Bauweise: Negativform mit Vollbalsakernen

Hallo, ich teste gerade eine neue Bauweise: Ein Vollbalsaflügel, der in Negativformen gebaut wird.

Bisher habe ich schon einige Flügel und Leitwerke in Vollbalsa gebaut (aber in Positivbauweise). Bei dünnen Profilen fällt das Mehrgewicht aufgrund des "Mehr" an Balsa kaum auf, im Gegenteil, man spart die Innenlage und einiges an Verklebeharz. In Summe ist das eine sehr robuste, reparaturfreundliche und trotzdem relativ leichte Bauweise. Aber die Ungenauigkeiten beim Schleifen von Hand...

Jetzt will ich die Genauigkeit des Baus in der Negativform mit der Robustheit des Vollbalsaflügels vereinen.

Der aktuelle Plan ist (für einen Flügel mit 1,6m Spannweite, Zielgewicht möglichst unter 500g, Einsatz als kleiner Alpinflieger bei steinigen Landeflächen):
- 50er Glas als Außenlage, angelieren lassen
- 80er Kohle diagonal oder 100er Biax-Gelege rein, Holmgurt rein, halbseitig vorgefrästen Kern auflegen, einsaugen
- nach Aushärtung die andere Seite des Balsakerns fräsen (mit Untermaß in Höhe der Laminatdicke)
- andere Formhälfte laminieren und mit Schaumharz die Verklebung zum Kern beim Schließen herstellen

Die Form und der halbseitig vorgefräste Kern schauen so aus (am Kern fehlen 5mm der Nasenleiste und 15mm der Endleiste, das wird später hohl oder "mumpig"):

DSC_2616.jpg

Hat noch jemand Erfahrungen mit so einer Bauweise? Insbesondere mit der zweiten Verklebung Kern mit Laminat der anderen Seite?

Nach und nach werde ich die weiteren Baustufen dokumentieren, aber der Baufortschritt wird eher langsam werden, das sage ich gleich.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

viel Aufwand, aber wer will...

Warum legst Du nicht oben und unten gefräste Halbkerne ein und fräst die auf die Trennebene plan?

Hans
 

Eisvogel

User
Du wirst entweder die Form nicht ganz zubringen, wenn der Kern zu dick ist, oder wenn er zu dünn ist keine Verklebung und Luftblasen an mindestens einer Seite haben.

Die Methode von Hans funktioniert sicher und wurde schon mit Styopor und -dur und mit Rohazell so gemacht. Nachteil, zumindest beim Balsa wird das hohe Gewicht.
Eine mögliche Alternative wär statt Vollbalsa z.B. 3-4 mm Brettchen je Hälfte einsaugen, planschleifen und mit ein paar eingesetzen Rippen verkleben. Da kannst auch die Innenlage sparen. Und der Einbau der Innereien geht auch leichter von der Hand.
 
@Hans:
Noch meine ich nicht, daß es viel Aufwand ist. Die eine Seite des Kerns hat jetzt 1h Fräszeit gehabt, und die Zeit am CAD und CAM verbuche ich einfach mal als Weiterbildung ;-). Auf jeden Fall hat es mehr Spaß gemacht als Nasenleistenschleifen oder Holmstege auf die richtige Höhe bringen.

Das mit den zwei Halbkernen hatte ich mir auch schon überlegt, aber bei dem verwendeten Profil (AG04, auf 7,8% aufgedickt) liegt die Unterseitenkontur hinten fast auf der Profilsehne, d.h. den unteren Halbkern würde ich fast auf Null runterfräsen. Mit einer gewissen Laminatdicke schon fast unter Null.

@Eisvogel:
An der Wurzel habe ich 11,7mm Dicke, d.h. für die 3-4mm Brettchen gilt dasselbe wie schon zu Hans gesagt. Aber du hast Recht, der Knackpunkt ist, das genaue Maß beim zweiten Abfräsen zu finden, damit die Verklebung sauber ist. Ich hatte jetzt mit einem Untermaß für die Profilunterseite von vielleicht 0,5mm kalkuliert, damit das Unterseitenlaminat Platz hat. Am Holmgurt vielleicht ein paar Zehntel mehr. Trotzdem brauche ich noch eine leichte Sicherheitsschicht für die Verklebung, da fällt mir spontan ein:

a) leichte Microballon-Mumpe (evtl. +Schaumtreibmittel) per Zahnspachtel auftragen
b) in der Aufwind 01/2017 habe ich von einem interessanten Gemisch gelesen, bestehend aus EPS-Microperlen, Harz, gemahlene Kohlefaserschnipsel und Schaumtreibmittel

Zu b) werde ich mal heute nachmittag eine Probemischung anrühren/ankneten und morgen mal anfühlen, wie hart das wird.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Das mit den zwei Halbkernen hatte ich mir auch schon überlegt, aber bei dem verwendeten Profil (AG04, auf 7,8% aufgedickt) liegt die Unterseitenkontur hinten fast auf der Profilsehne, d.h. den unteren Halbkern würde ich fast auf Null runterfräsen. Mit einer gewissen Laminatdicke schon fast unter Null.
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a) leichte Microballon-Mumpe (evtl. +Schaumtreibmittel) per Zahnspachtel auftragen
b) in der Aufwind 01/2017 habe ich von einem interessanten Gemisch gelesen, bestehend aus EPS-Microperlen, Harz, gemahlene Kohlefaserschnipsel und Schaumtreibmittel

Zu b) werde ich mal heute nachmittag eine Probemischung anrühren/ankneten und morgen mal anfühlen, wie hart das wird.

