„Junior“ - das F1A-(S)chülermodell

„Junior“ - das F1A-(S)chülermodell...
…des Ostens!


Empfehlung für den Einstieg in F1A

Andreas Hornung

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F1H- und F1A-Standardmodelle höchster Qualität gab es in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) seit 50 Jahren. Joachim Löffler (Weltmeister in der Klasse W [Gummimotormodelle, der Verfasser] 1963 und 1974/Wien & Roskilde) konstruierte das F1A-Standardmodell „Junior“. Seht Euch einmal die DDR-Standardmodelle an!

So war es in der THERMIKSENSE 3/2009 auf Seite 5 in einem Beitrag von Roland Richter zu lesen. Nach Meinung des Verfassers stellt das Modell JUNIOR eine in mehrerer Hinsicht herausragende Konstruktion dar, die Ihresgleichen sucht und besonders in der Jugendarbeit auch noch heute ihre Berechtigung hat. Roland Richter kritisierte in seinem Beitrag u. a., dass dies bis dato wohl nicht erkannt wurde. Der folgende Beitrag einschließlich Planabdruck bietet dem Leser nun die Gelegenheit, sich das F1A-Modell JUNIOR etwas genauer „anzusehen“, eventuell auch nachzubauen und zu fliegen.

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Zeichnung der 1. Version von 1965 (J. Löffler)

Der Konstrukteur des JUNIOR, Joachim Löffler, schreibt zur Geschichte des Modells: „Der erste Entwurf mit einfacher V-Form, einem Rumpf aus einem 10 mm Erlenholzbrettchen und mit Lunte für die Thermikbremse entstand 1965. Er wurde in unserer damaligen Gruppe in etwa 20 Exemplaren gebaut und erfolgreich geflogen.
Etwa 10 Jahre später erhielt die Tragfläche einen Doppelknick, was den Hochstart und das Flugverhalten noch geringfügig verbesserte. Der Rumpf wurde nun aus Einzelteilen unter Verwendung von Balsaholz aufgebaut. Dabei ist zu beachten, dass der JUNIOR unbedingt ein einfach zu bauendes und zu fliegendes Modell bleiben sollte. Nachdem Thermikzeitschalter zur Verfügung standen, konnte auch die Lunte mit ihrer Brandgefahr und zeitlichen Ungenauigkeit ersetzt werden.“
Angesichts dieses Ausflugs in die Vergangenheit unseres herrlichen Sports fragen sich jetzt vielleicht einige Leser: „Was soll ich heute mit dieser alten Konstruktion anfangen? Das ist doch nur etwas für Antikmodellbauer!“ Wer sich jedoch aufgeschlossen und mit Interesse dieser Konstruktion nähert, wird schnell ihre Vorzüge erkennen. Und jeder, der mit einer Schülergruppe Modellbau betreibt, wird bestätigen, dass sich hierzu reine Holzmodelle am besten eignen. - Man kann auf Sekundenkleber und weitgehend auch auf „Epoxi“ verzichten. Auch teure Zukaufteile werden nicht benötigt. Selbst ein misslungenes Teil ist kein allzu großer Verlust.

