Wie ALTERT CFK ?

Hallo,

Ich bin seit 30 Jahren aktiver Segelflieger(manntragend) und noch länger Modellflieger.
Meines Wissens gibt es bei GFK/CFK/AFK keine nennenswerte Alterung, vorausgesetzt das Laminat ist UV-geschützt. Deshalb sind bisher die Segelflugzeuge auch mit einer "dicken" weißen Lackierung versehen ,Gelcoat. Beim Lack gab es große Unterschiede in der Haltbarkeit, Zum einen das Vorgelat und zum anderen den Schwabbellack (Scheuffler).
Bei Verwendung ersteren, wird eine Neulackierung oft nach 15-20 Jahren notwendig.Wurde 2.eres verwendet steht eine Neulackierung oft erst nach 30 Jahren an, je nach Plege natürlich. Leidern gibt es das gute Zeug nicht mehr, welch ein Jammer! Unsere DG300 zB ist Baujahr 1986 und sieht noch immer aus wie frisch aus dem Werk ( Scheufflerlack).
Der einzige Feind von CFK, insbesondere AFK (Aramid/Kevlar) ist meines Wissens Feuchtigkeit .
Es gibt Segelflugzeuge die haben über 16000 h Betriebszeit und fliegen immer noch. Andere, zB Cirrus ,ASW15,Phöbus usw werden zum Teil 50Jahre alt und werden sicher auch noch lange fliegen.

Was altert ist das Harz, deshalb vor UV schützen...
Deshalb sind Modelle in Sicht-Carbon suboptimal, wobei ein Modell seltener 20 Jahre alt wird.
Seit kürzerer Zeit gibt es aber auch Harze die höher getempert werden als früher(55°C) und deshalb jetzt auch andere Farben als Weis zulassen , siehe ASG32.

Gruß ULI
 
Altern ist der Begriff in der Materialkunde wenn ein sich Material durch Umgebungseinflüsse in den Eigenschaften verändert. Damit ist nicht die mechanische Belastung gemeint!
Ändert ein Material seine Eigenschaften durch statische oder dynamische Beanspruchung, spricht man von Materialermüdung.

Altern kann also ein Material durch UV-Einstrahlung, Temperatur oder Medien in denen es sich befindet (Wasser, Öl, Gase). AFK ist bekannt für die UV Empfindlichkeit, die damit nicht nur die Farbe der Aramidfasern verändern (wird deutlich heller) sondern damit einhergehend auch die Zugfestigkeit um 50% zum ausgangswert reduziert.
Kohlenstofffasern altert, soweit mir bekannt ist, nicht. Die Schlichte auf der Oberfläche der Kohlenstofffaser vernetzt im laufe der Lagerzeit, wenn die Faser nicht in einem bestimmten Zeitraum zu CFK-Laminaten in Verbindung mit Epoxidharz verarbeitet wird.
Epoxidharz kann an der Oberfläche altern, aber im Verbund mit Kohlenstofffasern sind die durch Alterung reduzierten Materialwerte des Epoxidharzes nicht relevant für das Gesamtverhalten eines Laminats. Die Eigenschaften der Kohlenstofffasern dominieren das Verhalten. Das Epoxidharz dient ja nur als Fixierung, Schutz und Überträger der Schub-, Zug- und Druckkräfte zwischen den Fasern.

Kommen wir zum Ermüdungsverhalten. CFK-Laminate ermüden, wenn die maximale Belastung nahe der statischen Festigkeit des Laminats liegt, sowohl bei statischen als auch dynamischen Beanspruchungen.
Liegen die Maximalwerte der dynamischen Beanspruchung deutlich unter den statisch ermittelten Werten, findet praktisch keine Ermüdung statt! Kennt man die Wöhler-Kurven für Stahl mit einem starken Abfall der Festigkeit vor dem Versagen des Bauteils, sieht man bei CFK eine gerade horizontale Linie. Im Bereich unter der statischen Festigkeit hat man bei CFK je nach Laminataufbau (Faserorientierung) einen deutlichen Abfall zu beginn der Beanspruchung durch erste Faserbrüche fehlorientierter Fasern im Laminat. Im laufe der Lebensdauer führt dies dann durch die Kerbwirkung zu Matrixrissen und damit dann zu Faserbrüchen lasttragender Fasern. Die Wöhler-Kurve sieht für dieses, an der Festigkeitsgrenze beanspruchten Laminat, so aus wie die beim Stahl. Man sollte daher Faserverbundwerkstoffe wie ein CFK-Laminat mit entsprechenden Festigkeitsreserven auslegen, dann schließt man ein Ermüdungsverhalten praktisch aus.
Es gibt aber bei CFK-Laminaten noch etwas zu beachten.
CFK ist empfindlich bei schlagartiger Beanspruchung wie sie z.B. bei harten Stopps des Modells auftreten (schöne Beschreibung für eine harte Erdung des Modells).
 
