A-SPEC G2-LiPo vom HobbyKing mit 65C-Rating
Gerd Giese
Gerd Giese

Auf neue Hochleistungsantriebsakkus sind viele Modellbauer heiß und warten gespannt, wann endlich "der" ersehnte 65C-LiPo kommt. Zudem wissen sie es vermutlich zu schätzen, wenn ein mit "65C" bezeichneter LiPo-Akku dann auch noch mit den Abmessungen und dem Gewicht eines guten 40C-Lithium-Akkus daher kommt. Da fragen sich dann doch vermutlich etliche Modellbauer: Ist das wirklich alles stimmig?
HobbKing Europe (HK) hat der RCN-Redaktion bzw. mir im Februar dieses Jahres einen LiPo ihrer neuen Turnigy A-SPEC G2 (T-ASPEC-G2) zur Prüfung angeboten. Nach kurzen Verhandlungen wurden mir je zwei der abgebildeten Akkus zugesandt. Mir wurde schriftlich zugesichert, dass es sich bei den Test-Samples um Akkus aus der laufenden Serie handelt.
Äußerlichkeiten (Nachfolgend eine Bildergalerie, zum Vergrößern bitte anklicken)

Eines muss man HK bei der "Verpackung" dieser Akkus zugestehen, sie sieht edel aus und ist ein Blickfang. Es fällt auf, dass dieser Akku für eine 65C-Zelle ungewöhnlich leicht gebaut ist (demnach auch kleiner im Volumen).
Die Verarbeitung zeigt ein hohes Niveau. Ein festes Kunststoffband umschließt und schützt diesen Akku. Die hochflexiblen Balancer- und lastgerechten Hochstromleitungen werden an gegenüberliegenden Seiten herausgeführt. Zudem sind beide mit einem Knickschutz versehen, um Beschädigungen der Kabelisolation durch die scharfen Kanten des Kunststoffbandes zu verhindern. Als Balancerbuchse verwendet HK durchgängig das XH System.
Das Etikett enthält fast alle wichtigen Informationen, nur die maximale Laderate fehlt.
Die LiPos sind fertig konfektioniert. Den 1800 mAh- und 2200 mAh-Akku ziert eine XT60 Hochstrombuchse und den 3700 mAh- und 5000 mAh-Akku eine 5,5 mm Gold-Stecker-/Buchsen-Kombination, mit der Buchse am Pluskabel.
HK empfiehlt als Schnellladung maximal 8C (Beispiel eines 2200 mAh LiPos: 8 x 2,2 A(h) = 17,6 A Ladestrom).
Allgemeines
Vor den Messungen prüfe ich durch mehrere "schonende" Lade-/Entladezyklen die Driftneigung und Nutzkapazität der einzelnen Packs. Gleichzeitig dient es dazu, die LiPos zu konditionieren, einerseits um die Reproduzierbarkeit der Messergebnisse zu steigern und andererseits, um die Zellen innerhalb des Packs "feinst" anzugleichen. Die acht Packs waren "gesund" und völlig ohne Beanstandung. Insbesondere die Gleichheit untereinander ließ den Aufdruck "matched" in neuem Licht erscheinen (selektiert nach Innenwiderstand, da ich das Zeichen vor "matched" als Ohm deute). Nachfolgend wird deshalb auch immer nur ein Pack der Serie abgebildet.
Das 25C "Standard"-Last-Impulsdiagramm (25Ci)

ABER - hier muss man kritischer werden und den Anwendungsfall berücksichtigen für den diese Serie angepriesen wird und deshalb ja auch höher bezahlt wird!
Sämtliche Packs zeigten hier Übereinstimmungen, so dass man eine "Fehllieferung" ausschließen kann. Am Beispiel der 2200 mAh/65C-Zelle aus 65C-Sicht betrachtet, läge der DC-Ri (Innenwiderstand) deutlich unter 4 mOhm/Z, würde eine mittlere Spannungslage von über 3,73 V/Z (Zelle) liefern und die Einbruchtiefen wären beim ersten 25Ci-Lastimpuls kleiner als 0,12V/Z. So geht es weiter mit der Temperatur, die nach meinem Lastprofil nicht einmal 46°C erreichen dürfte (diese Aussagen sind tendenziell auf die 1800-/3700-/5000 mAh übertragbar). Es kommt noch schlimmer: Wer genau mit dem Vorgänger (ohne G2) vergleicht, wird sich fragen: Wo ist der Fortschritt (Test vom 09/2012)? Es gibt ihn messtechnisch nicht!
Ergo: Nicht nur leicht überzeichnet (um 5C), sondern hier handelt es sich um stark (25C) überzeichnete Zellen. Vom "finanziellen 65C-Zuschlag" ganz zu schweigen. Das ist nach meinem Dafürhalten unakzeptabel und daher sollte HK diesbezüglich schnellstens Abhilfe schaffen!
Das 45Ci "Hochlast"-Impulsdiagramm (45Ci)

