Hi zusammen,
da muß ich mich doch nochmal melden:
1.
Wie schon gesagt, die eine Definition ist Reglement, die andere das technisch/physikalisch Richtige. Beides muß nicht identisch sein; wenn´s so ist, dann ist das eher ein Glücksfall.
Reglements werden meistens von Funktionären gemacht, die in den Tiefen der Theorie nicht unbedingt kompetent sind. Außerdem muß man beim Erstellen von Reglements noch eine Anzahl anderer Gesichtspunkte berücksichtigen. Das ist nicht nur in der Fliegerei so, sondern auch bei anderen technischen Sportarten, ob das nun Formel 1 ist, oder Regattasegeln, oder sonstwas.
Also bitte das technisch Richtige und das Reglement auseinanderhalten, das sind in der Regel zwei Paar Stiefel.
2.
@ufisch
Was willst du denn vergleichen?
Wenn du Daten vergleichst, die aus einer physikalisch unsinnigen Definition des Flächeninhalts heraus entstanden sind (z.B. Sinkgeschwindigkeit, Gleitwinkel usw.), dann sind die Ergebnisse des Vergleichs auch unsinnig.
Dein Vergleich mit den "knoten" und "kmh" ist schlecht, weil es sich hierbei nur um unterschiedliche Maßeinheiten für dieselbe physikalische Größe (Geschwindigkeit) handelt.
3.
@Peet
Deine Vorstellung ist übervereinfacht und kann sehr schnell zu falschen Schlüssen führen.
a)
Du hast den Flügelabwind vergessen, was man keinesfalls darf. Durch diesen wird das Hltw. grundsätzlich unter einem kleineren Anstellwinkel als der Tragflügel angeströmt. Dummerweise ist dieser "Abwindwinkel" nicht konstant, sondern hängt vom Auftriebsbeiwert des Tragflügels ab. Je größer der letztere ist, desto größer wird auch der Abwind. Die "aerodynamisch wirksame" EWD ist nicht identisch mit der geometrisch eingebauten.
b)
Ob ein Flügel/Profil Auftrieb erzeugt, läßt sich so ohne weiteres allein aus dem Anstellwinkel noch nicht sagen. Dieser ist bekanntlich als der Winkel zwischen Anströmrichtung und Profilsehne definiert. Wenn man wissen will, ob Auftrieb entsteht, muß man zusätzlich auch den den "Nullauftriebswinkel" des Profils kennen. Bei einem symmetrischen Profil ist das trivial, aber bei gewölbten Profilen nicht mehr.
c)
Wenn ein Tragflügel z.B. unter 3 Grad angeströmt wird (wie und wo definiert?), bedeutet das nicht, daß sein(e)Profile(e) auch unter 3 Grad angeströmt werden. Jeder reale Tragflügel fliegt in seinem eigenen Abwind (!!), der durch den sog. "induzierten Anstellwinkel" beschrieben ist. Der ist aber dummerweise nicht konstant über die Spannweite. Das kann man alles nur klären, wenn man die Auftriebsverteilung berechnet.
4.
Ich rate nachdrücklich dazu, nicht "in Anstell- oder Einstellwinkeln" zu denken, sondern "in Auftriebsbeiwerten". Die sind das Ergebnis aller dieser komplizierte Vorgänge, die man damit los ist. Damit wird Alles wesentlich einfacher und man kann nicht so leicht zu falschen Schlüssen kommen.
Übervereinfachte Vorstellungen führen bei den Anströmwinkeln leicht zu Fehlern von ein paar Grad, aber genau in dieser Größenordnung liegen auch unsere wirklichen Größen. Das Ergebnis sind falsche Schlüsse, unerklärliche Erscheinungen, lange Diskussionen usw.
5.