herzlichen dank euch beiden für diese sehr ausführlichen und informativen posts! diese beinhalten für mich viel neues und interessantes. das ist ein sehr schönes beispiel dafür, dass rcn auch spass machen und lehrreich sein kann ;) lieber gruss, martin :)
 

Steffen

User
Moin Christian,

Alles richtig, aber ein Zusatz:

Kommen wir zum Ermüdungsverhalten. CFK-Laminate ermüden, wenn die maximale Belastung nahe der statischen Festigkeit des Laminats liegt, sowohl bei statischen als auch dynamischen Beanspruchungen.
Liegen die Maximalwerte der dynamischen Beanspruchung deutlich unter den statisch ermittelten Werten, findet praktisch keine Ermüdung statt!
Das gilt nur, wenn die Belastung sehr sauber in Faserrichtung liegt. Im typischen Verbund ist das nicht so (allerdings im Modellflug wohl eher nicht von Bedeutung)
 
Hallo Steffen,
es hängt immer von der Höhe der Belastung ab, auch bei diagonal und unter 90° zur Belastung liegenden Faserlagen. Bleibt die Dehnung der dreidimensional beanspruchten Matrix in solchen Verbunden unter der Bruchdehnung der Matrix, treten keine Matrixbrüche auf und damit auch keine Spannungsspitzen die eine Kerbwirkung auf lasttragende Fasern haben.
Ich habe vor langer Zeit mal Ermüdungsversuche bei der DLR in Köln Porz zu diesem Thema durchgeführt und war fast fünf Jahre damit beschäftigt.;)
 

Steffen

User
Moin Christian,

es hängt immer von der Höhe der Belastung ab, auch bei diagonal und unter 90° zur Belastung liegenden Faserlagen. Bleibt die Dehnung der dreidimensional beanspruchten Matrix in solchen Verbunden unter der Bruchdehnung der Matrix, treten keine Matrixbrüche auf
Ja schon, aber da muss man doch sehr weit unter der Bruchdehnung der Matrix bleiben.


Ich habe vor langer Zeit mal Ermüdungsversuche bei der DLR in Köln Porz zu diesem Thema durchgeführt und war fast fünf Jahre damit beschäftigt.
Bauteile-Versuche oder Proben?
wir haben mal Bauteil-Versuche für Windkraft gemacht bei denen wir deutlich unter den maximalen Bruchdehnungen waren (Schub/Druck/Zug, auch interlaminar) aber jede Menge Lastwechsel gemacht haben. Da gab es was neues über Ermüdung zu lernen ;-)

Danach gefielen uns die Lebensdauerabschätzungen von Christoph Kensche nicht mehr so sehr :rolleyes:
 
Hallo Steffen,
es hängt immer von der Höhe der Belastung ab, auch bei diagonal und unter 90° zur Belastung liegenden Faserlagen. Bleibt die Dehnung der dreidimensional beanspruchten Matrix in solchen Verbunden unter der Bruchdehnung der Matrix, treten keine Matrixbrüche auf und damit auch keine Spannungsspitzen die eine Kerbwirkung auf lasttragende Fasern haben.
Ich habe vor langer Zeit mal Ermüdungsversuche bei der DLR in Köln Porz zu diesem Thema durchgeführt und war fast fünf Jahre damit beschäftigt.;)

