Da biegt sich nixx! (oder doch?)

Yeti

User
Hier mal ein Beitrag aus der Rubrik "Theorie und Praxis" oder "was nutzt die beste Theorie, wenn man sie nicht mal in der Praxis überprüft".

Auch im Schiffsmodellbau gibt es hochbelastete Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen, bei den Segelyachten neben den Masten vor allem die langen Kielflossen. Könnte ja auch für die Modellflieger interessant sein, denn so eine Kielflosse ist eigentlich auch so etwas wie ein Flügel. Und so paradox es klingen mag: An einer Segelyacht muss alles leicht sein bis auf die Bleibombe. Je tiefer der Schwerpunkt desto aufrechter segelt das Boot und umso schneller ist es. Mehr Gewicht bedeutet mehr Wasserverdrängung und damit mehr Widerstand. Außerdem soll das Schiff ja eine bestimmte Schwimmlage haben und kann deshalb nicht beliebig schwer werden.

Hier geht es um die Kielflosse einer vorbildähnlichen Americas Cup Yacht im Maßstab 1:18 (Rumpflänge 1,35m, Verdrängung 5 kg, davon 3,2 kg Blei). Die Flosse selbst ist 50 cm lang und hat 8% relative Profildicke. An der dicksten Stelle ist sie 6,5 mm dick, am Ende noch knapp 5 mm.

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Gebaut hat sie Kollege Steffen in einer einfachen geschnittenen Form aus Styrofoam, die er mit Rollglas beschichtet hat.

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In der Schale liegen zwei Lagen 200g-Kohlegewebe unter 45° für die Torsionssteifigkeit, dazu Holmgurte aus Kohlerovings und als "Steg" fungiert einfach eine Dickharzraupe. OK, für die HLG-Piloten ist das extreme Massivbauweise, aber da hängen ja auch nicht 3,2 kg Blei an der Flügelspitze :D Mit 120 g wiegt sie allerdings nur etwa die Hälfte von CfK-Flossen, die bei Wettbewerbs-Regattayachten eingesetzt werden. Hier mal die ACC-Flosse (rechts) im Vergleich zu einer M-Boot Flosse (links).

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Die M-Boot Flosse biegt sich an der Spitze ca. 4cm, wenn man sie waagerecht einspannt.

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wird fortgesetzt...

[ 24. Juni 2004, 23:33: Beitrag editiert von: Christian Ückert ]
 

Yeti

User
Als dimensionierender Lastfall wurde angenommen, dass das Schiff waagerecht liegt und die Flosse an der Spitze durch das Bleigewicht belastet wird und das haben wir dann mal in einem Belastungstest überprüft.

Dazu haben wir die Flosse waagerecht eingespannt und am Ende einen Wasserkanister befestigt, den wir langsam gefüllt haben.

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Bei 3kg an der Spitze sollte sich rechnerisch eine Durchbiegung von 9cm einstellen, was es auch brav getan hat (ja ja, immer diese Theoretiker :D )

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Aber damit nicht genug: Diese Flosse sollte zerstört werden, denn dabei lernt man am meisten. Wann bricht es, wo bricht es, wie bricht es?

Nachdem der erste 5-Liter Kanister voll war, wurde noch ein zweiter angehängt. Aber auch bei 10 kg blieb noch alles heile. Allerdings fanden wir beide die Verformung beeindruckend :eek:

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Als dann noch der Bock umgekippt ist, an dem wir die Flosse eingespannt haben und die Maureschnur gerissen ist, an der die Kanister hingen, haben wir den Versuch für beendet erklärt :cool:

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Fazit: Flosse heile, kann ggf. als Urmodell für eine "richtige" Form recycled werden, Festigkeit mehr als ausreichend, Torsionssteifigkeit vom "Anfassgefühl" her höher als die M-Boot-Flosse, aber die Biegesteifigkeit könnte irgendwie noch höher sein. Da die Festigkeit wohl nicht das Problem darstellt, werden die Holmgurte bei der richtigen Flosse aus einer steiferen Kohlefaser gebaut werden (mal schauen, was wir so finden ;) )

Gruß Yeti

[ 24. Juni 2004, 23:46: Beitrag editiert von: Christian Ückert ]
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

kenne ich den gelben Schaum etwa?

Welches Rollglas habt Ihr genommen? Meine Versuche in die Richtung m it Rollglas scheiterten alle am Nasenradius. Am betsen ging noch die GFK-Platte von EMC-Vega. Die ist ca 0,3mm dick und ging um den Nasenradius wenn man sie dort vorher mehrfach längs geritzt hat.

Hans
 

Steffen

User
Moin HaRu

kenne ich den gelben Schaum etwa?
Jepp, gutes Zeuch das ist.

Das Rollglas ist 0,25mm dick. Der Nasenradius geht ganz gut, wenn man entlang der Nasenlinie das Rollglas anritzt und vor dem Einkleben um 90° knickt. Daher auch die schwarzen Markierungslinien, die allerdings vom Harz angelöst und verwaschen wurden.
Das Rollglas habe ich ohne Saugvlies mit einem Foliensack bei 500 hPa in die Schalen geklebt.
Die Nase ist soweit gut, allerdings dürfte sie noch etwas besser werden, wenn man das Rollglas mit dem Kern einpresst.

Für größere Flügel werde ich demnächst nochmal 0,5mm testen, vermute aber, dass dann schluss ist mit dem Radius.

Der Bau des Probestückes ist bewußt 'hingerotzt', um zu sehen, wie unemfpindlich die Bauweise ist.

Hat funktioniert :cool:

Ciao, Steffen
 
Hallo,

ich will mich nicht drücken, aber muß doch passen.
weder von der Theorie, noch vom Zerstörungsversuch bin ich in der Lage/gewillt mit zu machen.
habe noch nie eine CFK Flosse gebaut (war bereits am Modell dran)
Wenn die Flieger einen torsions- und biegesteigfen aber leichen Flügel bauen können, können sie auch bald eine Finne basteln.
Der Biegemomentenverlauf bei Tragfläche und Segelbootfinne mögen unterschiedliche Charakteristik haben aber das Grundprinzip der Festigkeit muß erfüllt werden.
Habe (glaube ich zumindest) irgendwo gelesen, dass eine gewollte Torsion gewünscht wird. Bei meiner Segelei sind solche 0,0000... Möglichkeiten derzeit nicht von Interesse.
Ich hab das ALU Profil eigenmdlich nur genommen, weil es rel. fest, prteiswert und leicht zu verarbeiten ist. Mehr nicht.

MfG aus dem NO

Ulli
 
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