Propellermitnehmer
Anmerkungen zur Fertigung
Volker Cseke
Anmerkungen zur Fertigung
Volker Cseke
Der Hilferuf eines Users in einem Beitrag weckte meine Neugier.
Wenn ein Beitrag der Art "Jemand hier, der mir einer Propadapter drehen kann?" in einer Rubrik steht und als einzige Antwort der Hinweis auf ein Nachbarforum erscheint, ist der Ehrgeiz des RCN-Users gefragt. Da ich hin und wieder Übungsstücke für die Praktikanten brauche und ein reales Stück mehr Spaß macht wie eine tote Drehübung, habe ich den User angeschrieben und mal nachgefragt, was er denn so braucht.
Die Antwort war die Geschichte einer leidvollen Erfahrung mit einer schlechten Konstruktion. Für einen etwas größeren E-Motor hat der Hersteller einen Propelleradapter geliefert, der zu viel Unmut geführt hat. Der Mitnehmer hat eine 10 mm Welle, der Propeller wird mit einem M10-Gewinde aufgespannt. Der Schaft ist aus Aluminium, die Mutter aus Stahl, galvanisch verzinkt.
So sieht der auf dem Motor montierte Mitnehmer aus.
Das immer wieder auftretende Schadensbild stellte sich wie folgt dar:
Zieht man die M10-Mutter mit einer entsprechenden Scheibe zwischen Propeller und Mutter materialgerecht an, so sind die Reibkräfte an der geriffelten Aufspannfläche nicht hoch genug und der Propeller rutscht durch und lockert sich. Zieht man die Mutter so weit an, dass der Propeller sicher hält, lässt sich die Mutter für Wartungszwecke nicht mehr lösen. Die Mutter "frisst" auf dem Gewinde des Schaftes (Kaltverschweißung) und die Verbindung ist nur mit einer Trennscheibe wieder zu lösen.
Der User hat mir einen Reservemitnehmer zur Maßabnahme vorbeigebracht und wir haben die Randpunkte für den neuen Adapter besprochen.
Ausgehend vom Vorbild haben wir folgende Konstruktion entwickelt:
Auf den ersten Blick ist die Trennung von Befestigung und Drehmomentübertragung durch Formschluss zu erkennen. Allen großen Motoren haben solche Mitnehmer.
Wer möchte, kann mit der 3D-Zeichnung nachvollziehen, welche Ausführung wir machen wollen.
Die Datei bitte runterladen und mit dem Adobe Acrobat-Reader öffnen. Wer sich entschließen kann, uns zu vertrauen, sieht die Grundkonstruktion. Nach dem Einschalten des Lichtes (die Funktion ist durch die kleine Schreibtischlampe gekennzeichnet), kann die Zeichnung mit allen möglichen Funktionen betrachtet werden. Viel Spaß beim Spielen.
Im Nachfolgenden möchte ich die einzelnen Fertigungsschritte zeigen, um auch andere User zu ermutigen, sich an solche Aufgaben heran zu wagen.
Da der größte Mitnehmerdurchmesser 30 mm beträgt, würde bei einer Herstellung aus einem zylindrischen Rohteil viel Material abzutragen sein. Deshalb haben wir als Rohling eine Edelstahlschraube aus dem Anlagenbau genommen, die zufällig auf einer Baustelle übrig war.
Die Länge war etwas zu groß, also erst mal absägen und vorbereiten.
Der auf dem Schaft gespannten Schraube wird der Sechskantkopf abgedreht und die Stirnseite geplant. Dabei wird noch nicht das Endmaß angedreht, sondern nur so weit, bis der Sechskant verschwunden ist und noch etwa 2 bis 3 mm Aufmaß übrig bleiben.
Dann wird umgespannt und der Schaft auf der Stirnfläche geplant. Da der Schaft im Endmaß relativ dünn sein wird, erfolgt eine Zentrierung an der Stirnseite des Schaftes und damit eine Abstützung bei den nachfolgenden Schritten durch einen entsprechenden Mitnehmer in der Pinole des Reitstocks.
Anschließend wird in einer Aufspannung die Grundfläche der Propelleranlage und der Schaft gedreht. Nun darf aber nicht mehr ausgespannt werden, da nur damit sichergestellt wird, dass Grundfläche und Schaft exakt zentrisch und winkelig zueinander sind.
Ebenso wird der Gewindeauslauf für das Gewinde auf dem Schaft gedreht.
Wir hatten uns entschieden, den Schaft wieder mit Gewinde zu versehen, um auch weiterhin eine Stopp-Mutter verwenden zu können. Diese hält den Propeller auf der Achse, auch wenn durch ein äußeres Ereignis die Mitnehmerschrauben abscheren sollten. Ohne diese Sicherung würde der Propeller im Schadensfall nach vorne wegfliegen und eine erhebliche Gefahrenquelle darstellen. Die Stopp-Mutter wird nach der Montage der vier Spannschrauben aufgeschraubt und nur handfest angezogen.
