Duell der ungleichen Brüder

Volksplane VP1 (Pichler)
vs.
Klemm L 25 (Extron)


Stephan zu Hohenlohe​

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Sie waren die zwei Highlights der Spielwarenmesse in diesem Jahr: Die wunderschönen Nachbauten der Klemm L 25d und des Volksplanes. Während der Volksplane VP1 unter der Marke Pichler vertrieben wird, steht auf dem Karton der Klemm der Name Extron. Die Vorbilder der Maschinen wird man wohl kaum gemeinsam auf einem Flugplatz sehen, die Modelle haben dagegen viele Gemeinsamkeiten. Stephan zu Hohenlohe bat die beiden Messe-Highlights zum Duell.

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Das ist so ein Sommerabend, von dem man im Winter gerne bei einem guten Tropfen vor dem Kamin erzählt, den man weder auf Video noch im Foto festhalten kann: Auf der einen Seite eine Kühltasche mit eisgekühlten Getränken, auf der anderen Seite stehen ein gut gefüllter LiPo-Koffer und ein paar schöne Modellflugzeuge. Mit ein paar Kumpels sitzt man auf der Wiese, die Hitze des Tages hat sich verzogen, ein leichter, Kühle bringender Wind streicht über die Felder.
Die Klemm L 25 steht startbereit auf dem Flugfeld. Auch wenn ein paar unreife Gören Tags zuvor mit Ihren Gäulen ein paar ordentliche Spuren auf der Wiese hinterlassen haben, so zieht die Klemm doch nach dem Vorschieben des Gasknüppels ihre Bahn geradeaus. Sie braucht schon ein wenig Strecke, bis sie sich bequemt abzuheben. Das macht sie auch ganz alleine, der Pilot muss gar nicht ziehen. Schon nach wenigen Metern bewege ich den Gasknüppel auf Mittelstellung, gerade mal 16 Ampere misst nun das UniSens. Noch kurz vorher waren es knapp 39 Ampere, 360 Watt sollte der Antrieb zum Start mindestens leisten.
Mit 180 Watt zieht die Klemm gemütlich ihre Kreise. Eine fliegerische Herausforderung ist das Modell nicht. Ganz im Gegenteil: Wer seinen Drei-Achs-Trainer beherrscht, kommt auch mit der Klemm zurecht.

Der technisch unaufgeregte Flug punktet auf einem ganz anderen Feld: Das Flugbild der Klemm L 25 von Extron ist fast nicht zu toppen: Wunderschön, wie die Holzstruktur des vorgeblichen Sperrholzrumpfes in der Abendsonne gelblich aufleuchtet. Perfekt, wie die silberne Bespannung von Flächen und Leitwerk dazu Kontrast bieten. Wer schon einmal eine echte Klemm KL 25d gesehen hat, weiß, das kommt schon weit an das Original ran.


Guter Gleitwinkel

Kunstflug steht der Klemm nicht zu Gesicht, so was macht man einfach nicht. Wer es unbedingt will, bekommt natürlich eine mehr oder minder fassige Rolle und einen Looping hin. Vorbildgetreuer sind da schon hochgezogene Fahrtkurven, die macht die Klemm mit Bravour.
Es wird Zeit für die Landung. Nicht etwa, weil der dreizellige Akku zur Neige geht, nein, mit 5.800 mAh kann man sehr lange fliegen. Vielmehr ist es der Inhalt der Kühltasche, der den Piloten zurück auf den Campingstuhl lockt. Man muss beim Landeanflug einkalkulieren, dass die Klemm im Original ein Motorsegler ist. Und so hat auch das Modell mit dem Clark-Y-ähnlichen Profil einen ausgesprochen guten Gleitwinkel. So heißt es, frühzeitig Gas rauszunehmen und das Modell gleiten zu lassen.

