Zusmmenspiel von Streckung, Flächenbelastung und Profil für Segler?

PeterA

User
Hallo zusammen,

erst einmal ganz kurz zu meinem Hintergrund: Ich belebe ein altes Hobby wieder, bastle gern, habe technisches/mathematisches Verständnis und habe mich auch mal an eine E-Segler Eigenkonstruktion (Spannweite 1,30 m, 19 cm tief, Clark Y) gewagt, die ganz ordentlich fliegt. Mich reizen Eigenkonstruktionen, das Verständnis der Theorie und die Optimierung von Konstruktionen für einen bestimmten Zweck.

Ich suche Hinweise zur Theorie bzgl. Auslegung von Segelflugmodellen, insbesondere was das Zusammenspiel von Streckung, Flächenbelastung und Profil betrifft.

Ich habe das Buch "RC-Flugmodelle konstruieren und bauen" von Alex Weiss gelesen, was mir einen guten ersten Überblick verschafft hat, aber kein Buch ist, dass in die Tiefe geht und ohnehin auch mehr auf Motormodelle eingeht als auf Segler.

Aus diesem Buch weiß ich z.B. zwar, dass bei gleichem Flächeninhalt und Gewicht (und auch ansonsten gleichen Parametern) ein Flügel mit höherer Streckung aus aerodynamischen Gründen vorteilhaft ist. Ich kenne nun u.a. den Begriff „Induzierter Widerstand“. Aber ich habe trotzdem keine Ahnung, wie ich für eine konkrete Anwendung zum optimalen Kompromiss aus Streckung und Flächenbelastung komme.

Ich habe in einem Thread hier gelesen
Streckung, Flächenbelastung und Profile sind bei einem guten Thermiksegler alle aufeinander abgestimmt, das macht gute Leistung aus.

Ich würde also gerne mehr über diese Abstimmung lernen.

Ich kenne inzwischen den Zusammenhang zwischen Profil, Re-Zahl, Flächtentiefe und Mindestgeschwindigkeit, und dass dadurch der Flächentiefe nach unten hin Grenzen gesetzt sind.

Sämtliche Hinweise wie Literatur, Threads, Software interessieren mich.

In puncto Literatur bin ich bislang auf die Reihe „Das Segelflugmodell“ (1, 2, 3) von Franz Perseke gestoßen, die gebraucht noch zu bekommen ist. Empfehlenswert?

Als Flugsimulator habe ich den Phoenix Simulator 5.5. Ist so ein Simulator realistisch genug, um damit verschiedene Varianten empirisch zu bewerten?

Ansonsten schätze ich, ich sollte mich mit der Software xfoil auseinandersetzen?

Mich interessiert die Theorie ganz allgemein für diverse Größen und Anwendungen, aber aktuell konkret einsetzen würde ich letztlich meine Erkenntnisse für folgenden Einsatzzweck:

- Langsamer Thermiksegler (ohne Elektro-Antrieb)
- Eher gutmütig
- Spannweite um 1 m

Auf einen Satz überzogen runtergebrochen wäre meine Kernfrage für eine konstante Spannweite: Lieber eine Streckung von 10, oder eine Streckung von 5 und ca. halbe Flächenbelastung, oder eine Streckung von 20 und ca. doppelte Flächenbelastung? Mir ist klar, Flügelfläche hat auch Gewicht, und 5 cm Profiltiefe ist wegen der Re-Zahl kaum möglich. Dennoch gibt es ja einen gewissen Bereich, in dem verschiedene Kombinationen aus Flächenbelastung und Streckung möglich sind, und hier interessiert mich das Optimum.

Ich habe seit Neuestem einen UMX Radian (noch nicht geflogen). Soll aber primär als Ausgangspunkt für die Auslegung von Eigenkonstruktionen dienen. Mir schwebt für meine nächste Eigenkonstruktion ein etwas schwereres Modell mit Spannweite <= 1m, <= 250g und im Gegensatz zum Radian mit Querrudern vor.

