Flügelprofil für ein langsam fliegendes Modell

Hallo zusammen,

da ich neulich auf einer Messe für Modellbauer (Segelflugzeuge) war, bin ich jetzt doch ziemlich fasziniert (und infiziert) davon. Ich will also auch :D.
Vor etwa 10 Jahren habe ich schon einmal ein Fertigmodell zum Selber-Zusammenbauen gehabt, jetzt möchte ich aber alles selber bauen.

Für meinen ersten Flieger seit langem suche ich daher zunächst ein Flügelprofil. Mein Flieger soll relativ leicht werden, natürlich möglichst lange fliegen und dabei vor allem langsam fliegen (da ich hier nicht so viel Platz habe). All zu groß soll die Spannweite dabei auch nicht werden (so 20-35cm).

Ich habe einige Zeit mit JavaFoil herum experimentiert. Auf jeden Fall ein sehr umfangreiches und tolles Programm, leider kann ich aber nicht einschätzen, ob sich die vorgegebenen Profilformen für mich überhaupt eignen (bzw. welche sich am besten eignet) und welche Modifikationen Sinn machen könnten.

Daher möchte ich euch einfach mal fragen, ob ihr mir ein (fertiges) Profil empfehlen könnt? Ich vermute nämlich, es gibt es zahlreiche Standardformen, die sich für meinen Zweck besonders eignen würden.
Da ich zur Zeit die Möglichkeit habe, möchte ich mir dann die Rippenstruktur mit einer CNC fräsen lassen.

Vielen Dank im Voraus und viele Grüße,
Bernhard.

PS: Und nen guten Rutsch ins neue Jahr!
 
Flügelprofil für langsamen Segler

Flügelprofil für langsamen Segler

Hallo Bernhard,

Willkommen im Forum. Erste Frage: Möchtest du einen Freiflieger bauen oder soll er ferngelenkt werden? Zweite Frage: Eine Spannweite von 25..30 cm scheint mir ein bißchen klein zu sein, weil du da höchstens ein Delta- oder Nurflügelmodell bauen könntes mit sehr bescheidenen Flugleistungen. Hierbei würde das Profil fast keine Rolle spielen, weil der sog. induzierte Widerstand die ganze Leistung "auffrißt".
Gib also erst einmal bescheid, was du machen möchtest.

Peter
 
Hallo Peter,

vielen Dank für deine schnelle Antwort.

Es soll definitiv ein Freiflieger und eigentlich auch kein Nurflügler werden. Von der Größe her kann ich auch auf 40-45cm gehen, viel größer möchte ich es aber eigentlich nicht haben. Ich möchte es nämlich nicht draußen fliegen lassen, sondern nur drinnen.

Gleich mal eine zusätzliche Frage:
Entsteht der von Dir angesprochene Widerstand durch die eher tropfenförmige Profilform oder "nur" durch Randwirbel?

Viele Grüße, Bernhard.
 
Hallo Bernhard,
Schau mal unter dem Beitrag Ministick. Dabei handelt es sich um ein Saalflugmodell mit Gummimotorantrieb. Es gibt auch noch Wurfgleiter für die Halle. Du müßtest dich ein bißchen in der Szene umschauen. Beiträge hierzu gibt es in der Freiflugzeitschrift "thermiksense". Schau mal nach unter: www.thermiksense.de.

Bei der Profilierung mußt du dir keine großen Gedanken machen. Der Ministick hat eine sog. gewölbte Platte, d.h. es besteht nur aus der Skelettlinie eines Profils. Wurfgleiter haben sogar nur eine ebene Platte mit einer geringen Oberseitenwölbung.
Der induzierte Widerstand entsteht durch die Randwirbel. Außerdem ist bei kleinen Seitenverhältnissen der sog. Auftriebsbeiwert geringer. Die schlechtere Aerodynamik wird bei solchen Modellen durch das geringe Gewicht (Flächenbelastung) etwas ausgeglichen, so daß sie sehr langsam fliegen können.

Grüße, Peter
 
Hallo Bernhard,

nachdem Du Freiflug drinnen machen möchtest bleibt meines Erachtens nur Saalflug übrig. Hierüber wurde in diesem Forum schon einiges geschrieben.
Jemand der sich mit dieser Materie schon ausführlich befasst hat ist der User dbrehm - einfach eine PM zusenden und dann das erfahrene hier veröffentlichen.

Meiner Meinung nach benötigst Du für langsamen Drinnenflug ein Profil "gewölbte Platte". Siehe Saalflug
 
Noch einmal vielen Dank, euch beiden.

Von den Saalfliegern habe ich vor kurzem auch schon gelesen, allerdings erscheinen mir diese für den Anfang etwas zu aufwendig zu sein (bei 1,2Gramm erscheint es mir zumindest so).

