Alpenkreuzer: Baubericht

Team Alpenkreuzer: Kurt Zimmermann; Werner Schröder

Alpenkreuzer

Brettnurflügel in klassischer Rippenbauweise ohne D-Box mit Knickflügel für Thermik und Geschwindigkeit
6-Klappen, 3 teilige Fläche
E-Motor als Rückkehrhilfe
Gewicht ca. 3,5-4kg; kann bis 6kg aufballistiert werden
Spannweite ca 3,3 bis 3,6 m
Rumpflänge ca 1,4m

Erster Entwurf


Alpenkreuzer_II_outline_a.png

Alpenkreuzer_II_outline_c.png
 
Hm, ich will ja jetzt nicht gleich eure Euphorie dämpfen aber:
...klassische Rippenbauweise ohne D-Box...bis 6kg aufballastierbar bei 3,3m?
Finde das Normalgewicht mit 3,5kg schon sehr schwer für einen Nurflügel in dieser Bauweise.
Da müsste doch etwas mit 1,xxkg stehen.

Für Thermik und Geschwindigkeit, seit ihr sicher das Ihr ein 3,3-3,6m Modell in Standardrippenbaueise ohne D-Box,
mit 6kg durch die Luft jagen wollt?

Ich denke da sind noch viele Fragen offen, aber ich bin aufs Endprodukt gespannt.
Im Endeffekt wird selbst gebaut und konstruiert alleine das ist lobenswert in der heutigen Zeit :)

mfG Christian.
 
Hallo Christian,

ja, die Sache ist schon ein wenig „sportlich“... und das macht's reizvoll. So überschlägig kommen wir bei dem Ding auf 30 g/qdm Flächenbelastung, also durchaus im Rahmen. Fläche mal Flächenbelastung macht halt Kilos.

Vielleicht zum Punkt D-Box eine kleine Abschätzung (kommt später noch ausführlicher): bei einer D-Box habe ich in der Baugrösse und Form und 2mm (viel) dicker Beplankung eine Verdrillung von etwa 1.8 Grad pro Meter Flächenlänge bei einem Drehmoment von 10 Nm, bei einem Kasten zwischen den Zug-/Druckgurten von etwa 63mm*26mm (aussen) und 3mm Wandstärke (gleiches Material und gleiches Drehmoment, ohne Berücksichtigung der Gurte) von etwa 1.1 Grad. Da kommt dann noch ein konstruktives Element dazu, was die Torsionssteife noch um etwa 50% grösser werden lässt, die Sache wird also insgesamt gut zwei mal torsionsfester als eine Dbox mit schon recht dicker Beplankung. Dazu kommt, dass man einen Kasten problemlos mit (der richtigen für Torsion) 45 Grad Faserrichtung aufbauen kann, versuch das mal mit einer Beplankung... Also dadurch noch um einen Faktor x torsionssteifer als eine D-Box aus Holz.

Der tiefere Grund liegt darin, dass im Torsionsträgheitsmoment die Querschnittsfläche der Struktur (vorderes Profilviertel bis -hälfte bzw. Rechteck im „dicken“ Profilbereich) quadratisch eingeht und der Umfang umgekehrt proportional: so eher gestreckte Querschnitte lassen sich daher leichter verdrillen, wenn man deshalb die D-Box kürzer macht, kommt dann aber halt nicht mehr viel Fläche zusammen.

Allerdings liegen die elastischen Achsen bei den beiden Bauweisen an verschiedenen Stellen, dessen Auswirkung liegt im aeroelastischen Bereich, sprich Torsionsschwingungen, die jede Fläche egal wie gebaut ab einer Geschwindigkeit angefacht aufweist und die leider notorisch schwer zu berechnen ist. No risk, no fun ... Nun, jedenfalls werden's keine Labberflächen, sollen +/-12g voll aufgeballastet aushalten (mit Reserve).

Zum Gewicht tragen natürlich auch noch die dafür erforderlichen Zug-/Druckgurte bei, bei 3.5m sind das nicht mehr gerade die Holme des „Kleinen Uhu“ (hatte der überhaupt welche ?)

Jedenfalls hast Du absolut recht, die Holme und insbesondere deren Torsionssteifigkeit sind schon ein entscheidendes Element bei der Bauweise, da muss man ein wenig rechnen, bestes Holz nehmen und sauber leimen.

Gruss

Werner
 
Alpenkreuzer Konzept / Teil1

Alpenkreuzer Konzept / Teil1

Alpenkreuzer - Konzept

Teil 1


Langsame Thermiksegler in klassischer Bauweise ohne D-Box sind recht problemlos zu konstruieren. Soll es aber auch um gute Gleitzahl bei hoher Geschwindigkeit gehen, spielt neben der Profilwahl die Torsionsfestigkeit der Tragflächen eine entscheidende Rolle. Dem Problem kann man auf mehreren Wegen begegnen:
- durch Wahl eines Profils mit kleinem Drehmomentenbeiwert cm0 wird die aerodynamische Torsionsbelastung der Tragfläche verringert (sofern die Lage der elastischen Torsionsachse richtig ist)
- bei geringer Streckung ergibt sich ein deutlich günstigeres Dicken-zu-Längen-Verhältnis der Tragfläche, so dass Torsionssteifigkeit leichter konstruktiv im Holm etc. zu realisieren ist, zudem wird der Torsionsachsenlänge auch absolut verringert
- richtige Lage der elastischen Torsionsachse

Die beiden ersten Punkte sind typisch für Nurflügel, da sie einerseits lokale Drehmomentenbeiwerte cm0 um null herum aufweisen. Andererseits ist bei derartigen Profilen das camax kleiner als bei stark gewölbten Profilen, die optimalen Flächenstreckungen daher deutlich kleiner als bei Tragflächen mit hohem cm0. Bei gepfeilten Nurflügeln treten gekoppelte Torsionsbiegebelastungen auf, die in der klassischen Bauweise in der Flächenmitte zusätzlich aufgenommen werden müssten. Optimal für ein solches Konstruktionsziel scheint daher ein Brettnurflügel zu sein. Wenn man evtl. Ballast in der Tragfläche aufnimmt - was bei einem ungepfeilten Flügel problemlos geht - , erhöht dieser Ballast nicht die Biegemomente an der Tragflächenwurzel, sondern ist nur im Aussenflügelbereich zu berücksichtigen („spanloader“); auch das spricht für einen Brettnurflügel. Zudem kann der Ballast in die Neutralpunktlinie gelegt werden, es treten dann keine Stabilitätsmassänderungen auf und der Ballast liefert keine zusätzlichen Torsionsmomente in der Tragfläche. Vorteilhaft für gute Flugleistungen ist grundsätzlich eine grosse Reynoldszahl, die beim Brettnurflügel wegen geringer Streckung bei grosser Fläche schon von Haus aus günstig ist. Der Brettnurflügel sollte daher nicht zu klein sein, um auch in der Thermik eine ausreichend grosse Reynoldszahl aufzuweisen.

