Bertram Radelow
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Der Herbst steht vor der Tür: Goldener Oktober mit stabilem Hochdruckwetter - thermisch völlig tot. Was tun?
Anhand von vier Bündner Hängen versuche ich die meteorologischen Einflüsse aufzudröseln und die völlig unterschiedlichen Eigenschaften dieser Hänge zu erklären. Denn eines ist der Bündner Bergherbst (und natürlich nicht nur der Bündner) sicher: Ein Genuss für den der es sucht und der den richtigen Flieger dabei hat. Vorweg: Nach dem Aufkommen der F5J müssten jetzt 10000de passende Segler auf ihren Einsatz warten... Die Föxe dürfen schon mal in den Winterschlaf (mit Ausnahmen, siehe unten).
Die Hänge sind:
Die Winde lassen sich in folgende Kategorien einteilen:
Zu den Hangwinden, um die geht es hier:
Sie beginnen ausserordentlich früh, also um 10°° sollte man in der Luft sein! Das heisst also bei schnell aufgebautem Modell um 9°° oder so in der Bergbahn sitzen - der Stingray-Hangbolzer, der erst um 15°° wach wird, kann durchschlafen bis zum nächsten Morgen. Natürlich ist klar, dass die Hänge trocken sein sollten, was aber beim "Goldenen Oktober" oder "indian summer" meist gegeben ist.
Hangwinde haben hier erstaunlicherweise an allen vier Hängen ungefähr die gleiche Mächtigkeit: ca. 200m Höhe ("Dicke"). Darüber hinaus kommt man nur mit Hilfe von anderen Winden oder einer doch abgehenden Thermikblase.
Wie kann man sich in Hangwinde "hineinversetzen"? Mit dem Gegenteil: stellt Euch einfach vor wie würde kalte Luft vom Gipfel langsam den Hang hinunterfliessen. Wie Lava. An der Alp Suot konnte ich das mal gut erfliegen - über Rinnen im Hang ist die Hangwindschicht etwas dicker als links und rechts daneben.
Wann hört ein Hangwind auf? Wenn der Hang in den Schatten kommt. Etwa 30 min später fliesst die kalte Luft (Achtung! Ich rede vom Herbst!) ins Tal und kann dort bei günstigen geographischen Verhältnissen Umkehrthermik mitten im Tal produzieren. Allerdings kann ein TALwind den HANGwind völlig überblasen, natürlich auch schon um 10:30 (bei uns Parsenn im Hochsommer)
Herbstliche Hangwinde im Tagesverlauf
Ein scheinbares Rätsel ist, dass die Hangwinde von 10°°-12°° kräftig sind, dann aber abbauen. Und überraschenderweise können sie dann teils viel später wieder aufleben!
Über meteoschweiz.ch ("Wetter/Messwerte an Stationen") kann man die Temperatur und andere Werte für Davos und das Weissfluhjoch fast live mitverfolgen und mit Historie der letzen drei Tage (man muss in die Landkarte voll hineinzoomen). Beide Orte liegen 1000 Höhenmeter auseinander. Aus meiner Erfahrung der letzen 10 Jahre: unter 10° Differenz gibt es keine ernsthafte Thermik - was genau dem trockenadiabatischen Koeffizienten entspricht. Uns allen ist jetzt schon klar, dass wir diese 10° im Herbst nicht erreichen. Zum einen kühlen die Talböden im Herbst nachts enorm viel stärker aus, zum anderen kommen die herbstlichen Inversionen dazu, und die fangen bereits Ende August in der Höhe an (am Brämabüel kommt dann der "Deckel", an dem alle Segler mit egal welcher Flächenbelastung "festkleben"). Eine nähere Betrachtung ist aber doch interessant (Werte von heute):
Wir sehen, dass noch um 10°° morgens (!) nur 2° delta-T sind - Folge der nächtlichen Talabkühlung. Der schnelle Anstieg des delta-T ist dann auch auf die rasche Erwärmung des Tals zurückzuführen. Die Erwärmung der Gipfelregion kommt verzögert aber deutlich - und ab Mittag baut das delta-T wieder ab! Später aber erhöht es sich wieder - aber warum? Während die Sonne das Tal noch brutal aufheizt - im Tal vor dem Piz Sassauna waren heute um 17°°, am Vorabend des Septembes, 30°C!! - kühlt die Gipfelregion bereits wieder deutlich ab. Der Motor startet von neuem.
Trotzdem ist es beeindruckend zu sehen, welche ungeheure Energie die Sonne in das dem Hang aufliegende Luftpolster pumpt, dass es trotz einer Umgebung mit nur 2°/1000m mächtig in Fahrt kommt!
Und wichtig: Der Hangwind folgt der Sonne! Wenn man einen "runden" Berg hat - Idealfall Vesuv mit dunklem trockenen Lavastein-Boden, nur landen möchte ich da nicht - muss man während des Tages mit der Sonne mitwandern. Die Empfindlichkeit der Hänge für die direkte Sonnenausrichtung ist grösser als man als Unerfahrener glaubt.