Das ist richtig, wenn man kurzzeitige Belastung unterstellt. Ebenso Steffens Einwand. Der Beginn einer Schädigung und die Höhe dieser Schädigung bzw. deren Auswirkung (effect of defect) ist, seit ich denken kann, die unter Experten am stetigsten und heißesten diskutierte Frage. Egal welche Faserverbunde (FVK-Faserverbundkunststoffe) man betrachtet. Man muss nämlich genau genommen jede Laminatart und jeden Faservolumengehalt unter allen denkbaren Einflussgrößen separat analysieren... viel Spaß dabei ;). In der Praxis bedient man sich also gewissen Regellaminaten und untersucht diese.
Eines trifft immer zu: die Matrix/ das duroplastische Harz zeigt bei anhaltender statischer Last ein Relaxationsverhalten, d.h. eine degressive, zunehmende Dehnung. Aka: ein unkonstant abnehmender, scheinbarer Langzeit-E-Modul (hä?), im Gegensatz zu Thermoplasten, welche "Kriechen". Dadurch kann die Rissbildungsgrenze langzeitig nicht ganz so extrem, aber immer noch deutlich geringer liegen als kurzzeitige Kennwerte vermuten lassen. Relaxation tritt dabei vor Allem interlaminar auf, und wie gesagt muss eine statische Last anliegen- daher ist der statische Lastfall oft kritischer als der dynamische.
Dazu kommen weitere, stark die langzeitige zulässige Belastung bestimmende Einflussfaktoren.
- Temperatur
- Chemischer Einfluss/ Feuchte
- Zyklen
Das dynamische Zeitstand-Verhalten (Zyklenfestigkeit- also das womit man im Metall die größten Probleme hat), ist bei FVK in der Regel überragend gut- bei hochverstärkten CFK-Strukturen sind dynamische Abminderungsfaktoren oft faktisch nicht mehr zu ermitteln. Anders ausgedrückt: was kurzzeitig hält, hält fast ewig. Zyklen sind v.a. dann signifikant, wenn nahe der Schädigungsgrenze/ Grenzdehnung belastet wurde, also man eigentlich bereits das Material geschädigt hat und weiter missbraucht. das steht so ähnlich ja schon weiter oben (und ist im krassen Widerspruch zu "Rcgurus" Quatsch)
Wenn Dehnungen mit Umgebungseinflüssen einher gehen, tritt das Spannungs-Riss-Verhalten/ "Strain-corrosion" in den Vordergrund. Das ist oft gerade für mechanisch hochbelastbare, faserreiche Laminate ein Problem. Umso mehr Bedeutung hat deswegen die Faser-Matrix-Anbindung ("Wet-out") und die korrekte Durchhärtung der Harze (HDT/ Tg).
Die von Christian dargestellten Faserbrüche bei Belastung unterhalb der Bemessungsgrenze zeigen in der Regel nicht so relevante Auswirkungen (einwandfreie Laminate angenommen). Sondern führen oft gar dazu, dass Laminate nach einer ersten Belastung insbesondere bei moderat erhöhten Temperaturen höhere Festigkeiten erreichen als neu und kalt. Es gibt da so diverse gegeneinander laufende Mechanismen... zu komplex für den Augenblick. Für hochsteife CFK-Strukturen aber kann das ein Problem sein (v.a. wenn gegen Delamination kritisch).
Das Vergilben von (Polyester-) Deckschichten ist mechanisch meist unbedeutend. Auch lassen sich transparente Deckschichtharze mit wirkungsvollen UV-Absorbern ausstatten und damit eine gute Bewitterungsstabilität erreichen. Epoxyde gehen fast ewig nicht kaputt...

In der Praxis wesentlich bedeutender als die hypothetischen Ermüdungsverhalten unter Laborbedingungen, sind meistens Fertigungsabweichungen und Stress-Konzentrationen, dort wo man sie nicht vermutet - oder gegen die das Laminat fehlerhaft ausgelegt wurde.
Noch ein wichtiger Punkt: je nach Faserart und -gehalt bzw. Laminatrichtung/ Belastung kann das Schädigungs- und Alterungsverhalten sehr unterschiedlich sein. Pauschale Aussagen sind also sehr gefährlich, besser gesagt unmöglich! Meistens sind FVK aber extrem langzeit-beständig und wesentlich alterungsfester als Metalle, selbst wenn keine Korrosion wirkt. Nur bei Fehlauslegungen und Verarbeitungsmängeln zeigt sich schnell: aus Schaden wird man klug ;)
 
meine güte, unglaublich toll, dass ich an eurem grossen wissen teilhaben darf! fast noch spannender als ein gutes buch ;)
vielen dank, dass ihr euch die zeit nehmt für diese tollen beiträge:)
 
Detailfrage, aber:

AFK ist bekannt für die UV Empfindlichkeit, die damit nicht nur die Farbe der Aramidfasern verändern (wird deutlich heller)

Huh?!??

Ich kenne bei Aramid eigentlich eine Verfärbung ins Braune (und zwar deutlich dunkler als das Original-Gelb) bei UV-Exposition.
 

RCGuru

User gesperrt
Cfk/Gfk altert sehr schnell. 1-2 Jahre nach aushärtung der Matrix ist die Festikkeit aus dem Werkstoff raus und das Bauteil muss gewechselt werden. Ein sicherer Betrieb des Bauteils ist nicht mehr gewährleistet. Dies gilt besonders für Modellflieger da hier meist minderwertige Epoxyde verwendet werden.
 
@v RCGuru
Ich weiß nicht wo Du diese info aufgegabelt hast , so ein absoluter Bödsinn.
Ich besitze eine DG600 im Orginal und die besteht zu 75% aus CFK und zu 25% aus GFK , ich müsste also alle zwei jahre einen Flieger in Wert von ca 70000€ wegwerfen.:cry:

Glaubst Du das wirklich ? (glauben heißt nicht wissen):mad:

Gruß ULI
 

Eisvogel

User
Kann ich voll bestätigen

Kann ich voll bestätigen

Cfk/Gfk altert sehr schnell. 1-2 Jahre nach aushärtung der Matrix ist die Festikkeit aus dem Werkstoff raus und das Bauteil muss gewechselt werden. Ein sicherer Betrieb des Bauteils ist nicht mehr gewährleistet. Dies gilt besonders für Modellflieger da hier meist minderwertige Epoxyde verwendet werden.

die Aussagen von RCGuru!

