Wiederauferstehung eines O.S. FS 40 SurpassOder was man bei Verwendung von Synthetiksprit beachten sollte...Ingo Seibert |
Wie alles begann.Ein netter Kollege übergab mir eines schönen Tages diesen Motor mit den Worten "Du, der iss fest, kannst du den gängig machen?" Klar, kann ich, dachte ich mir so. Und damit nahm das Elend seinen Lauf... Ähnlich den Pyramiden von Gizeh wollte auch dieser äußerlich in sehr gutem Zustand befindliche Viertakter japanischer Herkunft sein Geheimnis nicht so einfach preisgeben - fast zwei Tage wurden benötigt, um den Motor komplett auseinander zu bauen. In diesen zwei Tagen wurden alle Teile, die sich noch bewegen ließen, demontiert und alles Verbliebene in Industriereiniger und eine Art "Kriechölbad" gelegt, um das Teilekonglomerat doch noch mal voneinander trennen zu können. Wieso Teilekonglomerat? Beim Abnehmen der Gehäusedeckel, was bereits in Schwerarbeit ausartete, bot sich mir folgendes Bild:
Auf dem ersten Bild, hinter dem "leicht verfärbten" Pleuel, ist die Kurbelwange zu erahnen. Das zweite Bild zeigt die Nockenwelle. Wohlgemerkt, nicht das eigentlich an dieser Stelle sitzende Kugellager, sondern die Nockenwelle ! Die Bilder 3 + 4 schließlich zeigen den Verbrennungsraum mit absolut fest sitzendem Kolben und ebensolchen Ventilen. Nach der vollständigen Demontage und gründlichen Reinigung konnte ich mir die Teile dann genauer anschauen. Folgendes brachte die Schadenanalyse zutage:
Das sah nach Arbeit aus... Da die Beschaffung der angetöteten Teile als Original-Ersatzteile leicht den Neuwert des Motors erreicht hätte, beschränkte ich mich auf bestmögliche Nacharbeit und einen Satz neue Kugellager, die ich über den vielen von uns bekannten "Mechwerkandi" bezogen habe. Die Schrägverzahnung von Nocken- und Kurbelwelle wurde mit einem speziell angeschliffenen Miniwerkzeug unter dem Mikroskop nachgearbeitet und anschließend feingeschliffen und, soweit möglich, poliert. Alleine das hat schon fast 8 Stunden gedauert. Die Nocken selbst mussten um einige Zehntel von Hand abgeschliffen und wieder poliert werden, um zumindest die gröbsten „Schlaglöcher“ in der Gleitfläche zu egalisieren. Alle anderen Oberflächen wurden ebenfalls gereinigt und poliert und anschließend mittels Oberflächenmessgerät überprüft. Alle wichtigen Durchmesser wurden vermessen und waren erstaunlicherweise noch innerhalb der Toleranz. Sodann musste das Kurbelgehäuse innen gereinigt bzw. ausgeschliffen werden, was eine der lästigsten Arbeiten darstellte. Erstaunlich, wie viel Dreck in so einen kleinen Motor passt!
Jetzt, nachdem die alten Nockenwellenlager entfernt waren, konnten die
neuen Lager eingebaut werden, was sich als ziemlich schwierig erwies.
Das im Nockenwellendeckel sitzende Lager ließ sich nur mit Hilfe
eines Arbeitskollegen und Spezialabziehers haarscharf am Rande des Lagerbruches
entfernen. Das Innenliegende weigerte sich aber derart hartnäckig,
dass mir nichts anderes übrig blieb, als es mühevoll rauszuschleifen.
Der Lagersitz durfte dabei keinesfalls beschädigt werden... Naja,
wozu ist man Werkzeugmacher, genaues Schleifen per Hand ist Tagesgeschäft.