Zur Konstruktion

Der JUNIOR ist ein einfach zu bauendes, leistungsfähiges F1A-Modell in Holzbauweise. Dem Verfasser ist kein vergleichbares F1A-Modell bekannt, dass einfacher zu bauen ist, und mit ähnlich überschaubarem Materialeinsatz auskommt. Viele junge Modellflieger haben in den 1980er Jahren den Nachweis erbracht, dass es für Schüler möglich ist, nach diesem Plan weitgehend selbstständig, ein brauchbares Modell zu bauen.
Folgende Hinweise gibt Joachim Löffler zu seiner Konstruktion und zum Bau des Modells: “Die Tragflächen werden vorzugsweise mit 21 g/m2 Japico-Papier bespannt und möglichst auf einer geraden Helling gelagert. Bespannung mit dünnerem Papier und erst recht mit Folie ergab keine ausreichende Torsionssteifigkeit der Tragflächen. Bei Folienbespannung kam hinzu, dass sich das Flugverhalten infolge der glatten Oberfläche deutlich verschlechterte. Der Knick zur Befestigung der Tragflächenohren ist tatsächlich nur stumpf verleimt, sollte aber ringsum eine sorgfältig ausgeführte Leimmuffe erhalten. Ein Stückchen Gewebeverstärkung oben an der höchsten Stelle des Profils und unten jeweils an der Nasen- und Endleiste bringt zusätzliche Sicherheit. Bei einem Absturz wird die Tragfläche dann allerdings nicht an der Knickstelle sondern daneben brechen und wesentlich höheren Reparaturaufwand erfordern. (Anmerkung des Verfassers: Ohne die Gewebeverstärkung entsteht am Flächenknick eine Sollbruchstelle.) Ähnlich verhält es sich mit den nur 3 mm dicken Stahlstäben in der Tragflächenmitte. Bei hoher Belastung während des Hochstarts können sie sich verbiegen, was aber als das kleinere Übel gegenüber einem Bruch der Tragfläche angesehen wird.“
Eine Eigenheit des JUNIOR ist seine Nasenleiste aus Kiefer (3 x 5 mm). In Verbindung mit dem Rippenprofil (B7406f) des Ungarn Benedek, führt dies zu einem Einfallen der Bespannung im Nasenbereich, unter Umständen mit unschöner Faltenbildung des Bespannpapiers im Bereich der stärksten Profilkrümmung. Laut Konstrukteur brachten bauaufwändige Versuche mit einem beplankten Nasenbereich zur Erhöhung der Profiltreue keinerlei Verbesserungen im Flugverhalten oder der Leistung. Im Gegenteil! Anhand seiner Erfahrungen mit dem Modell ist Joachim Löffler zur der Überzeugung gelangt, dass die Abweichung vom Rippenprofil durch das Einfallen der Bespannung, und auch die beschriebene Faltenbildung (Turbulatoreffekt), sich eher positiv auswirken.

Zum Fliegen

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Detailzeichnungen aus der Planbeilage der Materialpackung „Junior“– Auszug (fehlerbereinigt)

Zum Fliegen mit dem Modell schreibt der Konstrukteur: „Ein problemloser Hochstart auch bei Windstille ist für den JUNIOR charakteristisch. Auch Anfänger können die Leinenlänge zu 100% in Höhe umsetzen. Ein zusätzlicher Höhengewinn aus überhöhter Ausklinkgeschwindigkeit erfordert im Allgemeinen konstruktive Maßnahmen an Hochstarthaken und Kurvensteuerung. Die erreichten Flugzeiten aus 50 m Ausklinkhöhe liegen bei ausgeglichener Luft bei etwa 150 Sekunden.“
Das Modell ist absolut unkritisch, und Baumängel, die Schülern immer mal wieder unterlaufen können, haben keine extrem negativen Auswirkungen auf das Flugverhalten.

Zum Plan

Der abgedruckte Plan zeigt die weit verbreitete Version des JUNIOR, wie ihn bereits viele Schüler in Modellbau-AGs mit Hilfe einer Materialpackung vom VEB Anker Mechanik Eisfeld erstellen konnten. Dieser Bausatz richtete sich an etwas fortgeschrittene, junge Modellbauer, die schon ein anderes Modell gebaut hatten. Der Umstand, dass der Materialpackung keine gefrästen Rippen beilagen, sondern Balsabrettchen und Sperrholz, bedingte einen relativ hohen Bauaufwand, verglichen mit dem heutiger Bausätze.
Dies stellte die jugendlichen Erbauer einerseits vor eine gewisse Herausforderung, bewirkte aber andererseits, dass gewonnene Erfahrungen als konstruktive Veränderungen in ein zweites Modell einflossen. Bei Vorliegen von gefrästen Rippen wäre ein Schüler sicher nicht auf den Gedanken gekommen, eigene Rippen im Block herzustellen, um zu experimentieren. Ohne behaupten zu wollen, jene Veränderungen seien nötig gewesen, ist jedoch festzustellen, dass dieses Manko des Materialsatzes sich in dieser Hinsicht positiv auswirkte, weil es die Experimentierfreude und das konstruktive Denken der jungen Modellbauer förderte.
Etwas Vergleichbares fehlt heute leider nicht nur für F1A. Doch die einzige Voraussetzung zum Bau des Modells, sind geeignete Bauunterlagen. Mit den in diesem Heft vorliegenden Unterlagen sollte es möglich sein, das Modell zu bauen. Das nötige Material ist für jeden Verein beschaffbar. Für Schüler, die ihren ersten JUNIOR bauen, ist der detaillierte Modellbauplan aus dem Materialsatz im Maßstab 1:1 aber unbedingt zu empfehlen. Es muss jedoch erwähnt werden, dass sich in diesem Plan ein Fehler eingeschlichen hat – die Bezeichnungen von Ober- und Untergurt wurden vertauscht. Wie aus der korrekten zeichnerischen Darstellung des Plans ersichtlich ist, besteht der Obergurt aus Kiefer (also T1), der Untergurt aus Balsa (also T2). Bild 2 dieses Beitrages zeigt die betreffende Darstellung bereits fehlerbereinigt.

