Hallo,
also zunächst mal mein Kompliment an Steffen (stellvertretend für die "Stimmen der Vernunft" hier
). Nicht aufgeben!
Dann: ganz offensichtlich geistert immer noch die Vorstellung durch manche Köpfe, dass ein Ausschlag am Hlw einen sinnrichtigen Auf-/Abtrieb erzeugt. Basiert wahrscheinlich auf der (fast richtigen) Vorstellung, dass wenn ich z.B. in einem bestehenden Gleichgewichtszustand, in dem das Hlw Auftrieb liefert, ziehe, und der Schwanz daher nach unten geht, am Leitwerk eine abwärtsgerichtete Kraft, vulgo Abtrieb, entstanden sein muss. "Fast" aus zwei Gründen: 1. Es kann ja sein, dass durch den Ausschlag nur weniger Auftrieb - aber eben noch kein Abtrieb - enstanden ist, es geht also um eine Differenzkraft, die in diesem Fall in Richtung "Abtrieb" zeigt (auch wenn das Hlw nach wie vor Auftrieb liefert). Diese "Abtriebs-Differenzkraft" führt zu einer Drehbewegung "Schwanz runter" um die Querachse. 2. Sobald ein neuer, zum Klappenausschlag passender, Gleichgewichtszustand erreicht ist, wird noch mehr Auftrieb am Hlw erzeugt. Fazit: Ich brauche paradoxerweise erstmal weniger Auftrieb am Hlw um in einen stabilen Zustand mit mehr Auftrieb am Hlw zu kommen. Was vermutlich in den Köpfen sitzt, ist der Teil 1., das ist jedenfalls meine Vermutung aus Gesprächen mit einigen Kollegen.
Hilft es vielleicht für das grundsätzliche Verständnis, sich einen unverwundenen elliptischen Flügel vorzustellen, der in Bezug auf die l/4-Linie ungepfeilt ist? Ohne Reibungseffekte gilt, dass die Auftriebskraft genau in der l/4-Linie angreift und dass der Momentenbeiwert C_M25 um die l/4-Linie konstant ist. Im Gleichgewicht muss gelten, dass Auftrieb = Gewicht, andererseits ist A ~ v*v*C_A. Damit legt der Auftriebsbeiwert C_A die Geschwindigkeit v fest. Nun ist das Flügelmoment um l/4 entsprechend M25 ~ v*v*C_M25, es ändert sich also stark mit der Gechwindigkeit. Jetzt haben wir schon fast alles was wir zum Verständnis brauchen. Was fehlt ist der Schwerpunkt. Der liegt üblicherweise hinter der l/4-Linie und da stellen wir ihn uns jetzt auch vor. Nun müssen wir überlegen, welche Momente um den Schwerpunkt wirken (der wird als Referenz nur gewáhlt, damit die Gewichtskraft sich nicht auch noch in die Momentenbilanz einmischt...): zum einen der Auftrieb, der greift an der vor dem SP liegenden l/4-Linie an, macht also, da immer A = G ist und der Abstand l/4 zum SP auch konstant ist, ein konstantes, immer gleich grosses aufnickendes Drehmoment, egal wie schnell wir fliegen. Dann bleibt noch das abnickende Moment M25. Wie oben gesagt ändert sich das stark mit v, d.h. mit C_A. Jetzt ist es ein leichtes, sich in Gedanken eine Kombination von SP und C_A vorzustellen, bei der Moment durch Auftrieb und durch Profilmoment sich gerade kompensieren. In diesem Zustand muss das Hlw keinen Auf-/Abtrieb liefern. Gehen wir in der Vorstellung mit C_A rauf (langsamer) oder runter (schneller), dann wird das abnickende Moment durch das Profil kleiner bzw. grösser, das Hlw muss also Auftrieb (langsamer) bzw. Abtrieb (schneller) liefern. Der C_A-Wert ohne Hlw-Auftrieb wird nur durch die SP-Lage festgelegt, aber wir kommen nicht um die Erkenntnis herum, dass jenseits das Verhalten so ist, dass es der Intuition widerspricht. Warnung: diese Darstellung sollte nicht überstrapaziert werden!
Ich hoffe Steffen wird mich jetzt nicht schlachten
Ich gelobe Besserung und werde in Zukunft das abstraktere Konzept der Neutralpunkte verwenden
Zu den Bildchen von Segelflieger45: Ich hoffe es ist nur ein Versehen, dass die Pfeillängen, die Auf-/Abtriebskräfte repräsentieren zusammengenommen nicht die Länge der Gewichtskraft ergeben?
Gruss,
Michael
PS: Mist
Markus war schneller mit der Rotationsbeschleunigung...