Red Bull X-Alps 2017

Team-Tagebuch Raceday 10

Sascha Rentel, Claus Eckert

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Den zehnten Raceday startete Pál so ähnlich wie er seinen letzten Raceday beendet hatte. Er lief erst mal rund 30 Kilometer durch die Berge, um warm zu werden. Sein Team hätte zwar auch weniger anstrengende Routen als Option gehabt, aber Pál entschied sich für diese Variante. Das war im Endeffekt die gleiche Route, die auch andere Konkurrenten vor ihm genommen haben.
Wenige Kilometer voraus näherte sich Nelson de Freyman (FRA3) dem gleichen Ziel. Nelson ist der erste Wettbewerber, den Pál hinter sich lassen muss. Das ist keine leichte Aufgabe, wenn der in den Bergen 5 Kilometer Vorsprung hat. Das wird aber nicht beim Gehen, sondern beim Fliegen entschieden.


Chrigel Maurer konnte bereits um 9:00 Uhr zum ersten Flug starten. Nördlich von Pinerolo versuchte er sein Glück. Die frühe Tageszeit ist nicht für ausgeprägte Thermik bekannt. Strecke machen durch Abgleiten oder Pokern und Thermik finden? Das war die Herausforderung! Wenn kein Aufwind oder keine Thermik vorhanden ist, dann kommt auch ein Chrigel Maurer nicht vorwärts. So landete er ungefähr 25 Minuten später am Gegenhang eines Tals nordöstlich von Pinerolo. Was hat es ihm gebracht? Einige Kilometer Strecke, einen neuen Aufstiegspunkt im nächsten Tal und das gute Gefühl, wieder zu fliegen. Das ist psychologisch nicht zu unterschätzen. Denn so erlebt man intensiver, wie man dem Ziel entgegen kommt.

Pál mühte sich unterdessen, seinen geplanten Startpunkt zwischen Comer See und Lago Maggiore zu erreichen. Er kam gut vorwärts. Die Wetterbedingungen waren noch nicht optimal, er hatte also noch Zeit. Nelson war inzwischen am 2000 m hoch gelegenen Startpunkt angekommen. Wenn er jetzt den richtigen Zeitpunkt abwarten kann, wird er einen langen Thermikflug vor sich haben.

Manuel Nübel war auf einem Pass in 2700m Höhe angekommen. Von dort waren bereits Ferdinand van Schelven(NLD), Paul Guschlbauer (AUT1), Simon Oberrauner (AUT4) und Pascal Purin (AUT3) mehr oder weniger erfolgreich abgegelitten. Nicht jeder der vier kam nämlich gleich weit in die nächsten Täler. Manuel startete und flog einige Achten, um sich am Berg entlang höher zu schrauben. Leider zeigte sein Tracker den genauen Flugverlauf nicht mehr an. Es gelang ihm jedoch, weit bis ins italienische Aostatal zu fliegen. Auf etwa 3050 m musste er jedoch landen. Von dort ging es für ihn erst mal zu Fuß weiter.

Pál lag mittlerweile bereits auf Platz 12. Der Neuseeländer Nik Neynens (NZL) ist in den letzten Tagen auf einem Kurs weit nördlich unterwegs gewesen. Nun schwebte er von Norden Richtung Lago Maggiore und holte wieder etwas auf.

Chrigel arbeitete sich Kilometer für Kilometer Richtung Monaco vor. Er bevorzugte die Strategie aufsteigen und fliegen, um vorwärts zu kommen. Bei den vorherrschenden Wetterbedingungen waren die Flugphasen entsprechend kurz.

Stanislav Mayer (CZE), der vorher noch mit Manuel (GER2) am Pass stand, konnte einen sehr guten Flug hinlegen und kam gut in Richtung Matterhorn vorwärts. Er verfolgte Simon Oberrauner (AUT4), der sich mit seinem Nightpass einen Vorsprung verschafft hatte. Doch weil er durchs Tal lief und Stanislav flog, war es nur eine Frage der Zeit bis sein Vorsprung wieder dahingeschmolzen sein würde.

Am frühen Nachmittag hatten Guschlbauer (AUT1) und Mayer (CZE) den Wendepunkt am Matterhorn hinter sich gelassen. Für sie begann jetzt die Jagd Richtung Süden.
Dort war Outters (FRA4) rund 40 km und Maurer (SUI1) schon etwa 100 km voraus.
Guschlbauer musste bei Brousson landen und zu Fuß den nächsten Startpunkt erreichen. 12 km hinter ihm flog Stanislav Mayer immer noch. Seine Route führte ihn ein Tal weiter Richtung Westen.

Nachdem Nelson de Freyman (FRA3) nördlich von Bellinzona gelandet war, hat Pál Takáts seine Strategie geändert und ist fast vom gleichen Startpunkt aus Richtung Südwesten geflogen.
Der neue Kurs führte direkt auf die engste Stelle des Lago Maggiore zu. Durch diesen Clou kam er kurze Zeit später wieder auf Platz 10. Nun ist der Platz 9 in greifbarer Nähe. Sebastian Huber (GER1) versuchte sein Glück auf dem nördlichen Kurs. Die Differenz zum Ziel zwischen den Beiden betrug nur knappe 20 km.

Währenddessen kämpfte Manuel Nübel (GER2) in 3200 m Höhe darum, den besten Kurs Richtung Matterhorn zu finden. Stanilav Mayer (CZE) war erst kurze Zeit vorher eine ähnliche Route geflogen. Warum sollte dieser Kurs jetzt nicht mehr funktionieren?

Mayer stand inzwischen am Lago di Maen und machte sich zu Fuß weiter.

Schwer hatte es Simon Oberrauner (AUT4). Nach seinem Nightpass musste er einen langen Aufstieg Richtung Wendepunkt 6 auf sich nehmen. Auf etwas über 2800 m hing er dann fest. Genau wie Manuel musste er sich dem Wetter geschlagen geben und zu Fuß weiter. Der Wind hatte in den Bergen gefährlich aufgefrischt.
Robert Blum, Helfer bei Manu, berichtete, das Stanislav Mayer (CZE) hart an der Grenze des Möglichen geflogen ist. Robert und andere Helfer haben aufgegeben und sind zum Teil mit der Seilbahn runter gefahren.

Oberrauner konnte nach dem Passieren des TP 6 ins Tal abgleiten und sich an die Verfolgergruppe anhängen.

Weiter östlich machte Pál eine Zwischenlandung und stieg aus dem Lee zu Fuß einen Berg hinauf. Die neue Startstelle lag auf etwas über 1900 m. Von hier sollte die Höhe reichen, um über den Lago Maggiore zu fliegen. Doch inzwischen hatte Regen eingesetzt und es war fraglich, wann es fliegend weiter gehen könnte.
Pál verbrachte die Zeit während des Gewitters etwas unterhalb in einer Hütte.
Nördlich lief Nelson de Freyman (FRA3) Richtung Locarno. Er hatte den Nightpass gezogen. Pál stand also unter dem Druck, heute noch möglichst viel Strecke zu fliegen, damit ihm Nelson in der Nacht nicht zu weit weglaufen kann.

Chrigel Maurer (SUI1) verbrachte den Tag bis kurz nach Mittag in den Bergen westlich von Pinerolo. Er kam auch nur langsam voran. Am frühen Nachmittag war die Situation dann so, dass fast alle Konkurrenten zu Fuß unterwegs waren. Lediglich Paul Guschlbauer (AUT1) flog und musste um jeden Meter Höhe kämpfen.
60 km von ihm entfernt ist der Zweitplatzierte Benoid Outters (FRA4) nördlich von Turin unterwegs. Ziemlich genau Richtung Caselle. Dort ist der Airport von Turin. Nur zu Fuß darf er durch die CTR des Airports gehen. Das erspart ihm bei dem Wetter ein langwieriges Umfliegen.

Gegen 15:00 Uhr ging dann Chrigel Maurer (SUI1) in die Luft. Er war auf 2300 m aufgestiegen und flog weiter Richtung Monaco.

Gegen 16:00 Uhr besserte sich das Wetter und Mayer (CZE), Oberrauner (AUT4), van Schelven (NLD) und Purin (AUT3) konnten wieder fliegen.

Auch Pál kam wieder in die Luft. Jetzt hieß es für alle Strecke machen mit Fliegen. Die verlorene Zeit musste irgendwie wieder rausgeholt werden. Wer jetzt noch im Tal saß, hatte mit Zitronen gehandelt. Und es waren Einige, denen der rechtzeitige Aufstieg nicht gelungen war.

Doch die Thermik nur war schwach und wenig ausgeprägt. Daher musste Pál um jeden Meter Höhe kämpfen. Zeitweise ging es nur darum, nicht stärker als 1 m/s zu sinken. So krebste er nordwestlich von Lugano in den Bergen herum und kam nicht hoch genug hinaus, um den Sprung über den Lago Maggiore zu schaffen. Der Überflug sollte dann über den Monte Lema erfolgen. Eine Gegend, die vielen Modellsegelfliegern bestens bekannt ist. Am Monte Terraro ging es dann plötzlich aufwärts. Steigen mit zeitweise über 4 m/s hob Pál auf fast 2000 m. Mit Speed ging es dann hinüber zum Monte Lema.

Weiter im Westen jagten Oberrauner (AUT4) und Mayer (CZE) auf unterschiedlichem Kurs Richtung Süden. Jeder auf einer Seite des Tales. Der Österreicher östlich, der Tscheche westlich. Beide in etwa 3000 m Höhe, aber rund 8 - 9 km voneinander entfernt.

Inzwischen war Pál eine gute halbe Stunde in der Luft und in einem wilden Zickzack-Kurs durch die Berge geflogen. Jetzt galt es, am Monte Lema wieder Steigen zu finden. Nordseitig ging es runter und auf der Südseite erst mal nur wenig nach oben. Doch dann ging es ab wie im Fahrstuhl rauf bis zur Basis auf ungefähr 1800 m.
Pál begann in dieser Höhe den schwierigen Überflug zum anderen Ufer des Lago Maggiore. Auf der Strecke zum Ostufer konnte er noch ein paar Meter Höhe mitnehmen. Jeder Hauch Thermik muss jetzt mitgenommen werden.

Es blieb keine Zeit, den herrlichen Ausblick auf die wundervolle Landschaft zwischen dem schweizerischen Tessin und der nördlichen Lombardei zu genießen. Jetzt heißt es exakt rechnen und nicht verschätzen. Nasse Füße im Lago Maggiore kann sich Pál auch nach dem Rennen holen.
4 km vor dem See hatte er noch 1500 m Höhe. Der See liegt 200 m hoch. Er sinkt mit etwa 2 m/s. Doch die Höhe wird reichen.
Aber wie hoch kommt er am anderen Ufer an? Reicht es, um wieder Thermikanschluss zu finden oder muss er wieder zu Fuß gehen? Sind die Helfer schon drüben, um ihn mit den richtigen Schuhen zu versorgen? Nichts ist unpassender als Blasen an den Füßen.

Pál schwebt in 1200 m über das östliche Ufer. Den Blick auf die schneeweißen Segel- und Motorboote kann er nicht wirklich genießen. Eine Wasserüberquerung ist immer mit einem Nervenkitzel verbunden.
Mit 2 m/s sinkt er, zeitweise sogar schneller. Die Strecke ist knappe 6k m lang. Er macht bis zu 45 km/h über Grund. Das Sinken wird geringer. Jetzt heißt es wieder rechnen.

Die 6 km schafft er in ungefähr 7 Minuten. Das durchschnittliche Sinken beträgt über dem See nur 1 m/s. Das heißt, er wird vermutlich in 800 m Höhe am anderen Ufer ankommen. Abzüglich der 200 m Geländehöhe also in 600 m über Grund. Ist das genug, um Thermikanschluss oder einen Hangaufwind zu finden?

Die Berechnung passt gut. Pál hat über dem See seinen Kurs etwas weiter nördlicher angelegt. Damit kam er schneller ans Westufer und hatte noch eine Höhe von 930 m. Klasse gemacht. Jetzt heißt es, erfolgreich nach Aufwind suchen. Es gelang ihm leider nicht.
Er entscheidet sich für eine Landung auf etwa 680 m.

Doch die Überquerung ist geglückt, Platz 10 aktuell gesichert. Der Vorsprung auf de Freyman (FRA3) beträgt immerhin 11 km. Ein gutes Polster. Auch wenn der heute den Nightpass gewählt hat. Der Tag ist für Beide noch lang.

Währenddessen treibt im Westen Oberrauner (AUT4) den Wettbewerber Mayer (CZE) vor sich her. Oberrauner hat einen hervorragenden Tag erwischt. Es gelingt ihm heute alles. Gegen 17:00 Uhr ist er nur wenige Kilometer hinter Mayer. Der ist aber 700 m tiefer und kämpft um jeden Meter Höhe. Letztendlich musste er aber doch im Tal landen.
Interessant ist, dass beide Wettbewerber zwar weiter östlich, aber in Richtung Ziel nur wenige Kilometer hinter dem Drittplatzierten Paul Guschlbauer (AUT1) liegen.

Das war die eigentliche Sensation des Nachmittages. Guschlbauer hatte seinen komfortablen Vorsprung eingebüßt. Das Rennen um Platz 3 ist wieder offen. Das wird es wohl auch in den nächsten Tagen bleiben.

Am Ende des Tages war Chrigel Maurer (SUI1) nur noch 84 km von Monaco entfernt. Manuel Nübel (GER2) hatte sein Nachtlager auf einer Hütte aufgeschlagen. Pal Takats (HUN) hatte den Aufstieg Richtung Matterhorn für den Raceday 11 geplant. Paul Guschlbauer (AUT1) gelang es seinen dritten Platz zu sichern. Er konnte seinen Vorsprung vor Stanislav Mayer (CZE) und Simon Oberrauner (AUT4) doch noch ausbauen.

Das Ärgernis des gestrigen Tages war der Livetracker. Der hing immer wieder mal und machte eine Verfolgung der Teams schwierig. Normalerweise kauft Dietrich Mateschitz nur die allerbesten Leute ein. Doch hier ist unbestritten noch Einiges zu verbessern auch wenn die schwierigen Umstände im Hochgebirge es den mit der Technik befassten Leuten nicht einfach macht. Das sollte allerdings vorher ausgiebiger getestet werden.
Nach der Veranstaltung sollten die Verantwortlichen zu dem Thema ein ehrliches Resümee ziehen. Vielleicht ist es dann in zwei Jahren perfekt.

Nur für Facebook-Nutzer:
Die Seite von Pál Takáts


Link zum Livetracking

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Bilder von heute:

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Frühstück:
Links Nutella-Brot, rechts Banane, in der Mitte Sesie.

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Wo müssen wir eigentlich hin?
"Frauen haben keine Orientierung und Männer fragen nicht nach dem Weg."

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Warten auf Pál.

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Langer Aufstieg, gute Brotzeit.

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"Team HUNgry"

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Bitte kein Duck-Face....

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Energie tanken.

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"Fly Sesie fly...up up in the sky..."

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Gestern noch im Pool heute in der almerischen Teambadewanne.

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Weiter gehts. Wir sind ja nicht zum Spaß hier....

Bilder aus dem "Penalty-Camp von gestern:

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Beim Penalty darf sich der Teilnehmer nicht weiter als 250 m im Umkreis bewegen.
Hier ist eindeutig Schluss....

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Helfer-Team HUN (v.l.) Tine, Ferdi, Sascha und Sesie.

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(v.l.) Moni, Ferdi und Tine

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Ja, dem gehts gut...

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Pause am Abend

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Informationen einholen, Routen checken, Tagesgeschäft bei den X-Alps

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Marschiert wird bis 22.30 Uhr
 
Einfach genial, vielen lieben Dank für die zeitnahen und mit viel liebe zum Detail geschrieben Tagesberichte - toll! So darf man als Arbeitender nach Feierabend nochmal in Erinnerung mitfiebern und ist trotz Geschehenen mittendrin
- einfach klasse
 
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