Hallo,

Martin Weberschock hat mal Europhia2 (ein relativ großes F3B-Modell) mit EPS-Mircoperlen-Füllung gebaut. War ca. 300gr. schwerer als die Leichtbauten mit Sandwich. Ich hatte so eine und bin damit mal gegen eine Eisenträger einer Pferdekoppel geflogen. Alles wieder in Form gedrückt, Harz injiziert, abgewischt und im Folie eingeschrumpft aushärten lassen, fertig. Ich habe es nicht mal nachlackiert. Er hat mir soagr verarten wie viel harz er auf den liter Microperlen genommen hat, habe es aber vergessen. Jedenfalls alles in einen Sack, Luft mit Staubsauger raus und durchkneten. Soll aber eine wilde Pamperei sein und Du willst ja Balsakern.

Ich würde bei der Halbschalentechnik an der Nase und vor allem an der Endleiste den Kern ein Stück vorher enden lassen. An der Nase über ein Stück Schaumstoff/Depron etc. einen Gewebeschlauch als Hohlraumfüller ziehen und reinstopfen und hinten Microballonmumpe aufspachteln.

Hans
 
zu b): das Originalrezept für die EPS-Perlen-Mischung aus der Aufwind geht so: 13,5g Harz, 1,2g gemahlene Kohlefasern, 0,4g Microballoons, 5% Schaumtreibmittel, 15g EPS-Perlen.
Ich habe nur 10g EPS-Perlen genommen, und sowohl die Verarbeitung als auch das Ergebnis finde ich enttäuschend: Nach dem Mischen (das im Frühstücksbeutel knetenderweise wirklich gut funktioniert) kleben die Kügelchen überall, aber bleiben trotzdem nicht da, wo sie hin sollen. Der Rest, den ich in der Tüte etwas plattgedrückt habe und so aushärten ließ, hat jetzt eine Druckfestigkeit vergleichbar mit einem Styropor, das nur 10-15kg/m³ Raumgewicht hat.

Es wird also ganz klassisch Microballonmumpe mit Schaumtreibmittel werden, aufgetragen mit einem feinen Zahnspachtel.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

was für EPS-Perlen hast Du genommen? Gibt es ja in unterschiedlichen Größen. ( https://www.kissenwelt.de/beratung/mikroperlen/
ja nach Größe 13 -20 kg/m³ im Mittel ). Das Harz bringt nicht viel Festigkeit, d.h. es wird eben so fest wie entsprechend dichtes Styropor. Das bedeutet, dass die Schale in sich schon "grabbelfest sein muss, beule tut sie aber nicht mehr

Der Vorteil der "Perlenfüllung" ist der Widerstand gegen Schlagbeanspruchung z.B. durch einen Stein am Hang etc. Da bleibt der Schaden sehr kleinräumig durch die Dämpfung. Gerade an der Nase finde ich eine Option. Das Umfüllen aus der Tüte ist aber zugegeben kein Spaß.

Hans
 
Bin ein paar wenige Schritte weiter:

Oberseiten-Laminat wie schon angekündigt: 58er Glas, angelieren lassen, 1 Lage 80er Kohle diagonal, Verstärkungsstückchen an Wurzel und am Servoausschnitt eingelegt, Holmgurte abgstuft 3-2-1 Lagen aus 100er Kohle UD in 3cm Breite, dann mit dem Kern einsaugen.
Verbesserung beim nächsten Mal: an den Ausschnitten für Servos und Steckung neigt das Laminat im Vakuum zum Hochsteigen und Blasen werfen, wenn kein Kern draufdrückt. Da wäre es also besser gewesen, einen Einleger aus Styro in die Ausschnitte zu legen, um das Laminat unten zu halten. Im Bereich der Steckung musste ich die Holmgurte wegen der Blasen teilweise abfräsen. Das wird beim Einkleben der Steckungs-Taschen repariert (natürlich inkl Schäftung zum Rest des Holmgurts). Ein bißchen Murks, aber es wird schon halten.

So schaut es jetzt aus, der Kern ist schon mit 0,5mm Untermaß zur späteren Unterschale gefräst:

DSC_0596.jpg
 
Letzten Mittwoch war Erstflug am Hang. Zum ersten Test zwar noch mit dem alten Rumpf, aber der neue Rumpf wird mit angepassten Querschnitten auch so ähnlich werden. Und auch wieder mit Gummiringbefestigung, das ist für verkorkste Alpinlandungen ideal.

