Kernmaterial für Holme bei Positiv-Furnier-Bauweise

CH_MEIER

User
Hallo zusammen,

ich habe gerade einmal das aktuelle Holmberechnungs-Excel von Ch. Baron heruntergeladen (11.2013) und damit herumgespielt. Haben Roofmate, Rohacell31 oder PVC-Hartschaum als Kernmaterial so verschiedene Eigenschaften, dass man bei Roofmate eine seitliche Beschichtung des Holmkerns mit CFK o.ä benötigt und bei den anderen genannten Materialien nicht? Oder fehlen da einfach Werte für das Roofmate in der Excel-Material-Tabelle und daher kommt das Ergebnis zustande?

Hintergrund der Frage: Das Einfügen eines Holmkerns ist doch ein ziemlicher Arbeitsaufwand und sorgt (bei mir) immer für etwas Spachtelmasse (totes Material) im Flügel. Wenn man daher bei Verwendung von Styrodur bzw. Roofmate als Flügelkern ganz auf einen Holmkern verzichten könnte und einfach nur UD-Kohlebänder oder Rovings abgestuft zwischen Syrodurkern und Furnier legen könnte, wäre das evtl. praktisch...

Christoph
 

Eisvogel

User
Mit der Baron-Rechnung bist du natürlich auf der ganz sicheren Seite aber:

Die Berechnungen sind für einen Schalenflügel, der ist meist innen hohl, der Holmsteg steht frei. Beim Styroflügel ist der Holmsteg ins Styro "eingezwängt" er kann schon mal nicht so leicht ausbeulen, daher sollte normalerweise eine Stegbeschichtung kleiner ausfallen oder ganz wegfallen können.

Auch die Schale trägt wesentlich mehr als beim Schalenflügel, da diese mit dem Kern fest verklebt ist. Der ganze Kern wirkt also als Steg, die Beplankung als Gurt. Je nach Dicke des Flügels und Belastung kann das soweit gehen, daß ein Flügel komplett ohne Holm alskommt, z.B. bei Kunstflugmodellen. Selbst Segler können ohne Holm gebaut werden, früher war das allgemein üblich, z.B. bei Carrera und Graupner Seglern.

Ein Programm zur Berechnung für Styroflügel gibt es meines Wissens nicht, deshalb ist man mit dem Baron Programm nicht falsch, sondern nur überdimensioniert und auf der sehr sicheren Seite.

Ich mach z.Zt. ein paar Versuche mit verschiedenen Holmkonstruktionen in relativ einfacher Bauweise für Styro. Wenn ich meine Lastversuche durch hab, werd ich berichten.
 

CH_MEIER

User
Hallo,

ich baue meist vorbildähnliche Segler im Maßstab ~1:4. Was der nächste wird, ist noch nicht klar. Vielleicht eine ASH31. Die hat ziemlich schlanke Flügel, in dem Maßstab ca. 200mm Wurzeltiefe bei 5300mm Spannweite.

Früher habe ich Holme gebaut, die man auch als Surfmasten hätte einsetzen können. Für Thermikflieger, mit denen gelegentlich ein runder Looping und eine Rolle geflogen wird, war das immer zuviel des Guten. Um Gewicht zu sparen bin ich mal von Styrodur auf Styropor als Flügelkern umgestiegen, um mehr Robustheit der Schale zu erhalten von Balsa auf Abachi. Was mich bei der Styropor-Bauweise etwas nervt, ist der Aufwand, einen Holmkern aus einem anderen Material einpassen zu müssen. Styropor selbst ist als Holmkern wohl definitiv für zu weich, also muss ein anderer Schaum, oder Balsa, Abachi oder ein Sandwich ran. Alles viel Arbeit und zum Schluss passt es dann doch wieder nicht ganz genau und dann haue ich da doch wieder Spachtel (totes Material) rein. Ich muss dazu sagen, dass ich den Ehrgeiz habe, den Holm in einem Schritt nass-in-nass zu bauen und die Schale in einem Schritt nass-iin-nass zu bauen. Die Variante mit einseitigem Beplanken, dann Platz für den Holm schaffen usw. ist bekannt, aber die tragenden Teile nicht durch nachträgliches Verkleben (z.B. von Holmgurten und Holmkern) herzustellen, finde ich sympathischer.

Im Fall von Styrodur als Flügelkern habe ich schon mal die Aerodesign-Methode ausprobiert und einfach ein Stück des Flügelkerns ausgeschnitten, für Holmgurte abgeschliffen, mit C-Schlauch überzogen und dann beim Beplanken wieder eingeklebt - das passte ganz leidlich (bis auf die Holmgurthöhe:rolleyes:).

