Sammlung Oldies but Goldies – alte Rennziegen und ihre Geschichte(n)

Bitte weiter machen!
...und in 1-2 Jahren dann als E-Book mit noch mehr netten Anekdoten zum schmunzeln.:D
 
Anekdoten aus dem Regattaleben?

Anekdoten aus dem Regattaleben?

Hm, Anekdoten zum Schmunzeln?

Naja, das ist alles hartes Regattaleben gewesen, da gabs nichts gross zu lachen.

Außer ab und zu mal über manche Konstruktionen, manche Skipper, manche Situationen, manchmal sich selbst (oder auch zu weinen….)

OK, also sagen wir gelegentlich gabs auch mal was zu lachen.

Aber eigentlich solls hier ja um Boote gehen.

Aber man könnte da über eine kleine besondere Fleetwood-86iger-WM-Begebenheit erzählen, auch wenn ich die selbst durch gewisse persönliche „widrige Umstände“ seinerzeit leider nur akustisch am Rande mitbekommen hatte – was im nachhinein schmerzt und der Sache bei mir einen besonderen Beigeschmack brachte:

Ihr kennt sicher den Derek Priestley aus England?

Ne, nicht so geläufig?

Das ist eigentlich durchaus auch ein international bekannter englischer Modellsegler, ein Modellsegler von Kindesbeinen an, wohnhaft im berühmten Fleetwood, in England zur Gruppe der sehr leistungsstarken Segler gehörend, bei M und IOM zwar vielleicht nicht ganz zu den allerallerobersten Top-Seglern, aber bei A-Klasse. Er ist wohl auch ein Segler-Ziehvater für den jungen, aktuellen IOM-WM Rob Walsh.

Und er ist einer, den man wohl zurecht zur Top Riege der Organisatoren zählen kann.

So war er z.B. mehrmals in Fleetwood bei den dortigen internationalen Meisterschaften ROD („Race Officer of the day“ – in den Fällen eher ROW „of the Week“) und hatte damit die oft stressige Aufgabe, sich um den geregelten Ablauf der Seglerbande mit all ihren individuellen Problemchen und Wehwehchen auf dem Wasser und daneben zu kümmern, z.B. bei der Weltmeisterschaft 1986 um solche Kurse

das war ein kurs.jpg

Ein damals dort typischer Regattakurs – von wegen olympisches Dreieck oder so… Da muß man schon etwas beim Segeln den Überblick behalten – die Tafel stand deshalb auch direkt unterhalb der Skippertribüne (Staffold)…


Ganz sicher kein Job für jedermann – aber ich hab Derek da zweimal (1986 und 1993) in Aktion erlebt und er war wirklich absolut top!

Hier mal, wie er so während seiner Tätigkeit aussah, 1986, etwa Mitte der Woche.

race officer derek priestley.jpg

Seinen Blutdruck muß er irgendwo unter der äußerlich doch recht nachsichtig gelassen wirkenden Maske versteckt gehalten haben, denn er konnte wenn nötig auch mal kurz und knapp werden.



Nun, da das eben so ein stressiger Job ist und man manchmal mit uns ja nichts zu lachen hat, hat „man“ ihn im Verlauf der WM mal einen kleinen Streich gespielt.


Es gibt da im englischen Team ja auch den (auch heute noch aktiv segelnden) gewissen John Cleave, ein ex Porsche-Händler aus ich glaub London.

Ab und an war der zu Späßen aufgelegt, nicht nur abends im Pub beim Bier.
Und er hat wohl ein recht gut gefülltes, diverse Kontakte umfassendes Adressbuch.
Der hatte da dann was nach Blick in sein Buch, der wohl in Richtung Blackpool ging, eingefädelt (so wurde es dann erzählt – ich geb nur wieder – kenn das Buch nicht weiter, habs auch nie gesehen… ,-))

Jedenfalls, so gegen Mitte der Woche tauchten plötzlich zwei Politessen auf dem Regatta-Gelände auf und fragten, wem der Wagen XYZ gehört – der sei ja völlig falsch geparkt und müsse da sofort weg.

Das war Dereks Auto – und der war natürlich nicht falsch geparkt.

Derek kam also wohl recht verdutzt vom Staffold runter, um die Sache mit den beiden Damen vom Amt zu klären.








Es dauerte nicht lange und fast die gesamte Seglerschaft hing am Absperrzaun zur Startstelle.




































Denn nach einem kurzen Wortwechsel wurde klar, dass es hier nicht (mehr) um einen angeblich falsch geparkten Wagen ging,























als die beiden „Politessen“ nach und nach ihre Dienstuniformen fallen liessen, was zuletzt dann so aussah:


spaessle fleetwood.jpg

;-)





Tja, wie gesagt, bin selbst kein direkter Augenzeuge des Geschehens gewesen, nur Ohrenzeuge und habs abends im Clubhaus erzählt bekommen und durch erste Bilder (wie dieses hier) dann nachträglich auch „gesehen“.
Denn während da fast alle mehr und mehr lautstark unterstützend am Zaun hingen, war ich gerade mit 180 auf einer eigenen Palme am Nüsse klopfen, sprich total verärgert und damit nicht ansprechbar bei meinem Boot hockend und freute mich über meine soeben erstmals erhaltene DSQ nach meiner ersten Protestverhandlung in einem internationalen Schiedsgericht wegen irgendeiner besch… Wegerechtssituation (– und ich hatte zwar noch über einige Jahre bleibend den faden Nachgeschmack behalten, da falsch gewickelt worden zu sein, aber inzwischen weiß ich nicht mal mehr, um was es da genau ging ,-). Aber das Bild hier, das hab ich noch und damit immer die Erinnerung, da was Nettes verpasst zu haben.

Hör ich da jetzt etwa hinter irgendeinem Bildschirm hervor ein leicht schadenfrohes Gelächter?


Gruß
Thomas

P.S.
Und nicht das jetzt evtl. falsche Erwartungen für ggfs. noch weitere zottige „Anekdoten“ entstehen: Sowas hab ich nur einmal in „meinen“ 10 Jahren erlebt. Ich glaub, das war auch eine einmalige Aktion, zumindest ist mir nichts auch nur annähernd Ähnliches zu Augen/Ohren gekommen.
 
Helmut Lupart und seine ANJAS

Helmut Lupart und seine ANJAS

Hallo,

ein paar Bilder und Infos zu Helmut Lupart (Z / SUI 82) aus der Schweiz.

