GO AHEAD - Kleinkunst-Flieger aus Holz, selbst gemacht

Guten Tag allerseits,
diesmal versuche ich etwas für mich völlig neues: einen Echtzeit-Baufred. Sonst nicht mein Genre, aber man soll ja auch mal rumprobieren.

Nach eher aufwändigen (Alexa's Arrow) oder sehr speziellen (Bugatti 100) Modellen soll es jetzt ein jederzeit einsetzbares, eher kleines Modell werden, dessen Form aber nicht so aussieht, als hätte man sie schon tausendmal gesehen.

Wer sich bei einer Spannweite von ca. 650mm enttäuscht abwendet, hat vielleicht diese Grösse noch nie richtig ausprobiert. Es geht hier nämlich nicht um ein potenziell windempfindliches Schaumteil, sondern um ein solides Allwetter-Holzgerät.

Von den Eigenschaften her soll es die Brücke schlagen zwischen dem schnellen, weiträumigen Figurenfliegen mit Alexa's Arrow und der Optik der Bugatti, die konzeptbedingt nur zum gnadenlosen Hin-und-Her-Jagen taugt.

Soweit die Anfangsbedingungen. Mal sehen, was draus wird.
H.
 

Maistaucher

Vereinsmitglied, Offizieller 1. Avatarbeauftragter
...Echtzeit-Baufred ... mal rumprobieren...
Nur als Hinweis:
Falls du eine geschlossene Beschreibung möchtest, bietet sich als Alternative ein Blog an.
Damit verhinderst du "störende" Eingriffe.
Wenn zusätzliche Tipps von außen jedoch ausdrücklich gewünscht sind, dann bist du im Forum genau richtig.
Also, nur zu. ;)
 
Konzept und erste Skizzen

Konzept und erste Skizzen

Es wird keine computergestützten Berechnungen und auch keinen Einsatz von CAD geben. Wer Lust hat, kann so etwas mit Stift und Geodreieck nachvollziehen.

Wenn man Bilder der Bugatti sieht, dann sind die vorgepfeilten Flächen das herausragende Merkmal und man fragt sich, warum es so wenige Modelle mit negativer Pfeilung gibt. So liegt der erste Punkt schon fest.
Die Fähigkeit zu Kunst- und Langsamflug leidet bei der Bugatti unter ihrer extremen Zuspitzung, die Flächentiefe am Randbogen ist sehr gering, so dass man damit besser keine überzieh-Spielchen macht, ausser, man will ohnehin landen;)
Maßgabe an die Flächengeometrie ist also im Interesse gutmütiger Stall-Eigenschaften eine reichlich bemessene Wurzeltiefe mit nicht zu heftiger Zuspitzung zum Randbogen.
Bei 650mm Spannweite ist ein Tiefenverhältnis von 160 zu 100 mm durchaus vertretbar. Die Pfeilung an der t/4-Linie entspricht etwa der Bugatti, was zu einer deutlicheren Vorpfeilung der Nasenleiste führt.
Als Profil nehme ich wie bei den beiden genannten Vorgängern das NACA0009. Es hat in über 300 Flügen seine uneingeschränkte Tauglichkeit bewiesen, also warum experimentieren?

Zu Papier gebracht, sieht der ganze Text so aus:

20151205_131525.jpg
 
Maisi,
danke für den Hinweis, aber hier kann ruhig jeder was reinwerfen.
"Stören" tut (mich) das sicher nicht.
H.
 
Stabilität

Stabilität

Auf dem Flächenaufriss ist auch schon die Ermittlung des Neutralpunkts zu sehen. Da es sich beim GO AHEAD nicht (wie bei der Bugatti) um einen verkappten Nurflügel handelt, sondern das ein echter Leitwerkler wird, nehmen wir für den Erstflug den NP der Fläche als Schwerpunkt. Klingt einfach - isses auch!
 