Für ein gutes Steuerverhalten in der Thermik haben sich Knickflügel bewährt, sie entsprechen ja einer gewissen V-Stellung der Tragflächen. Knickflügel verringern zudem ein wenig den induzierten Widerstand der Fläche. Bei schwierigen Landeverhältnissen und grosser Spannweite sind sie ebenfalls von Vorteil, die Wahrscheinlichkeit eines „Ringelpietz“ oder einer Beschädigung der Bespannung bei der Landung wird verringert.

Der natürliche Schwerpunkt einer rechteckigen Brettnurflügelfläche liegt deutlich hinter dem Neutralpunkt, was normalerweise eine recht lange Rumpfnase erfordert, damit der Gesamtschwerpunkt vor den Neutralpunkt wandert. Hier ist es vorteilhaft, den eher leichteren Aussenbereich der Tragfläche als Trapez mit insgesamt durchgehender Hinterkante auszuführen, da dann der Neutralpunkt der Gesamtfläche nach hinten wandert. Damit das Überziehverhalten nicht ungünstig wird, sollte das Trapez nicht zu spitz zulaufen. Die lokalen ca-Werte im Aussenflügelbereich werden sonst zu gross, wenn man eine elliptische Auftriebsverteilung anstrebt. Allerdings muss der Mittenflügel die Torsion durch Auftrieb durch die nach hinten verlegten Neutrallinie des Aussenflügels aufnehmen.

Im Aussenflügelbereich ist - auch für das Kurvenverhalten im Langsamflug - eine kleine Schränkung vorteilhaft, die aber etwas nachteilig sich bei hohen Geschwindigkeiten auswirkt. Eine Lösung für das Problem ist, den Flieger so auszulegen, dass bei Langsamflug die Klappen aussen oben stehen und damit eine aerodynamische Schränkung bewirken; im Schnellflug stehen dann alle Klappen leicht nach unten.

Die Sinkgeschwindigkeit eines guten Brettnurflügels ist im Landeanflug derart gering, dass er ohne Massnahmen zur Reduzierung der Gleitzahl im Langsamflug praktisch nicht zu landen ist. Zudem gibt es ohne Seitenruder sonst auch kaum Möglichkeiten, ihn bei starker Thermik zum Abstieg zu bewegen. Butterfly mit vier Klappen geht beim Brettnurflügel sehr gut, bei der Knickflügelbauweise scheinen vier Klappen im Mittenflügel, die bis 90 Grad angestellt (innen nach unten, aussen nach oben) werden können, noch deutlich effizienter zu sein. Zudem erlauben sie die Einstellung einer optimalen Auftriebsverteilung für jeden Flugzustand. Auch das Giermoment beim Querruderlegen kann durch eine geeignete Mischung der Klappen in die „richtige“ Richtung gebracht werden, so dass eine angenehmes Kurvenverhalten je nach gusto eingestellt werden kann. Insgesamt ergeben sich dann 6 Klappen, zwei davon an den Aussenflügeln. Ein Seitenruder ist nicht vorgesehen.

Nurflügel können sehr schnell um die Nickachse gedreht werden, so dass in scharfem Flug sehr starke Laständerungen aufgenommen werden müssen. Hier muss man aber „die Kirche im Dorf“ lassen, die g-Belastungen, die bei 200 km/h geflogen werden könnten, liegen theoretisch bei 50g (!), praktisch haben wir in der Vergangenheit Werte bis 9g (gemessen) gesehen. Eine Auslegung für +/-12g bei maximalem Ballastgewicht scheint daher ausreichend zu sein. Natürlich liefert eine solche Auslegung tendenziell ein höheres Flächengewicht als bei einem reinen Thermikschleicher, dennoch werden wir voraussichtlich bei um nur 30 g/dm2 Flächenbelastung landen - dank Nurflügel, „spanloader“ und relativ kleiner Streckung, für die vorgesehene Spannweite ein recht ordentlicher Wert.
 
Ich freu mich drauf mal so ein spannendes Projekt hier zu sehen und lass mich überraschen wie sich das Modell dann hinterher schlägt.
 
Alpenkreuzer Konzept / Teil 2

Alpenkreuzer Konzept / Teil 2

Alpenkreuzer - Konzept

Teil 2


FLZ_Vortex wird für die generelle Auslegung der Aerodynamik genutzt, insbesondere auch für Startwerte der Klappenmischungen und eine Abschätzung der zu erwartenden Gleitzahlen und Sinkgeschwindigkeiten. Mit Rumpf etc. ergeben sich Gleitzahlwerte bis 23, minimales Sinken liegt bei 0.4 m/s, die Flächenbelastung zu um 30 g/dm2, stall-Geschwindigkeit bei 8.5 m/s (alles ohne Ballast) . Das Auslegungs-Flugzeug-ca für alle Klappen im Strak beträgt 0.45, das Stabilitätsmass 5%. Einige Ergebnisse von FLZ_Vortex mit Rumpf etc. (Gleitzahl E und Sinkgeschwindigkeit vs über Fluggeschwindigkeit v):

Gleitzahl_E.pngSinken_vs.png

Alle Flugzeuge zeigen eine Reihe von Schwingungsbewegungen im Flug, die bei Nurflügeln teilweise nur schwach gedämpft sind und daher bei denen eine besondere Betrachtung erfordern. Die Dämpfung der Phugoide erscheint ausreichend (kann man eh nichts dran machen, ausser einen grottenschlechten Flieger zu bauen), die schnelle Schwingung um die Nickachse ist bei Bespannung praktisch nicht berechenbar, hier wirkt im allgemeinen das Trägheitsmoments des E-Motors und des Akkus in der Rumpfspitze indirekt dämpfend. Massnahmen zur Optimierung der Spiralsturzneigung (keine Schwingung, kippt mehr oder weniger schnell von selbst über eine Fläche weg) und der Taumel-Rollschwingung sind i.a. gegenläufig, d.h., man muss da Kompromisse finden. Die Optimierung der Flugzeugdynamik wird mit AVL (Mark Drela) vorgenommen. Der gezeigte Entwurf liefert eine leichte Spiralsturzneigung - im Prinzip für Agilität nicht schlecht - und eine ausreichende Dämpfung der Taumel-Roll-Schwingung, auch aufgeballastet. Bei der Analyse muss man berücksichtigen, dass der Spiralsturzwert nur von vier aerodynamischen Beiwerten abhängt, die Dämpfung (und Schwingungsfrequenz) der Taumel-Roll-Schwingung aber auch von Fluggeschwindigkeit und Massenträgheitsmomenten (Ballast !), da man muss also verschiedene Betriebsfälle untersuchen.