Im Fall eines 2,5m Hangfliegers habe ich mal den kompletten einteiligen Flügel nass-in-nass gebaut - Abachi-Furnier mit 160g CFK Diagonalbeschichtung, Kohlerovings als Holmgurt, C-Schlauch ummantelter Styrodur-Holmkern usw. Da der ganze Flügelkern aus Styrodur war, konnte das unter hohem Unterdruck gepresst werden. War natürlich extrem fest, aber dabei auch erstaunlich leicht.

Eine weitere Beobachtung war das Entsorgen incl. Bruchversuchs eines uralten Hangfliegers mit 1,8m Spannweite (einteilig), Styrodurkern, Glasgewebe, Balsafurnier, Glasgewebe. Damals noch ohne Kohlefaser gebaut und Glasgewebe fälschlich nicht unter 45°, aber mit 10x5mm Kiefernholmen oben und unten im Styrodur eingelassen. Der war in Spannweiten-Richtung flexibel wie Gummi und war kaum zu zerbrechen. Ich musste die Mitte ca. 30cm durchbiegen, bevor der Flügel aufgegeben hat.

Ich muss dazu sagen, dass ich auch seit 30Jahren noch nicht einen Flieger in der Luft zerlegt habe. Okay, einen. An einer ungeregelten E-Winde vor 25 Jahren. Da hatte ich allerdings an der Steckung gespart. Bei zweitteiligen Flächen muss natürlich eine ordentliche Überleitung der Kräfte von der Steckung in den restlichen Flügel gebaut werden - das ist klar.

Daher jetzt die Idee, beim nächsten Mal vielleicht ganz auf den Holmkern zu verzichten, das Styrodur sozusagen als Holmkern zu betrachten, nur unter die Beplankung eine nach Ch. Barons berechnete Menge UD-Band zu legen. Das wäre supereinfach zu bauen. Daher meine Frage. Hat das mal jemand für größere Segler mit schlanken Flächen so gemacht?

Christoph
 
Hi Chris,

ich muss mal Dein Thema wieder hoch holen. Ich stehe immer wieder vor der gleichen Frage wie Du.
Wenn ich sehe, was ich als Stegdicke laut CB Tool benötige und was ich einsetze, gibt es viel Einsparpotential Beim Gewicht wie auch bei der Bauzeit :D.

Im Gegensatz zu Dir Chris, baue ich meine Flächen immer in drei Schritten auf, also nie nass in nass.
1. Oberseite
2. Ober- und Untergurte und Klappenstege
3. Unterseite

Ich überlege mir gerade die Oberseite inkl. oberen Gurte in einem Schritt zu verkleben.
Das hätte den Vorteil, dass ich dann in der Mitte der Gurte nur einen Steg mache. Quasi der klassische Doppel T-Holm.

Gibt es denn Nachteile bei einem Doppel T-Holm, wenn die Gurte an der WR 50mm sind und der Steg ist nur 10mm breit?

Die Herausforderung sehe ich in dem Schritt, wie ich die aus den Styrokerne die passende Holmhöhe heraus feile oder entferne.
Habt ihr da evtl. einen Tipp, wie dies gut geht?

Gruß
Thomas
 
Gibt es denn Nachteile bei einem Doppel T-Holm, wenn die Gurte an der WR 50mm sind und der Steg ist nur 10mm breit?
Bei diesen Breitenverhältnissen wird die Konstruktion elastischer, kann im Extremfall am Druckgurt sogar auf Knickung versagen.

Der Gurt muss ja nicht nur Schublasten zwischen den Gurten übertragen, er soll sie auch gegen Knickung des Druckgurts auf Abstand halten. Bei den von Dir beschriebenen Breitenverhältnissen muss dann der "Flansch" des Doppel-T-Trägers diese Versteifung über 20 mm Breite per Querbiegung nach aussen tragen.

Der Knickfall ist wahrscheinlich übermässig pessimistisch, aber etwas elastischer wird das.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Thomas,

ich würde es wie folgt angehen. Ausgangspunkt ist ein in Styrodur etc. geschnittener Kern mit Negativschalen.