Rumpf

Rumpf

So, die Fläche ist soweit klar, jetzt brauchen wir eine Idee für die Rumpfform. Es wird eine tiefgezogene Kabinenhaube geben, kombiniert mit einem Turtle Deck, also einer grossen, abnehmbaren Rumpfklappe. Das hat sich bei der Bugatti bewährt, alle Komponenten sind so sehr einfach zu erreichen, ganz zu schweigen vom Akkuwechsel.
So ein vorwärts gepfeiltes Modell hat ohnehin Vorteile, weil durch die weiter hinten angebrachten Flächen vorne im Rumpf reichlich Platz ist.
GO AHEAD wird was ich einen "Offroad-Tiefdecker" nenne, d.h. die Fläche liegt knapp oberhalb des Rumpfbodens. Das ergibt ein ordentliches Packende zum Abwerfen und lässt etwas Bodenfreiheit beim Landen auf dem Acker.
Eine erste Handskizze sieht so aus:

20151205_131656.jpg
 
Sorry,
mein Smarty kriegt das mit dem oben und unten nicht immer geregelt....

Jedenfalls sah das noch ein wenig zu sehr nach Fairey Gannet aus und musste noch etwas "gestrafft" werden:

20151205_191548.jpg
 
Auf dem Plan vom Rumpf sind noch ein paar Details erkennbar. Die Fläche ist so eingezeichnet, dass der SP bei etwa 1/3 der Rumpflänge liegt. Das ist zwar nicht ideal für Messerflug, ergibt aber stimmige Proportionen.
Das HLW ist in seinem Grundriss auch gezeichnet und hat knapp 20% der Flügelfläche. Zusammen mit dem ordentlichen Hebelarm und 0.5° EWD sollte das für eine anständige Grundgeschwindigkeit bei ausreichender Stabilität sorgen, und zwar ohne Tricks. Gyro oder Expo? Bitte nein, bitte gar nicht. Ich finde, ein Modell muss zunächst mal ohne Helferlein ordentlich fliegen. Was dann jeder daraus macht, bleibt ihm selbst überlassen.

Nachdem ich zuletzt einige Modelle mit V-Leitwerk gebaut habe, wollte ich das nicht nochmal wiederholen. Zur Vermeidung von Bodenkontakten bei der Landung sitzt das HLW hier leicht erhöht im SLW. Man kann es so noch konventionell anlenken, und das SLW entsteht anstatt aus 3mm Balsa jetzt aus 4mm Material. Das reicht für die Statik.
Interessant wird sicher die Trudel-Erprobung, mit etwas Pech geht der Apparat bei der Anordnung Fläche/HLW in den Deep Stall. Also werde ich die Snaptests aufwärts fliegen in der Hoffnung, dass sich der Vogel von selbst beruhigt und die Strömung dann rechtzeitig wieder anliegt :D
 
Antrieb

Antrieb

Nachdem die Abmessungen jetzt festliegen, lässt sich in etwa abschätzen, wo wir gewichtsmässig rauskommen. Das dürften in etwa 300g Abfluggewicht sein bei zurückhaltender Akkuauswahl.
Somit sollte ein 28mm/30g/1400/min/V Motörchen mit einer 7x4" APC-E reichen. Der macht gut 300g Schub und zieht dabei ca. 7A. Damit reicht ein 12A Steller und ein 3S450mAh Akku sollte 6-8Minuten Flugzeit hergeben.

Eingekauft hab ich auch schon:

20151208_140944.jpg

Es kann also losgehen mit dem Bau!
 
Bauen: Fläche

Bauen: Fläche

Die Rippen werden auf ein etwas härteres 1mm Balsa-Reststück aufgezeichnet...

20151210_074929.jpg

...und ausgeschnitten.

20151210_081550.jpg
 
Die 1mm Brettchen für die obere und untere Beplankung zuschneiden...

20151210_094532.jpg

...und mit Weissleim an den Nahtstellen verbinden.

