Umbau des Viertaktmotors Honda GX35

Umbau des Viertaktmotors „Honda X35“
zum Antrieb für Modellflugzeuge


Thomas Kurze (Mooney)
Erstveröffentlichung 04.06.2008


>>> A good thing comes twice in your life <<<

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Teil 1: Vom Triebkopf zum Flugmotor, mechanischer Umbau.
Teil 2: Prüfstandlauf, Ermittlung des richtigen Propellers, weitere Maßnahmen zur Steigerung der Leistung.
Teil 2 einhalb: Optimierung der Kraftstoff-Luft-Gemischaufbereitung
Teil 3: Praxistest im Modell.

Vorgeschichte
Viele wissen, dass ich bei RC-Network ab und zu Geschichten oder Berichte für Modellflieger schreibe.
Vor einiger Zeit kam eine Anfrage vom Wächter der Müllhalde, Konrad Kunik, ob ich Interesse hätte, einen Bericht über einen Flugmotor zu verfassen.

Zunächst fand ich das nicht so interessant, bis er mir dann sagte, dass es um den aktuellen Honda GX35 geht.
Ooha, dachte ich, manche Dinge im Leben passieren eben doch zweimal und meine Neugierde (oder auch Spieltrieb) war geweckt.
Es ist nun bald 10 Jahre her, dass ich mich mit der Urversion, dem GX31, ausführlicher beschäftigte, nachzulesen in der FMT 1/99.
Spontan sagte ich zu. Der Kontakt mit dem Anbieter Der Modellbau Heinz war schnell hergestellt, und nach ein paar Telefonaten stellte mir der Verteiber einen Motor zu Testzwecken kostenfrei zur Verfügung, dazu ein nachgearbeitetes Polrad und die Propelleraufnahme.
Desweiteren kamen noch ein paar unterschiedliche Vergaserhauptdüsen dazu, um bei späteren Abstimmungsproblemen besser gewappnet zu sein.

Nun folgte das obligatorische Warten bis der Postmann „zweimal“ klingelt.
Das bietet die Möglichkeit, uns vorab ein bisschen Background verschaffen.


Wissenswertes um den Motor!

Es ist ein Viertaktmotor mit 35ccm und laut Werksangabe mit einer Leistung von 1kW bei 7000 1/min.
Diese Daten sind der Homepage der Honda Deutschland GmbH entnommen. Gleiches steht auch in der dem Motor beiliegenden Betriebsanleitung.
Der Vertreiber weist aber auf Orignalprospektmaterial hin, in dem die Leistung mit 1,2kW angegeben ist. Die Differenz soll an neuen Messverfahren liegen, die gesetzlich vorgegeben worden sind.
Dem ganzen messen wir aber nicht soviel Bedeutung bei, denn am Ende ist es wichtig, welcher Propeller mit welcher Drehzahl und welcher Kraft an der Kurbelwelle zieht.

Für mehr technische Details empfehle ich www.internet.de
z. B.: http://www.honda-engines.com/engines/gx35.htm

Die Ventilsteuerung erfolgt über einen im Öl laufenden Zahnriemen. Das ist neu, der alte GX31 hatte Stößelstangen.

Das wirklich Interessante an diesem Motor ist der komplett getrennte Ölkreislauf. Das heißt, wir haben, wie beim Pkw-Motor, einen Ölvorrat, hier allerdings ohne Druckölpumpe. Statt dessen gibt es eine Ölschleuder, die dafür sorgt, dass alle wichtigen Stellen mit Schmieröl versorgt werden. Damit das funktioniert, verfügt der Motor über ein internes, ausgeklügeltes Druck-/Unterdrucksystem.
Dadurch wird das Öl wieder in den Ölschleuderraum zurück gefördert, nachdem es im Motor zirkuliert hat, um dann erneut auf die Reise durch den Motor zu gehen.
Ein wichtiger Nebeneffekt dieses Systems ist, dass dadurch der Motor rückenflugtauglich wird. Sonst wäre er für uns als Modellflugmotor unbrauchbar.

Es wird nur Normalbenzin von der Tankstelle benötigt. Keine öligen Abgase mehr, kein Pampeputzen am Modell.

Genug des Backgroundes, das Paket ist inzwischen angekommen.