Oft ist die Festigkeit schon nach kürzester Zeit raus und das Bauteil muß gewechselt werden :eek:;)

comp_Speedcup Dachau 2008 017.jpg
 
Lustige aber auch lehrreiche Diskussion!

Nach ein paar wirklich fundierten Beiträgen von Leuten die offenbar Ahnung haben kommt dann so eine Pauschalaussage:
Cfk/Gfk altert sehr schnell. 1-2 Jahre nach aushärtung der Matrix ist die Festikkeit aus dem Werkstoff raus und das Bauteil muss gewechselt werden. Ein sicherer Betrieb des Bauteils ist nicht mehr gewährleistet. Dies gilt besonders für Modellflieger da hier meist minderwertige Epoxyde verwendet werden.
Offenbar redet er wirklich nicht von einer Ermüdung sondern der echten Alterung auch ohne Beanspruchung. Naja, da müsste vielleicht ein Verfahrenstechniker oder Kunststofftechniker eingreifen und die Aussage entkräften.


Im Modellbau wird in manchen Bereichen schon nahe an die Bruchgrenze der Werkstoffe gegangen. Wenn ich an die F3F Fliegerei denke, wo ich beobachtet habe wie sich die Flügel mancher voll balastierten Modelle stark biegen, wird es lokal schon zu Überbeanspruchungen kommen. Das muss nicht zum Totalversagen führen. Durch Spannungsumlagerungen und damit verbundene noch größere Verformungen funktioniert das "Gesamtsystem" auch weiterhin, nur halt mit größeren Verformungen. Man denke nur an die (Holz-)Holme. Die Flieger sind irgendwann weicher und "ausgelutscht". Dadurch dass nix mehr so steif ist wie am Anfang, kann ich mir vorstellen, dass sich die Flügel der starken Beanspruchung durch Verbiegen und Verwinden "entziehen". Es gibt den alten Spruch "Steifigkeit zieht Spannung an." Ich glaube an einen Steifigkeitsabfall des Bauteils Flügel wenn man regelmäßig an die Grenzen geht, da kann man ruhig über Ermüdung reden. Und irgendwann fliegt man ein Modell das zwar bei normalen Bedingungen wie am ersten Tag fliegt, sich in Grenzsituationen aber deutlich träger und weicher verhält.
 

Laminatorikus

Vereinsmitglied
Moin,

ich wirke der Relaxation durch Überdimensionierung vor, den wie heiß es schön:“viel hilft viel“ ;)

Ganz schön viele vage Aussagen hier, aber Theoretiker soll man in ihrer Theoriewelt lassen, ich praktiziere lieber und man stelle sich vor, es funktioniert ;)

Grüß Memo
 

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Steffen

User
Ganz schön viele vage Aussagen hier, aber Theoretiker soll man in ihrer Theoriewelt lassen, ich praktiziere lieber und man stelle sich vor, es funktioniert ;)
Naja, wenn der Praktiker so weit überdimensioniert, dass er nie an die Grenzen der Materialien kommt und damit schwerer baut als es möglich wäre, dann ermüdet natürlich nix.

So eine Praxis finde ich aber meistens unpraktisch. :rolleyes:
 
Wenn das Gewicht absolut keine Rolle spielt und das Material gratis - ist nichts gegen so eine Überdimensionierung zu sagen. Im Wettbewerbsbereich und dessen "Umfeld" aber auch z.B im "Leichtwind Segler Hobbybereich" ist die Aussage einfach Blödsinn. Aber das weisst du sehr gut selber.

Und die Aussage die jeden der irgendwas mit einem Hauch Theorie schreibt als Weltfremden Nerd darstellt ist eine in diesem Forum sehr häufig gelesene. Das einzige Ziel ist es, dein Ego zu steigern da du ja nicht zu dieser Gruppe zählst sondern zu der coolen Gruppe die in der Praxis lebt und lieber fliegt als sich Gedanken über theoretische Fragen zu machen. Ja, du bist unser Held. :D


Moin,

ich wirke der Relaxation durch Überdimensionierung vor, den wie heiß es schön:“viel hilft viel“ ;)

Ganz schön viele vage Aussagen hier, aber Theoretiker soll man in ihrer Theoriewelt lassen, ich praktiziere lieber und man stelle sich vor, es funktioniert ;)

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