Flügelprofil & Saugspitzen

Hallo Modellflugtheoretiker,
Ich plane ein neues Modell, jetzt bin ich am Profile suchen, die Auswahl ist ja nicht gerade klein.
Es fällt mir auf, dass bei vielen Profildarstellungen im vorderen Profilbereich eine Kurvenschar darüber gedruckt ist, die sogenannten "Saugspitzen".

Wie soll ich das verstehen?
Je höher der Anstellwinkel, desto mehr wandern die Kurven nach vorn und desto höher werden sie:
Ist das die lokale Druckverteilung, besser eine Darstellung des dort herrschenden Unterdruckes und somit des Auftriebes auf der Sogseite?
Sind diese ein Mass für die Überzieheigenschaft oder Gutmütigkeit im beginnenden überzogenen Flugzustandes, gffs halt auch der Giftigkeit im Überziehfall?

Wer kann mich aufklären?
Besten Dank
Werner
 
Flügelprofil &Saugspitzen

Flügelprofil &Saugspitzen

Hallo Freunde,
Hat niemand Lust mir Nachhilfeunterricht zu geben? Zum Beispiel Markus aus Rheinfelden?
Ist das Thema zu abwegig?
Schönes weeky!
Gehe jetzt in den Keller werkeln.
LG Werner
 
Profilauswahl

Profilauswahl

Moin Werner,

zur Beurteilung des Abreisverhaltens gehört ja nicht nur das Profil sondern auch die Flächengeometrie!
Du solltest zur Profilauswahl die RE-Zahl rechnen, dazu benötigst du den Entwurf mit dem Fluggewicht.
Die Saugspitze alleine zu betrachten ist nicht genug, wenn du laminare Ablöseblasen erzeugst durch Reynolds-unterkritische Anströmung hast du keinen Spass.
Dann sind wir beim Thema Turbulator.

Also Re-zahl berechnen
Einsatzbereich festlegen(Thermik, Allround,Kunstflug)
ungefähre Profildicke festlegen: Dicke(%) = Re^0,5*0,03

Dann wähle ich das Profil für den Einsatzbereich.
Für die Auswahl solltest du die Polaren für die entsprechende RE-Zahl haben. Ich verwende dazu seit Jahren das Programm Profili Pro von Stefano Duranti.
Dort ist XFoil hinterlegt.

http://www.profili2.com/eng/products.asp

Aber Wunderprofile gibt es nicht - manchmal hilft auch ein konservatives HS16 von Hartmut Siegmann! Oder auch ein Clar-Y .....
oder ein NACA 2415, 0015 für Motorflieger.

Die Dicke des Profiles hat auch etwas mit der Aufnahme von Biegemomenten zu tun...

Es gibt viel zu tun, gerne helfe ich dir bei den Polaren

Gruß
Stefan
 
Profil & Saugspitzen

Profil & Saugspitzen

Hallo Stefan,
Besten Dank für Deine Mühe:
Das ist ja schon mal ein guter Ansatz
Zuerst muss ich ja mal Sinn und Zweck diese Kurven begreifen:
Sie representieren also die lokale Unterdruck- oder auf der Unterseite die Überdruck-verteilung in Abhängigkeit des Anstellwinkels?
Konkret geht es um meine DC3, vor 25Jahren gebaut und fliegt noch immer (wenn auch viel zu selten).
Das Geheimniss liegt wohl in der intuitiv gewählten massiven Schränkung des trapezförmigen Aussenflügels.
Diese will ich auf Vortex nachrechnen, obwohl ich noch ganz am Anfang stehe. Auslöser dieses Anliegens war die Erkenntniss, dass die Pichler-DC3 reihenweise runterfallen durch Strömungsabriss. Jetzt, bald im Pensionsalters, will ich mich mehr mit der theoretischen Seite auch noch beschäftigen.
LG Werner
 
Moin Werner,

rechne die DC-3 einmal hinsichtlich der Profildicke und der kritischen RE-Zahl nach. Mit einer Schränkung bekommst du die RE-Probleme nicht weg.
DC-3 Außenfläche, die Geometrie schreit nach Problemen.
Da gehört ein Turbulator drauf; das kann man mit Profili/XFoil nachweisen.
Kannst mir gerne mal die Abmessungen und das Profil senden.

