Projekt: Sanierung eines Voll-GFK-Seglers mit der „Plätzli“-Technik

Alt-F4

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Hallo,

besteht Interesse an einem Bericht über die Reparatur eines alten, abgestürzten GFK-Seglers?

Ich habe für mich schon ein paar Fotos gemacht und ein paar Daten notiert. Da könnte ich ja eigentlich auch gleich eine richtige Dokumentation hier im Forum schreiben. Oder nennt man das jetzt einen "Blog"? Auf jeden Fall ein Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrungen.

Vielleicht kann ich mit Eurer Hilfe auch Fehler beim Basteln vermeiden. Schließlich ist das mein erstes Projekt dieser Art. Ich sehe da jetzt schon einige Punkte, die mir noch reichlich Kopfzerbrechen bereiten werden. Und beim Bauen werden bestimmt noch ein paar dazu kommen.

:)
 

Alt-F4

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OK - überredet

OK - überredet

ich schreibe aber lieber hier im Forum. Das ist mein erster Beitrag dieser Art und ich kann die Fortschritte besser nach und nach hier posten. Außerdem ist ein Magazinbeitrag doch mehr eine Einbahnstraße. Hier bekomme ich hoffentlich viele sinnvolle Kommentare und Anregungen.

Ich werde also zunächst die Reparatur der Risse im GFK-Laminat des Rumpfes beschreiben. Wenn Interesse besteht, werde ich auch den Rumpfausbau und alle anderen Arbeiten bis zur Fertigstellung dokumentieren.

Da muss ich aber die „Puristen“ vorwarnen. Der Rumpf bekommt zum Einbau von Elektrothermik eine Nasenoperation verpasst.

Bei den Reparaturmethoden werde ich unter anderem auf das Know-How der verschiedenen exzellenten Anleitungen von SwissComposite zurückgreifen.

Ich werde versuchen, das Projekt einigermaßen sachlich zu beschreiben, mit schönen Fotos anzureichern und Smileys auf ein Mindestmaß zu beschränken. ;)

Morgen geht's los.
 

Uwe Gartmann

Vereinsmitglied
Hallo Ulli

Ich freue mich auf Deinen Bericht. Im Anschluss lässt sich immer noch ein Magazinbeitrag daraus extrahieren. Das hat beim Lesen den Vorteil, direkt an die wichtigen Infos zu kommen, ohne alle Posts durchzulesen zu müssen.

Gruss
Uwe
 

scheff

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Hallo Ulli,

so ein Reparaturbericht würde mich als angehenden GFK-Flieger-Pilot brennendst interessieren, kann ich davon doch nur lernen :cool:

Auch bin ich auf die "Nasenamputation" am Rumpf inkl. dessen Ausbau "gespannt wie ein Flitzebogen" ;)

Grüße vom Bodensee

Robert
 

Harm

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Ulli,

Bin auch gespannt über deine Abenteuer beim reparieren.

Vorweg ein Tipp von mir beim Plätzli-reparieren. Nachdem die abgeschrägte Risse mit die Plätzli aufgefüllt sind (man glaubt anfangs nicht wieviele Plätzli nötig sind um die orginale Wanddicke des Laminats wieder herzustellen) steht an beide Seiten der Reparatur natürlich viel Material über.

Wenn ich abends diese Plätzli reinlaminiert habe schneide/schäbe ich den nächsten Morgen mit ein scharfes Operationsmesser so viel wie möglich das überstehende Material schon weg bevor das neue Laminat richtig ausgehärtet ist. Wenn es noch hart-zäh ist lässt das Material sich ausgezeichnet schneiden. Diese Methode erleichtert das spätere glätten der Oberfläche ungemein. Ich benutze dazu übrigens gerne eine feine Metallfeile statt Smirgelpapier, lässt sich sehr gut steuern. Es muss vorgebeugt werden das das orginale Laminat an beide Seiten von die Reparaturstellen geschwächt wird.
 

Alt-F4

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Hors d'œuvre

Hors d'œuvre

Hallo,

erstmal vielen Dank für Euer Interesse. Dann will ich mal loslegen.

