Neubauvorstellung eines Runabout "Miss America"

molalu

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Es war mein langgehegter Wunsch eine RIVA, bevorzugt eine ARISTON, in 1:5/1:6 zu bauen. Die wenigen Anbieter von Fräs-Bausätzen verlangten utopische Preise. Ganz zu schweigen von den Preisen für den dazugehörigen Beschlagsatz.
Irgendwann stieß ich bei ebay auf den Rohbaurumpf einer angeblichen RIVA Florida. Ca. 1,50mtr. lang und ca. 47cm breit. Offensichtlich hatte außer mir niemand Interesse an diesem Rumpf und so landete das Teil einige Tage später für ganz schmales Geld bei mir.
Vielleicht ist es dem einen oder anderen Leser auch schon so ergangen. Viele Gebrauchtartikel, die bei ebay mit „top Zustand“ und „ohne jegliche Beschädigungen“ beschrieben werden, sind oftmals ganz weit von dieser Beschreibung entfernt. So auch in meinem Fall. Der erste Fehler war der Bootstyp. Auf keinen Fall war mein Rumpf eine RIVA Florida, eher eine ARISTON. Aber für eine ARISTON stimmten viele Maße nicht (Cockpit/Motorraumklappen).
Ich nahm mit dem „RIVA-Papst“ Matthias Bracke Kontakt auf. Vielleicht kennt der eine oder andere den Matthias aus seinen Aktivitäten mit seiner Firma BRAGO. Matthias Bracke ermunterte mich nach Sichtung von Fotos und Maßangaben, aus dem Rumpf eine ARISTON zu machen. Gesagt getan – woher bekomme ich Beschlagsatz und Cockpitausstattung? Kein Problem – Matthias Bracke hatte noch seine alten Kontakte nach Vietnam. Hinweis: „Du musst aber Geduld haben“. Geduld hatte ich in Überfluss, denn der Rumpfbau sollte mir noch sehr, sehr viel Arbeit machen. Trotzdem hätte ich nachfragen sollen, wie man in Vietnam Geduld in Tage, Wochen, Monate definiert. Nach Anzahlung einer hohen 3-stelligen Summe und nach 3 Monaten „Geduld“ meine erste Nachfrage. Antwort: „Du musst Geduld haben“. Nach 7 Monaten war meine Geduld am Ende und das „Projekt ARISTON“ war gestorben.
In der Zwischenzeit habe ich mit den vielen Bausünden am Rumpf beschäftigt. Da war zuerst einmal ein verschandelter Hecksiegel mit einem Knick unterhalb der Wasserlinie (Foto), was völlig idiotisch war und da waren auf Deck und Rumpfseiten die Berge und Täler der Alpen nachgebaut. Alles war schief und krumm und nichts passte zusammen.
Ich stand vor der Entscheidung „Kaminholz oder Großbaustelle“. Ich hatte ja von Matthias Bracke gelernt was Geduld ist. Also entschied ich mich nach einigen Tagen für die „Großbaustelle“. Aber was sollte aus dem Rumpf werden??? Nach tagelanger Google-Reche und dem Abspielen von hunderten Youtube-Videos entschied ich mich für den Nachbau eines amerikanischen Runabouts. Und weil es amerikanischer nicht mehr geht, sollte das Boot den Namen „Miss Amerika“ mit Heimat-Hafen New York erhalten.
Rumpf-Neubau: Ich will an dieser Stelle nicht auf jeden Bauabschnitt an dem Schrottrumpf eingehen. Nur so viel – von dem ebay-Rumpf blieb eigentlich nur noch das Spantengerüst übrig. Aber auch daran musste ich nacharbeiten, weil der Erbauer beim Aussägen 1,8 Promille im Blut gehabt haben muss. Danach komplett neu mit Flugzeugsperrholz der Stärken 1 – 2,5mm beplanken und den Heckspiegel begradigt. Meine Hölzer/Leisten für Deck und Cockpit beziehe ich seit vielen Jahren von Oliver König – Arkowood. Oliver König ist kein Zwischenhändler – alle Hölzer gehen durch seine Hände und sind von allerfeinster Qualität. D.h. er produziert selbst. Somit kann man auch Sondermaße von ihm bekommen. Das Deck und das Cockpit wurden von mir mit feinsten Mahagonihölzern belegt. Um einen optischen Kontrast zum roten Mahagoni herzustellen, habe ich für die Decks-Leisten Birke gewählt. In Verbindung mit allen Holzarbeiten kam es zu unendlichenSchleifarien. Das Deck habe ich mit Epoxid von R&G versiegelt, nass geschliffen, nochmals 1 Lage Epoxid und feines Glasgewebe nass verlegt. Dann wieder nass verschliffen und somit optimal für die finale Spritzlackierung mit Klarlack versiegelt.