Lupart war Ende der 70iger bis ca. Mitte 90iger ein sehr erfolgreicher, in Europa bekannter und geschätzter Segler mit exquisit gebauten Booten. Seinen Namen kannte ich schon längere Zeit vor meiner eigenen Regattazeit durch verschiedene damalige SchiffsModell-Artikel, auch sprachen die späteren Club-Kollegen allesamt anerkennend über ihn, so, wie man dann über z.B. Bantock oder heute Gibson oder so in der Art redet(e). Wie auch immer, der Mann hatte zu Beginn der 80iger in der Szene eine Bedeutung und seine Boote wurden von vielen auch als schönste Regattaboote bezeichnet.

Ein kleiner Ausschnitt seiner internationalen Regattatätigkeit:

1978 Naviga WM: 3. bei X und 9. bei M
1980 Naviga EM: 1. bei X und 1. Bei 10R und 2. bei M (3. war da P. Jahan)
1984 Naviga WM: 1. bei 10R
1987 IMYRU WM 10R: 9.
1987 IMYRU EM M: 43.
1988 WM-Berlin: 7. bei 10R und 26. bei M

Helmut starb leider viel zu früh vor einigen Jahren bei einem Segelfliegerabsturz in den Alpen.

Alle Boote hießen bei ihm ANJA und die letzte Version bei M muß glaub ich bei 20 gelegen haben. Einige konnte man auch kaufen, z.B. Walter Piel bot Anfang der 80iger die Anja XIII und XIV an, später gab es bei ihm einige Jahre die flachere Anja XV b, die erinnerlich erst mit Erscheinen der Paradox Mitte der 90iger aus dem Programm ging.
Auch einige der diversen Baupläne von F.K. Ries in den frühen 80igern zeigten m. E. gewisse Ähnlichkeiten, zumindest empfand ich hier und da ein bisschen als abgekupfert oder angelehnt oder wie auch immer ,-)
(Mag mich irren und F.K. Ries kann dazu nichts mehr entgegnen, da er auch schon seit 2000 verstorben ist.)

Hier hat Kurt Lauschmann (der später beim Un-Boot-Projekt erfolgreich mitmachte) seinerzeit seinen Ausbau der Anja XIV 1981 beschrieben:

http://www.radiosailing.de/technik/bauberichte-und-boote/169-1981-anja-xiv.html

Wie man sieht, ist das noch ein recht fülliges Boot, ein richtiges „Schiff“, was aber durch die eingezogenen Bordwände optisch weniger als „dick“ oder plump auffiel. Diese Linienführung mit dem in der Draufsicht langen und schmalen Vorschiff, der breitesten Stelle im hinteren Bereich mit einem relativ eingeschnürten Heck war aber lange Zeit die typische Linie seiner M-Boote.

Hier sieht man die sehr ähnliche Linienführung der Vorgängerversion Anja XIII:

Spanten AnjaXIII.jpg

AnjaXIIISeite.jpg

(u.a. hier zu finden http://www.radiosailing.de/technik/bauberichte-und-boote/174-1983-anja-xiii.html)

Mit diesen Rumpf ist er in der X-Klasse (damals recht freie Entwicklungsklasse mit Segelfläche max. 0,5 m² Segelfläche, egal welcher Umriss und sonst nix, waren auch Multis erlaubt…) 1980 Europameister der Naviga geworden.

Auf diesem Bild bei einer Regatta in Taching, linkes Boot vorne, da sieht man auch schon einen Unterschied zu den anderen, das nachfolgende flache Boot z.B. war Walickis erste Ur-Skalpel, die damals noch richtig flach mit fast kein Freibord gehalten war – und dem Helmut auch in späteren Jahren nie gefiel:

lupart anja taching 1983.jpg

Die späteren Anjas wurden flacher im Überwasserschiff und damit noch eleganter, blieben aber sehr lange ihrer Grundlinie treu, veränderten sich eher im Layout von Kiel und Riggposition.

riss anja 15b.JPG

Interessant die früher noch stark geneigte Kielflosse. Bei dem Boot im Verkauf von W. Piel war die Flosse auch noch fest anlaminiert, damals keine Seltenheit (die Dinger waren ja auch noch keine Giraffenbeine). Helmut selbst hatte dagegen bei seinen eigenen Booten eine sehr eigenwillige Art, eine abnehmbare Flosse umzusetzen: Schaute man in eins seiner Boote, so sah man erstmal: Leere. (abgesehen natürlich von der RC-Platte).
Wo war die Kielbefestigung?
Keine Rohre oder ein Kasten drin (wie heute üblich für die Befestigung einer durchgehenden Flosse bis zum Deck hoch) Stattdessen guckten einen zwei kleine Schraubmuttern an, die einsam und unscheinbar unten am Rumpfboden saßen. Er befestigte also seine, immerhin zuletzt auch ca. 50 cm langen Flossen, nicht erst bei 10R auch mit gut Blei unten dran, wie im Großyachtbau üblich unten am Rumpfboden stumpf angesetzt mit zwei kurzen Bolzen. Der Rumpf war unten zwar natürlich entsprechend im Laminat verstärkt/aufgedickt und hatte kleine eingeklebte Führungsbuchsen und die Flosse war oben auch seitlich etwas dicker am Übergang zum Rumpf ausgeführt, hatte eine Art Stützfläche (damit hier auch etwas mehr Oberfläche im Wasser).
Ich hab mich immer gewundert, wie klasse und sauber das bei ihm ausgeführt war und wie es natürlich auch wirklich erstaunlich stabil und wackelfrei gehalten hat – hätte es aber dennoch so nie nachgebaut oder so ausgeführt. In meinen damals noch relativ jungen Augen war eine Zungenlösung mit Tasche oder ggfs. Stangen mit Rohrführung festigkeitsmäßig besser einfacher umzusetzen. In Sache Gewicht mag es unentschieden gewesen sein, Tasche und Zunge o.ä. wiegen ja auch was. Helmut sah das in seiner eigenen Art anders und fand seine Lösung als leichter und problemloser und verstand Skepsis daran auch nicht, schüttelt dann nur etwas knorrig den Kopf, wenn man (ich natürlich…) mit einem „Ja aber…“ ankam.
Als ich ihn 1987 mal bei der EM in Holland und im weiteren 1988 in Berlin bei der WM etwas mehr kennenlernte, war es für mich super spannend, sich mit ihm über Boote zu unterhalten, er gab freimütig all seine Erfahrung preis und erläuterte sein warum, wieso und wie. Aber es war eine seiner Eigenwilligkeiten, auf offenbar von ihm als „Kritik“ oder „Einwände“ an seinen Konstruktionsweisen empfundene Kommentare oder Gedanken eigentlich nicht einzugehen und an seiner Linie fest zu halten. So hat er u.a. nicht nur diese sehr spezielle Art der Kielbefestigung, soweit ich es verfolgt habe, bis zuletzt beibehalten, nicht nur als alle anderen schon längst die auch heute noch üblichen Kielkastenversionen verwendeten.