Das Vorbild:
foka 4.jpg

Huch, eine "Foka"!
Alle, die jetzt die Reparatur einer modernen Superorchidee (Schempp-Hirth, Schleicher, DG, o.ä.) erwartet haben, muss ich leider enttäuschen. :p

Mir gefallen die sog. "Youngtimer" unter den Seglern. Am liebsten Typen aus den 60er oder 70er Jahren, die auch für den Kunstflug zugelassen sind. Da gibt es viele sehr schöne Flugzeuge: z.B. Pilatus B4, ASW 15, Salto H-101, und einige SZD-Typen wie z.B. Bozian, SZD-21 Kobuz, SZD-36 Cobra, SZD-59 Akro [ist zwar etwas neuer, habe ich aber schon in 1:5], und eben die SZD-24 Foka 4, um die es hier geht.

Die Original SZD-24-4 "Foka 4" gibt es schon seit 1962 und damit ist sie sogar etwas älter als ich. Foka heißt auf deutsch Robbe, und wenn man den Rumpf ohne Flächen vor sich liegen hat, dann weiß man auch warum.

Detaillierte Infos zum Vorbild gibt es bei Piotr auf der Webseite <Link>, sowie im RC-Soaring-Digest 12/2005 eine ausführliche Dokumentation <Link>, die ich jedem Foka-Fan sehr empfehlen kann.

Das Modell:
Durch Zufall entdeckte ich Ende letzten Jahres bei einem anderen Modellflieger im Keller eine alte abgestürzte Foka 4 von Airworld <Link>.

Die Foka ist im Maßstab 1:4. Das bedeutet eine Spannweite von 3,75m. Dem Modell fehlte die rechte Fläche, bei der linken war der Flächenstahl (14x2mm Flachstahl) verbogen, aber sonst war sie noch einigermaßen in Ordnung. Die Foka ging mir nicht mehr aus dem Kopf und so habe ich mir überlegt, wie man sie am besten wieder herrichten könnte.

Der Rumpf hatte Risse im typischen bruchgefährdeten Bereich direkt hinter den Flächen. Das Höhenleitwerk war fast wie neu. Kabinenhaube zwar mit Gebrauchspuren aber durchaus noch OK.

Ich war, wie gesagt, Feuer und Flamme für diese alte orange Kiste und nachdem ich mich bei Airworld rückversichert hatte, dass es noch Ersatzflächen zu diesem schon ziemlich betagten Modell gibt, war klar: Die Foka muss ich haben!

:)
 
Hi Ulli,

auch ich bin an Deinem Bericht sehr interessiert. Werde diesen mit größerem Interesse verfolgen.
Also bitte viele Detailbilder samt Erklärung, saber, sabber;)

lg,
Gerry
 

Alt-F4

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Erstmal Bestandsaufnahme und einen Schlachtplan machen

Erstmal Bestandsaufnahme und einen Schlachtplan machen

Hallo,

leider hat mich die Speicherkarte meiner Kamera im Stich gelassen, und ich kann Euch keine Bilder der Foka im Urzustand, also so wie ich sie bekommen habe, liefern. Sorry, aber ich versuche das durch mehr Fotos bei den Baufortschritten auszugleichen.

Der Rumpf
Als der wuchtige Rumpf auf dem Basteltisch lag, stellte sich heraus, dass die Renovierung wohl doch um einiges aufwändiger wird, als zuerst vermutet.
Seiten- und Höhenruder sind bisher mit einem Seilzugsystem über Umlenkhebel von zwei ganz vorne im Rumpf eingebauten Servos bewegt. Das Höhenruder sogar über zwei Umlenkungen. Da diese Anlenkungen sehr schwergängig, ruckelig und alles andere als spielfrei waren, mussten sie natürlich raus.

2Umlenkhebel.jpg 1Umlenkhebel.jpg
Die ausgebauten Anlenkungen für Seiten- und Höhenruder

Die hintere Umlenkeinheit konnte nur nach dem Auffräsen des Hecks entfernt werden. Da der Rumpf hier aber sehr stabil gebaut ist, bedeutet das später kein Problem für die Festigkeit.
Heck1.JPG
Das Heck nach Entfernen der hinteren Umlenkung.

Der Rumpf hat eine eingeharzte Flächensteckung für die Flachstähle, sowie unten ein Gehäuse für das Rad. Außerdem zwei eingeklebte Holzflächen für Servos, Empfänger etc.. Das Holz ist nach den vielen Jahren schon etwas morsch und fliegt natürlich auch raus.

