Maximaler Auftriebsbeiwert gepfeilter Flügel

Übliche Flügel (Profile) erreichen ohne Auftriebshilfen (Klappen) maximale Auftriebsbeiwerte von ca. 1,5.
Sie sind, abgesehen vom Widerstand, entscheidend für vmin.

Für Drachen (Hängegleiter) werden vmin von ca. 30 km/h angegeben, was aber Auftriebsbeiwerte von etwa 1,9 bedeuten würde.

Kann es sein, dass gepfeilte Flügel höhere Beiwerte erreichen (da die äußeren Flügelsegmente hinten von den inneren Luft (Grenzschicht) absaugen)?
Aus der Literatur ergibt sich, dass die max. Beiwerte eher niedriger sind.

Wer kann mir helfen?

Gruß, Bernhard
 

UweH

User
Übliche Flügel (Profile) erreichen ohne Auftriebshilfen (Klappen) maximale Auftriebsbeiwerte von ca. 1,5.
Sie sind, abgesehen vom Widerstand, entscheidend für vmin.

Hallo Berhard,

zunächst musst Du den Maximalauftrieb des Profils gegenüber dem Maximalauftrieb des Flügels getrennt betrachten.
Die Auftriebsbeiwertsverteilung und Zirkulationsverteilung ändern sich über die Spannweitenposition, damit ändern sich die aerodynamischen Bedingungen und damit die aerodynamischen Kennwerte über die Spannweitenposition, selbst wenn auf dem Flügel durchgehend das selbe Profil eingebaut ist.
Bei Pfeilnurflügeln, wie es auch Hängegleiter sind, wird zur Flugstabilisierung um die Querachse mindestens eine Schränkung eingebaut, meist auch zusätzlich ein Flügelstrak aus verschiedenen Profilen. Damit unterscheiden sich die aerodynamischen Kennwerte der unterschiedlichen Spannweitenpositionen in einem bestimmten Flugzustand noch mal zusätzlich.


Für Drachen (Hängegleiter) werden vmin von ca. 30 km/h angegeben, was aber Auftriebsbeiwerte von etwa 1,9 bedeuten würde.

Ich möchte Dein Beispiel hier nicht nachrechnen, aber Hängegleiter sind erheblich größer als Modellflugzeuge und haben deshalb bei gleicher Fluggeschwindigkeit höhere Re-Zahlen. Höhere Re-Zahlen bedeuten für das selbe Profil niedrigere Minimalwiderstände und höheren Maximalauftrieb.
Zusätzlich werden Profildicke und Profilwölbung bei manntragenden Hängegleitern größer gewählt als bei Modellflugzeugen weil die Flächenbelastung höher ist und trotzdem ausreichend niedrige Minimalgeschwindigkeit notwendig ist, auch daraus ergibt sich hoher Flügel-Maximalauftrieb.


Kann es sein, dass gepfeilte Flügel höhere Beiwerte erreichen (da die äußeren Flügelsegmente hinten von den inneren Luft (Grenzschicht) absaugen)?
Aus der Literatur ergibt sich, dass die max. Beiwerte eher niedriger sind.

Die Ablenkung der Strömung an einem gepfeilten Flügel nach außen hat eine Änderung der Zirkulations- und Auftriebsbeiwertsverteilung zur Folge, besonders bei hohen Anstellwinkeln, erhöht aber nicht den Maximalauftrieb des Flügels.
Die bei Pfeilnurflügeln zur Flugstabilisierung notwendige Schränkung vermindert den Maximalauftrieb des Außenflügels und führt insgesamt zu einer Verminderung des Maximalauftriebs des gesamten Flügels im Vergleich zu einem ungeschränkten geraden Flügel mit vergleichbarer Profilierung.
Daher diese Angaben in der Literatur.

Gruß,

Uwe.
 
Max. Auftrieb gepfeilter Flügel

Max. Auftrieb gepfeilter Flügel

Hallo Uwe,

vielen Dank für Deine Antwort.