Aber vielleicht kann ich da das ein oder andere abkupfern, so dass ich etwas in diese Richtung komme.


Bei der Profilierung mußt du dir keine großen Gedanken machen. Der Ministick hat eine sog. gewölbte Platte, d.h. es besteht nur aus der Skelettlinie eines Profils. Wurfgleiter haben sogar nur eine ebene Platte mit einer geringen Oberseitenwölbung.
Ich habe mir den Plan des Ministicks von dem User Heinz (hastf1b) mal etwas genauer angesehen, blicke dort aber noch 100%zig durch.
Habe ich es richtig verstanden, dass du mit einer "gewölbte Platte" sowohl eine leichte Profilierung (quasi nur die obere Seite eines tropfenförmigen Flügels (siehe Bild im Anhang), die Oberseitenwölbung) als auch die geknickte Flügelform (quasi so: \_______/) meinst?

Ich werde mir auf jeden Fall den Beitrag zum Ministick noch einmal genauer ansehen und noch ein wenig suchen.

Ich wünsche ein schönen Start ins neue Jahr,
euer Bernhard
 

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gewölbte Platte

gewölbte Platte

Damit ist nicht die obere Seite eines herkömmlichen Profils gemeint, sondern die Skelettlinie von eben diesem Profil. Und weil es so viele Profile gibt, gibt es eben auch viele verschiedene Verläufe von Skelettlinien.
Die Skelettlinie eines Profils ist die gedachte Linie, die durch alle Mittelpunkte von Kreisen geht, die man so in ein Profil zeichnen kann, dass die Kreise die Kontur dieses Profils tangieren.

Man kann natürlich eine Tragfläche aus Depron, oder Selitac z.B. auch von Hand über eine Tischkante so biegen, dass das Profil dieser Tragfläche dann auch eine gewölbte Platte ist, nur weis man dann halt nicht, welcher Skelettlinie (von welchem Profil) diese Wölbung entspricht, die man dann so erzeugt hat...

mfg jochen
ps: Soll das Modell in einer Halle fliegen, oder sogar im Wohnzimmer?
 

hastf1b

User †
gewölbte Platte

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Damit ist nicht die obere Seite eines herkömmlichen Profils gemeint, sondern die Skelettlinie von eben diesem Profil.

Das Profil "gewölbte Platte" mit der Bezeichnung "Gö 417a" ist ein eigenständiges Profil und hat mit Skelettlinie nichts zu tun. Das Profil Gö 417a ist für kleine Segler gut geeignet.

Gruß Heinz

Profil_Goe417a.png
 

hastf1b

User †
Hallo Bernhard, schau dir doch mal diese Seite an -http://www.ikara.eu/index.php?nid=6259&lid=EN&oid=940591 - dort wirst du bestimmt etwas finden an dem du Freude hast.

Gruß Heinz
 
Hallo Heinz, Hallo Jochen,

vielen Dank für eure Antworten. Ich hoffe ihr verzeiht es mir, dass ich erst jetzt zurück bin und schreibe :).

Es scheint mir also (nicht zu letzt durch Grafik von Heinz), dass die "gewölbte Platte" doch vergleichbar mit dem von mir genannten "halben Profil" ist.
Ich nehme an, dass die gewölbte Platte dann nur von oben bespannt wird, oder?

Zu dem Profil Gö 417a habe ich im Netz zwar schon einiges gesucht, aber leider noch nicht viel zielführendes gefunden. Wahrscheinlich habe ich einfach unter den falschen Stichwörtern gesucht.
Mich interessieren vor allem ein paar Analysen wie die des Java-Programms JavaFoils und insbesondere die Profil-Koordinaten von dem Profil. Oder auch Vergleiche mit anderen Profilen wären ganz interessant. Habt ihr da noch ein paar Informationsmaterial für mich?

Vielen Dank und neujährliche Grüße,
euer Bernhard.
 

hastf1b

User †
Ich nehme an, dass die gewölbte Platte dann nur von oben bespannt wird, oder?

Je nach Flächentiefe reicht ja eine 1-1,5 mm Balsalamelle. Wenn man die Fläche als Gerippe aufbaut reicht es wenn nur die Oberseite bespannt wird.

Gruß Heinz

\________l________/
o​
 
Mach Dir bei so einem kleinen Wurfgleiter keinen Kopf bezüglich Analyse mit Proflilprogrammen. Du bist da bei Re-Zahlen unterwegs, bei denen die gewaltig Probleme bekommen, erst recht so etwas einfaches wie JavaFoil.

