Thermischer Modellflug Verstehen – Lernen – Erleben

Thermischer Modellflug

Verstehen – Lernen – Erleben

Johannes Ehehalt


Über Thermik wurde schon sehr viel geschrieben. Warum also dieser Text?
Dies hat mehrere Gründe. Zum Ersten sind theoretische Thermikabhandlungen oft für den bemannten (ein blödes Wort; besser wäre "mit Personen besetzten") Segelflug geschrieben und decken nicht oder nur zum Teil die Bedürfnisse des Modellfluges ab. Zum Zweiten handelt es sich beim Thema Thermik mehr um ein Erleben als um ein theoretisch beschreibbares Phänomen. Zum Dritten habe ich diesen Beitrag verfasst, ganz einfach, weil ich Lust dazu hatte.


Im Zusammenhang mit meinem anderen Hobby, der Aquaristik, habe ich einmal in einem Text, der das Verständnis des Aquarianers für sein kleines Ökosystem schärfen sollte, die Aufforderung gelesen, man solle vom messenden zum beobachtenden Aquarianer werden. Besser kann man es auch für den Thermikflug nicht ausdrücken. Im Vergleich zum mit Personen besetzten Segelflug haben die Modellflieger zwar einen beschränkten Wirkungskreis, in diesem jedoch phänomenale Beobachtungsmöglichkeiten für die Natur und deren Umtriebe. Während Piloten, die im Flugzeug sitzen, lapidar ausgedrückt nur das Aufsteigen und Absinken der Luft verspüren und den Rest an Instrumenten ablesen (messen), kann man als bodengebundener Flieger kleinste Winde spüren, die Bewegungen von Grashalmen und Zweigen sehen, die Formen von aufgewirbeltem Staub, den Flug von Insekten und Vögeln beobachten und noch vieles mehr. Und wenn es einem gelingt, in dieser Ganzkörperwahrnehmung ein Flugzeug kontrolliert und nur mit der Energie der Sonne aufsteigen zu lassen, dann ist das nachvollziehbar faszinierend.

Der Text ist in drei Hauptkapitel unterteilt. Im Teil Verstehen geht es um die Entstehung und Beobachtung von Thermik. In Lernen sollen einige Phänomene beschrieben und Tipps für den Einsteiger gegeben werden. Im letzten Teil Erleben werden ein paar Geschichten beschrieben, die Lust auf mehr machen sollen. Also dann: Viel Spaß beim Lesen.


Verstehen

Ein Vergleichsmodell
Den nachfolgenden Vergleich hatte Philip Kolb einmal gezogen und er ist bis heute unübertroffen. Wer will, kann diesen Versuch gerne nachvollziehen, aber Vorsicht bei Holzdecken.

Man stelle sich eine ebene Platte vor, die an der Zimmerdecke montiert ist. Nun nimmt man einen Wasserzerstäuber, wie man ihn zum Pflanzen befeuchten benutzt, und sprühe von unten mit etwas Abstand Sprühstoß um Sprühstoß gegen die Platte. Anfangs wird die Oberfläche nur leicht und gleichmäßig nass. Doch je länger man sprüht, um so deutlicher bilden sich Tropfen. Sprüht man weiter, werden diese Tropfen so groß, dass sie sich irgendwann von der Platte lösen und nach unten fallen. Sprüht man immer noch weiter, kann man beobachten, dass es nicht vorhersehbar ist, wo die nächsten Tropfen entstehen, und dass nach deren Ablösung an dieser Stelle zunächst keine weiteren Tropfen entstehen.
Nun drehe man gedanklich die Platte nach oben, vergrößere sie extrem und ersetze den Wassersprüher durch Sonneneinstrahlung: Schon hat man ein perfekt anschauliches Thermikmodell. Die Luft über dem Boden wird erwärmt, bleibt zunächst aber noch liegen. Mit der Zeit häuft sie sich aber an einzelnen Stellen an und löst sich schließlich ab, da sie leichter ist als die Luft die sie umgibt.

Was wir hier erkennen ist die Tatsache, dass es für die Entstehung von Thermik keiner Seen, Büsche und Waldränder bedarf oder was sonst noch so alles in gängigen Thermikmodellen aufgezeigt wird. Nur eine Fläche und Energie, das reicht.

Von der Blase zum Bart
Nein, dies wird kein humananatomisches Kapitel!
Alleine das Wort "Blase" ist es wert, eine Abhandlung über den Thermikmodellflug zu schreiben, denn es wird in der mit Personen besetzten Fliegerei nicht mit Thermik in Verbindung gebracht (auch wenn sich die Original-Piloten beim Segelflug durchaus mit Ihren Blasen beschäftigen müssen; mehr darüber in deren Literatur). Dies liegt daran, dass die Blase eine sehr kleine Thermikeinheit darstellt, die für den großen Segelflug nicht ausfliegbar ist.

Woher das Wort Blase kommt, lässt sich ganz einfach erklären. Man schaue nur auf das oben beschriebene Modell. Das Gegenstück zum Flüssigkeitstropfen, der nach unten fällt, ist die Gasblase, die nach oben steigt.