Gelegentlich wird in Foren das erforderliche Seitenleitwerksvolumen für Brettnurflügel und die Auswirkung auf das Flugverhalten diskutiert. Leider ist die Sache deutlich komplizierter und die wesentlichen Dinge werden da gar nicht erfasst. AVL „macht das“ aber, man braucht kein Mathematiker zu sein, um das Programm zu nutzen. Andre Deberrois' XFLR 5 nutzt AVL im Hintergrund, hat aber eine modernere Bedieneroberfläche, wäre also auch eine Möglichkeit.

Torsionsschwingungen und Flattern der Tragflächen sind wegen der aeroelastischen Kopplungen mit Biegung und Torsion schwer zu berechnen, kann man eigentlich nur erfliegen. Sicherlich ist es von Vorteil, bei Flächen mit kleinem cm0 die elastische Torsionsachse und die Zug-Druck-Gurte möglichst nach vorne in die Nähe der Neutralpunktlinie zu legen, auch, damit man sich wenigstens keine aerodynamische Divergenz (explosionsartige Verdrillung der Tragfläche bis zum Abriss durch hohe Auf-/Abtriebskräfte beim Abfangen aus speed, der Abstand Neutrallinie - elastische Achse der Tragfläche ist der Hebelarm für die Verdrillung) einhandelt.

Als CAD-Programm wird freecad genutzt, es ist einfacher zu bedienen als viele andere CAD-Programme und hat ein einfaches FEM-Berechnungsmodul, mit dem man ausgewählte Baugruppen auf Biegung und Festigkeit untersuchen kann.

Festigkeit und Elastizitätsmodul von Holz gehen in etwa proportional zur Dichte, bei Balsa benötigt man daher relativ mehr Material für die gleiche Festigkeit. Da die Belastungen bei grösseren Fliegern deutlich schneller steigen als der Massstab (*), sind Pappel und Kiefer eher angebracht als z.B. Balsa, hält sich auch kostenmässig zudem im Rahmen. Wenn die Konstruktion „steht“, sind die ebenen Teile mit einer CNC-Fräse mit Vakuumansaugung dann schnell gefräst, mit einem verzapften Aufbau auch tendenziell zügig und verzugsfrei zusammengeleimt.

Hier eine Studie für die Ermittlung der Torsionsteifigkeit eines Flächenstücks:

Studie_Ia__mit_diagonal.png

Zur Auslegung und Aufbau der Tragflächen dann was beim nächsten Mal, zu der Servo- und Antriebsauslegung wird's auch noch einen Abschnitt geben... und dann natürlich ganz viele Bauphotos.

Ansonsten ist halt an einem Nurflügel nicht viel dran - drum heisst er so. Bauen und fliegen - und Spass haben. Zudem tun's die Dinger manchmal nicht so, wie man gedacht hatte ... und hat dann (vielleicht) was dazugelernt.




*: Dieser Zusammenhang wird leider schon mal von den besten Modellbauern gelegentlich übersehen, siehe z.B. den vollständigen Luftzerleger der 100 kg Saab „Gripen“ vor ein paar Jahren - eine dann bedauerliche Sache. Allerdings kann man das auch anders sehen: wenn ein Flieger sich komplett in seine (Balsa-)Einzelteile auflöst bevor er am Boden aufschlägt, ist's die optimale Sicherheitsmassnahme, da sind dann auch 100 kg kein Problem. Also, entweder ganz filigran oder ausreichend fest bauen, dazwischen ist's im Falle eines Absturzes vom Sicherheitsaspekt her eher schlecht.
 
Grundsätzliches

Grundsätzliches

Hallo Kurt und Werner,

gut, dass ihr ein Brett baut. Und das auch noch mit so einem riesigen theoretischen Aufwand.
Irgendwie erfindet ihr allerdings das Rad neu, und es eiert auch ein bisschen.
Wie Christian schon weiter oben schrieb, ist das Brett etwas schwer. Und die Rippenbauweise ohne Beplankung macht auch aus meiner Sicht keinen Sinn. Die nur schwache Torsionsneigung beim Brett (wir haben ein S-Schlag-Profil) kann zwar auch vom Holm aufgenommen werden, das macht aber keinen Sinn, wenn man die äußerste Beplankung dazu verwendet, weil die Beplankung mehr Fläche umschließt als ein Holm.
Aber noch besser: einfach in Styro-Abachi bauen, dann landet ihr bei einer Spannweite von 3,5 m bei etwa 2,5 kg, bei deutlich besserer Profiltreue.
Mit Kohlegelege unter der Beplankung und einem Holm gegen die Durchbiegung könnt ihr auch aufbleien.

Wichtig sind:
-ein modernes Profil verwenden, genau auf den Einsatzbereich und die Flügelgeometrie angepasst
-die Klappenanordnung (HLW in der Mitte mit Querrudern außen? Quer/Höhe gemischt?) Bei 6 Klappen ergibt sich die Möglichkeit der unsymmetrischen Beimischung, so dass das negative Wendemoment minimiert wird
-die Massenverteilung
-das Seitenruder und dessen Größe: da haben wir uns bereits Gedanken gemacht: guckt mal:

http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/131227-Stabilitätsfaktor-für-Richtungsstabilität/page6

Hier könnt ihr auch den Einfluß der V-Formform, des angestrebten Einsatzbereiches etc. herauslesen.

Nicht vergessen: sehr rückstellgenaue Servos verwenden.

Viel Spaß bei dem Tüfteln. Und trotzdem mein Tipp: nicht die tausendste Stelle hinter dem Komma ausrechnen, wenn es funktionierende Vorlagen gibt, die sich bewährt haben. Und einfacher sind.

Viel Erfolg
Klaus.
 
Antwort an Klaus

Antwort an Klaus

Hallo Klaus,

danke für Dein Interesse, Deine Bemerkungen und guten Wünsche !

Das Brett ist ein ganz gutes Übungsfeld, um Theorie mal einschliesslich Lasten usw. durchzugehen, da da vergleichsweise einfach, ... und dann auch mit existierenden Brettern zu vergleichen, herzlichen Dank für Deinen link. Die Theorie berücksichtigt die Massenverteilung (Massenträgheitsmomente), die Eigenschaften des Seitenleitwerks und des Rumpfes sowie der gesamten Tragflächengeometrie in einem Guss und ist nicht weiter schwierig anzuwenden. Wenn's dann mal komplizierter werden sollte und keine so rechte Vorlage existiert- Nurflügel sind einfach viel intessanter als die "Leitwerkler" -, hätten wir dann das erforderliche theoretische Rüstzeug. Nach unserer Erfahrung sind diese Programme etwa auf 10% genau - je nachdem, was man wissen will - , das ist mehr als ausreichend.

Bzgl. Bauweise wollen wir uns komplett auf Holz beschränken und auch mit möglichst einfacher Bauweise werkeln. Die Vorteile der 6-Klappenanordnung gegen das negative Wendemoment sind bereits erwähnt.

