Eine saubere Sache - Ausschneiden und anpassen von Lexankarosserien

Benni Schleich

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Der Anfang – die herausgeschnittene Karosse auf dem Chassis

Wer kennt das Problem nicht? Man hat sich seine neue Wunschkarosserie zugelegt und beginnt mit dem Ausschneiden und Anpassen an sein Modell. Doch irgendwie ist das Ergebnis oft nicht unbedingt so wie gewollt. Die Schnittkanten sind alles andere als gerade, die Bohrungen nicht da, wo sie sein sollen, und die Karosse hängt mehr schief als gerade auf dem Chassis. Nicht nur Einsteigern, sondern auch manch altem Hasen macht das Anpassen oft Probleme. Der folgende Artikel soll nun einige Anhaltspunkte liefern, wie man sich das Modellbauerleben einfacher machen kann.

Zuallererst benötigen wir natürlich einmal eine Karosserie und ein RC-Car, auf das diese angepasst werden soll. In diesem Bericht wollen wir nun ein 1:10-World-GT-Fahrzeug mit einer neuen Karosserie versehen.
Beginnen wir mit der Auswahl des richtigen Werkzeugs. Die meisten RC-Car-Fahrer verwenden zum Ausschneiden der Karosserie eine Lexanschere oder im schlimmsten Fall eine normale Haushaltsschere. Um Lexan sauber zu schneiden, braucht eine geeignete Schere einen speziellen Schliff und muss sehr scharf sein. Eine Haushaltsschere schneidet das Lexan nicht sauber, sondern hinterlässt eine raue, ungleichmäßige Schnittkante, die oft zum Einreißen neigt. Eine Lexanschere schneidet das Lexan sehr sauber und hinterlässt eine glatte und saubere Schnittkante. Leider sind die Klingen der Lexanscheren meist sehr kurz, wodurch vor allem bei langen Schnitten entlang der seitlichen Kanten der Karosserie oft Schlangenlinien entstehen.
Nun, was also haben wir sonst noch für eine Möglichkeit, um eine Karosserie sauber auszuschneiden? Hier kommt das gute alte Skalpell zum Einsatz. Egal ob man sich die guten Messerchen aus dem Krankenhaus besorgen kann oder ein vernünftiges Hobbymesser im Fachhandel erwirbt, mit einem Skalpell hält man das optimale Werkzeug in den Händen. Durch die hohe Schärfe der Klinge wird das Polycarbonat sauber geschnitten und mit etwas Gefühl und Übung bekommt man kerzengerade Schnittkanten hin, doch hierzu etwas später mehr.
Zum Ausschneiden der Radhäuser ist die Verwendung eines Kreisschneiders zu empfehlen. Diese sind im gut sortierten Fachhandel für unter 10,– Euro zu bekommen und haben den großen Vorteil, dass die Radausschnitte auch wirklich rund werden.
Zum Anzeichnen der Löcher für die Karosseriesteher wird natürlich noch ein wasserfester Stift benötigt. Dieser sollte nicht zu dünn, aber auch nicht zu dick sein, um die Position der Löcher sauber und gut sichtbar auf der Außenseite der Karosserie anzeichnen zu können. Gut geeignet sind hier die Größen „F“ und „M“.
Um die Schneidelinien gerade nachzeichnen zu können, braucht man ein gerades Lineal aus Aluminium oder sehr stabilem Kunststoff.

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Das benutzte Werkzeug

Nachdem nun alle benötigten Werkzeuge beisammen sind, wird es Zeit, zu beginnen. Die meisten Karosserien verfügen über eingeprägte Schnittkanten, an denen entlang ausgeschnitten werden soll. Wenn die Karosserie im Wettbewerb eingesetzt werden soll, muss unbedingt beachtet werden, dass die Karosserie an der originalen Schnittmarke ausgeschnitten sein muss, weil dies in vielen Reglements vorgeschrieben ist.
Als Beispiel für diesen Artikel wird eine klassische 911er-Porsche-Karosserie auf ein Asso- RC10R5-World-GT-Chassis angepasst. Da bei dieser Karosserie keine Schnittmarken angebracht sind, legen wir die unausgeschnittene Karosserie auf das Modell.