Das Primäre für einen (stationären) Flugzustand ist immer das Längsmomenten-Gleichgewicht. Das stellt sich automatisch ein und bestimmt dann den Auftriebsbeiwert von Tragflügel (Caf) und Hltw. (Cah). Zu jedem Gleichgewichts-Caf gehört ein eindeutiges Cah. Berechnet man das Cah für verschiedene Caf und trägt das in ein Diagramm ein, dann stellt man fest, daß alle diese Werte auf einer Geraden liegen.
Stellt euch dieses Diagramm vor:
Auf der x-Achse das Caf, auf der y-Achse das zugehörige Cah. Die Gerade verläuft (unter "vernünftigen" Umständen) prinzipiell immer von links unten nach rechts oben. Sie beginnt bei Caf = 0 bei einem negativen Cah und geht mit wachsendem Caf schräg nach oben. Damit kann man grundsätzlich schon mal sagen:
a) Mit zunehmendem Caf (Langsamflug!) haben wir auch immer ein zunehmendes Cah!
b) Irgendwo schneidet die Gerade die x-Achse. Dies ist der Punkt mit Cah = 0. Das zugehörige Caf sollte das "Entwurfs-Caf" sein, d.h. das Caf, mit dem das Flugzeug mehrheitlich fliegt.
Ist der Flieger schon fertig, d.h. die "Geometrie" gegeben, dann gibt es nur noch eine einzige Möglichkeit, die Lage der Geraden im Diagramm zu verändern, nämlich die SP-Lage zu verändern.
6.
Anstatt mit Hilfe von (wandernden) Druckpunkten zu überlegen, wäre Denken "in Neutralpunkt/Nullmomentt/SP-Lage" wesentlich einfacher und übersichtlicher. Das heißt nicht, daß die "Druckpunkt-Vorstellung" falsch ist, man macht sich nur damit das Leben unnötig schwer, und fehlerträchtig ist sie auch.
Zu diesem Thema habe ich ein Manuskript, das diese Überlegungen herleitet und systematisiert. Sind aber 23 Seiten, und fast nur (angewandte) Theorie. Wenn größeres Interesse daran besteht, könnte ich ein ein PDF-File draus machen für´s Magazin. Modis ? Würde schätzungsweise 250 KB.
7.
Jetzt möchte ich noch eine "höhere Stufe der Abstraktion" mit euch erklimmen (die aber schon praktische Bedeutung hat).
Beim "Normalflieger" ist inzwischen hoffentlich alles klar, von den einfachen Flächeninhalts-Definitionen bis zu den Feinheiten. Bei "Enten" wohl auch halbwegs.
Aber wie ist das denn beim "Tandem" ? Was ist da Tragflügel, und was ist Hltw. ?
Die Flächeninhalts-Definition nach FAI ist klar. Aber mit der so definierten Fläche darf man keinerlei Leistungsrechnungen o.ä. anstellen, das wäre grob falsch.
Hier kommt man schnell zu der Erkenntnis, daß die übliche Betrachtung "Flügel mit Leitwerk" eine sehr willkürliche Sache ist. Wir haben es -allgemein gesagt- mit "Mehrflügelsystemen" zu tun. Die üblichen Flieger sind nur Sonderfälle davon, die man in der Praxis vereinfacht betrachten kann.
Normalflieger und Ente sind Sonderfälle des Tandems !
Auch andere Bauformen kann man so betrachten, beispielsweise einen Doppeldecker mit 2 Höhenleitwerken vor und hinter den Tragflügeln, usw. Unsere grundsätzlichen Methoden (Gleichgewicht, Stabilität etc.) kann man auf solche Flügelsysteme ebenso anwenden wie in den Sonderfällen. Beispielsweise kann man den Gesamt-Neutralpunkt allein aus der Geometrie (Grundriss) ermitteln und weiß dann auch die ungefähre SP-Lage. Allerdings muß man dabei jetzt die gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Flügel unbedingt berücksichtigen; vor allem, daß weiter hinten liegende Flügel im Abwind der vorderen fliegen.
Was jetzt kommen müsste, wäre wohl besser in der Rubrik "Experimentalflug" untergebracht, und deshalb mache ich Schluß.
Grüße,
Helmut