Speziell war auch seine Art, die Flosse am Übergang zum Rumpf nach hinten etwas verlängert auszuführen, ähnlich wie es bei vielen Flugzeugflügeln gemacht wird. Das ist insofern damals für mich interessant gewesen, weil Walicki dann mit seinen ersten Skalpellen genau das Gegenteil mit seinen Flossen „auf den Markt“ brachte, die oben zum Rumpf hin sehr stark eingeschnürt ausgeführt waren. Beide beriefen sich auf jeweils dafür passende Forschungen / Theorien / Meinungen in der Strömungstechnik. Es müssen aber wohl unterschiedliche Forschungen gewesen sein ,-) - das mit der starken Einschnürung wurde zumindest mal von einem Professor in Strömungstechnik in einem Gespräch mit mir als "Quatsch" bezeichnet. Interessant ist das für mich auch heute noch, denn z.B. Graham Bantock setzt ja auch heute noch an seinen Kielen – allerdings nach vorne ragend – so kleine Dreiecke an. Auch er gab mir dazu mal Vorteile in der Umströmung / Anströmung der Kielflosse und damit einen besseren Wirkungsgrad der Flosse an, wobei bei ihm der Strömungseintritt behandelt wird, bei den anderen die Ablösung und Verwirbelung hinten.

Neben dieser etwas verborgenen Bau-Spezialität der Kiel-Anschraubbefestigung hatte Lupart noch ein zweites konstruktives Markenzeichen, welches sehr viel offensichtlicher war und neben der stets außergewöhnlich sauberen Bootsausführung bis zuletzt das Markenzeichen eines originalen Lupart-Bootes war: Das war die spezielle Art seiner Riggs mit einem drehbaren Profilmast und einem festen Fockbaumbeschlag. Hier verwendete er als einer der ersten in Europa (wenn ich es richtig recherchiert habe bereits ab 1978!) einen selbst gefertigten, konischen Kohlefaser-Profilmast mit Keep, an dem unten ebenfalls drehbar der Großbaumbeschlag angebracht war. Das war technisch seiner Zeit voraus („wir“ / die anderen waren da überwiegend noch mit Alu unterwegs) und bei ihm funktionierte die Version und Ausführung auch gut.

Dazu konnte er hervorragende Bahnen-Segel machen, die ausgezeichnet standen, was damals so auch noch nicht so üblich war, wie es heute quasi Standard ist. Das Drehen des Mastes wurde – zumindest bei einigen seiner Boote, von einem Servo unterstützt, die Riggspannung und auch die Belastung durch den Großbaum war so hoch, das der Mast sonst nicht immer sauber rüber drehte. Mit der Servoverstellung konnte er dafür das Großsegel auch gezielt umschlagen lassen (man hätte das gut für ein durchgelattetes Großsegel verwenden können, was aber verboten war, zumindest bei M).

Neben dem Drehmast verwendete er immer einen festen Fockbaumbeschlag, natürlich auch hervorragend gefertigt und für die damalige Zeit ein kleines Kunstwerk, leider eben auch ein nicht gerade leichtes Kunstwerk. Spätere Beschläge aus Russland und von Walicki aus Titan fielen um einiges leichter und auch zierlicher aus. Aber auch hier, das Konstrukt blieb so über etliche Jahre bestehen, Helmut war davon überzeugt und nix konnte ihn davon abbringen. Was seine im Grunde immer guten Boote nach ihrer früheren Überlegenheit / technischen Vorsprung dann im Laufe der Zeit doch technisch etwas benachteiligten, zumindest rein potentiell gesehen.

Denn diese Beschläge und eben diese Riggs hatten einiges an Gewicht (ich hab was von gut 400g allein für den Mast mit Großbaum gespeichert?) und er weigerte sich, die später aufkommenden leichteren (und damit schlicht besseren) Walicki-Masten oder einfach auch nur deren bessere Art des separat an Deck angebrachten Großbaumbeschlages (ohne eine Biege-Krafteinwirkung auf den Mast) zu übernehmen, sondern hielt an seiner Konstruktion und Technik fest.

Ein kleines Detail, welches mir bis heute sehr gut gefällt und welches ich glaube ihm zuzuschreiben ist, ist die Form und Ausführung der Zugriffsdeckelgestaltung mit einem innenliegenden Rand und einer weichen Hohldichtung, in die ein formschön oval abgerundeter Deckel plan zum Deck eingedrückt wird. F.K. Ries hat diese Art auf vielen seiner Baupläne auch gezeichnet, aber ich glaub, das hatte er sich von Lupart abgeschaut.

Seine letzten von mir soweit noch miterlebten Regattajahre zog er sich mehr und mehr von und auch bei Regatten zurück. Das, wie nicht nur er es empfand, aufkommende härtere, ehrgeizigere Segeln war, wie er sagte, nicht sein Ding, mit dem zunehmend eng(er)en Gerangel auf dem Wasser kam er auch nicht so gut klar. Früher, in Zeiten analoger AM Anlagen und nur 27 MHz, waren z.B. auch die Gruppen wegen der knappen Frequenzen deutlich kleiner, als heute, da waren meist noch weniger als 10 Boote/Gruppe auf dem Wasser, also bei z.B. 28 Teilnehmern gab es drei Gruppen – heute undenkbar… ,-). Er bevorzugte eine „Gentleman“ Version mit Mitseglern, die man noch nicht als „Gegner“ oder auch „Konkurrenten“ bezeichnete, sondern als Mitsegler und die sich untereinander freundschaftlich respektieren und schätzen, so das man sich nicht anschreien muss.

Auch war ihm das aufkommende kommerzielle Gehabe zuwider – auch wenn einige seiner Entwürfe auch den Weg in den Insider-Handelskreis fanden, eben z.B. bei Walter Piel. Man konnte handverlesen auch direkt von ihm gefertigte Rümpfe erhalten, z.B. Ger61hard Schmitt war lange Jahre Anja-Segler, ebenso gehörte und ich glaub insgesamt noch ein paar Jahre länger auch Hermann Etzel dazu. Bei Hermann sah ich 1994/95 die ich glaube dann letzte Anja-M-Version, die sich trotz sichtbarer Entwicklung der Linien in die damals aufkommende schmale Richtung und damit auch Abkehr seiner bisherigen Linienführung gegenüber der damals aufkommenden Paradox – zumindest nach dem was ich damals bei einer Mannheimer Regatta direkt nebenan segelnd mal selbst sehen konnte – recht klar unterlegen war. Während die Paradox z.B. unter Druck vor dem Wind davon rauschte, tauchte die Anja leider weg, auch an der Kreuz konnte sie nicht überzeugen oder wieder rausholen. Ob und ggfs. was es danach noch gab kann ich nicht sagen, ab 1996 war ich draussen und hab keinen Blick mehr für das Geschehen gehabt.