Die Auswertekriterien: Der erste Lastimpuls sollte nicht tiefer einbrechen als die folgenden. Die Einbruchtiefe darf nicht unter 3,2 V/Z sinken. Die Temperatur muss unter 65°C bleiben. Beim Letztgenannten ist die Schwachstelle und zeigt, diese A-SPEC-G2 ist und bleibt eine 40C Zelle! Die leichte Erwärmung beim Ladestart (25°C) hebt sie nach diesem Diagramm allerdings in die 40C++ Klasse.
Zum 45C "Dauerlast"-Diagramm" (45Cd)

Die Temperatur steigt beim 3700 mAh-Akku schon nach 63% DoD bis auf 63°C (72°C). Die Notabschaltung des Messaufbaus schaltete ab und trotz sofortiger Kühlung im Luft durchströmten Rohr stieg die Temperatur noch auf kritische 72°C! Bestätigt wurde diese Überlast auch dadurch, dass sie schlagartig deutlich rundlicher wurde und das „prall“ zur Schau trug (Volksmund: er bläht), was sich nach dem Abkühlen über Nacht jedoch als reversibel zeigte. Eindeutiger Sachverhalt: Überlast, wie man sie aus Sicht der A-SPEC-G2 nicht brutaler hätte durchführen können, wohlgemerkt bei 45Cd.
Ich wollte es genauer wissen! Ein späterer Versuch mit 35°C Vorwärmung und 55C Dauerlast (203,5 A), bei dem ich mich an die 65C heran tasten wollte, wurde aber sofort abgebrochen, weil es aus dem Anschlussbereich leicht qualmte und verbrannt roch!
Auch dabei ergab sich kein anderes Ergebnis als das vorher gemessene mit 40C. Im Gegenteil, nach diesem Ergebnis wäre ich eher geneigt, die 40C schon als "großzügig" einzustufen.
Anmerkungen zum Schnellladen

Man verlagert die Ladung sehr schnell in die CV-Phase (spannungskonstant, mit kontinuierlicher Stromreduzierung), so dass sich der Ladezeitgewinn relativiert (nicht halbiert, wenn der Ladestrom verdoppelt wird). Als noch sinnvollen Kompromiss sehe ich eine 4C bis max. 6C Schnellladung an. Bei der 80% Regel sollte dann die A-SPEC-G2 nach spätestens 15 Minuten voll geladen und gleichzeitig auf etwa 30°C vorgewärmt sein (Start bei 19°C). Dadurch ist sie auch spürbar leistungsfähiger!
Résümé
Potent trotzen sie den Strömen, bezogen auf die Nutzkapazität. Demnach kann ich diesen Zellentyp innerhalb des gemessenen C-Ratings mit gutem Gewissen und unter Zuhilfenahme von Telemetrie bis zu 80% seiner Kapazität ausnutzen. Zwar sind die A-SPEC-G2 65C LiPos ungewöhnlich klein und leicht, aber das fordert auch seinen Tribut. Die erste Schlussfolgerung aus dem 25Ci Lastdiagramm wird von weiteren Versuchen bestätigt: Dieser Turnigy A-SPEC G2 LiPo entspricht im gesamten Verhalten maximal einer 40C-Zelle. Da fehlen 25C im Rating, wir sprechen also von einem "Overrating" von fast 40%! Somit ist die A-SPEC-G2 auch überteuert und kann der aufgedruckten Lasteinstufung nicht gerecht werden. ... schade HK.
Bezug: HobbyKing
Stand: April 2014
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