Einfach nach Erfahrungswerten anderer Wurfgleiter vorgehen. 4..6% Wölbung sollten passen. Wölbungsmaximum bei 30..50% Flügeltiefe. (Ein Kreisbogenprofil geht also auch.)

Auch aerodynamisches Ausgestalten mit Profiltropfen ist bei diesen Re-Zahlen kontraproduktiv. Insekten haben aus gutem Grund keine profilierten Flügel.

Wenn Du ein bewährtes Profil für grössere Re-Zahlen als Basis nehmen willst, dann reduziere das wirklich auf die Skelettline, wie Jochen sagt. Diese legt Nullauftriebswinkel und Momentenbeiwert fest.

Das Gö 417a gibts hier: http://www.ae.illinois.edu/m-selig/ads/coord_database.html#G
 
Hallo Heinz und Markus,
noch einmal herzlichen Dank für eure Bemühungen.

Mach Dir bei so einem kleinen Wurfgleiter keinen Kopf bezüglich Analyse mit Proflilprogrammen. Du bist da bei Re-Zahlen unterwegs, bei denen die gewaltig Probleme bekommen, erst recht so etwas einfaches wie JavaFoil.
Ich bin bei diesem Projekt eigentlich nicht nur am Flieger interessiert, sondern auch möchte auch so ein bisschen in die Thematik einsteigen. Auch wenn ich bislang noch nicht wirklich Ahnung davon habe, interessiert mich das brennend ;). Hoffentlich finde ich genügend Zeit dazu.

Auch aerodynamisches Ausgestalten mit Profiltropfen ist bei diesen Re-Zahlen kontraproduktiv. Insekten haben aus gutem Grund keine profilierten Flügel.
Kannst du mir versuchen zu erklären, warum Profiltropfen eher kontraproduktiv sind?

Wenn Du ein bewährtes Profil für grössere Re-Zahlen als Basis nehmen willst, dann reduziere das wirklich auf die Skelettline, wie Jochen sagt. Diese legt Nullauftriebswinkel und Momentenbeiwert fest.
Wenn man ein Profil auf die Skelettlinie reduzieren würde, übertragen sich dann auch die besonderen Flugeigenschaften mehr oder weniger auf dieses neue Profil?

Viele Grüße, Bernhard.
 
Kannst du mir versuchen zu erklären, warum Profiltropfen eher kontraproduktiv sind?
Das ist eben die Problematik der kleinen Re-Zahlen. Ein Profiltropfen sorgt für zusätzliche Unterdruck-"Täler" bei der Profilumströmung. Dieser Unterdruck muss bis zum Profilende wieder überwunden werden; die Strömung muss aus dem Tal heraus. Bei kleinen Re-Zahlen bleibt die Grenzschicht lange laminar, dann kann sie das schlecht; es kommt zu Ablösungen (im oben verwendenten Bild: Die Strömung kippt um und bleibt im Tal). Folge: ein grosses Unterdruckgebiet hinter dem Profil, das zu hohem Widerstand führt. Ausserdem wird nur wenig Auftrieb erreicht.

Ein Profiltropfen verhindert ausserdem, dass die Grenzschicht schon früh auf turbulent umschlägt. Bei hohen Re-Zahlen ist das erwünscht, da dieser (im hinteren Bereich nötige) Umschlag durch andere Phänomene erreicht wird und laminare Grenzschicht niedrigeren Reibungswiderstand hat. An sehr dünnen Profilen schlägt die Grenzschicht durch eine scharfe Unterdruckspitze am kleinen Nasenradius zuverlässig schon nahe der Nase auf turbulent um. Sie hat dann zwar höheren Reibungswiderstand, ist aber der bessere Berggänger und kommt aus den (auftriebsbedingt immer vorhandenen) Unterdrucktälern wieder heraus.


Wenn man ein Profil auf die Skelettlinie reduzieren würde, übertragen sich dann auch die besonderen Flugeigenschaften mehr oder weniger auf dieses neue Profil?
Nicht alle. Der nutzbare Auftriebsbereich ist bei einem dünnen Profil schmäler. Die Mitte deses nutzbaren Bereichs (Der Auslegungs-Anstellwinkel oder -Auftriebsbeiwert) bleibt aber gleich. Guckstu auch hier: http://wiki.rc-network.de/Profil:_Charakteristische_geometrische_Größen
 

Gast_30958

User gesperrt
Guten Tag,

Zitat:

"Das Profil "gewölbte Platte" mit der Bezeichnung "Gö 417a" ist ein eigenständiges Profil und hat mit Skelettlinie nichts zu tun. Das Profil Gö 417a ist für kleine Segler gut geeignet."