Drachen haben Schränkungen von etwa 7 Grad (Starre) bis 30 Grad (Anfänger-Flexis).
Sie fliegen daher mit entsprechend hohen Anstellwinkeln (auf die Flügelwurzel bzw. das Kielrohr bezogen), so dass die Strömung bei den stark geschränkten Geräten im Mittelteil des Flügels abgerissen ist.

Die Flügeltiefe beträgt 1 m (Starre) bis 2 m (Flügelwurzel Anfängergerät).

Die Profildicke beträgt ca. 12%, die Wölbung gut die Hälfte davon. Die Dicken- wie auch die Wölbungsrücklage ist gering, ca. 20%.
Der Nasenradius beträgt ca. 0,02%.

Die Trimmgeschwindigkeit für bestes Gleiten liegt bei 40 bis 50 km/h bei einer Gesamtmasse von 120 bis 140 kg und einer Fläche von 14 bis 15 qm.

Drachen werden einer Musterprüfung unterzogen, wobei ihre Nickstabilität auf einem Messwagen als Windkanal geprüft wird.
Dabei wird über einen großen Anstellwinkelbereich auch der Auftrieb und die gesamte Luftkraft gemessen, natürlich bei entsprechender Streuung und Messunsicherheit.

Von 2 Drachen kenne ich die Messprotokolle. Aus ihnen ergeben sich maximale Auftriebsbeiwerte von 1,3 und 1,5.
Bei einer Luftdichte von 1,225 kg/cbm ergibt das eine Minimalgeschwindigkeit von 36,5 km/h.
In Testflügen sind für die Geräte jedoch vmin um die 30 km/h gemessen bzw. angegeben worden, was einem Beiwert von 2,0 entspricht.

Kenne auch Werte von Sportflugzeugen und Segelflugzeugen. Ohne Auftriebshilfen werden hier Maximalwerte von etwa 1,4 erreicht, jedoch nie und nimmer 2,0. Solch hohe Werte werden nur mit Klappen erzielt.

Darum meine Frage, ob aus dem Modellbau für gepfeilte Flügel bzw. Nurflügel bekannt sein könnte, dass sich durch Pfeilung höhere Maximalwerte erreichen lassen. Meines Erachtens ist eher das Gegenteil der Fall.

Weiß nicht, wie ich den Widerspruch zwischen den Messungen erklären kann.

Gruß, Bernhard
 

Chrima

User
In Testflügen sind für die Geräte jedoch vmin um die 30 km/h gemessen bzw. angegeben worden, was einem Beiwert von 2,0 entspricht.

Hi Bernhard
Als stabiler Flugzustand ? Und wie hoch war die dazugehörende Sinkgeschwindigkeit ?

Bei Modellen kann man je nach Schwerpunktlage auch einen extrem langsamen aber dafür steilen "Sack"-Flug herbeiführen.
Ähnlich auch von Deltaflügeln bekannt (Rogallo).

Gruss
Christian
 

UweH

User
Darum meine Frage, ob aus dem Modellbau für gepfeilte Flügel bzw. Nurflügel bekannt sein könnte, dass sich durch Pfeilung höhere Maximalwerte erreichen lassen. Meines Erachtens ist eher das Gegenteil der Fall.

Weiß nicht, wie ich den Widerspruch zwischen den Messungen erklären kann.

Hallo Bernhard,

die Pfeilflügelaerodynamik führt dazu dass der Flügel-cA immer deutlich niedriger ist als der größte Profil-ca im Flügel, das ist unvermeidlicher Trimmverlust. Auch das DSA-Rohr dass bei Modellen an Wingletpfeilen dank der Untersuchungen von Hans Jürgen Unverferth in letzter Zeit oft verwendet wird ändert daran nichts, sondern verkleinert nur die Differenz zwischen Innenprofil-ca und Flügel-cA. Was das kostet habe ich noch nicht überprüfen können, aber in der Aerodynamik gibt es nichts umsonst.