1. Kern mit dem Cutter längs entlang der Gurtbreite teilen (also einen Keil in der Gurtbreite austrennen)
2. Kern mit ganz dünner PE-Folie wie Frischhaltefolie umwickeln zum sicheren Trennen und die drei Kernteile mit Klebeband auf der Unterseite fixieren /zusammenfügen
3. Oberseite mit der Beplankung, Gewebe/Gelege, Holmgurt und dem Kern unter sanften Vakuum in das Negativ einsaugen (Holmkern steht oben um die Gurthöhe über)
4. Holmkern entnehmen und in der Mitte mittels Heißdraht in der Höhe teilen, so dass gut 2* Gurthöhe (2-3/10mm als Sicherheitszuschlag) entfällt, in der Breite einmal teilen dass 2* Stegdicke entfällt (sollte mit einem Schnitt bei entsprechender Temperatur gelingen)
5. Auf Holmkern seitlich das Steggewebe auflegen und mit dünnem Gewebe als Klebewinkel 1* und Fixierung umwicklen
6. Holmkern mit unterem Gurt einlegen, Trennfolie und etwas stärkere Folie darauf und mit dem negativ Pressen/ Absaugen aus Mylar etc.
7. Falls Gurt zu tief liegt mit Mumpe aufspachteln
8. Untere Gewebelagen + Beplankung aufbringen

Hans
 
Hallo Hans,

vielen Dank für die sehr gute Erklärung.
Ich finde deinen Ansatz sehr gut. Wie siehst du folgende zwei Punkte? Sind die kritisch?

1. Ich habe jetzt drei Teile die evtl. verrutschen können
2. Pressen nur in einer Halbschale (bisher habe ich immer beide Negativschalen benützt -> Thema Profiltreue!)

Markus, so ein komische Bauchgefühl habe ich auch bei den Verhältnissen auch.
Vielleicht wäre so auf den ersten 100cm ein V Steg, der dann in einen mündet.
Denn nach ca. 1m ist der Gurt nur noch 25mm breit.

Danke an Euch beide für die schnelle Antwort.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Wie siehst du folgende zwei Punkte? Sind die kritisch?

1. Ich habe jetzt drei Teile die evtl. verrutschen können
2. Pressen nur in einer Halbschale (bisher habe ich immer beide Negativschalen benützt -> Thema Profiltreue!)

Danke an Euch beide für die schnelle Antwort.

1. Deshalb mit Klebeband beim Pressen der ersten Seite auf der anderen Seite gegen auseinanderdriften sichern (TesaKrepp...). Sobald Unterdruck anliegt verrutscht sowieso nichts mehr.
2. Wenn mit einer flexiblen Folie abgesaugt wird macht der "Sprung" am Holm nichts aus. Auf der verklebten Seite wird kja der kern in die formtreue Halbschale gepresst. Da kann also nicht passieren.

Ich habe von früher Foliensäcke aus PE-Folie mit Schlauchanschluss am geschlossenen Ende, abdichten durch Aufwicklen auf einen Rundstab am offenen Ende. Je nach Kernmaterial mit 0,3 (Styropor) bis 0,5 Bar Unterdruck absaugen, eben so dass der Schaum noch nicht zusammengedrückt wird.

Auf den ersten Gurt noch eine Lage Abreißgewebe legen, dann muss man nicht anschleifen.

Hans
 
Da kann ich nur zustimmen, insbesondere da es "Styrodur" auch in verschiedenen Raumgewichten gibt. Es gibt 20-40 KG/m³ und wenn man dann noch weiß, dass gutes Modellbaustyropor auch 18 Kg/m³ wiegt ist der Unterschied marginal.

Extrudierte Schäume ("Styrodur") sind auf Dauer auch formstabiler, was aber nicht geht, und da spreche ich aus selbst gemachter Erfahrung, ist die Flächenwurzel aus Styrodur und die Enden aus Styropor. Das gibt ganz gewöhnungsbedürftige Durchbiegungen im Flug.

Ich habe Flächen erfolgreich wie folgt und ohne weiteren rechn. Nachweis gebaut (ASW 24 5,20 m): Die Kerne aus 2000er Styrodur, kein Holm, Uni-(Rowing) kohlegelege längs vollflächig auf zweifach mit Porenfüller behandeltem Balsaholz, im Bereich der Steckungsrohre eine Lage Unikohle unter 90 Grad. Auf weitere Torsionsbewehrung habe ich verzichtet.
 

Merlin

User
Du kannst doch mit dem CB Excel das alles simulieren
* Kernmaterial zb.PVC Hartschaum 30 (XPS)
* Stegbreite zB 70mm nehmen

Du muss nur in der Auswahlbox für das Material der Stegbeschichtung im Kontextmenü "Steuerelement formatieren", den Eingabebereich auf "Materialdaten!$B$20:$B$43" setzen. Dann sind auch die Holmstegkernmaterialie als Stegbeschichtung wählbar.

/Bernd
 
Hallo zusammen,

Vielen lieben Dank für die schnellen Antworten.

Es führen ja viele Wege nach Rom. Habe auch schon drei unterschiedliche Varianten ausprobiert.
Alle erfüllen meine Anforderungen, aber, der zeitliche Aufwand ist immer sehr hoch. Und
Leicht waren sie bisher auch nicht :D.
 
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