Mit dem bisherigen Wissen versuche ich die vier verschiedenen Hänge zu beschreiben:
Zusammenfassend kann man sagen:
Im sonnigen Spätherbstwetter kann man ideal floaten, man muss nur früh anfangen. F3J, F3J-E und F5J sind ideal, F3K weniger (weil man grössere Distanzen fliegen muss und da sind die einfach zu klein). Für den der "Thermikkitzeln" und sanftestes Fliegen lieber mag als die Wirkung grosser 18x10-Propeller ist es eine Traumzeit. Zudem ist der Fluggenuss einigermassen planbar, da solche Wetterlagen nicht schlagartig und überraschend kommen und gehen.
Im nächsten Beitrag dann der mit Fotos und Erklärungen geschmückte Bericht vom Piz Sassauna, von heute.
Anhand von vier Bündner Hängen versuche ich die meteorologischen Einflüsse aufzudröseln und die völlig unterschiedlichen Eigenschaften dieser Hänge zu erklären. Denn eines ist der Bündner Bergherbst (und natürlich nicht nur der Bündner) sicher: Ein Genuss für den der es sucht und der den richtigen Flieger dabei hat. Vorweg: Nach dem Aufkommen der F5J müssten jetzt 10000de passende Segler auf ihren Einsatz warten... Die Föxe dürfen schon mal in den Winterschlaf (mit Ausnahmen, siehe unten).
Die Hänge sind:
- Alp Giop (St. Moritz, Oberengadin): Südost-ausgerichtet, steht dem Talwind einigermassen entgegen, Hanghöhe 400m
- Parsenn (Davos, Prättigau): Südost-ausgerichtet, parallel zum Talwind, Hanghöhe 400m
- Alp Suot (Guarda, Unterengadin): Süd-ausgerichtet, steht dem Talwind einigermassen entgegen, Hanghöhe 750m
- Pis Sassauna (Grüsch/Fanas, unteres Prättigau): Südost- ,Süd- und Südwest ausgerichtet, parallel zum Talwind, Hanghöhe 1300m
Die Winde lassen sich in folgende Kategorien einteilen:
- Grossräumige: z.B. Föhn. Diese betrachte ich hier nicht weiter; stabiles Herbstwetter ist meist mit grossräumiger Ruhe verbunden.
- Gesamtalpine: "Die Alpen", also speziell die Südtäler (also gerade nach Süden abfliessende Täler) saugen den Wind an. Auch bei stabilem Herbstwetter - siehe Bilder der Alp Giop vor zwei Tagen. Wie es auf der Alpennordseite aussieht weiss ich nicht - die Inntaler müssten das sagen können.
- Talwinde: diese beginnen morgens am Talende (unten) und arbeiten sich dann in die Höhe und erreichen plusminus mittags die Hänge - wo sie dann stören (parallel zum Hang) oder helfen (Hang quer zum Talwind)
- Hangwinde: diese sind lokal auf den Hang beschränkt und strömen immer plusminus kerzengerade den Hang hoch - wenn sie es nicht tun, werden sie vom Talwind o.ä. abgelenkt.
- Thermik: hat direkt am Hang seltsame Effekte, bei Ablösungen dreht sich die Windrichtung teils sogar um. Spielen bei der hier betrachteten Situation aber nicht die grosse Rolle. Mitten im Hangwind - auf den ich noch näher eingehe - erkennt man "echte" Thermik daran, dass sie von Abwindfeldern umgeben ist. Im klinisch reinen Hangwind würde man das nicht finden (ich gehe mal davon aus, dass jeder in der Lage ist, einen konstanten kleinen lokalen Abwind im Lee hinter einer Rippe, bei quer blasendem Talwind, zu erkennen).
Zu den Hangwinden, um die geht es hier:
Sie beginnen ausserordentlich früh, also um 10°° sollte man in der Luft sein! Das heisst also bei schnell aufgebautem Modell um 9°° oder so in der Bergbahn sitzen - der Stingray-Hangbolzer, der erst um 15°° wach wird, kann durchschlafen bis zum nächsten Morgen. Natürlich ist klar, dass die Hänge trocken sein sollten, was aber beim "Goldenen Oktober" oder "indian summer" meist gegeben ist.
Hangwinde haben hier erstaunlicherweise an allen vier Hängen ungefähr die gleiche Mächtigkeit: ca. 200m Höhe ("Dicke"). Darüber hinaus kommt man nur mit Hilfe von anderen Winden oder einer doch abgehenden Thermikblase.
Wie kann man sich in Hangwinde "hineinversetzen"? Mit dem Gegenteil: stellt Euch einfach vor wie würde kalte Luft vom Gipfel langsam den Hang hinunterfliessen. Wie Lava. An der Alp Suot konnte ich das mal gut erfliegen - über Rinnen im Hang ist die Hangwindschicht etwas dicker als links und rechts daneben.