Nach dem Ablängen, Anfasen und Nachsetzen der Zentrierbohrung ist alles für das Gewindeschneiden vorbereitet. Vielleicht noch ein paar Worte zum Freistich für den Gewindeauslauf. Gerade an dynamisch belasteten Wellen sollte man scharfe Einstiche oder Absätze wegen der Kerbwirkung vermeiden. Ich habe deshalb auch den Übergang zwischen der Achse und der Grundplatte stark ausgerundet. Auf den Fotos ist das nicht so deutlich zu erkennen, aber der Radius beträgt 1 mm. Die Tiefe des Gewindeauslaufes reicht bis zum Kerndurchmesser des Gewindes. Nur dieser Querschnitt trägt die auftretenden Kräfte.
Nachdem der erste Span nur eben angeritzt wurde, wird sicherheitshalber die Rädereinstellung mit der Steigungslehre kontrolliert. Da ich an meiner Drehmaschine zum Teil Räder wechseln und das Getriebe schalten muss, ist immer die Gefahr einer Fehlstellung gegeben. Wenn die Kontrolle nach dem ersten, feinen Span erfolgt, lässt sich gegebenenfalls ein Fehler noch folgenlos korrigieren.
Den eigentlichen Ablauf des Gewindeschneidens auf Drehmaschinen kann man an vielen Stellen im Netz nachlesen.
- Die Zustellung so wählen, dass ein schöner Span geschnitten wird. Nicht zu viel zustellen, sonst wird die lange, dünne Welle zu stark belastet und kann sich biegen, was zu einer Ungenauigkeit führt.
- Die Zustellung nicht zu klein machen, weil dann kein sauberer Span abläuft und die Oberfläche rau wird, da der Meißel zwischen schaben und schneiden wechselt.
- Abwechselnd den Obersupport etwas nach links und rechts versetzen, damit der Meißel nur auf einer Seite schneidet und der Span auber abläuft.
Auf dem vorstehenden Bild ist der einseitige Spanablauf gut zu sehen. Auf dem Gewinde steht das Schneidöl. Die Oberfläche ist bei jedem Schnitt eben. Wer genau hinschaut, sieht das Auslaufen des Gewindes in den Freistich hinein. Der Meißel ist ein Hartmetallmeißel, dessen Schneiden ich vor dem Arbeiten mit einem feinen Läppstein poliere. Anschließend kontrolliere ich unter der Lupe die Unversehrtheit der Schneidkanten.
Wenn die Endwerte für die Zustellung erreicht sind, kommt der große Moment. Vorsichtig den Reitstocks lösen, wobei der Bettschlitten noch in der Gewindeschneidstellung stehen bleibt und anschließend das Prüfen des Gewindes mittels Mutter oder mit einem entsprechenden Gewindeschneideisen.
Wenn die Mutter noch etwas stramm geht, kann man entweder noch einen kleinen Span nachlegen oder man nimmt ein Schneideisen und dreht dieses auf. Dabei darf jedoch nur mit Handkräften und keinesfalls mit langen Hebeln gearbeitet werden. Lieber mit der Maschine noch einen Gang schneiden, als die Welle verbiegen. Nur so lassen sich exakte Rundläufe erreichen.
Nach meiner Erfahrung braucht man kein Schneideisen, wenn alle Maße genau nach Tabellenbuch eingehalten werden.
Nach dem Abschluss des Schneidens des Außengewindes wurde die Welle hohlgebohrt und ein Befestigungsgewinde für den Spinner eingebracht. Dieses M5-Gewinde habe ich mit einem Gewindebohrer geschnitten.
Jetzt ist der Grundkörper fertig. Anlagefläche und Welle weisen einen exakten Rundlauf zueinander auf. Wer jetzt das Teil einfach umdreht, wieder im Drehfutter spannt und den Rest fertig abdreht, wird später sein blaues Wunder erleben. Der Rundlauf ist hin. Normale Drehfutter haben auf Grund ihrer Konstruktion und Ausführung immer eine gewisse Toleranz. Diese kann bei einem Futter mit ausgeschliffenen Backen für den Durchmesser des Ausschleifens minimiert werden. Wenn jedoch ein anderer Durchmesser gespannt wird, ist der Toleranzwert schon wieder verändert.
Allerdings gibt es eine zuverlässige Methode, um mit einem "normalen" Drehfutter hohe Genauigkeiten zu erzielen. Ich erreiche auf meiner Drehmaschine mit diesem Verfahren Rundlaufabweichungen von rechts-/linksgespannten Bauteilen von unter einem 0,01 Millimeter.
Dazu wird aus einem gut zu drehendem Material, ich nehme bevorzugt ein hochfestes Aluminium, ein Zylinderhut gedreht, der etwa 3 bis 5 mm größere Außenabmessungen hat wie das aufzunehmende Teil. Die Nulllage im Drehfutter wird durch einen Körnerschlag vor dem Ausdrehen markiert. Damit lässt sich die Spannhülse aus dem Drehfutter nehmen und lagegleich wieder einsetzen. Auf meiner Maschine kann ich die Hülse ruhig 1 oder 2 mm nach links oder rechts verdrehen, ohne eine für mich messbare Abweichung zu erhalten.