Wer als Pilot das Aufsetzen auf die Piste durch leichtes Drücken provozieren will, den überrascht die Klemm leicht divenhaft mit einem Springen über die Landebahn. Das kann sich so aufschaukeln, dass unter Umständen das aus Stahldrähten gelötete Fahrwerk Schaden nimmt. Also lieber einmal durchstarten, als das Modell zu beschädigen. Ein erneuter Anflug, jetzt passt es, die Maschine kommt genau richtig rein. Der Pilot hält das Modell mit dem Höhenruder nahezu parallel zur Piste, mit dem Gas wird die Höhe kontrolliert. Am Aufsetzpunkt wird der Gasknüppel nach hinten genommen, die Klemm setzt sanft auf, erst jetzt wird Höhenruder gezogen. Perfekte Landung, wobei ich zugeben muss, dass ich das auch noch häufiger üben muss. Nach der Landung wird der Akku aus seinem dafür vorgesehenen Schacht befreit. Ein großer Deckel gleich vor dem Cockpit, mit einem Hauben Verschluss gehalten, bietet einen guten Zugang. Der Druck auf die super praktische Kapazitätsanzeige des Hacker-TopFuel-Akkus zeigt nach gut 15 Minuten Flugzeit immer noch eine Restkapaztität von 30 Prozent an. Was für ein Flug, was für ein Abend...


Sperrholzkonstruktionen

Die Klemm 25 stammt im Original aus dem Jahre 1928 und wurde bis 1939 in verschiedenen Variationen gebaut. Die KL 25d war die meistgebaute Version, sie war ausgestattet mit einem Hirth Reihenmotor mit zirka 80 PS. Auch wenn der Evans VP1 Volksplane als Tiefdecker mit freiem Cockpit aus der gleichen Zeit stammen könnte, hat dieses Flugzeug doch ganz andere Wurzeln. Der erste Volksplane flog 1968. Das Flugzeug, dessen Flächen steckbar sind, damit sie zum Transport auf der Straße abgenommen wer- den können, wurde rund um einen VW-Kä- fer-Motor konstruiert. Der Volksplane ist ein Selbstbau-Flugzeug, die Einfachheit stand bei der Konstruktion im Vordergrund.

Der Aufbau der Modelle ist weitgehend gleich. Eine stabile Holzkonstruktion ist mit einer selbstklebenden, bedruckten Folie bespannt. Winziger Wermutstropfen für alle diejenigen, die die Klemm unter Umständen neu bespannen möchten: Das Holzgerüst unter der im Sperrholzimitat bedruckten Folie entspricht nicht dem originalen Beplankungsschema.
Während beim Volksplane, der zirka im Maßstab 1:4,5 konstruiert ist, die Tragflächen direkt mittels eines 12 Millimeter messenden Alurohrs an den Rumpf gesteckt werden, besitzt die Klemm L25 im Maßstab1:6 ein an den Rumpf geschraubtes Mittelstück, an welches wiederum die Flächen gesteckt werden. Das Steckungsrohr hat 19 Millimeter Durchmesser. In dem Mittelstück sitzt ein sauber gelötetes Stahlfahrwerk, welches allerdings keinerlei Dämpfung besitzt. Das Fahrwerk des Volksplanes ist aus Aluminium und vor der Tragfläche mit dem Rumpf verschraubt. Leider ist das Fahrwerk geteilt, die sich daraus ergebene Schwächung muss der Rumpf aufnehmen.

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Gleicher Motor, gleicher Akku

Der Volksplane ist mit vier Miniservos ausgestattet, in unserem Modell sind das HiTec HS 81. Diese Servos sind auch in den Tragflächen der Klemm verbaut, im Rumpf ist Platz für Servos der Standardgröße. Der Antrieb ist bei beiden Maschinen gleich. Je ein Pulsar P-40 mit Pulsar-A-50-Reglern treiben die Modelle über eine 12 ∑ 6 Zoll große Luftschraube an. Der Optik wegen wurde der Klemm ein Xoar Electric Beechwood Prop von Hacker Motor spendiert. Auch der eingesetzte Akku stammt von dort. Beide Modelle fliegen mit TopFuel-EcoX-Akkus mit drei Zellen und 5.800 mAh.