Woher das Wort Bart kommt, ist hingegen völlig unklar. Es scheint schon genauso lange zu existieren wie der vom Menschen ausgeübte Segelflug selbst. Vermutlich ist es aus einer Schnapslaune heraus entstanden, ähnlich wie die Behauptung, Hummeln könnten aus aerodynamischer Sicht gar nicht fliegen (bitte googeln). Sämtliche Erklärungsversuche lassen wir mal schön in der Schublade, denn bei Thermikbärten hängt nichts, aber auch gar nichts dem Barte des Propheten gleich vom Himmel!

Genau genommen sind alle thermischen Erscheinungen blasenförmig, allein deren Größe und Intensität erlaubt Unterscheidungen in Blasen oder Bärte.

Nun folgt die obligatorische schematische Darstellung zur Thermikentstehung. Wir werden bei Zeiten noch darauf zu sprechen kommen.

Unbenannt.PNG

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Was ist an "bemannten" jetzt schlecht? Bekommen wir diese unsägliche Männchen / Weibchen Diskussion jetzt auch im Modellflug damit selbiger wieder interssanter wird?

Gruß Hilmar
 
Mich stört ein wenig der Begriff "Thermischer Modellflug". Ich kenne nur Modellflug mit Thermikeinfluss/Thermikunterstützung oder Modellflug unter Thermikeinfluss. Wenn es "thermischen Modellflug" geben sollte müsste der ja immer und zu jeder Zeit und an jedem Ort machbar sein. ;)

Heinz
 
Mich stört ein wenig der Begriff "Thermischer Modellflug". Ich kenne nur Modellflug mit Thermikeinfluss/Thermikunterstützung oder Modellflug unter Thermikeinfluss. Wenn es "thermischen Modellflug" geben sollte müsste der ja immer und zu jeder Zeit und an jedem Ort machbar sein. ;)

Heinz

:rolleyes: - na gut Heinz....wenn de meinst.
 
Was ist an "bemannten" jetzt schlecht? Bekommen wir diese unsägliche Männchen / Weibchen Diskussion jetzt auch im Modellflug damit selbiger wieder interssanter wird?
Er schreibt doch nichts von schlecht, nur von anders. Und die Flugweisen sind sicher anders (siehe Artikel). Die Physik als solche ist die gleiche, aber Pilotenposition, Flugbereich und wegen der Größe auch die Aerodynamik eben nicht.

RK
 
Hallo, danke für den Artikel und die lebhafte Beschreibung der Effekte. Werde die nächste Waldrandkante bei uns ausprobieren. Hoffe nur ich brauche keine Leiter zum einholen des Modells... ;-) Würde es Sterne für den Artikel geben, hätte er 5 davon!
Danke
Josef
 
Ich finde den Artikel sehr gut und die ein oder andere Info konnte ich bereits in der Praxis umsetzen bzw. erkennen.
Danke fürs Zusammenfassen...tipp topp!
 
Super...ich fliege zwar auch schon längere zeit Thermik,aber ich habe doch noch was dazu gelernt;)....manche Kollegen an unserem Haushang schauen mich manchmal auch ungläubig an,wenn ich hinter dem Hang höhe gewinne:D

Gruß Lothar...
 
Einfach mal DANKE sagen....

Einfach mal DANKE sagen....

für den tollen Artikel :)

Ich konnte doch so einiges lernen. Die Blasentheorie leuchtet absolut ein :cool:

Mega Artikel,

Stephan
 
Sehr informativ und auch unterhaltsam geschrieben. Habe den Artikel ausgedruckt und werde ihn wiederholt lesen, bis ich alles verinnerlicht habe.

Noch ein Wort an die unvermeidlichen Miesepeter: für euch ist doch das Glas Wasser immer nur halb leer, ihr könnt nicht anders, weil ihr hauptsächlich negativ gepoolt seid, von daher speist ihr euer Ego und eure eingebildete Bedeutung für die Gesellschaft.
 
Hallo,

wirklich interessant. Einiges kannte ich schon, aber sicher gibt´s noch einiges auszuprobieren!

Gruß
Andreas
 
Hallo zusammen

Ich habe bis jetzt schon 3 Bücher über das Fliegen in Thermischen Aufwinden gelesen. 1. Das "Thermikbuch für Modellflieger" (Markus Lisken- Ulf Gerber) 2.-3. "Aufwind" gibt es Überall und "Steinadler" von Robert Schweißgut.
Alle 3 Bücher sind sehr gut und "Plastisch" geschrieben. Anfangs war ich nach dem Lesen der Lektüre schon fast erschlagen von der Fülle der Informationen. Nach und nach wärend des Fliegens sickerten die Infos wieder ins Gedächtniss. Erst nach vielen Flugstunden und reichlichem beobachten und vergleichen mit dem Geschriebenen, wird man begreifen was Sache ist.
Der Bericht von Johannes ist ebenfalls sehr gut geschrieben und kurzweilig.
Eine Sache noch. Ihr solltet euer Modell schon gut kennen ,bzw gut eingestellt haben, sonst wird kein erfolgreicher Thermikflug draus.
 
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