Die Hülse wird im letzten Arbeitsgang auf das Maß der zu spannenden Welle ausgedreht. Dabei muss eine Übergangspassung erreicht werden. Ein ganz leichtes Klemmen beim Einschieben ist gerade noch akzeptabel. Die Welle sollte jedoch mit der Hand komplett auf- und abgeschoben werden können. Keine Angst, wenn die Hülse aus Alu ist, es gibt keine Beschädigungen an der Stahloberfläche. Aber auch hier gilt, nur Handkräfte benutzen.
Passt alles, wird die Hülse dem Drehfutter entnommen und im Schraubstock gespannt, um per Hand einen Schlitz zu sägen. Hierbei darauf achten, dass dieser Schlitz zwischen zwei Drehbacken liegt. Bitte den Schraubstock unbedingt gefühlvoll bedienen und auch beim Durchsägen darauf achten, nicht an der Hülse zu zerren. Bei den letzten Millimetern darauf achten, dass die Hülse beim Durchsägen auf der Innenseite nicht beschädigt wird.
Der Sägeschnitt ist anschließend mit entsprechenden Schlüsselfeilen zu entgraten. Auf der Innenseite der Hülse gilt es, besondere Vorsicht walten zu lassen. Hat die Innenseite erst mal eine dicke Macke, kann man gleich wieder von vorne beginnen.
Doch wir haben die nötige Ruhe und Geduld. Daher wird das Ergebnis so aussehen, wie auf dem Bild oben. Wird jetzt die Maschine gestartet, wird der Kopf unseres Mitnehmers je nach Drehfutterqualität mehr oder weniger stark unrund laufen. Doch dies macht nichts. Dank der Hülse läuft die Welle zentrisch und der Kopf wird in den nächsten Schritten darauf angeglichen.
Beim ersten Überdrehen ist es wichtig, dass kein unterbrochener Schnitt gefahren wird. Die Schnitttiefe im vollen Material sollte mindestens so groß sein wie die Exzentrizität. Kann dieses Maß auf Grund großer Abweichungen nicht erreicht werden, ist erst mit kleiner Zustellung das Gröbste zu beseitigen und erst danach mit einem Schnitt die Rundheit herzustellen. Bei einem unterbrochenem Schnitt kann sich gerade bei leichten Maschinen ein Rattern einstellen. Diese Rattermarken sind nur schlecht wieder zu entfernen, insbesondere dann, wenn nicht mehr genügend Übermaß vorhanden ist.
Die nächsten Schritte ist die Herstellung der Form für den Anschluss auf dem Motor. Das Maß für den Zentrierdurchmesser am Motor ist hierbei besonders zu beachten. Es sollte eine Nullpassung erreicht werden.
Die Ähnlichkeit zwischen Original und Nachbau ist schon gut zu erkennen. Jetzt fehlen nur noch die verschiedenen Bohrungen im Grundkörper.
Zunächst werden die Bohrungen angezeichnet, dann angekörnt und gebohrt. Das ist nicht weiter spannend, bis auf die erforderliche Genauigkeit. Deshalb habe ich mir für die Mittelpunkte einen kleinen Einsatz gedreht, der über eine ganz kleine Zentrierung die Spitze des Zirkels aufgenommen hat.
Gespannt wurde im Schraubstock der Bohrmaschine mit Hilfe der Spannhülse aus der Drehmaschine, um den Schaft nicht zu beschädigen. Vorbohren und Aufbohren auf Fertigmaß sind dann nicht mehr der Rede wert.
Was noch blieb, war die Herstellung der Stufensenkung für die Befestigungsschrauben des Grundkörpers am Motor. Dazu habe ich einfach zwei Schrauben in die Löcher des Grundkörper gesteckt, um ein Verdrehen beim Senken zu verhindern.
Die Fertigung einer angepassten Druckscheibe und das Anpassen der Schrauben war dann Routine und ging schnell von der Hand. Als wir dann so weit waren, kam die Frage auf: “Und wie bekomme ich die passenden Löcher in meine Propeller?“ Der erste Gedanke, die Löcher mittels Druckscheibe anzuzeichnen und dann zu bohren, wurde schnell verworfen. Schließlich hatten wir uns schon so viel Arbeit gemacht, da muss nun auch dafür noch eine adäquate Lösung her.
Wir fertigten eine entsprechende Lehre an, auf die der ungebohrte Propeller aufgespannt wird. Dann wird das erste Loch ausgerichtet und gebohrt. Anschließend wird ein Passstift in die erste Bohrung eingesetzt und damit sichergestellt, dass sich die Lehre nicht mehr verdrehen kann. Der hohe Grundkörper führt den Bohrer sicher und gewährleistet so eine genau senkrechte Bohrung.
So sieht die Lehre von der Bohrseite aus.
Damit wäre der Ausflug in die Werkstatt beendet. Ich hoffe, der ein oder andere Leser fühlt sich ermutigt, in Zukunft auch mal eine etwas anspruchsvollere Dreharbeit zu machen. Keine Angst, man kann auch auf einer kleinen, einfachen Maschine hochgenaue Werkstücke anfertigen.