Gruß
Stefan
 

hotwax

User
Zur DC 3 habe ich die (reine) Vermutung, dass es zwischen Rumpf und Motorgondel zu einem Tunneleffekt kommt.
Die Flächenwurzel bekommt dabei beschleunigte Anströmung aus der Verdrängung von Rumpf und Motorgondel und produziert überproportional viel Auftrieb.
Ich glaube das heißt dann Coandaeffekt. Der Außenbereich der Fläche kann da nicht mithalten und die Strömung reißt ab.

Der Effekt ließe sich dämpfen wenn der Innenbreich der Fläche dünner und / oder mit wenig Wölbung ausgeführt wäre.

Schränkung der Außenfläche kann helfen, am Besten mit Übergang auf ein stärker gewölbtes, dünnes Profil am Randbogen.

Hat jemand ein Simulationsprogramm, das da Klarheit schaffen kann?

Gruß

Werner
 
Moin Werner,
guter Hinweis - wie willst du das rechnerisch berücksichtigen?
Aber eine Verbesserung mit dem Turbulator kostet nichts und bringt fast immer etwas.(rechnerisch nachweisbar) Bei der Neukonstruktion würde ich mit FLZ Vortex simulieren - die Motorgondeln sind aber nicht zu integrieren.
Trotzdem mein Hinweis auf die krit. Re-Zahl am Aussenflügel beachten...

Gruß
Stefan
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Ich glaube das heißt dann Coandaeffekt. Der Außenbereich der Fläche kann da nicht mithalten und die Strömung reißt ab.

Der Effekt ließe sich dämpfen wenn der Innenbreich der Fläche dünner und / oder mit wenig Wölbung ausgeführt wäre.

An der Außenfläche reißt die Strömung dann immer noch gleich früh ab, d.h. damit verschenkt man viel Maximalauftrieb und erhöht die Landegeschwindigkeit

Schränkung der Außenfläche kann helfen, am Besten mit Übergang auf ein stärker gewölbtes, dünnes Profil am Randbogen.
Hat jemand ein Simulationsprogramm, das da Klarheit schaffen kann?

Schränkung, größte Dicke nach vorn damit der Nasenkreisradius nicht zu klein wird und aus diesem Grund auch nicht zu dünn werden.
Ich kenne kein für uns verfügbares Programm das die Motorgondeln mit simulieren kann. Für die Profilauswahl vertraue ich immer noch XFOIL am meisten, aber auch, weil ich dessen Schwächen am besten kenne.
Wenn ich nach Profile für große Anstellwinkel suche fällt mir immer das Stichwort Horten und HM-Profile ein. Auf der Nurflügelseite müssten die Daten zu finden sein.
Ist aber nur ein Ausgangspunkt und wenn man keine Erfahrung mit Auslegungen hat wird man sich schwertun, für das Problemkind eine gute Lösung zu kreieren.

Hans
 

hotwax

User
Hallo zusammen,

ich habe mal mit Flowsquare (Freeware) versucht die Strömung in verschiedenen Flugphasen zu simulieren.
Dazu habe ich Rumpf und Motorgodel in Draufsicht genommen und die Tragläche ganz weggelassen.
Zur Verdeutlichung der Ergebnisse habe ich die Draufsicht über das Strömungsbild drübergelegt.

figure-43.jpg

Hier zunächst nur der Rumpf, ohne die Motorgondel, wie die Rechenprogramme das beherrschen.

figure-52.jpg

Hier im Landeanflug mit langsam drehenden (bremsenden) Propellern:
Die Flächenwurzel wird stark abgeschattet. Die Strömung der Außenfläche interessanterweise beschleunigt.



figure-42.jpg

Hier mit stehenden Propellern, bzw. Umschlag von bremsenden auf ziehende Propeller:
Keine große Änderung der Strömungssituaton z.B. beim Ausrundenden zum Aufsetzen.
Der Bereich mit beschleunigter Anströmung wird an der Außenfläche größer.

figure-63.jpg

Hier ein Beschleunigen mit ziehendem Probeller.
(Leider kann ich den Propeller nicht besser modellieren)
Jetzt hat sich das Strömungsbild komplett geändert. Die Beschleunigung der Strömung an den Außenflächen verschwindet komplett.

Was ziehe ich daraus für Schlüsse?