Ich würde aus bautechnischen Gründen ein Profil mit flacher Unterseite wie z.B. das Clark Y bevorzugen und frage mich hier vor allem, wie ich die optimale Profildicke berechne, bin aber natürlich auch für andere Profile offen. Gewölbte Platte soll sich ja auch sehr gut für kleine Modelle eignen. Wegen der Re-Zahl sollte es wohl primär dünn sein. Bin in dem Zusammenhang u.a. auf folgende Threads gestoßen:

https://www.rclineforum.de/forum/bo...w-und-parkflyer/183204-profile-für-slowflyer/
https://www.rclineforum.de/forum/bo...ler/50936-an-die-aerodynamiker-kleinstsegler/

Ansonsten habe ich auch noch wenig Plan bzgl. des Zusammenhangs von Flächenbelastung und Geschwindigkeit, außer dass pauschal je höher die Flächenbelastung desto schneller das Modell. Stichwort Geschwindigkeitspolare?

Bin dankbar für jeden Tipp!

Gruß

Peter
 

UweH

User

mipme_kampfkoloss

Vereinsmitglied
Teammitglied
Bin zwar kein Aerodynamiker, jedoch wage ich bei den oben genannten Angaben (1m, gemütlich, etc.) folgende pauschale Aussagen:

- gemütlich --> geringe Flächenbelastung anstreben
- gemütlich --> Profil mit höherem Auftriebsbeiwert bevorzugen --> Thermikprofile
- gemütlich --> induzierter Widerstand eher vernachlässigbar --> Streckung an erforderlichen RE-Zahlen und Flächeninhalt ausrichten

Ein erster möglicher Optimierungsansatz wäre dann wohl Profile herauszusuchen,
die bei ähnlichem hohen Auftriebsbeiwert geringere Widerstandbeiwerte aufweisen.

Du könntest für den Anfang auch ein paar bereits gerechnete und bewährte Profilstraks aus dem DLG Bereich anwenden.
Dann bist du schneller am (vorläufigen) Ziel und hast mal einen wahrscheinlich gut fliegenden Prototypen.

Just my 2 cents...
 

UweH

User
Du könntest für den Anfang auch ein paar bereits gerechnete und bewährte Profilstraks aus dem DLG Bereich anwenden.
Dann bist du schneller am (vorläufigen) Ziel und hast mal einen wahrscheinlich gut fliegenden Prototypen

Die DLG-Profile sind arg dünn und deshalb schwierig ausreichend genau und grabbelfest zu bauen, da würde ich eher die dickeren Profile aus dem RES-Bereich empfehlen.

Gruß,

Uwe.
 

PeterA

User
Erst mal danke für die vielen Antworten. Da hab ich jetzt mal gut was zu tun. :)

Zur Frage von RK:

Gibts einen Grund für die geringe Spannweite ? IMHO wirds da gerade bei Seglern immer ungünstiger, bzw. aufwendiger zu bauen, wenn das Gewicht passen soll.

Wegen den örtlichen Gegebenheiten hier in der unmittelbaren Nähe (Größe Wiesen / Felder) und weil es aktuell wegen Familie am realistischsten ist, dass ich nach Feierabend öfter hier um die Ecke ne Runde fliege, als dass ich regelmäßig mich ins Auto setze und irgendwohin fahre.

In meiner Jugend bin ich einen 2m Anfänger-Segler geflogen, und später mal würde ich durchaus gern einen 3m Segler bauen, aber das ist Zukunftsmusik.

Wegen Gewicht mache ich mir nicht so die Sorgen, wobei ich ja noch nicht weiß, welche Flächenbelastung anzustreben wäre. Der UMX Radian hat um die 8 g/dm² (mit E-Antrieb). Ich hätte jetzt mal für meine Eigenkonstruktion 10-15 g/dm² (ohne E-Antrieb) aus dem hohlen Bauch angepeilt. Mache mir eher "Sorgen" wegen Streckung <=> Re-Zahl und Windanfälligkeit und etwaigen anderen Nachteilen kleiner Modelle, die ich noch nicht kenne.
 

Sebastian St.

Vereinsmitglied
Hallo Peter ,

wenn es auch in Papierform sein darf kann ich dir " Das Segelflugmodell 1 - 3 " von Perseke empfehlen . Bei Bedarf mal hier in der Börse suchen .
 

PeterA

User
Hallo Sebastian,

danke für die Info! Genau die Reihe hatte ich ja im Auge und mich gefragt, ob sie empfehlenswert ist. Dann werde ich die mir zulegen.