Profiltreue bringt man nur mit Schalenbauweise in einer präzisen Negativform hin, in allen anderen Bauweisen wird's Profil-xy-mod. Die Frage ist, wird's überhaupt schlechter und wenn ja, wieviel.
Übrigens liegen wir mit der Kiste immer über Reynold 250000, beim design -ca bei 350000 und bei speed geht's über die Mio raus, laminare Ablösungen kann man daher vergessen.

Es ist klar, dass eine Dbox profiltreuer als Bespannung ist, aber ob man damit immer die Form für eine gute Saugspitze so hinbringt wie gedacht, kann man bezweifeln. Zudem können die Übergänge Dbox-Bespannung zum Strömungsumschlag führen und den Widerstand erhöhen. Entscheidend ist auch eher die Oberflächenqualität, insbesondere im Bereich der dünnen laminaren Grenzschicht, also vorne.

Das heisst also nicht, dass komplett bespannt deutlich schlechter sein muss, i.a. wird's in der Polare bei grossen ca's runder wegen der schlechten Näherung im Saugspitzenbereich des Profils und es kostet vielleicht ein wenig camax. Ohne Dbox tritt die "Stolperkante" beim Übergang in die Bespannung nicht auf, kann den Turbulenzumschlag bei kleinen ca's nach hinten schieben, bei Pfeilung kann die Welligkeit ein wenig wie Grenzschichtzäune wirken, so dass die Grenzschichtaufdickung aussen geringer wird. Und Bespannung auf Rohr ist von Haus aus glatt, vorne, wo die Grenzschicht dünn und laminar ist und daher Rauhigkeit kritisch ist, muss man bei Dbox schon sehr sauber arbeiten. Und ohne Beplankung ist's auch einfacher zu bauen.

Vielleicht dazu:

https://akamodell.hg.stuvus.uni-stuttgart.de/wp-content/uploads/2019/01/Windkanal_RES.pdf

Holz ist nahezu unidirektional bzw. gesperrt, mit der richtigen Faserrichtung holt man z.B. bei der Torsionsbox des Holms einiges raus, unter z.B. 45 Grad beplanken ist ein Graus. Natürlich kann man immer Gewebe drauflegen und CFK-rovings einlegen, aber das passt nicht so zum klassischen Holzbau. Das cm0 ist mit Klappen im Strak zwar recht klein, eine torsionsweiche Fläche neigt dennoch zu Torsionsschwingungen bei Geschwindigkeit. .. und bei Klappenausschlag gehen die cm0's schon gen 0.2, Klappeninversion bei speed ist nicht das Ziel.

Mit dem Gewicht müssen wir mal schauen, ob wir das tatsächlich auch haben werden. Andererseits ist die Abrissgeschwindigkeit mit knapp 9 m/s ok, Sinken sieht auch gut aus, also machen wir uns um das Gewicht zunächst mal wenig Sorgen. Zudem werden wir mit 2 Akkus fliegen (Flugakku und Servoakku), ist eingerechnet. Und 12g mit Faktor 2 Reserve (gegenüber Holznominalfestigkeitswerten) fordern auch ihr Gewichtstribut.

Das Gewcihsthema rührt vielleicht auch daher, dass wir die Flächentiefe noch nicht angegeben haben, sind 40cm. Styro würde bei 30 (20) kg/m^3 Material alleine für die Fläche 1050g (700g) wiegen, komplett mit 1mm Abachi beplankt ein weiteres Kilo roh dazu. Dazu Nasenleisten, Endleisten, Klappen, Rippen zur Krafteinleitung, erforderlichenfalls Teilholm, Rumpf, Seitenleitwerk, Bespannung/Lackierung/Epoxy und das ganze andere Gerödel (Steckungen für je 80 Nm, 6 Servos, Motor, zwei Akkus...), evtl. auch noch Gewebe....ich weiss nicht so recht, wie man da auf 2.5 kg kommen will. Unser Vogel hat halt 40cm Flächentiefe, da kommt halt sowohl Volumen als auch Fläche zusammen.... nix ist leichter als Luft und Bespannung.

Mit den Servos, ja, ein wichtiger Punkt, bei kleinem Stabilitätsmass ist Präzision in der Klappensteuerung wichtig. Hinzu kommt die Anfachung von Torsionsschwingungen bei speed, wenn die Klappen nicht spielfrei an den Servos und in den Ruderanlenkungen hängen (evtl. auch Rudermassenausgleich notwendig bei grösseren Vögeln).

Gruss

Werner
 
Hallo Werner,

ein Brett nach euren Vorstellungen in offener Rippenbauweise wird um die 2 kg wiegen. Nur wenn man sich anstrengt, wird es schwerer als 2,5 kg. Rechnung hin oder her.

Falls ihr dennoch in Styro-Balsa bauen wollt, nachfolgend ein paar Tipps.

Ich war grad mal im Keller und habe meinen "Gravitationsinverter" vermessen und ausgewogen.

Spannweite: 3500 mm
-Wurzeltiefe: 370 mm
-Endrippe 180 mm
Randbogen sichelförmig
Profil: Curt Weller.

Gewichte:
-Rumpf mit SLW..747 g
-rechter Flügel...736 g
-linker Flügel......733 g
-Flächenverbinder (Vollkohle 10x20x260)...88 g

Summe: 2304 g.

Bauweise: Kerne aus Baumarktstyropor, ich glaube 30er Dichte. Über Sperrholzschablonen geschnitten. Holmsteg: Balsa hochkant 4 mm, mit Glas diagonal belegt, Gurte aus Kohlerovings.
Der Flügel ist beplankt mit Balsa 1 mm, vor dem Holm mit 50er Glas unterlegt. Bereich der Ruder mit diagonalem 50er Glas. Keine Nasenleiste, diese entsteht "von alleine" durch Ausfüllen des Nasenbereichs mit Mumpe, vor dem Verpressen.
Balsa verschliffen, mit Porenfüller grundiert, erneut fein verschliffen, und mit Papier bespannt. Klarlack drauf.

Es geht also auch in Sandwichbauweise ausreichend fest (Wir machen Hochstarts an einem F3B-Gummi) und profilgenau. Die Endleisten der Weller-Profile sind sehr dünn, und werden von uns sehr genau ausgearbeitet.

Bin mit den Flugeigenschaften sehr zufrieden, auch mit der Leistung.

Wie Du siehst, ist es keine Utopie, und auch kein Hexenwerk, so leicht und doch stabil zu bauen. Würde ich an eurer Stelle machen.

Ach ja, ich habe Blei in der Nasenspitze, da könnte euer Motor rein. Inkl. Akkupack dazu, sollte das Brett dennoch unter 2,5 kg bleiben.

Servus.
Klaus.
Gravitationsinverter Ranis.PNGGravitationsinverter_mit_SR.jpg
 
an Klaus

an Klaus

Hallo Klaus,

chapeau, alle Achtung ! Da ist kein Anfänger "in der Leitung". Ich hab mich gleich mit google beraten, Deinen "Balmung" findet man unter einer feinen Adresse.