Die Modelle wurden problemlos nach Anleitung aufgebaut, die Ruder nach Vorgabe eingestellt und der Schwerpunkt geprüft. Hier zeigen beider Flugzeuge dieselben Probleme: Ohne zusätzliches Gewicht unter der Haube ist der Schwerpunkt nicht einzuhalten. Bei der Klemm wurde der Motorspant so weit unter dem Motor ausgefräst, bis der Akku ganz nach vorne mit Anschlag an der Haube eingeschoben werden kann. Dennoch mussten hier 180 Gramm Zusatzgewicht an den Motorspant geklebt werden. Der Volksplane kommt dagegen mit 100 Gramm Trimmblei aus.

Die Klemm L 25 ist mit 2.200 Millimeter Spannweite das größere Flugzeug gegenüber dem Volksplane mit gut 1.600 Millimeter. Das macht sich auch im Gewicht bemerkbar, denn die Klemm wiegt mit knapp drei Kilo gut 400 Gramm mehr als der Volksplane.
urück zum Flugplatz. Der 5.800er Top- Fuel-EcoX-Akku ist dank einer Laderate von 2C längst wieder voll. Fast scheint es, als blicke der weit aus dem Rumpf ragende Pilot des Volksplanes fordernd ist die Runde: „Nicht quatschen, die Sonne geht bald unter, ich will in die Luft ...“ Anders als bei der Klemm ist beim Volksplane der gesamte Bereich vor dem Cockpit als Klappe ausgebildet, so dass der Akku bequem eingesetzt werden kann. Im Flug halten Magnete diese Klappe samt vorderem Cockpitteil an ihrem Platz.

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Drei Zellen reichen

Was für ein Unterschied: Die fehlenden 400 Gramm machen sich in der Startstrecke deutlich bemerkbar. Ist das der gleiche Antrieb? Gerade mal fünf Meter rollt die Maschine, um dann zügig Höhe zu machen. Looping, Rolle, Turn ... All das ist kein Problem für den kleinen Tiefdecker. Hat Pichler nicht vier Zellen empfohlen? Ich bin der Meinung, drei Zellen passen ideal zu diesem hübschen Flieger. Wer muss schon senkrecht steigen, wenn er mit ein paar Zähnchen Gas über die Felder schleichen kann. Gerade mal 15 Ampere fließen dabei durch den Motor. Das Flugbild macht Spaß und hebt sich ab von dem Einerlei der Hochdecker und Trainer. Dabei ist das Modell wirklich einfach zu fliegen, denn wenn der Volks- plane zu langsam ist, nimmt er die Nase runter. Bei Vollgas zeigt die Jeti-Telemetrie bis zu 42 Ampere an, im Vergleich zur Klemm mit dem Holzprop macht sich hier die APC-Luftschraube mit gut drei Ampere mehr bemerkbar. Nach zehn Minuten Flugdauer haben wir fast 4.000 mAh verbraucht, Zeit für den Landeanflug. Der Volksplane segelt längst nicht so gut wie die Klemm, die Landeeinteilung kann enger erfolgen. Beim Aufsetzten macht sich das weit vor dem Schwerpunkt liegende Fahrwerk bemerkbar. Der Volksplane neigt weniger zum Springen wie die Klemm, auch wenn unsere Piste das Hüpfen förmlich herausfordert.

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Fazit

So schön wie der Fliegerabend ist auch das Fazit: Beide Modelle sind toll und in jedem Fall zu empfehlen. Die Klemm sieht in der Luft sehr vorbildgetreu aus und punktet beim Flugbild. Der Volksplane ist etwas einfacher zu fliegen und hat mit dem Antrieb ein paar Reserven mehr. Die Bausätze sind von hoher Qualität, die Anleitung mit den Empfehlungen für Schwerpunkt und Ruderausschläge sehr stimmig. Leider benötigen beide Modelle etwas Zusatzgewicht unter der Haube. Für mich heißt das Gleichstand. Ich kann mich immer noch nicht entscheiden. Muss ich aber auch nicht – ich flieg einfach beide!
 
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