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Doch bevor es ausgepackt und langsam ernst wird, noch ein paar wichtige Anmerkungen.
  1. Im Paket steckt kein einsatzbereiter Modellflugmotor, sondern ein Triebkopf, der entsprechend modifiziert werden muss.
  2. Die Propelleraufnahme ist wegen Nr. 3 nicht montiert.
  3. Wenn der Triebkopf in Eigenregie zum Flugmotor umgebaut wurde, sollte klar sein, dass es darauf keine Garantie vom Vertreiber oder Motorhersteller mehr gibt.
  4. Da wir aber Honda-Qualität im Motor haben, den Umbau mit technischem Sachverstand und Feingefühl machen, können wir Nr. 3 abhaken.
  5. Ersatzteile gibt’s beim örtlichen Honda-Motorgerätehändler oder beim o. g. Vertreiber.
  6. Zum Umbau sind gängige Werkzeuge aus der Metallbearbeitung notwendig. Desweiteren sollte man mit denen auch was anfangen können.
  7. Wer Nr. 6 nicht zur Verfügung hat, sollte lieber was Fertiges beim Vertreiber bestellen. Man braucht eine Drehbank, wenn man die Propelleraufnahme selbst herstellen und das Polrad umarbeiten will.
    Keine Drehbank vorhanden ... gleich die beiden Teile mitbestellen, dann läuft das später auch rund.
  8. Wer nach dieser Anleitung dennoch Teile beim Umbau vermurkst, geht entweder zum Heulen um die Ecke oder stirbt wie ein Mann.
Nun kommt der „Jack out of the box“!

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  1. Der Triebkopf mit Bedienungsanleitung und fertig bearbeitetem Polrad, das lose aufgesteckt ist.
  2. Die Propelleraufnahme mit Scheibe und M8-Zentralschraube.

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Und so sieht der Triebkopf von der Rückseite aus.

Anmerkung:
Im Normalfall ist das Luftfiltergehäuse nicht dabei.
Ich brauche den Luftfilter nur als Referenz für diesen Bericht.

Nun machen wir den Motor erstmal nackig und legen die Teile, die wir nicht mehr benötigen, weg ... für schlechte Zeiten!
...oder wir führen sie gleich dem üblichen Recyclingprozess zu.

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Links vom Holzpropeller: Die Teile, die wir mit Sicherheit nicht mehr brauchen.
Zwischen den Propellern: Die Teile, die man vielleicht noch brauchen kann.
Rechts: Alles, was später noch benötigt wird.

Wichtig:
Die schwarzen M5-Schrauben nicht wieder nutzen, da es sich um selbstschneidende Gewindeschrauben handelt. Wenn man die öfter rein und raus dreht, zerstören sie mit der Zeit das Gewinde im Aluminium.

Schauen wir uns den Motor aus allen Richtungen an.
Die Vorderseite, an der wir später die runde Anflanschung entfernen.

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Die Auslassseite mit Öleinfüllschraube.

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Die Rückseite mit Einwegkupplung, die entfernt wird.
Hier sieht man auch die drei M5-Verschraubungspunkte, die wir als Motoraufhängung nutzen werden.

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Die Einlassseite mit Ölrücklaufschlauch vom Kopf zum Kurbelwellengehäuse.
Der Stutzen oben am Ventildeckel ist für Blowby-Gase aus dem Motorraum. Normalerweise werden die über den Luftfilter dem Motor zur Verbrennung zugeführt. In unserem Fall lassen wir das bei Inbetriebnahme nach außen offen.

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Den einen oder anderen interessiert natürlich, wie es unter dem Ventildeckel aussieht....bitteschön:

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Hinten sehen wir das Nockenwellenrad mit dem Zahnriemen, vorne Ein- und Auslassventil mit Kipphebel.
Genau in der Mitte ist ein O-Ring, in den der Stutzen des Überdrucksystems im Ventildeckel eingreift.

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Die Ventildeckeldichtung ist aus Gummi, somit mehrmals zu verwenden. Der Rest des Motors ist dichtungslos, mit Flüssigdichtung zusammengebaut.

Hier ein Blick auf den Ventltrieb.

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Von der Seite des Nockenwellenrades ist der Mechanismus des Ventilaushebers zu erkennen. Dieser dient dazu, das Anwerfen des Motors zu erleichtern. Bei Anwerfdrehzahl wird das Auslassventil angehoben und damit die Kompression im Verbrennungs-Takt zurückgenommen.

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Ab einer höheren Drehzahl wird durch Fliehkraft am Hebel die Ventilaushebung weggeschaltet.

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Da der Deckel schon mal abgebaut ist, wird noch das Ventilspiel kontrolliert, passte saugend.
Einlass: 0,08
Auslass: 0,11
Den Rest des Motors lassen wir zu, getreu der Erfahrung:
„Never touch a running system“.

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Für die „Propellernabenselberdreher“:
Der Kurbelwellenstumpf hat das Kegelverhältnis von 1/5 bei
D = 15 mm; d = 12 mm; L = 15 mm Der Keil ist fest mit dem Polrad verbunden.

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Zur Zündung ist nicht viel zu sagen, außer, das man sich später entscheiden kann, den Motor über den Vergaser oder mittels Masseschluss abzustellen.

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Der Auspuff hat ein abschraubbares Funkensieb, aus dem ich sofort das Drahtnetz enfernt habe, das brauchen wir nicht.
Das Auspuffgewicht von 150 g finde ich zu üppig, da werde ich später auf Krümmer mit Externschalldämpfer umbauen.