Wird Zeit, dass ich mal was zu unserem team schreibe. Kurt ist - gefühlt seit seiner Geburt - Modellbauer und -flieger, ich bin erst im Rentenalter ein bischen in die Szene geraten. Daher bleibt mir gar nichts anderes übrig, als Theorie in die Waagschale zu werfen, fällt mir leichter als drei verunglückte Rollen nacheinander zu fliegen. Kurt fliegt schon mal so, dass bei mir im Geiste die Wurzeldrehmomente im dreistelligen Nm-Bereich nach oben rattern, meine Landungen nach ein paar Sonntagsrunden sind teils eher unter der Rubrik "Zellenbelastungstest" zu verbuchen. Daher ziele ich designmässig eher auf gutmütiges Flugverhalten und grottenrobust, lieber "Gürtel und Hosenträger" an den wichtigsten Stellen.

Wir fliegen hier im Hochschwarzwald, wie der Name schon sagt, gibt's da mehr als einen Baum. Dummerweise stehen an den schönsten Plätzen diese gierigen Springbäume, die nur darauf warten, fliegende Holzpuzzle in ihren Ursprungszustand zu versetzen. Gegen meine Springbaumparanoia gibt's zwei Heilmittel:
- speedbrakes derart, dass man glaubt, da käme ein Backstein angeflogen
- design möglichst so, dass bei ausgehungert und Höhenruder voll gezogen dass Ding gemütlich im Sackflug nahezu senkrecht runterkommt und sich's im Gras bequem macht

Daraus ergibt sich nach vielen gemeinsamen Diskussionen, Skizzen und Studien im Prinzip folgende Arbeitsteilung. Ich mach die IT bis das Holzpuzzle aus der CNC fällt, dann ist Kurt dran, aus der Tüte Holzschnipsel ein fliegendes Teil zu zaubern. Den ganzen Bauteil wird deshalb er berichten und ich noch ein paar Rechnungen zu Belastungen und so weiter nachliefern.

Das Holzfaible stammt eigentlich daher, dass uns sonst die Lager unserer CNC einrosten würden, nun, nicht nur. Das Festigkeitkeits-zu-Dichte-Verhältnis ist bei Holz und z.B. CFK (Matrix in Hobbyqualität) etwa gleichauf, CFK wäre um den Faktor drei steifer, ist auch ein bischen nachtragend nach starken Punkt- oder Kerbbelastungen. Man braucht halt bei Holz daher ungefähr die dreifachen Querschnitte, dazu braucht's einfach Platz, um das dann auch unterzubringen. Zum Glück wird Luft ab Reynoldszahlen um 300000 ein Liebhaber fülligerer Formen, so dass man das auch tatsächlich grundsätzlich unterbringen kann, ohne ein Scheunentor quer zu fliegen.

Die Alternative ist bei dünnen Profilen Deine Schalenbauweise... die will aber schon gekonnt sein !

Man braucht daher "klassisch" etwas dickere und fülligere Profile mit grösserem Endleistenwinkel (daher auch die 1050g Schaum), damit eine lange Klappe keine labbrige Platte wird und sich knapp bemessene Rippenteile nicht ihre individuellen Flugbahnen suchen. Holz bedankt sich damit, dass es sich sichtbar skurril verzerrt, wenn's an die Belastungsgrenzen geht. Wenn man bei Holz dann nicht schnell Ruder zurücknimmt, hat man wenigstens noch Material im passenden Format in einer transportgerechten Tüte für winterliche Zweitverwertung.

Damit einfach die CNC nicht einrostet, bleiben wir weiter auf unserem "Holzweg", wir probieren's einfach mal. Unser Ziel ist keine Rekordmaschine, sondern eher ein Gebrauchsding, dass einfach zu fertigen ist, sooo viel Zeit ist bis Fiss ja nicht mehr; Kurt drängt schon, dass endlich die ersten Teile aus der CNC fallen.

Ich fänd's dann spannend, irgendwann mal die beiden Vögel im Flug zu vergleichen und zu schauen, wie weit wir hinten liegen, so eine Art "high tech meets classic" im kleinen Kreis.

Gruss

Werner
 
Hallo Werner,

o.k. Holz muss sein. Hat mir auch immer Spaß gemacht, siehe mein "Buntes Huhn".
Aber in eurem Falle würde ich dennoch eine Nasenbeplankung planen, ganz einfach, weil sie leichter ist als ein breiter Holm mit zu starker Verkastung gegen Torsion. Oder eben fester, bei gleichem Gewicht. Dann braucht ihr auch keine Diagonalrippen HINTER dem Holm (Masse an der falschen Stelle, = Blei in der Nase). Das mit der bessereren Strömung sehe ich auch als positiven Effekt, auch wenn Du da andere Unterlagen hast.

Wisst ihr schon, welches Profil ihr einsetzen werdet? Ich selber halte mich hier zurück, da ich mit Curts Profilen eher Exoten verbaue.
Aber mit etwas Stöbern hier im Forum findet ihr bestimmt etwas passendes. Aber bitte nicht älter als ca. 10 Jahr; bzw. keines aus der Zeit, wo einfach mal ein Profil mit negativem Momentenbeiwert umfunktioniert wurde mit dem Kurvenlineal zu einem S-Schlag-Profil.

Weil ihr in Holz bauen wollt, käme das JWL 065 in Betracht. Es ist ein eher thermiklastiges Profil, sehr gutmütig, und hat ein "eingebautes Höhenruder", d.h. es ist schon optimiert für eher langsames Fliegen; dafür muss man nicht mehr viel ziehen. Für die Holzbauweise eignet es sich auch gut, da es eine dicke Endleiste hat. Nachbauer haben es recht gut bewertet.

Weiter kämen Profile von Peter Wick in Frage, oder, oder...
Freunde, bitte meldet euch :)

Wenn nichts kommt, Werner, dann frag mal im Nuribereich nach, da tummeln sich die Spezialisten.