Neben diesen meinen eigenen Kommentaren hier ein Artikel über ihn aus dem damaligen Szene-Magazine Model Yacht News von Chris Jackson:

lupart-myn-june 1994--seite1.jpg

lupart-myn-june 1994--seite2.jpg

lupart-myn-june 1994--seite3.jpg

lupart-myn-june 1994--seite4.jpg


Hier zwei Anjas XVb aus ich glaube 1988 bei der Wolfgangsee-Regattawoche, beide soweit ich mich richtig erinnere mit der gleichen Rumpfschale, aber wie man sieht unterschiedlichem Ausbau:

lupart anja 14b  wolfgangsee 1988 vorgaengerversion.jpg

Diese hier war nach der ersten Version gestaltet, noch mit einer wie bei der Vorgängerversion sehr stark geneigten Kielflosse in Besitz von H.-P. Sahrhage Schweiz


lupart anja wolfgangsee 1988.jpg

Und dies die neuere Version vom Meister selbst, die er dann auch bei der 88iger WM einsetzte

lupart m-boot 1988-berlin--2.jpg

lupart m-boot 1988-berlin.jpg


1989 sah ich diese noch etwas schlankere Version im Herbst bei einer Münchner Regatta, auf dem Spiegel steht bereits XIX:

lupart-m-muenchen1989-2.jpg

lupart-m-muenchen1989-1.jpg

Man beachte hier die zwar sehr elegante, aber nicht unbedingt optimale Bugform, die nicht die max. Wasserlinienlänge ausnutzt. Nach wie vor auch noch sehr flacher Rumpf mit recht wenig Freibord.

Und bei allen Versionen ist das Ruderblatt sehr ähnlich gehalten: Oben eingeschnürt, sehr schmal und recht klein.
Gerade die Ruderblätter der Franzosen waren seinerzeit z.B. im Vergleich um einiges großflächiger ausgeführt – sie waren, denke ich mal, aber auch konstruktiv anders ins Bootslayout eingeplant:
Soweit ich es richtig in Erinnerung habe (und mich meine eigene Meinung dazu nicht auch täuscht) war z.B. das Ruder bei der RAJAH von Jahan fest kalkulierter Bestandteil der Lateralfläche. Daher stand dort das Rigg auch recht weit auf der Kielflosse und insgesamt ziemlich weit hinten. Ohne Ruder wäre das Boot so aber hoffnungslos unbalanciert / bzw. luvgierig. Das Ruder ist da also immer mit Druck im Spiel. Anders Lupart und einige andere, die das Ruder klein ausgeführt haben und ohne permanenten Druck verwenden, sprich, das Boot sollte bei denen auch ohne Ruder einigermaßen konstant geradeaus segeln und das Ruder dient da nur zur Kursänderung. Z.B. Walicki und Gerhard Mentges sehen das glaube ich so.

Und so sah die letzte von mir gesichtete Version in Händen von Hermann Etzel aus:

anja letzte version h-etzel 1994.jpg

anja letzte version h-etzel 1994--2.jpg

Anja20.jpg

Wie man sieht, eine schon deutliche Abkehr von seinen bisherigen Linien, der Rumpf sah auch wieder sehr schick und elegant aus. Vielleicht fehlte weiterer Feinschliff in der kompletten Zusammensetzung (Rigg, Kiel…), denn das nicht gleich der erste Prototyp gleich die 100% Lösung ergab, haben auch andere erfolgreiche Designer erlebt und gezeigt, darunter Bantock und Walicki ,-).
 
Fortsetzung H. Lupart

Fortsetzung H. Lupart

Helmut segelte (natürlich) „auch“ 10R und früher eben auch X. Ich glaub, die 10R waren sogar seine bevorzugten Boote, da auch bei ihm das Auge mitsegelte und er einer von denen war, die gerne sagten: „Was gut aussieht, segelt auch gut“ ,-) Gegen die optische Eleganz eines seiner 10R kann man glaube ich auch heute nicht viel entgegensetzen, auch wenn es heute klar schnellere Boote gibt. Und man über Optik durchaus unterschiedliche Meinungen haben darf ,-)

Mit 1-Meter-Booten konnte er sich dagegen gar nicht anfreunden, die waren ihm nicht nur einfach zu klein (wie so einigen anderen der damals etablierten Segler ja auch ,-) ) und ihm passten da auch die Proportionen nicht (wenn er heutige IOMs sähe, oje, da kann ich mir seinen wettergegerbten Gesichtsausdruck gut vorstellen ,-)

lupart10r  1984.jpg

Lupart mit seinem 10R bei der Naviga WM 1984


lupart10r  1984_etzel.jpg

Herman Etzel mit Lupart 10R Naviga WM 1984


lupart 10R anja von herman etzel wolfgangsee 1987.jpg

10R von Herman Etzel 1987 Wolfgangsee (die gestreifte rechts hinten war auch eine von Dr. Robert Stiegler, auch ein langjähriger Anja-Segler)


lupart 10r berlin 1988.jpg

lupart 1988 berlin-1.jpg

10R in Berlin bei der WM 1988


Hier auch ein, wie immer bei Gerhard Schmitt (GER61hard) etwas zweckmäßiger ausgelegtes Schwesterschiff bei der Naviga-WM 1990 am Wolfgangsee.

g-schmitt lupart 10R 1990 wolfgangsee.jpg

Da Gerhard ja mit allen Wassern gewaschen ist (nach dem Motto „Nur die Harten dürfen starten“ oder so), hat er ab und zu auch wirkliche Härten erlebt, z.B. nachdem dieses Boot mal ein Loch in die Decksfolie bekommen hatte. Allerdings blieb er da erstaunlich gelassen und zumindest äußerlich ruhig – da wäre zumindest ich anders am Ufer zugange gewesen ,-) :

schmitt-10R-uwasser-1.jpg

schmitt-10R-uwasser-2.jpg

(war glaube ich 1991 bei einer Wolfgangsee-Regattawoche, Rettung durch Regattaausrichter Hans Kukula und seinen Sohn)