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Beim Pumpenvergaser handelt es sich um einen Drehschiebertyp mit 10 mm lichter Weite.
Er hat keine L- und H-Schraube, das heißt, zur Gemischanpassung muss man sich etwas einfallen lassen. Das ist kein größeres Problem, doch dazu mehr in Teil 2.
Der Vergaser verfügt über Kraftstoffzulauf- und Rücklaufstutzen sowie eine Daumenpumpe zum Ansaugen.

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Die mitgelieferte Propellernabe ist an der Auflagefläche gerändelt und hat eine Mittenzentrierung mit M8-Zentralschraube.

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Nachdem alle Teile vom Motor abgebaut sind, lässt sich das Rohgewicht vor dem Umbau feststellen:
Es beträgt 1700 g.

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Bevor Säge und Feile in Aktion treten, ist es sehr wichtig, alle empfindlichen Stellen vor Metallstaub zu schützen. Das heißt, alle Öffnungen werden sorgfältig verschlossen, der Kurbelwellenstumpf wird mit Tape abgeklebt und in die Gewinde, die noch gebraucht werden, müssen passende Schrauben eingedreht werden.

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Seite 2

Nun geht’s los! Ab in den Schraubstock damit und alles abtrennen, was nicht mehr gebraucht wird.

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An manchen Stellen geht’s mit der Säge, gelegentlich mit der Dremel.

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Zum Schluss liegen dann ca 100 g Schrott auf der Waage.

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Nun werden alle vorstehenden Stellen am Motorgehäuse mit der Dremel und Schleifaufsatz oder Feile geputzt.
Schlussendlich liegt das Rohgewicht bei knapp unter 1600 g.

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Hier nochmal der Motor von allen Seiten, damit ihr seht, was und wo ich Material weggenommen habe.

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Dem Vergaserstutzen verpassen wir auch eine Schlankheitskur.
Das Material ist relativ harter Kunststoff, deshalb unbedingt an den Stellen vorbohren, an denen etwas entfernt werden soll.

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Nach dem Verputzen kann das Teil wieder am Motor angeschraubt werden.

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Die Vergaserdichtung wird ausgeschnitten und mit dem Vergaser angeschraubt. Aufpassen, dass die Dichtung richtig montiert wird, damit die Unterdruckbohrung nicht verschlossen wird. Anderenfalls kann der Vergaser keinen Kraftstoff ansaugen.

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Nun kommen wir zu der wichtigen Frage:

Wie wird der Motor einfach und praktikabel angeflanscht?

Eine Möglichkeit zeige ich hier als Beispiel. Ich habe gleichzeitig eine Lagerung des Motors in Gummi vorgesehen.
Die Gummis und die Hülsen sind aus dem Motorradbereich. Im ersten Leben dienten sie zur vibrationshemmenden Verschraubung von Kunststofftverkleidungsteilen.
Wer auf ebay im Modellbaubereich stöbert, wird aber auch fündig.
Jemand aus dem NordwestLichen Nachbarland bietet sie als Set recht günstig an.

In der Skizze sind alle notwendigen Angaben eingetragen.
Basismaterial ist eine 3 mm Aluplatte.

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Vor dem Bohren von großen Löchern in Blech habe ich gehörigen Respekt. Deshalb schraube ich das Teil vorher auf ein Holzbrett, das sich gut festhalten lässt.

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Dann wird die Kontur mit der Dekupiersäge ausgeschnitten. Das geht bei 3 mm Alu noch recht gut.

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Bevor die aufgeklebte Schablone entfernt wird, ritzen wir das Mittenkreuz der Kurbelwelle in das Blech. So haben wir später am Modell die Möglichkeit, den Motor exakt zu positionieren.

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Den Adapter ein bisschen verschleifen und nachputzen, dann sieht das ganze so aus.

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Und am Motor angebaut, so:

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Die Verschraubung am Motorspant kann man später z. B. mit M5-Gewindestangen ausführen.
Zum Schluss montieren wir noch das Polrad und die Zündspule.
Dabei stellt sich oft die Frage, wie stelle ich den Abstand der Zündspule zum Magneten ein?
So, wie hier gezeigt: Einfach gefaltetes Papier dazwischen und schon stimmt der Abstand.

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Feddisch...abbuzze... un noochem uffraahme... (Fertig, sauber machen und aufräumen)
Schaut schon nicht schlecht aus, der Kleine.
Das Gewicht liegt über 2000 g. Genaueres weiß ich noch nicht, bei 2 kg steigt meine Waage aus, das mess’ ich später.

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Nun ist der Motor bereit für den Probelauf auf dem Prüstand.

Darüber berichte ich in Teil 2 dieses Bauberichtes.

Bis dahin: Frohes Sägen und Feilen. wink.gif
 

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