Wann hört ein Hangwind auf? Wenn der Hang in den Schatten kommt. Etwa 30 min später fliesst die kalte Luft (Achtung! Ich rede vom Herbst!) ins Tal und kann dort bei günstigen geographischen Verhältnissen Umkehrthermik mitten im Tal produzieren. Allerdings kann ein TALwind den HANGwind völlig überblasen, natürlich auch schon um 10:30 (bei uns Parsenn im Hochsommer)
Herbstliche Hangwinde im Tagesverlauf
Ein scheinbares Rätsel ist, dass die Hangwinde von 10°°-12°° kräftig sind, dann aber abbauen. Und überraschenderweise können sie dann teils viel später wieder aufleben!
Über meteoschweiz.ch ("Wetter/Messwerte an Stationen") kann man die Temperatur und andere Werte für Davos und das Weissfluhjoch fast live mitverfolgen und mit Historie der letzen drei Tage (man muss in die Landkarte voll hineinzoomen). Beide Orte liegen 1000 Höhenmeter auseinander. Aus meiner Erfahrung der letzen 10 Jahre: unter 10° Differenz gibt es keine ernsthafte Thermik - was genau dem trockenadiabatischen Koeffizienten entspricht. Uns allen ist jetzt schon klar, dass wir diese 10° im Herbst nicht erreichen. Zum einen kühlen die Talböden im Herbst nachts enorm viel stärker aus, zum anderen kommen die herbstlichen Inversionen dazu, und die fangen bereits Ende August in der Höhe an (am Brämabüel kommt dann der "Deckel", an dem alle Segler mit egal welcher Flächenbelastung "festkleben"). Eine nähere Betrachtung ist aber doch interessant (Werte von heute):
Wir sehen, dass noch um 10°° morgens (!) nur 2° delta-T sind - Folge der nächtlichen Talabkühlung. Der schnelle Anstieg des delta-T ist dann auch auf die rasche Erwärmung des Tals zurückzuführen. Die Erwärmung der Gipfelregion kommt verzögert aber deutlich - und ab Mittag baut das delta-T wieder ab! Später aber erhöht es sich wieder - aber warum? Während die Sonne das Tal noch brutal aufheizt - im Tal vor dem Piz Sassauna waren heute um 17°°, am Vorabend des Septembes, 30°C!! - kühlt die Gipfelregion bereits wieder deutlich ab. Der Motor startet von neuem.
Trotzdem ist es beeindruckend zu sehen, welche ungeheure Energie die Sonne in das dem Hang aufliegende Luftpolster pumpt, dass es trotz einer Umgebung mit nur 2°/1000m mächtig in Fahrt kommt!
Und wichtig: Der Hangwind folgt der Sonne! Wenn man einen "runden" Berg hat - Idealfall Vesuv mit dunklem trockenen Lavastein-Boden, nur landen möchte ich da nicht - muss man während des Tages mit der Sonne mitwandern. Die Empfindlichkeit der Hänge für die direkte Sonnenausrichtung ist grösser als man als Unerfahrener glaubt.
Mit dem bisherigen Wissen versuche ich die vier verschiedenen Hänge zu beschreiben:
- Parsenn: Hangwind sehr früh (10°°, SO->Morgensonne!), Talwind (nur 400m Hanghöhe) macht ab 12:30 alles kaputt (Wind dreht ab 12°° nach links bis zum völligen Hangstreicher...)
- Alp Suot: Hangwind etwas später (Südausrichtung), Talwind letztendlich auch zerstörerisch, aber später, da der Hang wenigstens etwas in den Talwind hineinsteht. Talwind ist hier übrigens atypisch talabwärts der mächtige südliche Malojawind - so gross ist seine Kraft!
- Alp Giop: Hangwind unterstützt vom südlichen Malojawind - ein Glücksfall.
- Piz Sassauna: Der Hangwind folgt der Sonne! Wir werden es im folgenden Bildbericht besser verstehen. Da der Talwind weit unten durchs Tal fegt, stört er kaum.
Zusammenfassend kann man sagen:
Im sonnigen Spätherbstwetter kann man ideal floaten, man muss nur früh anfangen. F3J, F3J-E und F5J sind ideal, F3K weniger (weil man grössere Distanzen fliegen muss und da sind die einfach zu klein). Für den der "Thermikkitzeln" und sanftestes Fliegen lieber mag als die Wirkung grosser 18x10-Propeller ist es eine Traumzeit. Zudem ist der Fluggenuss einigermassen planbar, da solche Wetterlagen nicht schlagartig und überraschend kommen und gehen.
Im nächsten Beitrag dann der mit Fotos und Erklärungen geschmückte Bericht vom Piz Sassauna, von heute.