20151210_095557.jpg

Das muss jetzt erstmal ordentlich durchtrocknen.
 

rkopka

User
Wer sich bei einer Spannweite von ca. 650mm enttäuscht abwendet, hat vielleicht diese Grösse noch nie richtig ausprobiert. Es geht hier nämlich nicht um ein potenziell windempfindliches Schaumteil, sondern um ein solides Allwetter-Holzgerät.
Wobei für die Windempfindlichkeit das Material nicht entscheidend ist, sondern das Gewicht. Man kann auch schwere Schaumis und leichte Holzer bauen.

RK
 

aibex

User
Ich mag Bauberichte. Es ist immer wieder schön zu sehen wie etwas von Grund auf in Eigenleistung entsteht und wie ein Jeder dabei vorgeht. Es ist jedoch sehr anstrengend wenn alle Bilder, die ja für einen Baubericht ausschlaggebend sind, so verdreht sind.

Kannst du versuchen deine Bilder richtig herum zu drehen. Ich kann dann nämlich mit dem Handstand aufhören. :D
 
@RK
...und es gibt leichte, windunempfindliche Modelle;)

@aibex
Du hast völlig Recht! Da ich das hier alles vom Smarty aus mache, sind die Möglichkeiten etwas begrenzt, aber ich werds versuchen.
H.
 
So, wo waren wir?
Achja, Flächen. Die obere Schale liegt auf dem Baubrett, und da kommt zuerst die Endleiste und die Rippen mit CA-Kleber drauf:

20151210_113353.jpg

Dann die Nasenleiste, auch mit Sekundenkleber:

20151210_120331.jpg

Und das Fach für das QR-Servo.

20151210_123013.jpg

20151210_123023.jpg

Na, geht doch mit den Bildern.
 
Nasen- und Endleiste werden jetzt mit Hobel und Schleifklotz in die Profilkontur gebracht. Das ist bei der jetzt noch ziemlich wabbeligen Fläche mit einiger Vorsicht zu machen, aber eigentlich kein Problem.
Zur Vorbereitung des nächsten Schrittes werden auf dem Bauplan diese beiden 3mm Leisten befestigt, die für eine verzugsfreie Auflage der Fläche sorgen:

20151210_132911.jpg

Dann wird die Fläche in der richtigen Position auf dem Plan an den überstehenden Nasen- und Endleisten fixiert. Damit sind die Vorbereitungen zum Aufbringen der noch fehlenden Schale abgeschlossen:

20151210_133506.jpg
 
Deckel zu!

Deckel zu!

Der entscheidende Schritt: die untere Beplankung wird aufgeklebt!
Dazu werden Nasen- und Endleiste, sowie die entsprechenden Bereiche der Beplankung mit Pattex Classic eingestrichen. Auf die Rippen kommt Weissleim, und dann wird die Schale vorsichtig an der Endleiste angesetzt und zunächst nur hinten angedrückt. Der Kontaktkleber packt sofort, und nach kurzem Check, ob die Fläche noch richtig liegt, streicht man die Beplankung langsam nach vorne glatt, bis auch die Nasenleiste festklebt. In diesem Zustand wird die Oberseite jetzt großflächig belastet, bis alles durchgetrocknet ist.

20151210_134915.jpg
 
Ende 1. Bautag

Ende 1. Bautag

Und nach fünf Stunden Trocknungszeit ist hier das Ergebnis des ersten Tages:

20151210_185632.jpg

Die Fläche hat gut gelegen und ist ohne Verzüge vom Baubrett gekommen. Ich habe sie noch rundum verschliffen, es fehlen jetzt nur noch die Randbögen, die Endleiste im Wurzelbereich und die Querruder. Die Fläche ist sehr steif, sie wiegt bis hier 32g.
Es geht also ganz gut voran, für den ersten Tag reichts erstmal.
Demnächst weiter auf diesem Kanal.
H.
 
Kannst du bitte mal die optische Täuschung ausschalten. Irgendwie kommt mir die Fläche nicht vor wie 650mm, sondern eher wie 1000mm. Sonst schöner Baubericht!
 
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