deckel von Frischkäse-Packungen, häufig 0,2 mm dick
  • „MOBILE-Folie“ 0,2 mm (Bastelgeschäft oder Google)
  • transparente Deckblätter von Bildkalendern
05.jpg

Kleben lassen sich Folienwerkstoffe aus >PVC< (Polyvinylchlorid) und >PS< (Polystyrol).
Ungeeignet zum Kleben ist Folie aus >PP< (Polypropylen) sowie >PE< (Polyethylen).

Um ein Hohlprofil zu erhalten, werden die Blattrohlinge auf eine runde, hitzefeste Form (Blechdose oder eine zylindrische Büro-Tasse) gespannt und erhitzt.
Zur besseren Erkennbarkeit auf den Fotos habe ich eine gefärbte Folie verwendet.

Für eine Profilwölbung von etwa 5% bei 15-16 mm Blattbreite benötigt man einen Zylinder mit ungefähr 75-80 mm Durchmesser. Auf der Zylinderfläche wird eine 15° schräge Bezugslinie aufgezeichnet, hierbei dient ein Blatt Papier, das im Winkel geschnitten ist.

06.jpg

Den Blattumriss auf die Folie übertragen und ausschneiden. Eine Pappschablone ist dabei hilfreich.

07.jpg


08.jpg

Der ausgeschnittene Blattrohling wird entlang der Linie auf dem Zylinder ausgerichtet, mit Klebestreifen fixiert und dann mit einem dünnen Stoff (Taschentuch oder Mullbinde) umspannt.

09.jpg

10.jpg

Durch die 15° schräg aufgelegte Folie wird die Schränkung des Propellerblatts erzielt.
Achtung: Blatt richtig herum auflegen! Der fertige Propeller muss an der Blattspitze weniger Anstellwinkel haben als innen.
Das Ganze wird dann mehrere Sekunden (10 - 30 s ausprobieren) in kochendes Wasser getaucht, herausgenommen und abgekühlt. Die Wölbung bleibt nach der thermischen Umformung dauerhaft erhalten.
Fertig ist das profilierte Blatt.

Tipp:
Bereits vor Beginn der Arbeit ein Stückchen Folie in kochendes Wasser tauchen, um zu sehen, ob es sich durch Hitze verformen lässt. Auch einen Klebeversuch mit Sekundenkleber machen.
Keine Glasflaschen als Form verwenden, wegen der Berstgefahr im kochenden Wasser! Deshalb eine Tasse oder Dose nehmen, die halten heißes Wasser aus.
Achtung: Auch keine geschlossene Dose verwenden!


Propellerhelling
Damit die beiden Propellerblätter mit gleichem Anstellwinkel an den CfK-Holm geklebt werden können, bedarf es einer Helling.
Sie besteht aus einem etwa 28 x 60 mm großen Brettchen, auf das zwei schräge Stützrippen zur Auflage der Blätter geklebt werden.

11.jpg

Für eine Propellersteigung von etwa 60 - 65 mm hat die innere Stütze einen Anstellwinkel von 22° bei 24 mm Abstand zur Achsmitte. Die äußere Stütze hat 10° bei 58 mm Abstand.

Damit der Blattholm stets in die gleiche Richtung zeigt, wird noch ein Führungsbrettchen mit eingesägtem Schlitz angebracht.

Die Helling wird mittels Gummiring oder doppelseitigem Klebeband oben auf einem rechtwinkligen Brett fixiert. Seitlich wird ein Bowdenzug-Innenröhrchen fest angeklebt, darin wird der Stahldraht mit der aufgesteckten Nabe geführt.
Zur Positionierung des Propellerblatts werden Begrenzungen am Umfang des Blatts angebracht, z. B. Nadeln. Dies ist unbedingt erforderlich, damit jedes Blatt in genau gleicher Position, wie das gegenüberliegende Blatt, mit dem Holm verklebt werden kann.

Endmontage
Ein Propellerblatt wird auf die Helling gelegt – mit der Wölbung nach oben.
In die Nabe wird die 0,8 mm Stahldrahtachse gesteckt. Den CfK-Holm am äußeren Bereich mit Sekundenkleber benetzen. Die Stahldrahtachse wird ins Führungs-Röhrchen eingeführt und der klebrige Holm nach unten auf das Blatt abgelegt und verklebt.

12.jpg

Gegebenenfalls noch ein wenig Kleber auftragen und gut antrocknen lassen.
Dann die verklebte Einheit im Röhrchen etwas anheben und um 180° drehen. Das zweite Blatt wird ebenso angeklebt.
Der Propeller ist nun fertig und kann auf einer Motor-Getriebeeinheit zum Einsatz kommen.

13.jpg

14.jpg

Ein Auswuchten ist nicht erforderlich. Bei Hindernisberührung biegen sich die flexiblen Folien-Blätter einfach weg, der Propeller wird weder beschädigt noch zerstört.

Noch ein Tipp:
Wer etwas mehr Schub braucht, kann die Helling um 5 mm oder mehr nach außen verschieben. So erhält man einen größeren Propellerdurchmesser und mehr Schub. Die Steigung wird größer. Umgekehrt ergibt es einen kleineren Durchmesser und weniger Schub.

Viel Erfolg beim Nachbau und nicht vergessen - Kerze ausblasen!

Daten des hier beschriebenen Propellers:
  • Durchmesser 125 mm
  • Steigung ca. 60-65 mm
  • Gewicht ca. 0,33 g (mit transparenter 0,2-Folie)

Der Propeller treibt mein Modell („CAPPY“) mit folgenden Daten an:

15.jpg
  • Abfluggewicht 7,3 g
  • Spannweite 50-55 cm (je nach Tragflügel)
  • Motor ca. 30-35 Ohm (6 mm)
  • Getriebe 6,66:1
  • Kondensator 2,7 V / 10 F
  • Flugdauer über 5 Minuten (bei Kondensator-Aufladung mit 3,2 V)

Januar 2014

Sonstiges zum Thema Kondensator-Saalflug:
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten