Ein Schalentier entsteht
Hans Rupp (haru)
Erstveröffentlichung 16.05.2004
Hans Rupp (haru)
Erstveröffentlichung 16.05.2004
An einem Wochenende im Februar 2004 fand in meinem Verein ein Modellbauseminar mit Martin Weberschock statt. Ziel war es, unter seiner Anleitung innerhalb von 2 1/2 Tagen eine EUROPHIA2k aus einem vorhandenen Formensatz zu bauen.
Damit Ihr eine Vorstellung bekommt, was für ein Schalentier das ist, hier vorab das Endprodukt, das am Ende des Seminars der Form entschlüpft:
Die EUROPHIA2k ist Martin Weberschocks jüngster Beitrag zur Förderung der Modellflugklasse F3B. Man kann bei ihm sowohl fertige Modelle kaufen als auch Urmodelle zur Erstellung eines Formensatzes ausleihen zu, meiner Ansicht nach, günstigen Bedingungen. Im Falle meines Vereins haben sich mehrere Mitglieder der F3B-Gruppe, darunter vor allem Jugendliche, zusammengetan und einen Formensatz erstellt.
Beim Design der EUROPHIA2 wurde bewusst auf Experimente verzichtet. Statt dessen wurden bewährte Elemente der Modelle ESTRELLA und RACE-MACHINE neu kombiniert und mit einem speziellen Rumpf-Flügel-Übergang versehen, der Verwirbelungen bzw. Interferenzen und somit induzierten Widerstand in diesem Bereich vermindern soll. Es gibt die EUROPHIA2 sowohl mit V- als auch mit Kreuzleitwerk. Man bekommt ohne Einsatz der allerteuersten Gewebe- und Rovingsorten ein wettbewerbsfähiges Modell. Trotzdem muss man immer noch mit rd. 300 EUR Materialkosten rechnen.
Nähere Informationen zum Modell und dem Modellbauworkshop bekommt man von Martin Weberschock auf der Seite http://www.weberschock-development.de/
Leider konnte ich nicht am gesamten Seminar teilnehmen. Deshalb kann ich hier nur meinen eingeschränkten Eindruck wiedergeben, was dabei abläuft. Überhaupt entziehen sich viele Tipps und Tricks der Beschreibung durch Worte. Die muss man erlebt haben. Und die lockere Atmosphäre dabei sowieso.
Am Anfang steht die Vorbereitung der Form. Das bedeutet wachsen und in der gewünschten Farbe lackieren. Wie man im Original sah - nicht aber auf dem Bild - empfiehlt es sich, die Form bei ausreichendem Licht zu lackieren. Sonst gelingt der Farbauftrag nicht gleichmäßig.
Hier legt der Meister höchstpersönlich Hand an und setzt die Stifte für den Flügelanschluss.
Das Modell wird gelb mit blauer Unterseite. Der Stützstoff besteht aus Balsa mit 1mm oder 0,5 mm Dicke, je nach Stelle. Martin überwacht Zuschnitt nach Schablonen und Zuschliff nach genauer Anweisung.
Die Stellen ohne Balsastützstoff zeigen die spätere Lage des Holms und der Klappenstege.
Spieglein, Spieglein auf dem Tisch, wer bekommt das schönste Modell im Land… Ebene Flächen lassen sich auch bei Schummerlicht ohne Nasen lackieren.
Und das sollen mal Rümpfe werden? Jungs, glaubt fest daran. Wichtig ist die richtige, abgestufte Belegung, damit der Rumpf stabil und leicht wird.
So soll das mal aussehen, was die Jungs da gerade laminieren.
Der Eingang liegt bei der EUROPHIA2 unten. Nein, nicht weil die Empfänger bei der dritten Speedwende anfangen zu kotzen, sondern weil dann der Ballast auf geradem Weg unter dem Flügelverbinder durchpasst.
Hier das Demomodell (mit V-Leitwerk).
Wer hat denn da das ganze Küchentissue in die Form laminiert? Ob das auch das Saugfeste aus der Werbung war?
Nachdem die Flügelschalen mit Gewebe, Harz, dem zugeschnittenen Balsa als Stützstoff und noch mal mit Gewebe und Harz belegt wurden, kam noch eine Lage Abreißgewebe, eine Lage Küchenpapier und Folie drauf. So durfte der Flügel im Vakuum der Temperkammer über Nacht aushärten. Am nächsten Morgen wird es dann spannend. Das Abreißgewebe samt Küchenpapier mit dem aufgesaugten, überschüssigen Harz wird abgerissen. Möglichst ohne die Schale aus der Form zu lösen.
Die abgeklebten Formenränder müssen vom Klebeband und dem Dichtmittel für die Vakuumfolie gesäubert werden. Ein wirklich scharfer Stechbeitel leistet hier wertvolle Dienste. Scharf muss er vor allem deshalb sein, weil der Schalenrand an der Nasenleiste gleich mit besäumt wird. Also keinen Billigen vom Baumarkt, sondern besser gute Qualität aus dem Werkzeughandel nehmen.
So sieht es vor dem nächsten Schritt aus. Die Nasenkante muss noch besäumt werden.
Jetzt wird das Innenleben vorbereitet. Das Überziehen der Styrostege mit Kohleschlauch und erst recht das Tränken mit ganz, ganz wenig Harz will gelernt sein. Ich weiß jetzt, wo ich an meinen Eigenbauschalenteilen Gewicht sparen kann. Der Holm aus bis zu 35mm Balsa, hochkant, wurde gleich in die Oberseite mit eingesaugt.
Zum Einpassen der Wurzelrippe und der Steckung gibt es extra Anschlussstücke. Nachdem die Steckung mit Mumpe eingesetzt wurde, folgte noch senkrecht gefasertes Balsa, überlappend zum Balsasteg, das rechts und links neben die Steckung gesetzt wurde.
Hier sieht man Martin beim Auftragen der Harz-Mircoballonraupen für die Hochzeit von Ober- und Unterschale. Bezüglich der Harz-Mircoballon-Konsistenz ist er mindestens so pingelig wie meine Mutter beim Kuchenteig.
Kuckuck. Noch mal rasch in die Temperkammer schauen was die Rumpfteile machen.
Martin beim Einbau der Anlenkungsteile im Kreuzleitwerk sowie dem Einpassen der Stege.
So sah es zwei Tage später nach dem Entformen aus. Alle sind schon gespannt auf das Flugverhalten.
Auch wenn ich nicht die ganz Zeit dabeisein konnte, so kann ich doch sagen, dass allen Teilnehmern sehr viel Wissen angeboten wurde. Und manche Dinge kann man sich weder anlesen noch per Bilder aufnehmen. Wie man z.B. zu einem perfekt getränkten Steg kommt, muss man „hautnah“ (auch wenn beim Arbeiten Harzhandschuhe Pflicht sind) erleben bzw. erfühlen.
Wer Interessen an einem Workshop oder an Formensätzen hat, dem kann ich Martin Weberschock als Anlaufstelle vorbehaltlos empfehlen.