Gehe ich vom üblichen Landeanflug mit leicht erhöhtem Standgas aus, ergibt sich im Sinkflug ein stabiles Flugverhalten, vorausgesetzt die Anfluggeschwindigkeit ist ausreichend hoch.
Kritisch wird es nach dem Ausrunden, oder wenn Schleppgas notwendig ist. Dann kann die Strömung am Außenflugel trotz komstanter Fluggeschwindigkeit spontan abreißen, weil
die Strömungsgeschwindigkeit geringer wird. Dass sich der Autrieb ganz kurz erhöht um dann wegzubrechen, lässt jeden Modellpiloten total doof aussehen.

Der Effekt wird durch die Geometrie der DC 3 verschärft. Ist die Tragfläche ungepfeilt, sackt die Maschine ein wenig duch, oder eine Fläche senkt sich. Hier geht's aber munter in den Abriss.

Soweit was mir so zum Thema eingefallen ist.

Grüße

Werner
 
Was soll denn das sein? Geschwindigkeitsskala von 0-0,013 m/s, also von nix bist fast nix? Da fliegt auch nix ....

@ Hans: du kannst bei einem Vortex Lattice Verfahren zumindest im Bereich von Rumpf und Gondeln ca' reduzieren, um den Auftriebseinbruch und näherungsweise ein gewisses "lift carry over" zu simulieren. Ergibt realistischere Werte für Ca_max und Überziehverhalten. AVL zum Beispiel kann aber auch Rümpfe, zumindest rudimentär...
 

hotwax

User
Hallo Rainer,

das Flowsquare gibt mir zumindest einen Hinweis auf die Frage, warum die DC 3 gerne so zickig ist und warum die gewohnten Methoden einfach nicht helfen wollen.
Wers genau wissen will, kann sich ja auch die freie 3D-Version einer CFD-Simulationssoftware runterladen und das ganze an einem 3D Modell überprüfen.
Mein Interesse reicht leider nicht so weit.

Wir hatten vor Zeiten hier am Platz eine große DC 3, die die ganzen Tricks, wie einseitigen Abriss kurz vorm Aufsetzen, Abtauchen beim Gas geben, oder starkes Steigen beim Durchstarten zusammen mit Abriss und Einschlag drauf hatte und deshalb zur Strafe in den Keller gesperrt wurde. Am Platz sind damals die Köpfe heißgelaufen, genutzt hats nichts.

Ich finde es interesant, dass auch nach 25 Jahren noch lustiges Rätselraten herrscht und hier im Forum genau die Lösungen angeboten werden, die damals schon nicht geholfen haben.
Mein Vorschlag ist ja nur, sich mal den horizontalen Strömungsverlauf anzusehen. Der scheint mir zumindest auffällig. Eine andere Lösung, als das mit der doofen DC 3 halt zu lassen, fällt mir ja auch nicht ein.

Wer mit Nasenradius und Verwindung qualitativ und quantitativ weiter kommt, möge bitte berichten.

Beste Grüße aus der Provinz

Werner
 
Lieber Werner,

sei mir nicht böse, aber was du schreibst, ist Quatsch!

Habe gerade Mal gegockelt und danach ist Flowsquare ein instationärer 2D CFD Code. Damit könntest du z.B. Profile analysieren, die oszillierent schwingen, wenn das Netz fein genug ist, die Zeitkonstante zur Anströmgeschwindigkeit passt und genügend Zeitschritte gerechnet werden. Soviel zur Theorie...

Bei deiner Rechnung passt leider garnichtsl

Hans hat das alles richtig erklärt, er ist vom Fach, glaub's einfach!

Rainer
 
Saugspitzen & Cie

Saugspitzen & Cie

Hallo Freunde,
Bevor hier ein Hahnenkampf ausbricht, muss ich mich ja wieder einmal zum Wort melden.Lleider erst jetzt, Beruf &Weihnachten sind nicht wirklich verträglich...

Ich danke Allen, die hier mitdenken:
Die Seiten mit Aerodesign sind wirklich gut, aber auch abendfüllend, das braucht noch etwas Zeit, aber wohl ein guter Ansatz!