Die Skelettlinie verläuft in der Mitte zwischen der Ober- und Unterseite von allen Traflügelprofilen, auch die gewölbte Platte hat eine, sie wurde aus dem Profil "Ebene Platte" durch Hinzufügen einer Wölbung abgeleitet. Ausführlich wird das z.B. in dem Buch:

"Aerodynamik des Flugmodells" von F.W. Schmitz, Luftfahrt-Verlag, Walter Zuerl beschrieben.

Mit der gewölbten Platte kann man auch sehr große Flugmodelle bis zum manntragendem Hängegleiter bauen. Die Leistungen sind bei so großen Fluggeräten mit diesem Profil aber schlecht.

Gruß

Motorski
 
Profiltropfen, Festigkeits-Gesichtspunkte

Profiltropfen, Festigkeits-Gesichtspunkte

Hallo,

Markus hat den Sachverhalt mit dem Profiltropfen erläutert, warum man diesen verwendet. Dieser hat auch den Effekt, daß man Bauhöhe für den Einbau tragender Elemente (Holm, Rippen,etc...) gewinnt. Je schneller man fliegen will, desto höher werden die Biege- und Torsionslasten. Bei Hängegleitern setzt man mittlerweile auch Profiltropfen ein und erhöht die Streckung. Man darf aber die schlechteren Leistungen nicht alleine dem Profil zuschieben, sondern auch der Auslegung, sprich Seitenverhältnis. Bei Hängegleitern kommt die Auslegung als Nurflügel hinzu mit dem kleinen, nutzbaren Gesamt-Auftriebsbeiwert.

Peter
 

Gast_30958

User gesperrt
Hallo Bernd-2end,

an Ihrer Stelle würde ich es mit Papierfliegern beginnen, im Internet und in einigen Büchern gibt es genug Anleitungen und Beispiele, wie man Hochleistungs-Papierflieger baut. Dann würde ich es mit einfachen Flugmodellen aus Balsaholz oder Depron versuchen. In dem leider schon nicht mehr im Buchhandel erhältlichen
Buch von Werner Thies/Willi Rolf, "Flugmodelle bauen und fliegen", Falken Bücherei, 1975 sind einige Flugmodelle beschrieben, die Ihren Ansprüchen gerecht werden sollten. Sie können das Buch mit etwas Glück noch im Antiqariat, (z.B. ZVAB, Internet) erwerben. Darüber hinaus gibt es in Internetversteigerungen die hervorraghenden
Bücher von Frank Zaic unter der Bezeichnung "Model Aeronautic Year Boook".

Einfache Flugmodelle lassen sich auch aus Depronplatten herstellen. Diese Platten kann man auch einzeln in der Stärke von 3 oder 6 mm in jedem guten Baumarkt bekommen. Angebote in den "Modellbaugeschäften" sind vielfach überteuert.
Depron läßt sich gut mit Weisleim kleben, aus meiner Erfahrung eignet sich dafür am besten der Propeller- oder Parkettleim von BINDAN-P. Depron kann man mit waserlöslichen Ackrillack impregnieren, nach der Trocknung ist diese Beschichtung gegen
viele Einflüsse resistent.

Die in diesem Forum empfohlene Profile, wie die gewölbte Platte Gö 417a würde ich nicht verwenden. Dieses Profil wurde für Windkanalversuche entwickelt um es mit herkömmlichen Profilen zu vergleichen. Viele Modellflieger haben die Versuchsergebnisse von F.W. Schmitz, "Aerodynamik des Flugmodells" misverstanden und haben dieses Profil
in ihren Flugmodellen verwendet, vorwiegend in "tragenden" Leitwerken. Das tragende Leitwerk gehört in die Mottenkiste!

Man kann an der Nasenkante des Tragdflügels eine mittelharte Balsa- oder eine weiche Kiefernleiste ankleben, die Oberseite mit einem großen Schleifklotz anschleifen, um eine dünne Austrittskante zu bekommen. Um eine kleine Wülbung in das Profil zu bekommen, legt man die Tragfläche auf dem Rücken und rollt darüber eine Papprolle parallel zu Nasenleiste. Das Höhen und Seitenleitwerk macht man am besten aus einem
0,6-1,0 mm Quarter-Grain-Balsabrettchen. Mit den Profil-Computerprogrammen wie x-Foil oder JavaFoil würde ich erst gar nicht experimentieren, weil solche Programme
nicht für kleine Re-Zahlen geeignet sind. Man sollte lieber nach dem Motto vorgehen: "Probieren geht über studieren".
Auf die RC-Flieger würde ich mich überhaupt nicht verlassen, die meisten davon haben von der Aerodynamik der kleine Re-Zahlen keine Ahnung.

Gruß

Motorski
 
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