Fliegt wie ein Copter

Stephan zu Hohenlohe


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Modellhelikopter gelten nicht gerade als einsteigerfreundlich. Der angehende Pilot muss von Anfang an alle drei Achsen gleichzeitig steuern, dabei kennt der Heli kein eigenständiges Schweben – das Gerät will ständig gesteuert werden. Ganz anders
die beliebten Multicopter: Nach dem Loslassen der Knüppel schwebt ein Copter von alleine. Nun hat Blade einen Modellhelikopter mit den Flugeigenschaften eines Quadrocopters gebaut. Damit müsste der Einstieg doch viel leichter sein, oder?

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Die Technik: Ganz unten im Chassis sitzt der Regler für Heck- und Hauptmotor, darüber der Empfänger samt Stabilisierung. Die Taumelscheibe wird von drei Servos angesteuert

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Die digitalen Metallgetriebe-Servos sind flugfertig eingestellt

Um es gleich vorweg zu sagen: Der Blade 230 S ist ein vollwertiger 3DMini-Heli. Allein das installierte Safe-System in seinem AS3X-Spektrum-Empfänger AR636A macht das Modell auch für Einsteiger beherrschbar. Der Helikopter kommt aus der Schachtel fertig gebaut und angeblich auch eingeflogen. In der RTF-Version ist ein Spektrum DXe-Sender enthalten, die BNF-Version benötigt man noch einen Sender aus der Spektrum-Familie. Der Heli ist mit zwei Brushless-Motoren mit 3900 kV für den Hauptrotor und 3600 kV für den Heckrotor ausgestattet, das heißt, der Dreiblatt-Heckrotor hat seinen eigenen Motor, welcher die Heckfunktion über die Drehzahl steuert. Der paddellose Hauptrotor mit Kunststoffblättern wird über ein einstufiges Getriebe angetrieben, drei digitale Metallgetriebe-Servos steuern die Taumelscheibe. Das Chassis des Blade besteht aus Kunststoff, das Heckrohr aus blau eloxiertem Alu. Im Set enthalten ist ein 3S-30C-LiPo-Akku mit 800 mAh enthalten, auch ein sehr einfaches Zwölf-Volt-Ladegerät samt Netzteil finden wir in der Schachtel.

Die ausführliche Anleitung zeigt die Programmierung aller Spektrumsender, womit auch ein Einsteiger zurechtkommen sollte. Wenn der Sender, in unserem Falle die DX9, dann programmiert ist, bieten sich neben den Hauptsteuerfunktionen die Schaltergesteuerten Flugmodi an Mit einem Dreistufen-Schalter werden dabei die üblichen
drei Flugphasen geschaltet:

  • N, bei dem die Rotordrehzahl mit dem Pitchknüppel hochgefahren werden kann
  • Kunstflug 1 mit einer konstanten niedrigen Kopfdrehzahl
  • Kunstflug 2 mit einer konstanten hohen Kopfdrehzahl

Interessanter ist der zweite Schalter. Mit diesem lässt sich der Heli zwischen dem Stability-Mode und dem Agility-Mode umschalten. Im Agility-Mode verhält sich der Blade 230 S wie jeder andere 3D-Heli. Im Stability-Mode jedoch soll der Heli stabil wie ein Quadrocopter fliegen. Zu guter Letzt wird die Bind-Taste des Senders zum „Panik-Button“. Sollte der Pilot während des Fliegens den Eindruck bekommen, er habe die Sache nicht mehr im Griff, kann ein Druck auf die Taste den Heli automatisch in die Normalfluglage bringen.

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Bei Windstille können im Stabilitätsmodus die Hände von den Knüppeln genommen werden, der Blade schwebt von alleine

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Trotz seiner geringen Größe ist der Blade 230 S auch bei Windgut steuerbar – zumindest im Agility-Modus

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Es funktioniert – zumindest fast