Abschließend wurde der Vergaser montiert, die Ventile eingestellt und zur Sicherheit die Steuerzeiten überprüft. Damit waren die mechanischen Arbeiten abgeschlossen, der Motor stand montiert vor mir, bereit zu neuen Schandtaten:
Schließlich konnte der Zerknalltreibling auf meinen Probelaufholzrestekasten geschraubt werden. Ansaugen, Kerze dran und - nichts, gar nichts. Keine einzige müde Zündung. Die Kerze war auch defekt, wie verwunderlich ;). Gut, neue Kerze, neues Glück. Aber trotzdem passierte nichts, sodass ich zuerst nochmals alle Einstellungen überprüfte. Die Einstellung der Nockenwelle und des Ventilspiels waren aber korrekt, und so holte ich einen Akkuschrauber samt Gummivorsatz zu Hilfe (ich besitze keinen Anlasser). Erst nach dem Einsatz einer noch schneller drehenden Bohrmaschine gab der Motor irgendwann endlich eine Zündung von sich. Jetzt noch drei Mal von Hand an den Prop geklopft, und der Motor lief! Zwei Tanks mit ordentlich fettem Gemisch mit zwischenzeitlichen Abkühlpausen wurden ihm zur Eingewöhnung gegönnt. Beim nächsten Probelauf stellte ich den Vergaser langsam Richtung Höchstleistung ein, die Leerlaufnadel bzw. Zuluftbohrung musste für einen besseren Übergang auch noch etwas aufgedreht werden - fertig. Jetzt schnurrt er wieder wie ein Kätzchen und springt auch ohne Akkuschrauber gut von Hand an.
Nun liegt er sorgfältig eingemottet im Bastelraum und wartet auf ein neues Betätigungsfeld. Dem Kollegen waren die Ersatzteilkosten (von der Arbeit mal nicht zu sprechen) einfach zu hoch, und so ging der O.S. für ´ne Kiste Bier in meinen Besitz über. Da liegt doch noch eine Krick Klemm L 25 D im Lagerraum, die eigentlich für E-Antrieb vorgesehen war.... Mal sehen, vielleicht fühlt sich der O.S. FS-40 auch in der Nase dieser ganz wohl?! So, was hat das ganze jetzt mit Synthetiksprit zu tun? Ganz einfach; wird ein mit Synthetiksprit betriebener Motor einfach abgestellt, reagiert der unverbrannte Kraftstoff mit den verbliebenen Verbrennungsgasen und anderen Rückständen und bildet dabei äußerst aggressive Säuren, die jede nicht veredelte Oberfläche innerhalb kürzester Zeit zerfressen! Verstärkt wird das alles noch, wenn der Motor nach einer längeren Abkühlphase im Flug (Landeanflug mit wenig Gas) einfach abgestellt wird. Deswegen, bitte bitte, so ihr mit Synthetiksprit fliegen/fahren solltet, lasst eure Motoren vor dem endgültigen Ende des Flugtages noch mal min. 20 Sekunden auf Vollgas jubeln, und stellt dann die Spritzufuhr durch Abklemmen des Spritschlauches oder notfalls schnelles Schließen des Vergasers ab, damit die halbverbrannte Öl/Methanolsoße aus dem Motor gepustet wird! Weiterhin wäre noch das hier eingesetzte Öl zu betrachten. Ich weiß, dass einige jetzt schon "die Tüte mit kleinen Steinen" zur Hand nehmen werden, aber derartige Zerstörung kenne ich aus meiner langjährigen Erfahrung eben nur von Aerosynth. Andere Spritsorten scheinen also in der Bildung von sauren Rückständen deutlich zurückhaltender zu sein?! Nun denn, seid gewarnt: Ein Modellmotor braucht Pflege, sonst wird es ziemlich schnell ziemlich teuer! Die Rizinuspiloten sind dahingehend im Vorteil, denn die Suppe stinkt eben nur grässlich, klebt wie Pech und verkokt, lässt dafür aber die Lager in Ruhe... Trotzdem, ich benutze Synthetiksprit seit vielen Jahren ohne negative Auswirkungen für meine Motoren. Hat sich, abschließend betrachtet, der hohe Arbeitsaufwand für
den Motor gelohnt? Keine Ahnung, wohl eher nicht. Wenn er jetzt zuverlässig
läuft, soll´s mir aber recht sein. Ich kann eben so schlecht
einem defekten Motor die "letzte Ölung" erteilen, den Armen
päppele ich lieber wieder hoch und gewähre ihm das Gnadenbrot.
In diesem Sinne, hoffe ich, war es nicht zu langweilig.
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Stand: 26.10.2004
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