Gruß
Peter
 

PeterA

User
Habe inzwischen einiges gelesen, was ihr verlinkt habt, wenn auch noch längst nicht alles. Auftriebsbeiwert, Widerstandsbeiwert und Profilpolare sagen mir jetzt auch etwas.

Die empfohlene Strategie hätte ich jetzt intuitiv auch verfolgt:

- gemütlich --> geringe Flächenbelastung anstreben
- gemütlich --> Profil mit höherem Auftriebsbeiwert bevorzugen --> Thermikprofile
- gemütlich --> induzierter Widerstand eher vernachlässigbar --> Streckung an erforderlichen RE-Zahlen und Flächeninhalt ausrichten

Und habe mir jetzt auf den Tipp

Die DLG-Profile sind arg dünn und deshalb schwierig ausreichend genau und grabbelfest zu bauen, da würde ich eher die dickeren Profile aus dem RES-Bereich empfehlen.

hin auch verschiedene RES-Profile angeschaut. Nachdem ich auch den zum Thema "Profile für kleine Re-Zahlen" interessanten Thread http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/6991-Profil-für-kleine-Re-Zahl gelesen habe, frage ich mich aber gerade Folgendes. Es scheint ja prinzipiell zwei mögliche Wege zu geben:

a) Man nimmt ein Profil, das speziell für kleine Re-Zahlen ausgelegt ist (vielleicht so um die 30.000), und solche sind wohl zwingend dünn (um die 5% dick) und man kann sich dann eine relativ hohe Streckung erlauben.

b) Man nimmt ein "normales" Profil, eben z.B. ein RES-Profil wie hier vorgeschlagen (vielleicht um die 10% dick), ggf. einen Turbulator (Zackenband), und ist gezwungen eine etwas geringe Streckung zu wählen.

Also letztlich das Zusammenspiel von Auftrieb, Strömungswiderstand und induziertem Widerstand, auch unter Berücksichtigung der Auswirkung eines Zackenbandes, falls ich das richtig überblicke.

Um so etwas zu vergleichen, reicht es ja nicht mehr das Profil allein zu betrachten, sondern es muss die Aerodynamik des gesamten Flügels berechnet bzw. abgeschätzt werden. Meine Frage ist nun, ob ihr mir einen Hinweis habt, wie ich das am Geschicktesten anstelle (Faustformeln und / oder Software), quasi als Abkürzung, bevor ich mich durch die ganzen Materialien durchgearbeitet habe.

Aus praktischen Gründen würde ich wohl wie hier vorgeschlagen Variante b) wählen. Meine Frage ist daher eher eine theoretische, weil mich interessiert, ob und ggf. wie viel ich dadurch verliere verglichen mit Variante a), unter der (vermutlich unrealistischen) Annahme, dass ich diese hinreichend "perfekt" bauen könnte.

Gruß
Peter
 

PeterA

User
Bin inzwischen bei FLZ-Vortex gelandet, und da gibt es ja genug Tutorials und Threads hier, da bin ich erst einmal versorgt. :)
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

deine Lernkurve scheint offensichtlich sehr steil zu sein. Deshalb hoffe ich, dass Du meine folgende Anmerkung zu FLZ-Vortex richtig verstehst.

FLZ-Vortex ist neben XFOIL mein Hauptwerkzeug bei der Auslegung von Modellen. Daher siehst Du, dass ich es sehr schätze und für sehr wertvoll halte. Aber nur im Rahmen seiner Zweckbestimmung. Ich vergleiche daher - obwohl ich auch eine Version mit integriertem XFOIL benutze - so z.B. mittels FLZ-Vortex nie ein Modell mit unterschiedlichen Profilen, um so zu ermitteln, welches Profil besser ist. Die Profilauswahl findet bei mir immer schon im Vorfeld statt.

Das hat mit der Arbeitsweise von FLZ-Vortex und der Ungenauigkeit der Widerstandsberechnung der Profile zu tun. Da ist es dann oft eine Zufälligkeit, wie viele Stützstellen, Panels etc. ich berechnen lasse, wo ich oder das porrgamm die Stützstellen hinlege und was da an dieser Stelle dann ausgerechnet wird. Das sieht man wenn man herumspielt und mit und ohne Blasenbildung, Nachlauf... rechnen lässt und die Werte an den Stützstellen in der Tabelle ansieht.