(Ach ja, so Foliendeck: Klar, sowas hässliches hätte Helmut NIE bei einem seiner Boote verbaut)


Für mich haben Lupart-Schiffe einen gewissen Kultstatus, auch wenn ich selbst nie eins gehabt habe, auch nie eins seiner Boote mal selbst gesegelt habe und im Grunde auch erst nach seiner Hoch-Zeit mit dem Regattasegeln angefangen habe und ihn daher auch weniger für mich aktiv prägend erlebt habe. Dennoch wird er mir immer als ein ganz besonderer Segler und Mensch in Erinnerung bleiben, einer mit gewissen Kanten und Schrulligkeiten, aber sehr nett und angenehm im Umgang und stets sehr fair und vorsichtig auf dem Wasser zugange. Leider hab ich seit damals keins seiner eigenen Original-Boote mehr irgendwo gesehen, für mich ein Jammer! (Sollte jemand da draussen so ein Boot haben und kein Interesse mehr daran haben, ich hätte sicher ein gutes Plätzchen dafür ,-) )

lupart wolfgangsee.jpg

Gruß
Thomas
 

ariel

User
Oldies but Goldies

Oldies but Goldies

Hallo Thomas,
ja ich hatte einmal einen 10er Rumpf von Lupart. Habe ihn leider vor einigen Jahren hier im Forum verkauft. Möchte aber eines der sehr seltenen Boote von Klug/Stephanek hier vorstellen.Habe sie hier im Forum gekauft und wollte sie wieder in ihren Ursprungszustand versetzen, da die Substanz nach wie vor Klasse ist. Da ich das leider aus Zeitgründen nicht schaffe würde ich mich freuen, wenn sie einen neuen Hafen findet.
Ich soll Dich übrigens von Manfred aus Quakenbrück grüßen.
Gruß
Wolfgang
 

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GER 52

User
Hallo Thomas,
Ganz grosse Klasse Deine Berichte, schaue jeden Tag ob es was neues hier gibt.
Wenn Du Deine Erlebnisse was das Rc-Segeln angeht als Buch raus bringen würdest, einen Käufer hättest Du schon.

Danke dafür...
 
Oldies

Oldies

Hallo Thomas ,
mir geht es genau wie Dieter , gefällt mir sehr gut Deine Berichte.
Du musst ja ein unglaubliches Archiv besitzen .
Ich weiß nicht ob mein neuer gebrauchter Tenrater Viry Easy von Lupart war?
aber ich durfte heute eine Schwerpunktranglistenregatta der Tenrater mit dieser Viry Easy gewinnen .
Ich glaube er hat dieses Boot ca. 1990 gezeichnet und gebaut für eine WM in Frankreich ?
Gruß Yogi
GER15
 
Hallo Thomas,
Ganz grosse Klasse Deine Berichte, schaue jeden Tag ob es was neues hier gibt.
Wenn Du Deine Erlebnisse was das Rc-Segeln angeht als Buch raus bringen würdest, einen Käufer hättest Du schon.

Danke dafür...

Ich würde auch ein Buch nehmen!

Yogi, herzlichen Glückwunsch zum 1.Platz und Dir Dieter zum 3.Platz in Geldern.



VG Frank
 
Hallo,

freut mich wenns gefällt.

Nein, ein Buch wird daraus nicht. Und auch nicht irgendwas „kommerzielles“ – es ist Hobby. Ich hab vor einiger Zeit angefangen, meinen Keller etwas aufzuräumen und auszumisten (naja, wollte es jedenfalls…) bzw. per Scanner einiges "platzsparender" zu archivieren. Dabei blieb ich sehr oft über dies und das stecken.

Nein, groß ist das eigene „Archiv“ nicht. U.a. Fotografieren war damals noch teurer, als heute mit den Digi-Knipsen. Bei manchen Sachen, die mir so durch den Scanner laufen denk ich auch „Mensch, warum so eine schlechte Aufnahme“ oder „warum haste denn davon nicht ein paar mehr Details aufgenommen“ und so…


Was überhaupt diese ganzen Infos angeht sollte ich vielleicht erwähnen, das „wir“ / ich früher längst nicht über die heutigen Infomöglichkeiten verfügten, die jetzt durchs www gegeben werden. Das war alles deutlich eingeschränkter!

Damals hatte ich die Zeitschrift SchiffsModell, in der relativ oft der F.K. Ries berichtete oder seine eigenen Sachen vorstellte. Daneben dann später die Verbandsmagazine von nauticus (eher wenig mit Segelkram drin) und DSV, die damals aber schon aufgrund der „Drucktechnik“ meist nur eher schlechte Bilder zeigten. Und schon damals gab es nicht viele, die sich nach einer Regatta zu einem Bericht hingesetzt haben, anfangs ja noch mit Schreibmaschine....

Das galt anfangs auch für die ersten Exemplare des Szene-Magazines Model Yacht News (später Radio Sailing News) von Chris Jackson, die zwar immerhin sehr viel mehr Info über internationales Tun gaben, deren Bilder aber durch schwache Fotokopie-Technik oft nur „naja“ waren und (mir) oft mehr Fragen als Antworten boten.

Daneben eben zu Regatten fahren und schauen, was es da so gibt, und eben der „Mund zu Mund“-Austausch – und das wars.

Manche Info hab ich auch erst in späteren Jahren dann dazu bekommen, z.B. über andere Magazine aus England und Frankreich und auch Erzählungen. Puzzlesteinchen hier und da.

So wie heute, wo vieles im www dargestellt und leicht mitnehmbar ist, war es damals (leider) nicht – vieles blieb lange verborgen. Deshalb waren die internationalen Regatten dann auch oft echte Höhepunkte, da dort dann aus den verschiedenen Küchen die Kreationen zusammen kamen und man überhaupt erstmals sehen konnte, was und wie andere da am Werkeln sind.

Und das war ja teilweise auch sehr sehr lehrreich für uns, abgesehen vom seglerischen Umgang eben auch rein technisch ,-)


Deshalb wäre es ja schön, wenn sich hier auch andere einbringen, die „damals“ auch miterlebt haben und daher auch das ein und andere beitragen könnten.
Der Thread heisst ja „Sammlung“…. ,-)


@Yogi:
Nein, die Viry Easy ist ein Entwurf von Paul Lucas, Frankreich. Hat er 1991 für seine Teilnahme an der WM bei Paris entworfen und gebaut und ist damit dann dort auch WM geworden.