Bis dann!
Grüße,
Klaus.
JWL065.PNG
 
an Klaus

an Klaus

Hallo Klaus,

ja, mit dem jwl065 haben wir schon mal 'ne in PLA-3D-gedruckte Vierklappen-Brett-Mühle in 2m "klassisch" und viereckig in Streckung 8 gebaut, dank an Nicolai Hangst und Philip Gawron... und auch an Knut Schasse, der die Vorgängerversion in 3D-gedrucktem ABS mit CFK-rovings in 1,6m mit Übergewicht mit 200m Landeflug aus 2m Höhe mit speed zu landen wusste. Das letztere Ding mit 26 g/qdm flog einfach nicht zu landen für einen Normalsterblichen ohne Butterfly ... flog sauber bis ca. 80 km/h - nach Kurt's Einschätzung - , da fingen die Torsionsschwingungen - recht harmlos - an, Sackflug ok mit etwas Querruderunterstützung. Die Vierkanttorsionsbox aus CFK war einfach nicht diagonal laminiert und ein bischen dünne, in Querschnitt und Grösse; jedenfalls, das Designziel von Johannes - diese rauhe Oberfläche im unteren Klappenbereich für Turbulenz und damit anliegende Strömung, aus der er das positive cm0 holt - liefert diese 3D-Druckerei offenbar von Haus aus. Auf PLA kann man nicht bügeln, also die selbstklebende Folie von Lanitz lieferte in diesem Falle eine am Ende grausame Berg-und-Tal Oberfläche, ich hab noch nie so eine Katastrophe gesehen, das Ding flog trotzdem wie ab. Wir haben auf unserem Flugfeld noch Photos mit Tele mit der Vierklappenmühle gemacht, so dass alle Welt glaubt, das sei Photoshop: Inversionswetterlage im November, so dass man meint, man könnt auf der Wolkendecke laufen; Fluggebiet auf 1000m auf unserem springbaumverseuchten Platz, der Nebel des KKW Kaiseraugst schaut aus der ansonsten homogenen Wolkenfläche, im Hintergund die 4000er des Berner Oberlands in 200 km Entfernung völlig klar. Nein: das war reality.

Was die elastische Achse mit den Diagonalrippen angeht hatte ich auch meine Zeifel. Die FEM ist ein bischen tricky, sieht aber so aus, als wenn das kaum eine Verschiebung nach hinten machen dürfte. Ich hab ein bischen theorisch in Aeroelastizität nachgeladen, das, was das ausmacht, scheint unkritisch zu sein; ich bring da noch was zu.

Ich darf mal eine eine Bemerkung als alter newby loslassen: ich studiere die Szene schon seit 'ner Weile mit ein bischen Theoriehintergund und hab 'nen faible für Minimalismus und lerne jeden Tag dazu... und bin absolut beindruckt, was da seit so ca. 20 Jahren qualitativ abgeht, wir laufen auf ganz erfahrenen Schultern mit einer unglaublichen Kenntnis und Erfahrung in Aerodynamik und praktischer Bauerfahrung. Ich brauch die Namen nicht zu nennen, die kennt wohl jeder in der Szene, ich kenn sie leider nicht persönlich; ich fühl mich manchmal an die goldene Zeit der Unterschall-Aerodynamik erinnert, akribisch zusammengefasst von Sighard Hoerner auf 1000enden von Seiten in den 60ern: lift and drag. Noch ein bischen Munk dazu und dann die ganze NACA-Erfahrung.

Peter Wicks Profile hab ich mir angeschaut, am Ende bin ich ein bischen der US-Szene gefolgt: Barnaby Wainfan. Er ist beruflich vom Fach, hat geniale, neue Sichtweisen und realisiert sie, das Profil ist in der US-Szene als robust bekannt und hat die Fülligkeit, die eine solide Rippenbauweise verlangt. Die Unterschiede zu Peter Wick sind in der Tat sehr graduell, insbesonderem mit Bespannung ist's am Ende irgendwie wohl bims, Hauptsache, die Oberfläche ist vorne ganz glatt und es treten keine Stolperfallen auf.

Der Modellbau war und ist vielleicht die Speerspitze in neuen Entwickungen, ist halt regulatorisch minmal beschränkt.

Klaus, ich würd Dich übrigens gern persönlich kennenlernen, von "alten Hasen" kann man nur lernen.

Gruss

Werner
 
Hallo Werner,

danke, für die Nachfrage mich kennen lernen zu wollen. Ein alter hase bin ich nicht unbedingt, da sind noch viel bessere Koniferen :D hier im Forum.
Ich glaube, das mit dem Treffen machen wir dann spontan per PN aus, o.k.?

Gut, dass Du das JWL 65 kennst. Ich habe Johannes persönlich gekannt, und bis zu seinem Ableben immer wieder besucht. Einen Teil seiner Modelle habe ich übernommen, die Uzza 4 fliegt immer noch. Auch die Hanz-Flügel habe ich eine Zeitlang geflogen.

Was ich in der Praxis noch nicht habe fliegen sehen, sind die Brett-Profile von Hartmut Siegmann.

Ja, so wie ich Dich und Deine Mitstreiter einschätze, habt ihr schon konkrete Vorstellungen. Wir können euch bei entsprechender Anfrage hier und da vielleicht anschieben, und tun das gerne.

Halte uns weiterhin am Laufenden, und Grüße an das Team
Klaus.
 
Einige Gedanken zu Modellen

Einige Gedanken zu Modellen

Hallo Klaus,

genau, so machen wir's !


Ich nehme Deine indirekte Anregung zur Vorstellungen unserer Überlegungen zur Diskussion und Beiträgen gerne auf und möche einige grundlegende Gedankengänge vorstellen, die dem "Alpenkreuzer" zugrunde liegen. Das ist grob vereinfacht dargestellt, es geht um die wesentlichen Züge.

Ein Modellflugzeug benötigt für Flugleistung Optimierungen in folgenden Bereichen:

Aerodynamik

Hier steht in der Modellfliegerszene das "Profil" im Vordergrund, Was ich aber haben möchte, ist Flugleistung, d.h., geringes Sinken und gutes Gleiten. Die Flugzeugpolare kann dann mit der Flächenbelastung mit der Wurzel aus der Flächenbelastung über die Geschwindigkeit gestreckt werden, das ist eher keine Frage der Aerodynamik sondern schlicht des Gewichts.

Für jede Klasse von Anwendung gibt es viele Profile, Thermik, Hangflug, allround, speed. Die Profilpolaren unterscheiden sich bei leidlich brauchbaren Profilen in einer Klasse nur wenig. Warum auch, bei den "schlechteren" Profilen hat man vielleicht 50% der Oberfläche laminar, bei den sehr guten vielleicht 70%, der Unterschied ist im Widerstand entsprechend gering, die Empfindlichkeit bei den 70%ern auf Mückenleichen, Bauungenauigkeiten etc. allerdings gross. Nimmt man ein robustes, "schlechtes" Profil und baut den Vogel nur etwas grösser, hat man über die Reynoldszahl die Effizienzdifferenz zu einem "guten" Profil locker wettgemacht, da braucht man nur in die Profilpolaren zu schauen, die Reynoldszahl ist im Modellbereich _der_ entscheidende Faktor für Leistung (anders als in der bemannten Szene).

Viel dramatischer wirkt sich eine rauhe Oberfläche oder eine Turbulenzkante negativ aus, kann jeder mit einem der vielen Profilprogramme studieren. Wenn man also unproblematische Flugleistung haben will, holt man sie einfach aus der Reynoldszahl und einer glatten Oberfläche ohne turbulenzerzeugende Kanten und nimmt ansonsten ein mackenarmes "Sorglosprofil".

In der Wettbewerbsszene sieht's natürlich anders aus, da sind die geometrischen Grössen i.a. limitiert, so dass als einziger freier Parameter das Profil übrig bleibt.

