"Ferran"-Rumpf
"Ferran"-Rumpf
Hallo,
da viel "hab ich schon gehört" vorherrscht, hier mal etwas aus dem Nähkästchen eines ehemaligen Carreramitarbeiters (nicht mir): GFK-Rümpfe waren vor seiner Zeit, aber er kannte sie noch als Lagerware. Ferranrümpfe sind '77 eingeführt worden. Sie sind meiner Meinung nach aus PP, möglicherweise noch aus dem sehr chemisch und von den Eigenschaften her recht ähnlichen PE. Sie wurden in Formen in einem Schleuder-Sinterverfahren hergestellt. Wer sich darunter nix vorstellen kann, soll sich einen Wienerwald-Ofen vor Augen führen: da ist die Form (der tote Gickel), die ständig mit Wärme beaufschlagt und gelegentlich mit Fett und Würzi bestrichen wird. Bei den Carreras gips'n bissi mehr Kunststoff als Fett bei den Gickeln, weil die Form ja nicht mitfliegen soll, sondern nur die "Kruste". Außerdem ist die (Negativ-)Form außen um das Produkt herum.
Daraus folgen zwei Umstände: es dauerte lang, bis ein Rumpf fertig ist. Carrera konnte wohl nur 3 Rümpfe/24h bei voller Maschinenauslastung herstellen, also bestenfalls 1000 pro Jahr.
Zweitens wurde der Rumpf in seiner Form urgeformt. Das ist also auch die Form, die er bei späterer Erwärmung ohne von außen einwirkende Kraft wieder einnehmen sollte.
PP hat in seinen Eigenschaften grundsätzlich einen heftigen Temperaturgang. Wenn ich (ich arbeite seit Jahrzehnten gewerblich u.a. mit PP und PE) eine gezogene Orthese (-> Wiki) nach zu kurzer Verweildauer vom Gips schneide, kann sie reißen, weil sie noch reichlich Spannung vom Umformen, aber schon Raumtemperatur hat, die in meiner Werkstatt winters 14° beträgt. Abhilfe ist leicht, aber der Fehler sehr arbeitsaufwendig: einen Tag zum Spannungsabbau liegen lassen und beim Runterschneiden etwas erwärmen.
PE ist diesbezüglich deutlich weniger empfindlich, aber auch deutlich weniger steif, mMn für einen Modellrumpf zu labbrig.
Diese Eigenschaften kann man durch die Züchtung verschiedener Makromolekülstrukturen in die eine oder andere Richtung verbessern, bis hin zur Treibbarkeit mit dem Hammer auf dem Amboß.
Auch die Erweichungstemperatur (das ist nicht die Schmelztemperatur, sondern nur die Strukturumwandlung der Kristallite (-> dazu gibt die Wiki nicht wirklich was her) kann auf niedrig gezüchtet werden, liegt dann um 100° C herum, kann bei PP aber bis über 200° C hinaufgehen. D.h., daß man mit einem Haarfön bei einem Carrerarumpf nicht wirklich was erreichen wird, aber ich weiß ja nicht, mit was Ihr Euch Locken macht ;-) Die Heißluftföns bringen aber locker höhere Temperaturen, Hans' Verfahren ist kein schlechtes, und die wiederholbare Einstellgenauigkeit ist ein Grund, warum ich 1999 einen Fön für 560.- DM netto gekauft hatte. Der hat in den letzten zehn Jahren trotz annähernd täglichem Einsatz' nur Strom gebraucht, sonst nix.
So, weiter noch mit Carrera: die Fertigung war sehr aufwendig, die Preise trotzdem nicht viel höher als die anderer Firmen. Die Fertigung ist aber nochmal aufwendiger, wenn man bedenkt, daß alle Längenausdehnungsspilastiken jeweils individuell für das entsprechende Modell hergestellt wurden, ebenso die Flächenaufnahmen im Rumpf, die Wurzelrippen der Fläche und des HLWs u.ä. Gerade mal Ruderhörner, Umlenkungshebel für die QR-Anlenkung und vielleicht die Pendelruderhebel waren für mehrere Modelle gleich. Ich weiß aber nicht, ob und was Simprop und Airjet daran geändert haben, aber Geld damit verdient hatten sie offenbar nicht, wenn man die Verweildauer in den Katalogen betrachtet.
H.-W. Eickhoff hat insofern recht Recht: PP/PE enthält keinen Weichmacher wie ABS und versprödet im werkstofftechnischen Sinn nicht. Aber "Diese PE-Tüte zersetzt sich grundwasserneutral auf der Müllkippe oder der MVA". Also nicht auf dem Komposthaufen lagern ;-)
@Pitbull
Das Alublech kann man auch auf die Innenseite zu nieten versuchen, was bei Poppnieten eh geschickter wäre. Und den Nietkopf kann man mit einem Lackstift fast "ungeschehen" machen.
servus,
Patrick