Hardware: Bei der Motorisierung habe ich langjährige und gute Erfahrung mit den Bürstenmotoren der HP-Serie aus dem Hause Plettenberg. In diesem Fall wurde es eine 355/50/5-Evo. Die Motoren vertragen hohe Ströme und haben ein enormes Drehmoment, was für so ein 15kg-Monster schon von Vorteil ist.
Der Regler ist ein bewährtes Produkt aus deutscher Produktion von „modellbauregler.de“ – ein AS40-150 opto – wassergekühlt. Der Antrieb ist eine 4,7er Flexwelle mit Strut und Wellenendstück von Hydro & Marine. Propeller ist ein 57mm 3-Blatt von Raboesch.
Das Lenkservo ist ein überdimensioniertes SAVÖX SV-0236mg aus der Teilekiste. Das wiederum versorgt ein FSR-V Edelstahl-Spatenruder (kugelgelagert), das ich als Schnäppchen im Rahmen der Geschäftsauflösung von Frau Gundert erworben habe.
Ich verwende einen telemetriefähigen 4-Kanal FUTABA-Empfänger R304SB-E, kombiniert über S-BUS mit einem FUTABA Spannungs-Sensor SBS-01V, der mir auf dem Sender im Life-Modus die aktuelle Spannung des/der Antriebs-Akku/s liefert. Antriebs-Akkus sind 2 x SLS Lipo – 4S in Reihe (8S) – 3600mAh – 30/60C. Alternativ fahre ich das Boot auch mit 2 x 5S. Dann wird es aber sehr sportlich und hat nichts mehr mit scaleartigem Fahrverhalten zu tun.
Die Empfangsanlage wird von einem 2S LiFe – 1100mAh versorgt und über einem auf Deck angebrachten EMCOTEC-Magnetschalter ein-/ausgeschaltet.
Finish: Wenn ich mir im Holz-Modellbau so ziemlich alles zutraue, mit den Lackierarbeiten stehe ich auf Kriegsfuß. Alles, was ich bisher mit Pinsel, Rolle und/oder Spraydose ausprobiert habe, hat meine Ansprüche nicht zufrieden gestellt. Zum Glück gibt es im Bekanntenkreis einen Auto-Lackiermeister, der mit Freude an meinen Modellen arbeitet und Sonderwünsche mit einem ambitionierten Mitarbeiter perfekt umsetzt. So auch bei der „Miss America“.
Die Sticker sind Sonderanfertigungen von meinem langjährigen Lieferanten Andys-Folienwelt. Andy setzt Ideen perfekt um. In diesem Fall und für den optischen Effekt wurden die Schriftzüge gedoppelt. D.h., der schwarze untere Schriftzug ist in allen Maßen um 1mm größer als der obere, sichtbare Schriftzug in Gold.
Aus meiner Sicht das Highlight sind die Chrombeschläge. Das gibt dem Boot einen sehr schönen Scale-Effekt. Lieferant dafür ist Jürgen Strohbach aus Hamburg mit seiner Firma BAE Exclusive Shipmodels. Meines Wissens ist Jürgen Strohbach der letzte verbliebene Lieferant, der Beschläge für RIVA, Runabouts, Gentlemanracer u.ä. in verschiedenen Maßstäben und in kleinen Serien anbietet. Er erarbeitet die Formen für eine Gießerei. Danach kommen die Beschläge in einen Galvanisierbetrieb zum verchromen. Die Lukenrahmen sind Sonderanfertigungen auf Maß. Ebenfalls von BAE hergestellt aus gelasertem und anschließend verchromten Edelstahl. Alles zusammen sehr, sehr teuer.
Die Skipperpuppe kommt aus der Werkstatt von Axel Pfannmüller, oder auch Axel`s Scalepilots. Den Goßmodell-Fliegern sicherlich ein Begriff. Die Puppe gibt es nur einmal und wurde nach meinen Wünschen erstellt.
Fazit: Nie wieder würde ich eine Rohbau-Leiche ungesehen bei ebay erwerben. Auch wenn der Preis noch so verlockend ist. Nach ca. 600 Baustunden bin ich dennoch mit dem Ergebnis zufrieden. Ich freue mich über jeden Kommentar, auch mit kritischen Anmerkungen solange qualifiziert. Ansonsten können Interessierte „Miss America“ ab 01.11.2019 auf der Faszination Modellbau in Friedrichshafen live sehen und mit mir darüber sprechen.

