Hallo Michael,
ich bin gewiß auch auch nicht der große "Parabelflug-Guru". Ich versuche nur, mit ein paar Physik- und Aerodynamik-Kenntnissen (habe ich mal gelernt) mir die Sache klar zu machen. Die Mathematik, die man auf diesem Level braucht, ist noch ziemlich einfach.
Die "Null g" gelten nicht nur für den Scheitelpunkt, sondern während des gesamten Parabelflugs. Sie ergeben sich beim "rein ballistischen Flug" (ohne Schub und Luftkräfte) einfach dadurch, daß das "fliegende Objekt" ständig der Erde "entgegenfällt". Das gilt auch für die Anfangsphase, in der das Objekt noch nach oben steigt, denn es verlangsamt seine Steiggeschwindigkeit entsprechend dem Fallgesetz (v = v0 - g*t, v0 = anfängliche Vertikalkomponente der Geschwindigkeit, t = Zeit). Im Scheitelpunkt ist die Vertikalgeschwindigkeit = Null, danach kehrt sie sich um und nimmt laufend zu.
Das Wesentliche an dieser Bewegungsform ist, daß in der Vertikalen nur die Erdbeschleunigung auftritt (s.o.) und in der Horizontalen die Geschwindigkeit gleichbleibt (= keine horizontale Beschleunigung).
So verhält sich ein schräg nach oben geworfener Stein oder das Geschoß aus einer Kanone. Wenn man die Geschwindigkeiten (Komponenten) rechnet und daraus die Bahnkurve, dann kommt eine Parabel dabei raus.
Unser Flugzeug ist nach Ende des Eintrittsbogens in derselben Situation wie ein Geschoß, das den Kanonenlauf unter einem bestimmten Winkel und mit einer bestimmten Geschwindigkeit verläßt, nur daß an ihm noch aerodynamische Kräfte und der Triebwerkschub angreifen (können). Diese Kräfte muß man nach Richtung und Größe ("vektoriell") in jedem Zeitpunkt zu Null machen, sonst kommt kein ballistischer Flug zustande.
Ähnliches gilt auch für den Bombenabwurf aus einem Flugzeug; da beginnt die Parabel nur gleich im Scheitelpunkt.
Daß wir diesen ballistischen Flug des Flugzeugs selbst wirklich brauchen, kann man sich leicht so vorstellen: Ein im Inneren des Flugzeugrumpfs "schwebender" Körper folgt von allein prakt. exakt der ballistischen Bahn, weil auf ihn nur die Schwerkraft einwirkt. Wenn das Flugzeug nicht genau dieselbe Bahn fliegt, dann wird dieser Körper sehr bald irgendwo innen an die Rumpfwand anstoßen, und das Schweben ist vorbei. Natürlich kriegt man das nicht ideal genau hin, aber man wird enge Toleranzen einhalten müssen.
Von den die Bahn "störenden" Kräften ist der Auftrieb die weitaus größte, und es gibt m.E. keine Kompensationsmöglichkeit dafür, deshalb muß man ihn sebst zu Null machen, indem man den Anstellwinkel entsprechend klein macht (ca=0, Sturzflugtrimmung). Und das während des gesamten Parabelflugs.
Zum Schub kann man noch überlegen:
Er muß zu jedem Zeitpunkt gerade den Luftwiderstand kompensieren. Während des horizontalen Anflugs hat er das gerade gemacht, während des Übergangsbogens ist die Geschwindigkeit kleiner geworden, und während des "ballistischen Steigens" muß die Vertikalkomponente der Geschwindigkeit gleichförmig abnehmen. Da deren Horizontalkomponente gleich groß bleiben muß, kann man somit die geforderte Bahngeschwindigkeit berechnen, und damit die Änderung des Widerstands, und daraus die notwendige Reduzierung des Schubs. Dabei muß man natürlich berücksichtigen, daß der Widerstandsbeiwert (cw) auch kleiner wird wegen des verringerten Anstellwinkels (z.B. wird der induzierte Widerstand sogar Null).
Das ist nun leicht gesagt und schwer getan; ich vermute mal, daß das im Airbus ein Computer macht.
Aber auf gar keinen Fall darf man den Schub auf Null runterfahren, das wäre grob falsch. Andererseits ist die Größenordnung der wirksamen Differenz Schub - Widerstand viel kleiner als der Auftrieb, und die auftretenden Geschwindigkeitsunterschiede sind nicht extrem groß. Das dürfte diesen Punkt weniger kritisch machen, als es beim Auftrieb der Fall war.
----------------------------------
Zitat:
Wenn Du die "Null Auftrieb Trimmstellung" während des Steigflugs zuschaltest, wird dieser Ruderausschlag meines Erachtens die Flugkurve eher stören, als unterstützen, weil eine schlagartige Änderung der Trimmung ein Pitchmoment erzeugt und die Bahn verändert.
----------------------------------
Ja, wenn man schlagartig von von "Normal-" auf "Sturzflugtrimmung" umschaltet bzw. damit den Auftrieb "wegschaltet", wird es bestimmt zu einem "Ruck" und einer störenden Ausgleichsbewegung des Flugzeugs kommen. Das kann man minimieren, indem der Übergang nicht schlagartig, sondern "fließend" gemacht wird. Das gilt in ähnlicher Weise z.B. auch beim Umschalten von unterschiedlichen normaleren "Flugphasen". So eine Funktion bieten deshalb die meisten Computersender.
Michael, ich weiß, wie du das mit deinen "parabeligen Bahnen" gemeint hast und will es deshalb garnicht kritisieren. Wenn es "ballistische Parabeln" wären, so wäre das m.E. aber ein großer Zufall.
Es wäre natürlich sehr interessant, etwas mehr dazu erfahren, wie die Profis von der esa die Probleme im Detail gelöst haben.
Grüße,
Helmut