P1000068.JPG
Das vordere Brett vor dem Entfernen

Rumpfmitsteckung.JPG
Blick in den Rumpf. Links und rechts an den Wänden war die Umlenkachse befestigt. Außerdem sind an den Seiten die Reste der Holzplatte zu erkennen. Das Stück Sperrholz vor dem Radkasten ist das Lager für den Hochstarthaken

Die Risse im Rumpf sind an zwei Stellen doch ausgeprägter. Hier war der Rumpf beim Aufschlag auf die Erde wohl etwas geknickt worden. Er hat überhaupt keine Steifigkeit mehr und ich muss sehr vorsichtig mit dem Teil hantieren.

Riss2.jpg
Die Risse an der Unterseite nach dem Schleifen


Es bringt nichts, hier einfach eine Matte von innen gegenzukleben. Alles muss sorgfältig geschäftet werden. Der Rumpf ist hinter den Flächenanformungen erstaunlich leicht gebaut. Die Statik des Rumpflaminats soll wieder hergestellt werden. Es hat wenig Sinn, alles von innen mit GFK und Kohle zuzukleistern, bis der Rumpf Flackfeuer aushält. Einen ordentlichen gleichmäßigen Steifigkeitsverlauf erreicht man damit auf keinen Fall. Also keinen Pfusch, sondern alles schön sauber nach der „Plätzli-Methode“ repariert.

Riss1.jpg
Riss3.jpg
Der Riss auf der Oberseite nach dem Schleifen

P1000178.JPGP1000179.JPG
Die Flächenanformung und Steckung
 
Zuletzt bearbeitet:

Alt-F4

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Das Seitenleitwerk

Das GFK-Seitenruder sitzt unten auf einem eingeharzten Stahlstift und wird oben durch einen abgewinkelten Stahlstift gehalten. Dessen freies Ende wird später oben auf dem Seitenleitwerk eingeharzt. Eine demontierbare Lösung ist nicht vorgesehen. Als Abschlussspant ist im Seitenleitwerk ein Streifen Rohazell o.ä. eingeklebt. Die Verklebung sieht an den Seiten eher unzureichend aus, hält aber bombenfest.

Seitenleitwerk.JPG
Das Seitenruder mit Abschlussspant aus Rohazell und unterem Aufnahmedorn. Hier ist der Rumpf schon weitgehend von der weißen Lackierung befreit.

Die Anlenkung des Seitenruders war bisher mit Stahlseilen ausgeführt. Dazu war ein Stück an den Enden plattgedrücktes Messingrohr durch eine Bohrung im Ruder gesteckt. Das Teil ließ sich nach ein bischen hin- und herdrehen mit der Zange ganz leicht aus dem Ruder ziehen.

P1000154.JPG
Das Seitenruder

Das Höhenleitwerk
Das Höhenruder war mit Tesafilm am Höhenleitwerk anscharniert. Das Tesa habe ich abgezogen. Später wird das Höhenruder, wie auch die Querruder, mit Silikon (Elastosil E41) anscharniert.

P1000158.JPGhoehenleitwerk.jpg
Das Höhenleitwerk sieht fast aus wie neu
 
Zuletzt bearbeitet:

Alt-F4

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Die Kabinenhaube

Leichte Kratzer auf der Haube und am Rahmen blättert etwas die Farbe ab.
Ansonsten ein sehr stabiles Teil das auch gut auf den Rumpf passt.

P1000155.JPGP1000157.JPG
Die Kabinenhaube von oben und von unten
 
Hallo Ulli,
schöner Beitrag!

Alt-F4 schrieb:
Alles muss sorgfältig geschäftet werden. Die Statik des Rumpflaminats soll wieder hergestellt werden. ...
Einen ordentlichen gleichmäßigen Steifigkeitsverlauf erreicht man damit auf keinen Fall. Also keinen Pfusch, sondern alles schön sauber nach der „Plätzli-Methode“ repariert.

Warum denn dann nicht gleich richtig, denn handwerklich sauber ist die Plätzli-Methode auch nicht. Mir ist klar, das die Festigkeit auch nach dieser Vorgehensweise ausreicht, aber die Reparatur nach Lehrbuch bedeutet keinen nennenswerten Mehraufwand. Ob man jetzt Flicken in Größe und Form der Schäftung in richtiger Faserrichtung ausschneidet und auflaminiert, oder wahllos zugeschnittene Quadrate antupft, richtig sauber ist nur ersteres.