Ansonsten ist es wichtig, keine aerodynamischen Fehler zu machen: vorne rauhe Rumpfoberflächen, Ecken (Leitwerk, Rumpf-Flächenübergang), Längs- und Querschlitze, ... Der schon genannte Hörner gibt da umfassend Auskunft. Die goldene Zeit der Aerodynamik war nicht die Zeit der Superprofile, sondern des "clean-ups" der gesamten Zelle, unendlich viel Detailarbeit.


Flugdynamik

Was sehr schwierig erscheint, ist heute der am einfachsten zu lösende Bereich. Man mache sich mit AVL oder XFLR5 etc. vertraut, spiel ein wenig herum und gut isses.


Statik

Grössere Reynoldszahlen haben einen wesentlichen Vorteil, die Profile dürfen dicker sein. Das liegt daran, dass Luft ausserhalb der Grenzschicht eine bestimmte Form am liebsten mag. Bei dicker Grenzschicht - also kleinem Re - bleibt für's eigentliche Profil - das, was man sieht - dann nicht mehr viel übrig, das Profil muss dann dünn sein. Am besten sieht man im Geiste ein Profil nicht als solches, sondern ein Profil plus seine Grenzschicht; das ist auch das, was die umströmende Luft "sieht" und darauf reagiert.

Das schafft Platz für eine solide Tragflächenkonstruktion, man benötigt Biegesteifigkeit und Torsionssteifigkeit. Unabhängig davon, ob man eine Schalenstruktur oder eine Balkenstruktur verwendet, das Biegeträgheitsmoment ist leicht zu berechnen und ggf. zu optimieren; die auftretenden Lasten auch. Für die Torsionssteifigkeit kann die Schale selbst genutzt werden oder benutzt andere Elemente wie D-Box, Torsionskasten o.ä.., Berechnung leicht möglich über die 2.Bredtsche Formel.

Ganz entscheidend für eine gute Konstruktion bei Verwendung gerichteter Materialien (GFK, CFK, Holz) ist das Verständnis der auftretenden Kraftvorzugsrichtungen: auf Biegung immer längs, auf Torsion und Schub immer sozusagen "unter 45 Grad". Das liegt daran, dass Torsionsversteifungen im Flugzeugbau immer Schalen sind und eine Torsion einer Scherung eines Flächenelementes in der Schale entspricht, dieses Element wird also diagonal gestreckt und senkrecht dazu zusammengedrückt.

Bei Biegung braucht man das E-Modul in Längsrichtung der Belastung, bei Gurten oder Schalen also in Richtung der Tragfläche. Bei Torsion benötigt man das G-Modul, dass über die Poissonzahl ("Stauchung") mit dem E-Modul "unter 45 Grad" verknüpft ist.

Wie gross ist der Einfluss der Faserrichtung(en) ?
- E- Modul:
Holz: längs der Faser maximal, unter 45 Grad noch etwa 20% davon, quer zur Faser nahe null (--> Gurte brauchen immer die Fasern längs); gleiches gilt für Sperrholz.
CFK: maximal längs der Faser und nahe null quer, bei Gewebe anteilig entsprechend Faserrichtung, unter 45 grad nur noch 10%
GFK: maximal längs der Faser unter 45 Grad und nahe null quer, bei Gewebe anteilig entsprechend Faserrichtung, unter 45 grad noch 30%

- G-Modul:
Holz: logischerweise bei 0/90 Grad 20% des maximalen G-Moduls, uner 45 Grad maximal; das gilt natürlich auch für kreuzweise lagenweises Sperrholz: der Unterschied zwischem dem G-Modul in 0/90 und 45 Grad ist der Faktor 5 !!!
CFK-Gewebe: das Verhältnis der G-Module der beiden Richtungen ist 1:10 !!!
GFK-Gewebe: das Verhältnis der G-Module der beiden Richtungen ist 1:3

Das führt zu dem nur scheinbar skurrilen Effekt, dass ein Torsionselement (Rohr Kasten, D-Box) aus Holz in der "richtigen" Richtung doppelt so steif ist wie ein dasselbe Ding mit genau den gleichen Massen in CFK in der "falschen" Richtung. Für gleiche Torsionssteifigkeit bräuchte man daher in CFK "falsche Richtung" das sechsfache Gewicht im Vergleich zu Holz "richtig" verbaut ! Soweit zum Thema "CFK ist _das_ Material", gelegentlich also ein ziemlicher Unfug.

Warum ist Holz so in Verruf geraten ? Meine Vermutung geht wie folgt. Die Tragflächenstrukturen alter Holzmodelle sind scheinbar eine mittlere Katastrophe, teils keine Gurte, teils keine Stege, durchweg keine Torsionselemente. Warum scheinbar ? Weil sie mit Papier bespannt waren ! Papier ergibt eine wunderbare Schale, die u.a. für ordentliche Torsionsteifigkeit sorgt. (Manche Leute bauen Flieger aus Styrokern mit Papier beplankt, meist eher kleinere, es gibt aber keinen Grund, solche Dinger nicht in 10m Spannweite zu bauen, simple Schalenrechnung für die erforderlichen Lagenzahlen längs der Spannweite). Diese alten Dinger holten nahezu ihre ganze Statik aus dem Spannpapier !

Dann kam die Zeit der Bügelfolie, E-Modul und G-Modul nahe Gummiband. Eine solche Holzstruktur mit Folie bespannt ergibt logischerweise eine torsionsschlappe Wabbelfläche, mit der man nur noch rumschleichen kann ---> Holz ist Mist, nein, die Bügelfolie ist Mist (bei der Tragflächenbauweise)

Wenn man also Bügelfolie nutzen will - sie ist ja superglatt und lässt sich prima spannen -, muss man zwingend die ganzen Aufgaben der Tragflächenstatik der Holzstruktur mitgeben, wie man das macht, siehe oben, in Styro beplanken oder ganz klassischer Tragflächenbau der 30er Jahre. Dann hat hat man ordentliche Tragflächen, die "was abkönnen".

Grosse "Vögel" haben den Nachteil, dass man Landehilfen braucht, _weil_ sie so gute Flugleistungen haben. In GFK/CFK kosten sie zudem ein halbes Vermögen, in Holz (Kiefer, Pappel) nur einen Bruchteil davon.

Holz hat den Ruf, besonders bauaufwändig zu sein. Nun, mit CNC-Fräsen oder -Lasern heute und einer cleveren Steckbauweise sollte das inzwischen kein Thema mehr sein, ist jedenfalls kein Problem des Materials Holz, sondern evtl. ein Problem der Konstruktion. Was Arbeit macht, ist das Beplanken einer D-Box, z.B., man braucht die aber nicht zwingend, das wollen wir zeigen.