10r_1991_wm_3.jpg


Siehe http://www.radiosailing.de/meister/...r-in-viry-chatillon.html?showall=&limitstart=

Das Boot ist wohl von seiner BerlinGo entstanden, die er für die M-WM 1988 in Berlin entwickelt hatte. C. Boisnault ist mit der BerlinGo 1990 WM in Fleetwood geworden, 1989 bei der EM 3.. Aus der BerlinGo entstand dann 1993 die MARGO, ein Boot, welches Ger61hard ja bis vor kurzem noch langjährig gesegelt ist. Alles relativ schmale Boote, eine deutliche Abkehr seiner früheren Cedar-Line, aber dennoch deutlich seine Handschrift zu erkennen.

Mit Helmuts Luparts Anjas haben die kaum Ähnlichkeit, ganz andere Linienführung, später allein schon durch die starke Decksrundungen.


Ich hab zwar inzwischen einen Ordner mit Material über Lucas angefangen, aber es wird noch dauern, bis der soweit für eine Einstellung zusammen ist.
Jetzt ist auch erstmal Ferienzeit angesagt. Eilt ja auch nichts, ist ja Schnee von (vor)gestern ;-)


@Wolfgang: Danke für die Grüße von Manfred, bitte grüß ihn zurück ,-)

Gruß
Thomas
 
Jon Elmaleh, USA, Überraschungs-Europameister 1987 mit seiner „Archer“ - und weitere

Jon Elmaleh, USA, Überraschungs-Europameister 1987 mit seiner „Archer“ - und weitere

Einen hab ich noch vor der Pause:


Bei der EM 1987 in Holland war ich nur ein paar Tage als Zuschauer. Da tauchte ER für uns hier das erste Mal auf, ein jung dynamischer New Yorker mit einem so ganz anderen Boot. Das für europäische Augen radikale Boot vom Typ „Archer“ hat damals bei der Flautensegelei so ziemlich alles blass und wie Panzerkreuzer aussehen lassen. Es hatte viel, was hier lt. div. Ansagen und Theorien so ja gar nicht gehen könne, allein z.B. die sehr lange Bleispindel = viel zu viel Oberfläche, bei uns waren da gerade eher kurze, dickere Laminarprofile angesagt, aber in USA hatte es diese Spindeln schon bei der BONE-Entwicklung gegeben – ich seh noch das Gesicht von F.K. Ries, wie er in einem Gespräch sowas „wegwischte“ von wegen „taugt nicht“ – nun ja…. Btw: Wie sehen die heutigen Formen aus?

Das dann auch noch an einer sehr dünnen Flosse (die auch nicht übermäßig steif war, das federte doch recht deutlich…) und das Ganze auch noch fast L-förmig, das ging bei etwas Lage auf Verwindung.

Das geht ja gar nicht ,-)

Dazu ein Rigg, das im Vergleich mit deutscher Maschinenbaukunst geradezu zum Spott ob seiner visuellen Ärmlichkeit einlud. Das Ding z.B. neben einem Skalpel – was für Welten…
Sehr dünne Segel mit quasi Sackprofil, auch noch einem sehr tiefen Sackprofil. Ein sehr schmaler Rumpf mit nur wenig Verdrängung (immerhin ca. 5 kg, - aber die europäische Konkurrenz hatte da oft noch über 4 kg allein an Blei unten dran, das 86iger-WM-Siegerboot von Jahan war ja z.B. auch dabei. Auch die uns gut bekannte dickere Skalpel 2 ...). Dazu ein vorne sehr flach ansteigendes, U-förmiges Unterwasserschiff mit einem sehr stark achtern hochgezogenen „Hintern“ – vulgo bei anderen Designs eher als „Saugarsch“ gefürchtet: Bei Wind versucht das Boot auf die Welle zu kommen aber das zu stark hochgezogene Heck bietet hinten zu wenig „Aufstandsfläche“, sackt ein und das Boot saugt sich fest = Bug kommt auch wieder runter und nichts ists mit richtig abzischen... Das hatte sich früher bei verschiedenen anderen Booten zumindest schon so gezeigt. Aber was bei A nicht geht, muß ja nicht heissen, dass es bei B auch nicht geht – bei der Archer hats nicht gestört und bei einem späteren M-Prototyp der Skalpel-Linie auch ganz und gar nicht – da schien genau dieser „Saugarsch“ die Lösung gegen Tauchen zu sein. Jedenfalls segelte uns dieser Prototyp damals bei starkem Wind trotz eines zu hohen B-Riggs geradezu davon, während wir – auch mit Paradox – mit deutlich kleineren Riggs und gelegentlichen Steckern kämpften… Das war aber erst 1995.

Naja, ich weiß noch wie ich damals auf dem Gelände ankam und gleich einer der ersten (frustrierten) Kommentare eines der deutschen Teilnehmer lautete „Mensch, schau Dir dieses Ding an – das fährt uns gerade nur so um die Ohren“.

archer elmaleh 1987 em--4.jpg

archer elmaleh 1987 em--3.jpg

archer elmaleh 1987 em--2.jpg

archer elmaleh 1987 em.jpg


Tja, das war echt interessant.

archer linienriss aus myn 12-1987.jpg


Aber am letzten Tag kam etwas Wind und da wurde es dann doch entzaubert und die europäischen Designer wieder etwas ins Lot zurück gebracht. Nur zu spät für eine Ergebniskorrektur.

Dieses für unsere Augen damals radikale Boot und seine Auslegung war dagegen in USA offenbar ganz normal, da gab es eine ganze Reihe solcher „Leichtwindflunder“, u.a. von Terry Allen und Chuck Black (? - oder von ihm nur die Segelsätze?). Auch die Riggausführung und die Segel in der Ausführung mit der Trennung in ein dickeres Material in der hinteren Segelhälfte und Verwendung von so einem speziellen sehr dünnen Mylarfliesmaterial war dort wohl ganz üblich. Die Ausführung der Beschläge war für unsere Begriffe und Ansprüche fast wie „Technik aus dem Mittelalter“ ,-) Nix Kugellager, poliertes Alu, aufwendig gestaltete Konstruktionen und anderes Gedöns, alles sehr sehr schlicht und einfach aufgebaut. Ich hab später noch einige Bilder in amerikanischen Zeitschriften gefunden, die zeigen, das dort überwiegend offenbar nur bei sehr wenig Wind gesegelt worden sein muß und die Boote darauf ausgelegt zu sein schienen. C- und kleiner-Rigg-Wetter hab ich auf den Aufnahmen nie gesehen, immer nur son bisschen Säuselwind. Da hat das so sicher ganz gut gepasst.

