Adaptive Funksysteme - ein Nachtrag

von Frank Tofahrn

Ein Nachtrag

Im Magazinbeitrag:
Adaptive Funksysteme
wurden u.a. adaptive Funktechniken vorgestellt, die in Zukunft für R/C-Systeme unter bestimmten Voraussetzungen obligatorisch werden. Dazu möchte ich als Nachtrag die Antwort auf die Frage nachliefern, wie viel diese adaptiven Verfahren eigentlich bringen.

Dazu ist zunächst unangenehmerweise ein Ausflug in die Theorie notwendig. Es gibt eine unüberschaubare Anzahl adaptiver Methoden für den Zugriff auf die Ressource Frequenzspektrum. Beschränken wir und hier mal auf die Verfahren, die im R/C-Bereich mehr oder weniger Sinn machen.
Da wären:
  • Aloha (richtig, das hat was mit Hawaii zu tun)
  • 1-persistent CSMA
  • Non-persistent CSMA
Aloha ist ein Verfahren, bei dem jeder ohne Rücksicht auf Verluste sendet, wenn ihm gerade danach ist, auch wenn gerade jemand anders sendet. Die Konsequenz ist, dass es recht oft vorkommt, dass Sendungen zerschossen werden, weil es im Funk eine Kollision gegeben hat. (Für die Insider: Ich weiß, dass das nicht das komplette Aloha-Konzept ist).

1-persistent CSMA ist ein Verfahren, bei dem gewartet wird, bis die Frequenz frei ist. Wenn sie frei wird allerdings sofort gesendet wird. Hört sich gut an, hat aber einen Nachteil. Es könnten 2 oder mehr Sender darauf lauern, dass es grünes Licht zur Sendung gibt und die brüllen dann alle gleichzeitig los und knallen aneinander. Aber zumindest der, der zuerst gesendet hat, überlebt.

Non-persistent CSMA ist ein Verfahren, bei dem geprüft wird, ob die Frequenz frei ist; und wenn dem so ist, wird eine zufällige Zeit lang weiter geprüft. Erst wenn dann die Frequenz immer noch frei ist, wird gesendet. Dadurch wird verhindert, dass alle wartenden Sender gleichzeitig losbrüllen. Kollisionen sind damit zwar immer noch nicht ausgeschlossen, werden aber schon deutlich seltener.

Was wir im Augenblick haben, ist bei praktisch allen Anlagen das Verfahren Aloha. In Zukunft wird für alle Systeme, die der Pflicht der Adaptivität unterliegen, für den 1. Sendeversuch 1-persistant CSMA und für jeden unmittelbar folgenden, weiteren Versuch auf der gleichen Frequenz Non-persistent CSMA obligatorisch werden.

Ausgehend von den Voraussetzungen, dass Neujahr immer auf den 1. fällt und 1 + 1 wahrscheinlich 2 sind, lassen sich nach einigen, einfachen mathematischen Umformungen (© mein Matheprof) Formeln herleiten, anhand derer man den möglichen Datendurchsatz in Abhängigkeit der zu übertragenden Datenmenge berechnen kann. Die Formeln selber erspare ich uns hier mal. Die sind ETWAS sperrig (besonders wenn man sie in der Tabellenkalkulation ans laufen bringen will). Für die drei oben angegebenen Verfahren ergeben sich folgende Ergebnisse:

image001w.jpg

Die Grafik zeigt, wie viel Anteil des theoretisch maximal möglichen Datendurchsatzes bei den verschiedenen Verfahren erreicht werden kann. Die Skalierung der X-Achse „Traffic“ ist dabei als eine Maßzahl für die Menge der zu übertragenden Daten zu betrachten, also als Indikator für „Viel“ oder „Wenig“. Dabei ist zu beachten, das auf dem ansteigenden Ast der Kurven deshalb kein Optimum erreicht wird, weil die zu transportierende Datenmenge die Übertragungskapazität nicht erreicht.

Für das z.Z. übliche Verfahren Aloha ergibt sich ein Maximum von ca. 18% der Übertagungskapazität, die effektiv genutzt werden kann. Andersherum ausgedrückt werden 82 % der Übertragungskapazität schlicht und einfach weggeworfen.

Beim Verfahren 1-persistent CSMA sieht das schon besser aus. Dabei werden ca. 54% der Kanalkapazität genutzt. Also unter Brüdern drei mal soviel wie bei Aloha.

Non-persistent CSMA sieht ja zunächst mal richtig geil aus, hat aber einen großen Nachteil. R/C-Systeme sind ihrer Natur nach latenzzeitkritisch. Man kann also nicht ewig darauf warten, bis ein Steuerbefehl am Modell eintrifft und genau das kann bei Non-persistent CSMA passieren. Daher ist dieses Verfahren im R/C-Bereich nur mit zusätzlichen Einschränkungen, die die obige Rechnung nicht berücksichtigt, einsetzbar. Innerhalb dieser Grenzen hat aber auch Non-persistent CSMA ihren Nutzen.

Fazit ist, das durch die in der neuen EN 300328 geforderten Spektrumzugriffsverfahren die theoretisch zur Verfügung stehende Übertragungskapazität deutlich besser genutzt werden kann, als bisher. Das bedeutet, dass mehr Systeme gleichzeitig an einem Ort betrieben werden können und die Sicherheit der Übertragung zunimmt. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass sich möglichst viele an diese neuen Regeln halten.

Zum Schluss sei noch angemerkt, dass es hier auch einen zweiten Weg zur Koexistenz mit anderen Systemen gibt. Das ist der Weg des niedrigen Duty-Cycles, der ebenfalls zu einer guten Nachbarschaft mit anderen Systemen führt. Auch dieser Ansatz ist in der neuen Norm gewürdigt, ist hier aber nicht unbedingt Subjekt der Betrachtung.

Holm und Rippenbruch
Frank Tofahrn
 
Wer sowas braucht.

Vielleicht wird ja auch erstmal etwas Ruhe einkehren, damit wir Modellflieger uns für ein System entscheiden können, oder wir warten einfach ab bis das Thema "ausgegoren" ist.

Spätestens wenn die neuen Sender mit dem "neuen System" auf den Markt kommen, werden die jetzigen Neuheiten ein gütes Stück preisgünstiger.

jürgen- wer Ironie findet, mag sie behalten -
 

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