Was ich mit FLZ-Vortex mache ist zu sehen wo am Flügel ein Abriß statfidnet, welche Klappenstellungen zu welchen Polaren fürhen, wie bei welchen Flugsituationen der Rumpf wie angestellt ist und welche EWDs Flügel-Leitwerk-Rumpfsehne ich wählen sollte... ICh schaue auch gar nicht dass dei Auftriebsverteilung möglichts bei weniger als 1% von der idealen elliptische abweicht, da genügt mir schon 2-3% wenn ich dafür eine unkritische Abriß und günstigere Massenveretilung hinbekommen. Bei deinen Vorgaben Spannweite 1m ist der induzierte Widerstand bei hohem Auftrieb sowieso sehr hoch, auch bei k-Faktor 1,0. Da kann ich moderates Einfachtrapez oder ein sehr einfach gehaltenes Doppeltrapez nehemn und sie Spannweite um 10% vergößern, das bringt mehr.

Also nicht zu sehr irgendwelche Faktoren mit einer Pseudogenauigkeit optimieren, sondern eher aufs gesamte udn vor almme afu das schauen, was sich in Wettbewerbsklassen wie RES oder SAL bewährt hat schauen. Ruihig deren Profile in XFOIL (Profili als Frontend bietet sich da an) und die dazugehörigen Modelle Entwürfe in FLZ-Vortex ansheen udnversuchen zu verstehen, warum sie sind wie sie sind. SAL sind dabei auf Wurfhöhe optimiert und auch deshalb sind die Profile so ultradünn.


Ich verlinke mal https://www.pmsoaring.de/index.php?cat=c1_SHOP-SHOP.html Da findest Du Kleinsegler die so gut sind, dass es fast ausgeschossen ist mit einem ersten Entwurf die zu übertreffen, weil die evolutionär entwickelt wurden und so das Design ganzheitlich stimmt.

Wenn man das weiß, dann kann es Spaß machen was eigenes zu enwtickeln und zu sehen wie das wird. Auch wenn dann nicht das Ultrahochleistungsteil entstanden ist , das besser ist, aber es ist eben was eigens.

Hans
 

PeterA

User
Hallo Hans,

vielen Dank für die vielen Ratschläge! Helfen mir auf jeden Fall sehr. Von Berufs wegen merke ich meistens, wenn ich anfange Murks zu optimieren, und so war es dann auch gestern Abend, spätestens als ich anfing mit den Panels rumzuspielen und die Ergebnisse sich deutlich unterschieden. Andererseits stehe ich gerade noch ganz am Anfang und muss erst mal die Funktionalität des Programms kennenlernen, von weiter in die Theorie einzuarbeiten ganz zu schweigen...

Jedenfalls kommen da deine Tipps gerade recht. Dass ich Profile damit weniger gut vergleichen kann, hätte ich jetzt bspw. intuitiv nicht unbedingt gedacht. Dann werde ich mich da eher auf die Durchsicht der Profilpolare konzentrieren.

Drei Fragen hätte ich:

- So weit ich das verstehe, geht die RES-Wettbewerbsklasse bis 2m Spannweite, und ich schätze die meisten Modelle haben dann auch kaum weniger als 2m Spannweite, richtig? Meinst du dann ein solches Modell als Vorbild nehmen und runterskalieren?

- Danke für den Link. Da käme der Calimero meinen Vorstellungen für meine nächsten Flieger recht nahe. Leider finde ich da keine technischen Daten. Weißt du zufällig, ob man die woanders finden kann? Eventuell würde ich mir den sogar kaufen als weiteres Testmodell. Mein Graupner GR-12 Empfänger sollte da ja schätzungsweise reinpassen (scheint ja nicht so ein Ultraleichtflieger wie der UMX Radian zu sein), passende Servos und 2S Lipo habe ich auch.

- Ich würde mir gerne, wie du vorschlägst, Profile und Entwürfe von RES-Modellen in FLZ-Vortex anschauen, aber wo finde ich die?

Dass ich jahrelang entwickelte Kleinsegler kaum übertreffen können werde, darüber bin ich mir absolut im Klaren. Es ist vielmehr der Spaß am Verstehen, Dazulernen, Entwerfen und Bauen (und natürlich dann auch das Fliegen). Mit jeder neuen Konstruktion etwas dazulernen und möglichst eine kleine Verbesserung schaffen, das wäre so das Ziel.

Gruß
Peter
 
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