Gruss

Werner
 
"Holzbruch"

"Holzbruch"

Für die Gurte nehmen wir Kiefer. Hier die Variationsbreite ihrer Eigenschaften:


Rohdichte: 0,5 g/cm^3(größerer Streubereich)

Druckfestigkeit (N/mm²): 35-94 (~55)
Zugfestigkeit (N/mm²): 35-196 (~104)
Biegefestigkeit (N/mm²): 41-205 (~80)
Härte (N/mm²): 35-95 (~40)
E-Modul (N/mm²): 6900-20100 (~12000)

(Quelle: https://www.holz-blum.com/publish/viewfull.cfm?objectid=hgcs_zo_c74dc5fb_7e90_43c1_7b5396eaebdcc775)


Die Variationsbreite ist also recht gross und es empfiehlt sich, den fertigen Holm einem Belastungstest auszusetzen (oder das Material vorher zu testen).


Wenn man den Holm der mittleren Tragfläche (Länge 1.26m) als Biegebalken mit Punktlast in der Mitte rechnet, so ergibt sich allerdings unabhängig von der Holzqualität Bruch immer bei etwa 45mm Durchbiegung.

Das entspricht der Erfahrung, dass man bei Holz - unabhängig von seiner Qualität - "sieht", wenn es brechen wird, ein grosser Vorteil in Praxis.


Gruss

Werner
 
Oberer Gurt etwas dicker machen

Oberer Gurt etwas dicker machen

Hallo Werner,

den oberen Gurt mache ich immer etwas dicker, ca. 30 % mehr Querschnitt als beim unteren Gurt. (Im Umkehrschluss kann der untere Gurt schlanker werden, was Gewicht spart).


Grund:
wie schon aus Deiner Tabelle ersichtlich, ist die Druckbelastbarkeit geringer als die Zugbelastbarkeit. Somit ist die Gefahr des Einknickens des Obergurtes geringer, und der Holm wird etwas später, aber mit beiden Gurten etwa gleichzeitig versagen. Kurz ausgedrückt: man schleppt nicht unnötiges Material herum.

(Dies gilt natürlich nur für den Normalflug, nicht für den Rückenflug bei Höchstgeschwindigkeit mit anschließendem brachialem Ziehen. Aber im Rückenflug wird das Profil den nötigen Auftrieb nicht leisten können).

Gruß
Klaus.
 
an Klaus

an Klaus

Hallo Klaus,

prima Tip, danke ! Rückenflug mit 12 g wird wohl mit einem Knickflügel kaum geflogen werden, insofern in die Richtung überspezifiziert.

Ich hab die Gurtleisten mit 1mm Übermass aus grösseren Kieferleisten gesägt, Kurt leimt die dann auf den Torsionskasten. Dann soll der ganze Holm durch eine Dickenhobelmaschine laufen. Da können wir Deinen Tipp dann aufnehmen, lassen oben etwas mehr stehen und unten etwas weniger, wieviel, rechne ich noch. So hergestellt sollten die Rippen dann "snug-fit" auf den Holm passen, werden von vorne und hinten zweigeteilt gesteckt, Halbrippen nur von vorne. Die Dickenhobelmaschine geht nur nicht bei den Aussenflügeln, da die Holme konisch zulaufen, müssen halt der Bandschleifer und die Schieblehre ran.

Vorher machen wir aber einen Biege- und Torsionstest des Holms, um zu wissen, wo wir mit unseren Materialqualitäten liegen, die drei Holme sind das A und O und beim spanloader ist die Torsionssteifigkeit das Wichtigste. Wenn das ok, kann man eigentlich nur noch bezüglich Festigkeit bei den Steckungen was falsch machen. Da hab ich gerechnet, dass je zwei Mal 12/10er hochfestes Alurohr (600 N/mm^2) links und rechts des Holms reichen sollten, die in die Holme über Rippen einzuleitenden Kräfte liegen ungefähr bei maximal 500 N (Biegung und Torsion kombiniert, aufgeballastet). Laut FEM sollten 6.5mm Birke-Multiplex-Rippen an den "Hebelauflagen" mit Reserve reichen, davon also insgesamt 8 bei dreiteiliger Fläche, die restlichen Rippen etc. sind einfach aus 3-fach gesperrter 3mm Pappel, Aussenlagen längs.

Gruss

Werner
 
Biegemomente beim Spanloader

Biegemomente beim Spanloader

Hallo Klaus,

jetzt hab ich die Biegemomente für den Alpenkreuzer doch mal genauer gerechnet, nicht nur grob (mit viel Sicherheit) geschätzt wie bisher, habe dafür ein kleines Programm gehackert. Die Massen sind geschätzt, eine elliptische Auftriebsverteilung und eine gleichmässige Verteilung der Tragflächenmasse über die Spannweite werden angenommen.

Ich unterscheide 3 Fälle: die Tragfläche alleine (2.1 kg), Tragfläche plus Rumpf und Seitenleitwerk (1.4 kg) und komplett mit zusätzlich 2 kg Ballast in der Mittenfläche. Die Lastenverteilung, die lokalen Biegemomente und die erforderlichen Gurtquerschnitte bei 20 N/mm^2 zulässiger Zug/Druckbelastung und bei einem Lastvielfachen von 12 werden berechnet.

nur Tragfläche:
Lasten_nur_Flaeche.png Biegemomente_nur_Flaeche.png Gurtquerschnitte_nur_Flaeche.png

Man sieht, dass die "Ohren" der Tragfläche nach unten gebogen werden, weil der meiste Auftrieb in der Mitte vorliegt, die Biegebelastung mit bis 16 Nm ist gering ("spanloader")

jetzt mit Rumpf:
Lasten_mit_Rumpf.png Biegemomente_mit_Rumpf.png Gurtquerschnitte_mit Rumpf.png


Die Wurzelbiegebelastung ist mit 40 Nm recht gering, die Belastung im Bereich der Steckungen betragen 10 Nm, auch hier werden die Ohren ein klein wenig nach unten gebogen.

und nun mit Ballast:
Lasten_mit Ballast.png Biegemomente_mit_Ballast.png Gurtquerschnitte_mit_Ballast.png

Das Wurzelbiegemoment geht jetzt auf 90 Nm hoch, im Bereich der Steckungen bleibt die Belastung mit 40 Nm moderat. Da wir aber Stahlstangen als Ballast vorsehen, nehmen diese die Biegebelastungen dann im mittleren Teil im wesentlichen auf, müssen ja irgendwie ordentlich im Torsionskasten gehalten werden, damit sie sich nicht selbständig machen.

Die Biegebelastungen sind beim Alpenkreuzer also ziemlich moderat, manchem mögen die Kieferquerschnitte vom Gefühl her für 3.5m Spannweite als zu gering erscheinen, das spanloader-Prinzip halt.
Es lohnt sich vom Gewicht her daher nicht, die Querschnitte im Mittelteil konisch zulaufen zu lassen, vereinfacht auch das Bauen.

Gruss

Werner
 
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