Ganz so richtig neu war es für mich aber eigentlich auch nicht, denn ein Jahr davor 1986 hatte ich bereits ein sehr ähnliches Boot bei einem netten australischen Teilnehmer gesehen, dessen Rumpf mir auch sehr gut gefallen hat:

aus-m-boot-us-design 1986.jpg

Das war, glaube ich, eine Terry Allen Konstruktion, wie man sieht ein nicht ganz so extremer Rumpf in der Seitenansicht mit weniger stark nach hinten ausgebeulten Unterwasserschiff, aber typ- und baumäßig der Archer recht ähnlich, bzw. sicherlich aus der Anfang der 80iger stattgefundenen BONE-Entwicklung später abgeleitet. Ein in meinen damaligen Augen wie auch heute noch sehr schöner harmonisch gestalteter Rumpf. Der war bei wenig Wind auch da schon gut unterwegs, aber wie so oft liegt vieles auch allein an den Daumen des jeweiligen Skippers und dessen Geschick in einer großen starken Gruppe…. Und mit Starkwind kam der Skipper damals genauso wenig klar, wie ich und mein Leihboot Hunter = beide hatten wir nicht die passenden Riggs/Segel für das typische Fleetwood-Hammerwetter…

Jon verkaufte seine Boote auch im Eigenvertrieb (ob er sie auch selbst anfertigte, weiß ich nicht), sie waren in USA wohl auch recht bekannt und verbreitet. Seine damalige Anzeige in der Modell Yacht News von Chris Jackson:

archer anzeige aus myn 12-1987.jpg

Nach dem „Sensations“-Erfolg 1987 stand dann natürlich die Erwartung 1988 bei der ersten und einzigen echten Weltmeisterschaft an. Da war John zwar auch wieder gut dabei, aber nicht mehr so überragend. Der dritte Platz war auch hier mit ein Ergebnis des überwiegend recht leichten Wetters, bei mehr Frischwind wäre es sicher für ihn anders ausgegangen.

Sein Boot für die EM 1989 in Italien, die „Pinter“ war dann gegenüber der Archer aber weniger gelungen. Sie sollte eigentlich mehr Allroundeigenschaften bringen, das tat sie aber nicht, der etwas bananenförmig „durchhängende“ Rumpf kam manchmal nicht so richtig in die Gänge, klebte bzw. brachte keine überzeugende Leistung, wenn es mal etwas auffrischte. Nur gut für Jon, das die EM auch wieder (Teufel aber auch!) bei überwiegend nur sehr leichten Winden ablief, da ging es noch einigermaßen. Aber zufrieden war er damals damit nicht.

pinter - elmaleh 1989.jpg

Während er bis zur EM 1989 noch mit konventionellem Riggtyp antrat, ist er danach dann auch auf Swing-Rigg umgestiegen und hat dazu bei der WM 1990 in Fleetwood neben einer Pinter 2 und Platz 17 diesen sehr nett gemachten Beschlag gezeigt:

beschlag elmaleh swing rigg 1990.JPG

swing-rigg beschlag elmaleh aus myn 09-1990.jpg

wm_elemaleh 1990.jpg

Die Pinter 2 - der Rumpf sieht da in meinen Augen schon recht gewöhnlich aus, ist auch nicht nur hinten deutlich breiter als die beiden Boote davor.


Jon ist studierter Industrie-Designer und soweit ich weiß und wie man im www auch finden kann selbstständig in New York tätig:

http://www.outthere.com/about.htm

Er segelt wohl heute noch im NY Central Park. Der ja nun alles andere als windig sein soll…..

http://online.wsj.com/news/articles/SB10001424127887323407104579036961359586286

Interessant auch die Clubwebseite, siehe speziell Kapitel History und Galery – hübsche Sachen da!

http://www.cpmyc.org

1992 fand da auch mal eine IMYRU-M-Weltmeisterschaft statt, bei der dann Graham Bantock mit seiner ganz frischen Paradox nun nach Jahren des Anlaufes nun das erste Mal WM wurde und Jon mit der Pinter 2 den dritten Platz erreichte.

Diese Meisterschaft war aber wohl organisatorisch wie auch durch örtliche Bedingungen nicht optimal verlaufen. Hm, sehe gerade, auf der mit damaligen Artikeln ja an und für sich gut bestückten DSV-Seite (Danke Henning Faas!) ist dazu kein Artikel zu finden? Da gabs aber was zu in der SchiffsModell und auch im deutschen Newsletter, denn da waren auch deutsche Teilnehmer dabei und erinnerlich hat es wohl recht viel Unmut und auch entsprechende Kommentare gegeben. Im internationalen Szene-Magazin Modell Yacht News fand sich z.B. ein recht scharfer Kommentar von Chris Boisnault in Richtung Verantwortlichkeiten der IMYRU zu für das Regattasegeln bei einer Weltmeisterschaft geeignete Austragungsorte und Durchführung etc…. Tja, alles irgendwie also schon mal dagewesen, das „Gemecker“ über Regattabedingungen und so ,-))


Jon hat in Berlin bei der WM 1988 auch bei den 10R mitgemacht. Naja, dieses Boot war eine wirklich sehr eigenwillige Konstruktion. Zwar mit gewissen Ähnlichkeiten zur Archer, aber mit den Rumpflinien dann doch etwas zu weit auf die Spitze getrieben:

10r elmaleh 1986 wm--1.jpg

10r elmaleh 1986 wm--2.jpg


Das Boot wurde jedenfalls hier nicht zu einer kopierten neuen Design-Linie ,-)


So, aber abseits von „hi tec“ und mal ein kurzer Schritt in die Gegenwart, hat er wohl später auch IOMs entworfen (über die weiß ich aber nichts) und er kann auch „reduce to the max“ designen: Er hat Anfang der 90iger in enger Zusammenarbeit mit dem Laser-Entwickler Bruce Kirby den RC-Laser entworfen und war wohl auch bei Herstellung und Vertrieb mit beschäftigt. Der Laser in seiner ganzen Art, sowohl vom reinen Bootstyp als auch eben die Ausführung, steht ja doch recht krass den M- / 10R Booten gegenüber, zeigt aber, das John da nicht festgefahren gewesen ist ,-) In meinen Augen hat er da einen sehr guten Job gemacht - egal ob man nun den RC-Laser mag oder nicht.