Die schönen Schlierenbilder mit der Umströmungsdarstellung gefallen mir auch gut, eines der Probleme bei Elektromotorflug ist ja, dass die Burschen im Landeanflug abschmieren, weil der zu langsam laufende Propeller die Führe ausbremst, vielleicht sogar das HLW abschatten, ich habe jedenfalls so eine Kiste: Flügel & HLW in einer Ebene, bei Eintritt in den Bodeneffekt, dh 1m über Grund (Spannweite 1m) schlagartiges abkippen ODER auf die Nase gehen.

Die DC3 ist für mich EINES der schönsten Flugzeuge, die die Fliegerei einen Meilenstein vorwärts katapultierte. Aber alle Flugzeuge aus dieser Zeit haben für uns Modellbauer die "Unsitte" einer unglaublichen Flügelzuspitzung mit kleinsten ReZahlen: DC3, Ju52, alle Avroflugzeuge, sogar bei den Seglern zB Spatzenfamilien, SwallowT45 etc.!

Somit sind meine Probleme bei der (Pichler)-DC3 ubiquitär von Interesse: Meine DC3 hat ja das Übel nicht, dank starker Schränkung und dicker Nasenleiste und Schuhsohlenprofil bei der Flügelspitzen. Ich garantiere
keinesfalls, dass ich 1984 im Aussenflügel ein astreines Clark Y gebaut hatte, eben, Schuhsohlenprofil!
Meine fliegt gutmütig genug.

Also, ich klemme mich mal hinter Aerodesign......
Herzlichst Werner (der Themenstarter)
 
XFLR5

XFLR5

Hallo Werner,
hier hab ich Mal so meinen Leidensweg in Sachen Aerodynamik zusammengefasst:
http://www.rc-network.de/forum/show...rofilauslegung-Anfängerfragen?highlight=XFLR5
Ich bin langsam der Meinung, dass wir mit unseren Mitteln den Strömungsabriss nur mehr oder weniger erahnen können. Das sind hochgradig nicht lineare, 3 dimmensionale Strömungen. XFLR5 kann wenigstens den Grenzschichtumschlag modellieren, aber alles nur 2D. Das darf man nicht vergessen, auch wenn die Bildchen bunt sind und die Graphik 3D suggeriert.
Zur DC3: Du hast vor 20Jahren intuitiv alles richtig gemacht, die Konstrukteure der Pichler DC3 wohl eher nicht...
Eine Idee für die DC3 wäre sich eines Seglerstraaks zu bedienen. Z.B.: Der MHSD für Kunstflugsegler, der kann Flächenbelastung, Zuspitzung und gutmütiges Abrissverhalten.
Schöne Grüsse,
Johannes
 
Profile & Saugspitzen: 2020

Profile & Saugspitzen: 2020

Liebe Freunde,

ich melde mich mal wieder, habe meine Skiferienabende dazu missbraucht, mich hinter Aerodesign zu klemmen:
Bei schönstem Wetter war das Skilaufen herrlich,
meine Frau hat meine abendlichen Lesestunden ohne Murren ertragen,
dieser Herr Hartmut Siegmann hat hier eine Hinterlassenschaft präsentiert, bei der man nur staunen kann, unglaublich und sehr schön aufgebaut, manchmal zwar etwas sarkastisch, aber amüsant zum lesen, niemals langweilig, auf jeden Fall:
ich habe noch viel zu studieren! :)
Immerhin habe ich mitllerweilen begriffen,
dass die Saugspitzenlinien gleichmässig und nicht spitzig verlaufen sollen
dass vor allem die Oberseite eines Profils der kritische Teil eines Profils ist,
dass die Dicke eines Profil vor allem statischen biegemomentischen Ansprüchen gerecht werden soll,
dass die Re-Zahl bestimmend ist für die max. Profildicke
dass dicknasige Profile eher günstigere Abreisseigenschaften haben, solange sie nicht im Aussenflügel verwendet werden (ich war bisher gegenteiliger Ansicht für die Aussenflügel!)

Ich habe mein Schuhsohlenprofil +/- bei Aquila gefunden, bzw. der Nachfolger HS 15 & 16 und diese scheinen sogar recht gut sein, damit bin ich sehr glücklich, weil einfacher kann eine Profil nicht mehr gebaut werden.

Aber wie gesagt, ich habe noch viel zu lesen und zu studieren --> morgen beginnt leider meine Arbeit wieder!!!!

Ich wünsche allen Mitdenkern und Mitschreiber ein gesegnetes 2020

LG Werner
 
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