Dass es zwischen Messungen unter Laborbedingungen, theoretischen Rechnungen und tatsächlich geflogenen Werten oft große Differenzen gibt ist kein Widerspruch der Methoden, sondern praktische Erfahrung. Allein die Schwerpunktlage kann hier im stabil fliegbaren Bereich am selben Flügel schon 20 % Unterschied im cAmax ausmachen.

Gruß,

Uwe.
 
Gemeint ist eine vmin für einen stabilen Flug, also Schwerpunkt noch etliche cm vor dem Neutralpunkt.

Die Gleitzahl beträgt dabei etwa 10, das Sinken also gut 1 m/s.

Aufgrund der hohen Schränkung ist die Strömung im Mittelteil der Fläche abgerissen, ab z.B. halber Halbspannweite liegt sie aber noch an.

Das mit dem Sackflug ist aber interessant. Was für ein Beiwert wird dabei erreicht?
Ich vermute allerdings aufgrund von Geschwindigkeits-Polaren, dass die Gesamtgeschwindigkeit aus Vorwärtsgeschwindigkeit und Sinken beim Sackflug höher ist als bei einem etwas kleineren Anstell- bzw. Anströmwinkel.

Klar wären keine Abweichungen zwischen verschiedenen Messungen und Berechnungen überraschend.
Nur erscheinen mir die Messungen auf dem Messwagen als Windkanal mit einem max. Beiwert von ca. 1,4 glaubwürdiger als die Messungen im Testflug mit einem max. Beiwert von ca. 2,0, einem Traumwert, den man nur mit Klappen erreicht. Und zwischen 1,4 und 2,0 besteht schon ein großer Unterschied.

Was ist das DSA-Rohr?

Gruß, Bernhard
 

UweH

User
Klar wären keine Abweichungen zwischen verschiedenen Messungen und Berechnungen überraschend.
Nur erscheinen mir die Messungen auf dem Messwagen als Windkanal mit einem max. Beiwert von ca. 1,4 glaubwürdiger als die Messungen im Testflug mit einem max. Beiwert von ca. 2,0, einem Traumwert, den man nur mit Klappen erreicht. Und zwischen 1,4 und 2,0 besteht schon ein großer Unterschied.

Hallo Bernhard, ich habe mal versucht mit einem Auto als "Meßwagen" die Genauigkeit eines Pitot-Rohrs zu überprüfen. Die Sonde war mit einem etwa 1 m langen Stab vor dem Kühlergrill des VW Golf montiert. Die Abweichung durch die "Bugwelle" des Autos war bei 70 km/h etwa 20 %.
Ich kann nicht beurteilen wie groß der Unterschied zwischen Messungen auf einem bodengebundenen Meßwagen und freier Strömung im Flug ist, aber ich vermute der Unterschied ist nicht klein.



Was ist das DSA-Rohr?

Schau mal in diesen Thread: http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/593120-DSA-Rohre?p=4146349&viewfull=1#post4146349


Beim Sackflug pendelt der Flieger immer zwischen abgerissener und anliegender Strömung im Mittelflügel. Dabei muss die Strömung am Außenflügel noch so weit anliegen, dass Ruderwirkung vorhanden ist, sonst kippt der Flieger zur Seite weg. Der Auftriebsbeiwert ist dabei also immer im Wechsel knapp über und knapp unter cA max des Flügels, der flugzeugabhängig ist. Die Vorwärtsgeschwindigkeit ist dabei sehr gering, die Sinkgeschwindigkeit sehr hoch.

Gruß,

Uwe.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich kann mir vorstellen, dass diese Minimalgeschwindigkeit nur transient im Bodeneffekt erreicht wird, also in einem Abfangmanöver, wo der Flügel dicht über dem Boden schnell in den Stall gebracht wird. CA = 2.0 scheint mir für einen stationären Flugzustand illusorisch.
 
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