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Der Anfang – die unausgeschnittewne Karosse auf dem Chassis

Bei Fahrzeugen mit Moosgummireifen sollten zuvor neue, große Räder montiert werden, damit die Radausschnitte später auch auf das Modell passen, wenn Reifensätze mit unterschiedlichen Reifendurchmessern montiert werden. Liegt die 911er-Karosse auf dem Asso, kann die untere Schnittmarke mit dem wasserfesten Stift angezeichnet werden.

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Das Anzeichnen der unteren Schnittkante

Jetzt wird die Karosse wieder abgenommen und das Lineal an der langen Seite der Karosserie, also an den seitlichen Schwellern, angelegt. Daraufhin wird mit dem Skalpell vorsichtig an der Linie entlang gezogen. Hier sollte nicht allzu viel Druck aufgebracht werden, da das Lexan nicht durchgeschnitten, sondern nur angeritzt werden soll. Die gesamte Karosserie wird rundherum an der markierten Linie angeritzt.

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Lexan wird nur angerissen – nicht durchgeschnitten

Nachdem die ganze Karosserie umrundet ist, wird sie nun mit der Lexanschere an den Ecken von außen in Richtung der Schnittkanten bis kurz vor die angezeichnete Linie eingeschnitten.

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An den Ecken einschneiden, …

Jetzt können die Abschnitte vorsichtig nach innen umgebogen werden, bis sie sauber abgezogen werden können. Durch das Schneiden und Knicken entsteht eine saubere gerade Schnittkante, die erstens schön aussieht und zweitens kaum mehr Nacharbeit benötigt.

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… vorsichtig umknicken und abziehen

Nachdem der Porsche nun grob ausgeschnitten ist, wenden wir uns den Positionen der Befestigungslöcher für die Karosseriesteher zu. Und hier beginnen für die meisten die Schwierigkeiten. Oft hängt die Karosserie nach dem Bohren der Löcher mehr schief als gerade und bei Weitem nicht mittig auf dem Chassis. Hierfür gibt es einen einfachen Trick: Karton. Man schneidet nun einfach vier (beim 1:8er acht) Kartonstreifen oder -scheiben in der Größe der Räder aus einem normalen Pappkarton (z. B. von der letzten Versandhausbestellung) aus und klemmt sie bei geradeaus zeigenden Vorderreifen zwischen Reifenflanke und Karosserie ein (siehe Foto).

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Die Kartonscheiben fixieren die Karosserie mittig auf dem Chassis

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Die Scheiben müssen links und rechts auf gleicher Höhe angelegt werden

Nun spannt die Karosserie auf dem RC-Car und wird so schon einmal in der Mitte gehalten. Außerdem kann sie einfach vor- und zurückgeschoben werden, bis man die optimale Position erreicht hat. Dadurch, dass die Karosserie nun leicht fixiert ist, kann man die Löcher für die Karosseriesteher und die Antenne sauber mit dem wasserfesten Stift anzeichnen. Nach dem Abnehmen der Karosserie können die Löcher nun mit einem Body Reamer oder Bohrer gebohrt werden.
So, nun sitzt die Karosserie schon einmal sauber auf dem RC-Car.

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dem Bohren der Karosserielöcher sitzt der Porsche perfekt auf dem Chassis

Wenden wir uns nun den Radläufen zu. Diese mit einer Schere oder dem Skalpell rund auszuschneiden erfordert sehr viel Geduld und oft sehen die Ausschnitte hinterher doch recht wild aus. Zu weit vorne, zu weit hinten oder ungleichmäßig – einfach nicht schön. Abhilfe schafft hier ein Kreisschneider, der im Fachhandel, Internet oder manchmal sogar im Baumarkt oder Schreibwarenhandel für wenig Geld erhältlich ist. Das Arbeitsprinzip ist gleich dem eines Zirkels, nur dass sich an einer Seite eine Nadel und an der anderen Seite ein scharfes Messerchen befindet. Wenn man oft Karosserien für dieselben Fahrzeugarten fertigt, empfiehlt es sich, die Reifengrößen einmal auszumessen und auf dem Kreisschneider zu markieren. So lassen sich die Maße einfach wieder einstellen, ohne extra wieder messen zu müssen.
Nun wird unsere Porsche-Karosse wieder auf das Modell gesetzt und wir stellen dieses vor uns auf die Werkbank. Durch das Lexan sieht man nun hervorragend die Radmittelpunkte der Räder und kann sie mit dem Marker anzeichnen. Nun wird die Karosserie wieder abgenommen, die Nadel des zuvor auf den Reifendurchmesser eingestellten Kreisschneiders an der Markierung angesetzt und in einem Zug herum geschnitten. Auch hier ist zu beachten, dass man nicht durchschneidet, sondern das Polycarbonat nur anritzt.

