Segel selbst herstellen

martinpi

User
Ich baue gerade ein Boot (Tiller Sharpie).
Der Autor empfiehlt die Segel machen zu lassen, aber ich möchte sie selber machen.
Hat das jemand von euch schon gemacht?

Ich habe vor, die Segel aus je 4 Bahnen zu machen und ihnen ein Profil zu geben.

Weil ich kaum so exakt schneiden kann dass ich die Rundungen der Schnittkanten hinkriege, möchte ich es so machen:
1) Ich schneide das Segel zuerst als unprofilierte "Lappen".
2) Ich zerschneide diesen Lappen in Bahnen
3) Ich klebe die Bahnen ohne Überlappung mit Streifen aus Klebesegel zusammen, wobei ich einen Spalt lasse der sich zum Vor- und Achterliek hin auf 0 verjüngt.

Siehe Skizze (ist auf meinem Computer Hochformat, kommt hier aber als Querformat heraus ... sorry)
Den Spalt habe ich hier übertrieben gezeichnet, er ist in Wirklichkeit wahrscheinlich ca. 0,5mm

20180211_122839.jpg

Meine Fragen:
  • Haltet ihr das für einen gangbaren Weg?
  • Wie groß soll der "Bauch" sein, also wie weit soll sich das Segel aus der Ebene wölben (Masthöhe ca. 1,5m)? ... Ich hätte "aus dem Bauch heraus" 40mm geschätzt



LG, Martin
 

martinpi

User
Hätte jemand Richtwerte für die Krümmung der Bahn-Nähte und für die Vorlieks-Krümmung?
Soweit es keine Betriebsgeheimnisse sind....
 
Bauch rein!

Bauch rein!

Ich habe vor, die Segel aus je 4 Bahnen zu machen und ihnen ein Profil zu geben.
Weil ich kaum so exakt schneiden kann dass ich die Rundungen der Schnittkanten hinkriege, möchte ich es so machen:
LG, Martin

Hallo,
weil ich das Segelschneidern auch selbst machen will, würde ich die Segel unprofiliert halten, weil ein Bauch der ankommenden Strömung auf der konvexen Seite zuviel Widerstand bieten würde, und zusätzlich die angeströmte Fläche verkleinert. Stell's Dir vor bei Am Wind Kurs würde der Wind bloß den höchsten Punkt des Bauches treffen, statt die gesamte Segelfläche gleichmäßig, und somit den Vortrieb verringern. Stark bauchige Segel sind bloß für Raumschotkurs günstig, weil das Profil den Wind fängt wie ein Sack. Rennyachten von heute haben Mylar Segel komplett ohne Profil, und werden um die Vertikalachse des Mastes gedreht! angeschlagen sind die mittig oder so. Ein bauchiges Segel sieht natürlich viel besser aus als so ein Brettsegel.
Gruß, Pitjes I
 
Segelherstellung

Segelherstellung

Schau einfach mal bei radiosailing.de und dort unter Technik nach. Da gibt es einen schönen Beitrag zur Segelherstellung für ein IOM - Rig.
Ich habe mir so eine Schildkröte gebaut, bei 40 Prozent der Profiltiefe habe ich 7 Prozent Profildicke genommen. Damit komme ich gut klar.

Bei der Vorliekkurve scheiden sich die Geister.
Ich lege das fertig gebaute Modell mit Fock und gespannten Wanten glatt auf mein Baubrett. Dann zeichne ich die bereits jetzt vorhandene Mastkurve auf ein entsprechend großes Blatt Papier. Dann zeichne ich die obere und untere Grenze des Segels an. Mit einer flexiblen Leiste verstärke ich die Krümmung ein wenig. Im oberen Drittel des Segels so um ca 5 mm am Kopf und Hals dann auf null. Nachdem diese Kurve feststeht, konstruiere ich das Segel.

Ein klassisches Modell wie das von Tiller ohne ein profiliertes Segel würde m.E. nicht gut aussehen. Einen eingebauten Bauch kannst Du mit Hilfe der Trimmung noch in weiten Bereichen ändern. Ein Segel ohne Bauch zu trimmen wird schwieriger.

Gerade solche klassischen Modelle MÜSSEN gut aussehen !

Gruß Fränki
 

PuR

User
Hallo Martin,

tolle Bilder hast du in deinem Bauthread eingestellt. Ich bin gespannt, wie das Boot aussieht, wenn es fertig ist.

Wenn die Segel auf ähnlichem Niveau liegen sollen, dann tu dir den Gefallen und fange nicht wegen einem halben Tag mehr oder weniger an zu pfuschen. Im Vergleich zum Bau deines Bootes ist das Herstellen einer Schildkröte eine Kleinigkeit. Die Angst davor, nur für ein Segel eine Schildkröte zu bauen, die dann keine brauchbaren Segel liefert, kann man deutlich reduzieren, indem man die Schildkröte höhenverstellbar macht, d.h. mit einstellbarem Neigungswinkel zwischen der rechten und linken Platte. Dieser Winkel ist für das spätere Segelprofil mindestens genauso wichtig, wie die Profiltiefe der Spanten. Ich würde übrigens eher Spanten mit 3 bis 4% Tiefe benutzen.

Falls du tatsächlich eine Schildkröte machen willst, wirst du hier sicherlich weitere Info bekommen können.