Im Vergleich zum Vorgängerflügel (Rechteck, Vollbalsa AG04 mit 6% Dicke, positiv gebaut) fliegt sich dieser Flügel (Ellipse, Vollbalsa AG04 mit 7,8% Dicke, in gefrästen Formen gebaut) um einiges besser, das liegt vermutlich zu einem großen Teil an der jetzt besseren Profilgenauigkeit, vorher war es ja trotz der vorgefrästen AG04-Profilbrettchen mehr oder weniger ein Zufallsprodukt, welches Profil man dann am Ende genau hat.

Das "bessere Fliegen" drückt sich so aus, dass zum einen die Flugleistung besser ist (er kommt am selben Hang bei vergleichbaren Bedingungen höher), der Geschwindigkeitsbereich ist größer, und er fliegt neutraler mit weniger Eigenleben.

Was mich erstaunt hat: Die Wölbklappen wirken stärker als in allen meinen anderen Fliegern, wie eine 3-Gang-Schaltung.

Fluggewicht ist bei 1,6m Spannweite jetzt 700g (=35 g/dm²). Der Flügel wiegt 400g (ohne Servos, mit Verbinder).


DSC_0711_00001.jpg
 

f3d

Vereinsmitglied
GFK Bau

GFK Bau

Das ist für mich der höchst mögliche Aufwand für den geringsten Nutzen.

Für das verantze Modell total daneben das schöne Formenfräsmaterial zu vergeuden.

MFG Michael
 
Das ist für mich der höchst mögliche Aufwand für den geringsten Nutzen.

Also genau das, was man pauschal als "Hobby" bezeichnet.

Und Nutzen ist subjektiv. Für dich muß es (vermutlich) schick ausschauen, für mich ist es gut, wenn es gut funktioniert und ich es nie reparieren muß.
 

GC

User
Der Flügel sieht nicht schlecht aus. Kompliment, gefällt mir. Nur ein Modell mit einem solch schönen Flügel hätte auch ein wenig mehr Liebe beim Bau des Leitwerks verdient;).

Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Flügel etwas robuster ist, was das Wegstecken von Landungen in unebenen Gebieten anbetrifft, wie man sie beim Hangfliegen leider öfters antrifft.
 

Gideon

Vereinsmitglied
Hallo Lars,

der Ansatz ist auf jeden Fall interessant und zeigt deutlich, dass es nicht immer Rohacell sein muss, wenn mit Kernen in Formen gebaut wird. Der Rest vom Flugzeug kann ja noch deutlich gefälliger werden, daran habe ich keine Zweifel.
 
Der vermeintliche Knackpunkt an der Bauweise ist ja das Untermaß des Balsakerns, damit sich einerseits die Form schließen lässt, und andererseits nicht zuviel Kleber für die Verbindung Kern zu Decklaminat gebraucht wird. Ein Schaum wie Rohazell wird ja ein bißchen kompressibel sein, das Balsa nicht. Ich habe 0,5mm Untermaß gefräst, und hatte zwischenzeitlich Zweifel, ob das bei dem unterschiedlichen Laminataufbau dann funktioniert: Flächig habe ich 58er Glas + 80er Kohle, dazu 1-3 Lagen 100er Kohle UD als Holmgurt, und hier und da noch eine zweite Lage 80er Kohle als Verstärkung. Stellenweise kommen also max. 6 Lagen übereinander, und rechnerisch ist es dann mit den 0,5mm zu knapp. Hat aber ohne Druck funktioniert. An der Steckung hatte ich allerdings per Hand nachgearbeitet, vermutlich war ich dann dort, wo die 6 Lagen sind, bei mehr als 0,5mm Untermaß.

Als Verbindungslage wollte ich ursprünglich mit dem Zahnspachtel Microballoon-Raupen ziehen. Eine relativ trockene MB-Mischung haftet auf Balsa aber kaum, daher habe ich dann einfach aus der Bäckertüte ein paar Kringel und Raupen auf das leicht angefeuchtete Balsa gezogen. Am Holmgurt und am Klappensteg mehr, dazwischen etwas weniger. Auch wenn jetzt theoretisch keine ganz flächige Verklebung von Kern zu Decklage vorliegt, man sieht und fühlt es nicht. Gefühlt kann man den Flügel sorglos vom Tisch fallen lassen. Massivbau halt ;-)
 
Darüber nachgedacht habe ich. Und am Holmsteg ist es ja auch hochkant geworden. Für den ganzen Kern habe ich es verworfen, weil:

- ich konnte kein leichtes Balsastirnholz kaufen (<0,1 g/cm³)
- das Selbststückeln / Selbstkleben von Stirnholz aus Balsabrettern war mir zu viel Arbeit
- das Stirnholz saugt ziemlich viel Harz

Beim Fräsen hat es im Stirnholzbereich auch recht ausgefranzt (aber es war auch nur ein Billigfräser).
 
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