Bruce%20Kirby%20left%20Jon%20Elmaleh%20right.jpg


Original-Laser Entwickler und Jon Elmaleh, Quelle http://www.radiosailing.org.au/our past/lazer/

Und neben dem RC-Laser hat er noch ein in USA, soweit ich es mitbekommen, habe recht erfolgreiches kleineres „Einsteiger“-Boot entworfen, die Nirwana. Die ist eine der etlichen Klassen der AMYA (amerikanischer Verband), aber wohl eine mit recht grosser Verbreitung.

http://www.theamya.org/boats/nirvana/


Bilder zum Boot:

http://www.rcgroups.com/forums/thum...=threadgallery&type=img&group=none&starter=no




OK, kleiner Exkurs in die Gegenwart (oder nicht ganz so weite Vergangenheit), aber nochmal kurz zurück zur Archer:

Das der Rumpf der „Archer“ durchaus auch bei Wind laufen konnte, zeigten uns später „Nachbauten“ (P. Gernert „Wiesel“ machte es möglich ,-) ) ausgestattet mit Riggs vom Typ Walicki und ein paar Veränderungen / Anpassungen Kiel und Ruder:

archer stiegler-gernert 1989.jpg

archer stiegler-gernert 1989--2.jpg

Die Bilder hier sind von Dr. Robert Stieglers (leider auch schon verstorben) Boot bei der EM 1989.

Kleine Anekdote:
Das Boot wurde da von Jon, der auch da war, erinnerlich mit sehr großem Interesse begutachtet – hat dann wohl abseits auch ein bisschen Diskussion mit dem auch anwesenden Erbauer der Schale über die Herkunft etc. gegeben, aber mit einem friedlichen Ergebnis… ,-) - später gabs dann auch ganz offizielle Angebots-Anzeigen im Verbandsmagazin dazu ,-)

Gruß
Thomas
 
zum Helmut Lupart habe ich noch ein Bild..

IMG_4000.jpg

Siegerehrung 3. Herbstregatta der "Steinbacher" (M-Boote), Kinzigsee in Langenselbold, 1985.

1. Helmut Lupart, 2. Hermann Kardatzki, 3. Rolf Laube

Gruß Rolf
 

aut

User
3 Archer im Jahr 2001 bei einer österr. Ranglistenregatta in Rankweil

3 Archer im Jahr 2001 bei einer österr. Ranglistenregatta in Rankweil

Hier auf dem Bild sind 3 Archer zu sehen
AUt 79
AUT 44
AUT 134

gebaut von Holly Reini
 

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A-Klasse Highlander

A-Klasse Highlander

Hallo,
weiss jemand aus welchem Jahr das Boot ist?
Grüsse Matthias
 

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Das Highlander Entwurf ist von B.H. Priest (UK) aus 1957/1958.
Priest hat, zusammen mit J.A. Lewis das Buch Model Racing Yachts geschrieben im mitte der 60. Jahren.
Das Buch ist sehr interessant und hat Plaene von viele Designs, auch von Highlander.
Man kan das Buch noch kaufen, zum Beispiel by Amazon.

Habe selber paar Jahren ein Highlander gesegelt.
 
10R ?

10R ?

Hallo allerseits!

Ich hab da etwas größeres in Pflege bekommen (leider nur zeitweise). Ein Freund hat die schöne vor 43 Jahren zu seinem 18. Geburtstag bekommen, er hat sie über die Jahre mehr oder weniger gesegelt und nun soll sie etwas überholt werden.

Kennt jemand das Boot? Mein Freund bezeichnet sie immer als 'mein tenrater'.
Von der Länge mit 152cm könnte das hin kommen.
Gewicht und Breite müsste ich noch nach reichen.

Der Gfk-Rumpf war ursprünglich braun und hat zwischenzeitlich weisse Farbe bekommen.


ZWbXgqp.jpeg



XFVeHhA.jpeg



eJdcTk8.jpeg



DKVBMPY.jpeg
 

Freet

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Das is ja ma 'n echt altes Schätzchen. :cool:

Ersma vielen Dank an meinen Freund Wolfgang, dass er das Böötchen in Pflege genommen hat.

Früher hat es mal so ausgesehen: 02.jpg01.jpg

Als ich es vor 43 Jahren erstanden habe, war ich 18 und habe es von einem älteren Kumpel aus Rheinhausen, Großraum Krefeld - Duisburg bekommen. Bevor es braun lackiert wurde, war es hellblau, klann man im Inneren des Rumpfes am eingefärbten Harz noch sehen, ebenso wenn man den Rumpf außen etwas angeschliffen hat.
Vielleicht hilft das ja, der Historie des Bootes etwas auf die Schliche zu kommen. Wäre schön, wenn da jemand was zu sagen kann.

Beste Grüße an die Kollegen der segelnden Zunft
Fred
 
Ehrlich so viel Jahre wie die Boote hier alle auf dem Kiel haben
so schön sind sie aber immer noch. Gerade die Frischlakierte
Highlander mit dem Deck in Carbonoptik :D.

Einfach nur toll!

LG Chris
 

Freet

User
Das Refit ist nun abgeschlossen. Wolfgang hat hervorragende Arbeit geleistet (vielen, lieben, herzlichen Dank Wolfgang) und zwischenzeitlich auch schon etliche Kilometer mit der alten, verjüngten Dame abgesegelt - und zwar mit neuen, erstklassigen Segeln. Die Resultate lassen sich sehen.

Wer Interesse hat, kann das gesamte Überarbeitungsprogramm nachlesen. Hier sind auch Bilder und Links zu interessanten youtube clips von der ganzen Aktion zu finden. Viel Spaß dabei.

http://www.modellbauskipper-euregio...17&threadview=0&hilight=&hilightuser=0&page=1

wer nicht so viel Zeit hat und sehen will, wie sich das Schätzchen auf dem Wasser benimmt, kann hier nachsehen:

https://www.youtube.com/watch?v=IToHJwBJgW4
 
Datenbanken über Bootsdesigns

Datenbanken über Bootsdesigns

Hallo,

ich hab hier zwar den Faden verloren, aber neulich beim so rumsurfen bin ich auf diese Datenbank gestossen, die einige nette Übersichts-Infos zu alten Entwürfen enthält:

https://docs.google.com/spreadsheet...3Pd4VEUBdYvJP6OGsxJRKnCVFQ/edit#gid=505326628

Einfach mal unten die Reiter von A – Z durchklicken – sind ein paar interessante Entwürfe zu finden, teilweise auch skurriles, teilweise Boote sehr schön im Stil der damaligen Zeiten mit für heutige Begriffe fast schon Panzerschiff-ähnlich dicken Rumpflinien ,-))
Leider fehlen etliche Entwürfe bzw. bekannte Designs in dieser angefangenen Aufstellung.


Hier gibt es seit kurzem nun noch eine zweite Datenbank, für die auch um aktive Mitarbeit gebeten wird:

http://www.allradiosailboats.com/

Gruß
Thomas
 
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