Zum Bau

image005_12.jpgDer Bau von Rumpf und Tragflächen erfolgt auf einem herkömmlichen Baubrett (verzugfreie Tischlerplatte). Beim Bau der Tragflächen werden Endleiste und Rippen mit einer 3x5 mm Balsaleiste untergelegt, um den korrekten Profilverlauf zu erzielen (Bild 2). Für die Rippen findet in den Tragflächen Balsa (2 mm) und im Höhenleitwerk Balsa (1,5 mm) Verwendung. Die 8 Rippen der Flächenwurzel zur Verbindung mit 3 mm Federstahldrähten werden aus Sperrholz (2 mm) gefertigt.
Den Abschluss der Flächenwurzel bildet jeweils eine Profilrippe (Anschlussrippe), wie sie außerdem auch beiderseits am mit 2 mm Balsa beplankten Rumpfkopf zur Verstärkung angebracht ist. Die Rippen der Tragflächen werden 4 mm in die Endleiste eingelassen. Der Holmsteg besteht laut Plan aus 2 mm Balsa.
Der Bau eines geeigneten Rumpfes mit den aus dem Planabdruck hervorgehenden Abmessungen sollte kein Problem darstellen. Die Originalkonstruktion ist nur dem erwähnten Modellbauplan zu entnehmen. Bei der Beurteilung der Konstruktion des Rumpfkopfes ist zu berücksichtigen, dass hier offensichtlich Beachtung fand, welche Materialien sich für die Umsetzung als Bausatz für ein Schülermodell eignen. Heute sind zeitgemäßere Abwandlungen des Modells (vielleicht mit GFK-Leitwerksträger und entsprechend modifizierter Rumpfkopfkonstruktion) denkbar.
Gute Lehrmeister werden ihren Schützlingen die nötigen Tipps geben, damit keine Fehler beim Bau gemacht werden. Der Bau nach Plan eröffnet die Möglichkeit, Erkenntnisse einfließen zu lassen, welche in der Holzbauweise in den zurückliegenden 37 Jahren gewonnen wurden. Naturgemäß werden einzelne Modellbauer unterschiedliche Änderungen entsprechend ihren persönlichen Erfahrungen vornehmen und konstruktive Details nach eigenen Vorstellungen umsetzen. Es stellt sich nur die Frage: „Gibt es überhaupt interessierte Freiflieger, die sich einem solchen Holzprojekt widmen möchten – eventuell im Rahmen von Jugendarbeit?“ Entsprechende Resonanz vorausgesetzt, könnte man inoffiziell mal einen Wettstreit um die erfolgreichste „Interpretation“ des JUNIOR ausrufen!
Was für Modellbauvereine kein großes Problem darstellen sollte – die Materialbereitstellung für ein solches Modell – ist für den einzelnen interessierten Modellbaueinsteiger, der eventuell schon ein einfaches F1H-Modell aus einem Bausatz gebaut hat, jedoch eine erhebliche Hürde. Deshalb wäre ein Bausatz mit vorgefertigten Einzelteilen und dem nötigen Material eine wünschenswerte Sache. Momentan ist leider kein solcher Bausatz auf dem Markt. Claus Thiele (www.modellbau-thiele.de) kann aber, nach eigener Aussage, Rippen für den JUNIOR fräsen.
Fragen zum Modell beantwortet der Verfasser gerne!

Für die Bereitstellung der Originalzeichnungen und die Erläuterungen zum Modell, sowie für die herrliche Modellkonstruktion, die mir bereits viel Freude bereitet hat, möchte ich Joachim Löffler an dieser Stelle herzlich danken!

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Artikel wurde freundlicherweise von der THERMIKSENSE zur Verfügung gestellt. 1/2014
 
Herzlichen Glückwunsch Michael, zu dem erfolgreichen Nachbau des Modells - sieht echt toll aus. Die Verwendung des modernen Leitwerksträgers macht Sinn, wie auch die Versteifung des Nasenbereichs mit Japanpapier. Das Vlies ist zu elastisch, was bzgl. der Drehsteifigkeit zu labilen Flächen führt. Sein Vorteil besteht in der größeren Widerstandsfähigkeit. Ursprünglich wurde mit lediglich Japanpapier bespannt - unter Inkaufnahme häufigerer Beschädigungen. Ich wünsche Dir viel Spaß mit dem Modell!
Beste Grüße
Andreas
 

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