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Mit dem Kreisschneider entstehen perfekt runde Radausschnitte

Nun kann der Abschnitt des Radhauses sauber durch biegen herausgetrennt werden und es entstehen glatte Kanten und ein perfekt runder Ausschnitt. Zum Abschluss sollte man die Ecken der Radhäuser noch mit der Schere rund schneiden und eventuell entstandene Grate mit feinem Schleifpapier glätten. Schon ist die Karosserie fertig ausgeschnitten und angepasst.

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die fertig angepasste und ausgeschnittene Karosse auf dem Chassis

Im Grunde ist die Anpassung von Karosserien bei allen Modellen recht ähnlich, jedoch beim 1:8er müssen auch die Aussparungen für Motor, Tank und Luftfilter angepasst werden. Wenn man diese Komponenten nicht vor dem Karosserieanpassen ausbauen will, müssen diese Aussparungen zuallererst ausgeschnitten werden, da die Karosse erst dann so weit nach unten kommt, dass die restlichen Löcher sauber gebohrt werden können. Dies ist nicht immer ganz einfach, da es hier keine Tricks gibt, die den Vorgang unkompliziert machen. Am besten legt man die Karosserie auf das Modell und zeichnet die Konturen des Kühlkopfs und des Luftfilters mit einem wasserfesten Stift nach. Dann schneidet man die Aussparungen wie zuvor beschrieben mit Kreisschneider und Skalpell aus. Die restlichen Ausschnitte werden dann genau so wie am Beispiel der 1:10er-Porsche-Karosserie beschrieben vorgenommen.
Buggy- und Formel-Karosserien werden hier nicht extra ausführlich beschrieben, da die Anpassung dieser aufgrund der frei stehenden Räder einfacher ist. Hier muss lediglich darauf geachtet werden, dass die Karosserie mittig auf dem Modell sitzt und die Bohrungen für die Karosseriehalter werden wie oben beschrieben, angebracht.
Nachdem die Karosserie nun schön auf das Chassis passt, sollte sie mit Spiritus, Alkohol oder Ähnlichem ausgewaschen werden, um alle Fett-, Farb- oder Schmutzrückstände zu entfernen. Dabei muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Reinigungsflüssigkeit das Polycarbonat nicht angreift. Am besten probiert man dies an einem Stück Abschnitt aus. Danach steht das Vorbereiten der Karosserie zum Lackieren an, darüber werden Sie in einer der nächsten Ausgaben der CAR-Modell lesen können.


Der CAR-Modell-Tipp

Saubere Schnittkanten
Zum Ausschneiden von Lexankarosserien sollte man sich ausreichend Zeit nehmen. In Eile ausgeschnittene Karosserien sehen nicht nur unschön aus, sie können das Fahrverhalten ihres RC-Cars nachteilig beeinflussen. Verwenden Sie nur scharfe Klingen und versuchen Sie nicht, durch das Polycarbonat hindurchzuschneiden, sondern es nur anzuritzen. Durch das anschließende Abknicken und Abziehen entstehen saubere und glatte Kanten.

Folgende Werkzeuge können hilfreich sein:

  • Scharfes Skalpell oder Hobbymesser
  • Scharfe Lexanschere
  • Wasserfeste Stifte in Mittel („M“) und Fein („F“)
  • Kreisschneider
  • Lineal am besten aus Metall
  • Karosseriebohrer „Body Reamer“
  • Karton

Erschienen in CM_Logo_80.jpg Heft 3/2010
 
Eine Ergänzung:

Das Kunststofflineal sollte ständig beobachtet oder gleich gegen ein Metalllineal ersetzt werden.

Durch das Skalpell wird immer mal wieder etwas vom Lineal abgeschabt und dann wars das mit geraden sauberen Schnitten. Alleine durch die dann entstehende rauhe Linealkante ist ein Verruschten oder Verreißen sehr wahrscheinlich. :eek:

Will jeman mein altes Plastik-Geodreieck haben...? :rolleyes:
 
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