SAM_2571.JPGDSC00417 (2).jpgDSC00416 (2).JPGDSC00420 (2).JPGDSC00425 (2).JPGDSC00422 (2).JPGDSC00421 (2).jpg
 

Ragnar

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wow.............


trés chique
 

molalu

User
Neubauvorstellung-eines-Runabout "Miss America"

Neubauvorstellung-eines-Runabout "Miss America"

Was für ein gelungenes Boot! Herzlichen Glückwunsch! ;)
Besonders die Puppe, einfach nur cool :cool:

Danke für das nette Kompliment. Stimmt, die Skipper-Puppe ist gut. Alle Scale-Flieger werden den Hersteller kennen - Axel Pfannmüller.
 

Jugger

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Hallo Ingolf,sehr schön geworden.
BAE ist da echt top als Ansprechpartner.
Sag mal,was für Keder hast Du unter der Frontscheibe genommen,sieht top aus?
Gruß
Thomas
 

molalu

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Hallo Ingolf,sehr schön geworden.
BAE ist da echt top als Ansprechpartner.
Sag mal,was für Keder hast Du unter der Frontscheibe genommen,sieht top aus?
Gruß
Thomas

Hallo Thomas,
Du hast Recht - BAE hat gute Beschläge, die aber auch ihren Preis haben. Auch wenn es darum geht Sonderanfertigungen, z.B. meine Lukrahmen anzufertigen/verchromen, ist Jürgen Strohbach sehr gut. Bei diesem Bauprojekt habe ich gelernt "Geduld" zu üben. Die braucht man bei BAE. Das Keder-Gummi stammt aus der Teilekiste. Habe ich mal vor Jahren bei ebay gefunden und als Meterware gekauft. Ist ein Keder mit 3mm Innenmaß.
 

ariel

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Miss A.

Miss A.

Hallo,
einer der wenigen Lichtblicke in diesem Forum. Herzlichen Glückwunsch zu der gelungen Restauration!!!
Wolfgang
 

Jugger

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Hallo Thomas,
Du hast Recht - BAE hat gute Beschläge, die aber auch ihren Preis haben. Auch wenn es darum geht Sonderanfertigungen, z.B. meine Lukrahmen anzufertigen/verchromen, ist Jürgen Strohbach sehr gut. Bei diesem Bauprojekt habe ich gelernt "Geduld" zu üben. Die braucht man bei BAE. Das Keder-Gummi stammt aus der Teilekiste. Habe ich mal vor Jahren bei ebay gefunden und als Meterware gekauft. Ist ein Keder mit 3mm Innenmaß.

Danke für die Info
 
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