Es ist schon nicht ganz einfach auf der Schildkröte mit 6 bis 9mm Überlappung und doppelseitigem Klebeband eine saubere Verklebung zu schaffen. Die von dir skizzierte Methode kann eigentlich nicht zu einem vernünftigen und an allen Nähten ähnlichen Ergebnis führen. Du müsstest die einzelnen Bahnen flach in eine Kurve zwingen, größter Abstand etwa 1 bis 1,5mm und wie Fränki geschrieben hat etwa bei 40%.. das Ganze dann sauber und dauerhaft verkleben – imho unmöglich. Die Angabe des Spaltmaßes ist dabei nur als grobe Schätzung gedacht, damit du überhaupt mal einen Wert hast. Da gibt es so viele Einflussfaktoren. Auf dem Foto der Tiller Sharpie in der Schiffsmodell hat die Fock z.B. nur etwa die halbe Tiefe des Großsegels…

Wenn du absolut keine Schildkröte machen willst, dann lieber die einzelnen Bahnen flach zusammenkleben und am Großsegel noch etwas mehr Kurve ins Vorliek, oder gleich einbahnige Segel und falls gewünscht Bahnen mit Edding „aufbringen“. Mit mehr oder weniger Mastbiegung und mit den Unterliekstreckern lassen sich dann immer noch bauchige Segel einstellen. Bei beiden Versionen bin ich mir allerdings sicher, dass die Luft es um die Kurve schafft und nicht einfach mit der tiefsten Stelle kollidiert ;)

Grüße
Ralf
 

martinpi

User
Danke für die vielen Tipps!

Die Segel sind fertig. Ich habe die "Gurkenzangen-Methode" ein bisschen abgewandelt.
Es ist ziemlich einfach gegangen, das ganze war in einem halben Tag fertig.
Als Kompromiss zwischen "Bauch muss sein" und "kein Bauch" habe ich einen relativ flachen Bauch gemacht.

Im Moment erlaubt das Wetter noch keine Erprobung, aber wenn das Boot auf dem Wasser war und sich das ganze bewährt dann werde ich die Details hier posten.

LG, Martin
 

martinpi

User
So, wie versprochen, die Beschreibung meiner Methode.
Sie ist eine Kombination aus meiner ursprünglichen Idee (post nr.1) und der in diesem Link beschriebenen "Gurkenzangen-Methode" (danke für den Link, Maistaucher).

Die Bilder sind bei nicht optimalem Licht mit dem Handy gemacht, ich hoffe man erkennt es trotzdem. Dafür klappt es jetzt mit dem Hochformat obwohl ich es nicht anders mache als vorher.

1) Wie ursprünglich geschrieben, die Segel zuschneiden.

2) Wir beginnen mit der längsten Naht. Zwei Leisten 5x20mm in der Länge der Naht zurecht schneiden und an einem Ende mit tape zusammenkleben. Jetzt haben wir eine Gurkenzange.

3) Das Segel mit doppelseitigem Klebeband an die Schmalseiten der Leisten kleben, das Vorliek kommt auf der Seite zu liegen wo die Leisten zusammengeklebt sind.
(beim Großsegel wäre es egal, aber bei der Fock ist es wichtig, wenn die Tasche für das Vorstag im Vorliek schon hergestellt ist - wie ich es gemacht habe)

20180329_104818.jpg

4) Traust du dich? Wir schneiden das Segel zwischen den Leisten durch.

20180329_104938.jpg

Jetzt können wir die Teile auseinander klappen.

20180329_105039.jpg

5) einen passenden Gegenstand als Abstandhalter zwischen die Leisten klemmen und sie am Achterliek mit einer Klammer zusammen klammern.

20180329_105239.jpg

Ich verwende dazu Spiralbohrer weil ich diese wie die Orgelpfeifen zur Verfügung habe und daher fein abstufen kann.

20180329_105248.jpg

Ich drücke den Bohrer natürlich ganz zwischen die Leisten hinein, dieses Bild ist nur zur Veranschaulichung.
Der Bohrer befindet sich an der Stelle mit dem größten Profiltiefe, ich habe das bei ca. 1/3 der Nahtlänge gemacht.

6) Jetzt klebe ich einen Streifen Klebesegel drüber.

20180329_105631.jpg

7) Ich löse das Segel von den Leisten (und dem doppelseitigen Klebeband).
Bei der ersten Naht geht das noch relativ schwer, bei den folgenenden Nähten immer einfacher weil die Haftfähigkeit des Klebebandes mit der Zeit nachlässt.

Jetzt könnte man auch auf der anderen Seite einen Streifen Klebesegel anbringen.
Wenn ich das nur auf einer Seite mache dann bleibt ein Spalt bei dem sich Schmutz auf dem Klebesegel ansammelt.
Ich habe es nur einseitig gemacht und lebe mit dem Schmutz.

Jetzt nehmen wir uns die nächst kürzere Naht vor. Achtung, wenn man Fock und Großsegel herstellt dann kann die nächst kürzere Naht am jeweils anderen Segel sein.
Wieder zu Schritt 2), wir brauchen von den Leisten nur ein Stückchen absägen.
Ich wähle in Schritt 5) einen Spiralbohrer dessen Stärke proportional zur Nahtlänge kleiner ist.

8) Fertig!

20180329_122947.jpg

Am Vorliek gibt es ein paar Beulen, vielleicht sollte man die Tasche für das Vorstag erst nachher machen.
Aber ein bisschen Wind im Segel glättet diese Beulen weitgehend, auf dem Wasser waren keine Beulen zu sehen.
Für den ersten Versuch bin ich vollkommen zufrieden.

 
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