Nahmd!
1. Ist das eigentlich nicht dasselbe wie Vlies? Ist ja auch ein Polyestergewebe ohne Beschichtung und wird auch wie Koverall verklebt
Nö, nicht so ganz.
Vlies
war während seiner Entstehung mal ein POS-Gewebe, das im weiteren Behandlungsverlauf massiv gereckt und warm zusammengewalzt wurde. Dadurch entsteht etwas ähnliches wie eine Faserrichtung. AKA in Längsrichtung kannst Du damit ein Auto wegziehen (wenn Du's kannst ;-), in Querrichtung mit Leichtigkeit daraus Streifen rupfen. Unter der Bezeichnung "Vlies" habe ich bislang als schwerste Qualität 23g/qm gefunden, es gips aber auch leichter.
Koverall ist ein POS-
Gewebe, also Kettfäden mit Schußfäden in Leinwandbindung. Kett- und Schußrichtung (und die noch verbliebenen 356 anderen Richtungsgrade ;-) unterscheiden sich hauptsächlich meßtechnisch, irL kaum feststellbar. Koverall ist die leichteste Ausführung dieses POS-Gewebes, das es z.B. bei
Friebe in erheblich schwereren Grammaturen gibt.
In der wunderbaren, weiten Welt der Textilien wird's aber sicher auch leichtere Varianten geben ...
bernd4 schrieb:
Für das Aufkleben von Koverall gibt es wohl zwei Methoden:
- Spannlack
- Oratex Heisskleber
Vorweg: Spannlack ist meist Nitrolack (es gibt nur sehr wenige Ausnahmen, Spannfix immun ist eine davon). Klebelack ist Nitrolack mit etwas weniger Spannkraft, was aber nicht wirklich wichtig ist. Wichtiger ist, daß weniger Verdünnung drin ist -> SPL etwas offen herumstinken lassen, voilà: Klebelack fertig, matsch^h^klebt genauso gut. Der häufige Geheimtip, SPL mit Uhu hart zu mischen ist nicht geheim, denn Uhu hart mit viiel Verdünnung wird zu Spannlack. Spannt gut, macht aber Streifen, die nicht verschwinden. Das ist also alles fast das gleiche Zeug. Schnellschliffgrund AKA Porenfüller ist Nitrolack mit Talkum drin. Talkum ist schwerer, setzt sich also ab. Drum haben Clou & Co noch Hexenmitt^h^Emulgator drin, der das etwas einbremst. Trotzdem steht auf der Dose, daß man's vorher gründlich schütteln möge.
! <- hier ist mein Ausrufezeichen dazu. Das Talkum nimmt dem Nitrolack auch seine "angeborene" Eigenschaft des Schrumpfens beim Trocknen. Das versteht man wohl schon rein mechanisch.
Wenn man den Nitrolack schon vorher auf's rohe Holz bringt, macht man das am praktischsten in der Form, daß man es nicht so oft machen muß: angedickt mit Talkum. Wer gaanz zarte Endleistelchen aus Weichbalsa hat, verstärkt sie geschickterweise mit verdünntem Nitrolack. Weil das aber im Jahr 2013 ziemlicher Käse ist, haben die ganzen Freiflugmodelle seit Jahrzehnten AF-CF-Flügel. Und Guillow's-Modelle
will man nicht mit Koverall bespannen ...
OK, das Holz ist jetzt satt nitrolackiert/Clou-Schnellschliffgrundiert/sonstwomit-geporenfüllert. Wenn man mit reiner SPL-Verdünnung das anlöst, ist die Klebezeit ähnlich kurz wie bei dünnem Sekundi. Man kann das Koverall also ziemlich schnell ringsherum festpicken. Und die Falten von der Lieferform größtenteils gleich mit rausziehen.
Spannlack braucht's bei Koverall nicht zum Spannen, völlig richtig. Spannlack hat aber den Vorteil, daß er "nichts" wiegt, Franz hatte das bereits gesagt. Solange es klarer = ohne Pigment ist. Koverall ist recht grob gewebt, lässt Lacke wunderbar durchlaufen und auf der Innenseite Tropfen bilden. 100g Spannlack sind nach großflächiger Durchtrocknung noch 6-9g Zelluloid -> die Tropfen sind verschwunden, deren Gewicht ebenfalls. Die Poren des Koveralls gehen mit Porenfüller besser zu, dessen verringerte Spannwirkung spielt keine Rolle. Dabei sollte man doch e weng drauf schauen, daß man das Talkum nicht mit dem Pinsel in großen Mengen durchmassiert.
Das mit dem Tropfengewicht gilt leider nicht für den allseits beliebten Parkettlack. Den kann man aber mit Vorteil danach anwenden, mit und ohne Farbe drin.
Heißsiegelkleber geht nicht mehr als Erfindung der Neuzeit durch, den gibt es etwa seit den Endfünfzigern. Damals hieß er Kolloidkleber, ein früher Handelsname z.B. war "Mowicoll". Später kamen dann Uhu coll von Fischer und Ponal von Henkel. Das sind alles Acryldispersionen "ohne Lösemittel". Die sind
keinesfalls lösemittelfrei, aber das Lösemittel ist so gewöhnlich, daß man es nicht wahrnimmt: Wasser. Es riecht halt nicht so aufdringlich, wie die Kohlenwasserstoffe der Zellulosenitratlacke oder der Polychloroprene (Kontaktkleber). Acryldispersionen kann der Chemiker weitaus besser in die eine oder andere Richtung züchten. Als "Ponal" kann man den im getrockneten Zustand mit dem Fingernagel eindrücken, als Parkettlack schafft man das nur durch monate- bis jahrelanges Draufherumgetrampele. Alle Acryldispersionen erweichen sich beim Erwärmen und kleben dann wieder, (Uhu hart übrinx auch.) bei Heißsiegelkleber wird dieses Verhalten besonders gefördert. Graupner hatte in den Achtzigern ein buntes Polyestervlies namens "Ecospan" (heute haben sie es wieder). Dazu gab es den passenden Heißsiegelkleber. Er stammte
hierher. (skip intro -> quick product links -> Balsaloc, einen deep link gips bei dem dynamischen Seitenaufbau nicht.) Ich habe genau so ein Döschen mit dem Aufkleber "Multiloc" aus den Mittneunzigern, bei Robbe war nur der Aufkleber anders. Mein MPX-Döschen musste ich letztes Jahr ersma mit fleißig Wasser wieder aufrühren, nach einer Probeklebung verwende ich das ganz normal.
BTW: die üblichen Wandfarben sind auch Acryldispersionen: wischfest, billig, nicht kreidend, problemlos. Man würde sie aber weder als "Weißleim", noch "Parkettlack", noch als "Heißsiegelkleber" verwenden wollen. Nur so als Beispiel für die Variationsbreite dieses Materials.
Und wie sich das Polyurethan
Voss G4 dazwischen einordnet, muß ich mir noch erarbeiten. Das sei eine sehr schöne und dauerhafte Grundierung und Verfestigung für unsere Popelhölzer und ein toller Übergang zu den bei unsereins gebräuchlichen Harzen.
just my 2cts.
Patrick