Gruß,
Christian
 

bie

Vereinsmitglied
hänschen schrieb:
bei mir wäre die Reparatur schneller erledigt als die Fotos und das geschreibe...

Oh, das ist aber schön für dich…dann geh doch wieder in den Keller, bastel, und lass die anderen Jungs ihr Spiel spielen…

Und zur Sache:

Mach weiter Uli, ist sehr interessant!
 

Alt-F4

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Christian Schirmer schrieb:
...die Reparatur nach Lehrbuch bedeutet keinen nennenswerten Mehraufwand.
Dieses Lehrbuch liegt mir leider nicht vor.
Christian Schirmer schrieb:
Ob man jetzt Flicken in Größe und Form der Schäftung in richtiger Faserrichtung ausschneidet und auflaminiert, oder wahllos zugeschnittene Quadrate antupft, richtig sauber ist nur ersteres.
Schäftung bedeutet doch, dass die Reparaturfläche flach auslaufend geschliffen wird. Wie kann man denn einen Flicken in Größe und Form geschäftet zuschneiden? Und an was erkenne ich die richtige Faserrichtung? :confused:
Die Plätzli-Methode habe ich gewählt, weil sie bei swiss-composite hervorragend beschrieben ist.


hänschen schrieb:
bei mir wäre die Reparatur schneller erledigt als die Fotos und das geschreibe...
Bei mir auch, Hans. Aber ich habe mich nunmal zu dieser Arbeit entschlossen, und wie man an den anderen Reaktionen sieht, besteht auch Interesse daran. ;)
 

Alt-F4

User
Die Fläche
alteflaeche.jpg
Die rechte Tragfläche

Leider stellte sich heraus, dass der verbogene Flächenstahl sich auch nach Erhitzen keinen Millimeter aus der Fläche bewegen lässt. Das GFK fing schon an, bedenklich zu riechen. Also den Stahl besser nicht noch weiter erhitzen.

wurzelrippe.jpg
Der verbogene Flächenstahl und die Quetschstelle

Da die Ersatzflächen von Airworld zu sehr zivilen Preisen zu bekommen sind, habe ich mich schnell dazu entschlossen, alle beide neu zu bestellen. Das hat außerdem den Vorteil, dass ich zwei Flächen in identischem Zustand habe, und nicht eine nagelneue und eine mehr oder weniger gut aufpolierte alte.
 

Alt-F4

User
Der Antrieb
Die Foka bekommt zum Einbau von Elektro-Thermik eine Nasenoperation verpasst.
Eigentlich wollte ich vom Motor nur die extra lange Welle (33mm freies Wellenende) durch ein 10mm Loch in der Nasenspitze nach draußen führen. Das Prinzip „Nasenloch“ habe ich bei meiner kleinen SZD-59Akro schon erfolgreich umgesetzt:

59akro2.jpg 59akro4.jpg
59akro3.jpg
So habe ich das bei meiner SZD-59 realisiert. Der Mitnehmer ist in Form geschliffen, damit der Motor ganz nach vorne kommt. Aus dem Rumpf guckt nur ca. 20mm Welle heraus.

Das erste größere Problem
In der Rumpfnase der Foka ist leider einiges an Blei fest mit Harz eingegossen.
Wie ich das wieder rausbekomme muss ich mir noch überlegen. Das Blei ist sehr weich und lässt sich mit dem Fräser zerspanen. Das Problem ist das Harz und die Rumpfhaut beim Dremeln nicht zu verletzen. Hat jemand einen Vorschlag?

P1000166.JPG
Die Rumpfnase mit eingeharztem Blei. Außerdem sind die Reste des herausgetrennten Servobrettes zu erkennen.

Wenn ich das Blei nicht von innen entfernen kann, bleibt mir nur, die Nase abzusägen und das Blei dann von vorne herauszufräsen. Da der Rumpf aber vorne nicht ganz rund ist und außerdem eine vorbildgetreue Lackierung dann nicht mehr möglich wäre, bin ich davon nicht sehr begeistert.
 
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