Den ersten Flug haben wir in Agility-Modus gemacht. Der Rotor wird im Modus 1 auf Drehzahl gebracht, nach dem Umschalten im Modus 2 wurde der Heli dann abgehoben. Der Blade 230 S liegt sehr sicher am Knüppel, auch das Heck steht stabil. Im ersten Augenblick ist nur das hohe Sirren des Heckrotors störend. Das Heck rastet nach schnellen Pirouetten sicher ein, allerdings nicht ganz so knackig wie bei einem per Pitch gesteuerten Heckrotor. Die ersten Rundflüge zeigen keine Auffälligkeiten – klar, einen solch kleinen Helikopter darf man nicht zu weiträumig fliegen. Interessant ist, dass das motorgesteuerte Heck auch bei schnellen Rückwärtsflügen stabil gehalten wird. Die Leistung des Blade 230 S reicht auch im Mode „Kunstflug 2“ vollkommen aus. Dabei funktioniert der Panik-Button grundsätzlich gut. Aus jeder Fluglage wird der Blade 230 S sicher in die normale Fluglage gebracht, dabei ist eine gewisse Höhe erforderlich. In der Praxis war es jedoch schwierig, am Sender den sonst beim Fliegen nicht so oft benötigten Taster zu finden. Ob man diesen dann in einer tatsächlichen Panik-Situation schnell findet und drücken kann, bleibt fraglich.

Interessanter ist das Ausprobieren des Stability-Modes. Getestet wurde das bei Windstille. Von einem ruhigen Schwebeflug auf der Stelle konnte aber nicht die Rede sein. Vielmehr zog der Blade wie auf Nick gesteuert nach vorne. Nur mit Ziehen des Nick-Knüppels ließ sich der Blade auf der Stelle halten, nach dem Loslassen zog er wieder nach vorne. Das Problem ist bei Horizon Hobby bekannt und kann durch einen Trimmflug beseitigt werden (siehe Kasten).
Nach Durchführung dieses Trimmfluges bleibt der Blade 230 S tatsächlich nach dem Abheben ruhig auf der Stelle stehen. Steuereingaben wie Roll und Nick werden brav ausgeführt, nach Loslassen des Knüppels geht der Blade von alleine zurück in den Schwebeflug – so kennen wir das von den vielen Quadrocoptern. Im Praxistest durfte ein passionierter Copterpilot ohne Modellflugerfahrung den Blade schweben, was auf Anhieb gelang. Aber, Achtung: Da der Blade, anders als viele Fotocopter, kein GPS hat, wird er bei Wind nicht auf der Stelle schweben. Das Versetzen im Wind muss der Pilot aussteuern.

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Der Heckrotor wird von einem Brushless-Motor angetrieben, ...

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... aber das Geräusch des Dreiblatt-Rotors ist etwas gewöhnungsbedürftig

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Der 800 mAh starke 3S-Lipo ist im Set enthalten…

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… ebenso wie ein einfaches Zwölf-Volt-Ladegerät, das den Akku über den Balancer-Anschluss lädt



Die Grenzen im Wind

Bei weiteren Flügen wurde der Blade 230 dann an die Grenzen gebracht. Bei Windstärke 4 wird der Heli im Stability-Modus sehr unruhig, während man im Agility-Modus noch gut fliegen kann. Im Rundflug sollt man im Stability-Modus nicht zu schnell werden. Irgendwann ist das Stabilisierungssystem überfordert und der Heli beginnt mit wilden Bewegungen über die Querachse zu nicken. Diese Bewegung führt früher oder später zum Absturz und kann nur durch Umschalten in den Agility-Modus gestoppt werden. Der Fairness halber sei aber gesagt, dass ein Einsteiger den Helikopter wohl kaum in diese Situation bringen würde. Wenn in dieser Situation der „Panik-Button“ gedrückt wird, dreht der Heli eigenständig in Normalfluglage

Fazit

Die Idee ist bestechend: Die vielen neuen Piloten, die durch die Copter an unser Hobby herangeführt werden, können ohne viel Risiko das Fliegen eines Helis lernen. Durch einfaches Umschalten des Modus kann dann nach und nach auch das „richtige“ Hubschrauberfliegen gelernt werden. Und sollte der Pilot sich verknüppeln – kein Problem: Paniktaste drücken, durchatmen und weiterfliegen. Dieser Heli wächst eben mit! Manko: Der Blade scheint doch nicht eingeflogen beim Kunden anzukommen. Das Problem mit dem Driften ist zwar einfach zu lösen, allerdings sollt der dazu nötige Trimmflug von einem Piloten mit Erfahrung durchgeführt werden. Und dieser ist, gerade für Einsteiger, nicht immer greifbar. Als kleiner „Immer dabei“-Hubschrauber ist der Blade 230 für (angehende) Helipiloten aber auf jeden Fall eine Empfehlung – im Agility-Modus ist er ohne Fehl und Tadel.
 
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