Hallo Hermann,
da ich alle dreie verwende, will ich die Unterschiede zumindest anreißen. Ich finde Seide am schönsten im kombinierten Sinne von ästhetisch + funktionell + dauerhaft. Sie macht auch die meiste Arbeit, da sehe ich allerdings nicht wirklich als Gegenargument.
(Sonst müsste ich meine Zeit mit Fußballgucken "vertreiben" ;-> Die Verarbeitung von vor 45a kann heute immer noch so stattfinden. Neu seit damals gibt es einige andere Kleber, die sich in erster Linie durch geringere Gerüche kundtun. Viel Vorteil sehe ich dabei nicht, wenn man später sowieso einen "üblichen" Spannlack verwendet. Ich wollte es immer mal probieren, ob man die gut aufgebrachte und erstmal rein wassergespannte Seide gleich mit 2K-Lack luftdicht, spritfest und wellenfrei verwendbar hinbekommt. Früher aus reiner kindlicher Neugier, später erneut durch die von Bertram geschilderten
Probleme, die ich auch einmal hatte. Das fand ich ziemlich ärgerlich, hatte es pragmatisch durch einen 1:1-Ersatz der gelben Seide durch gelbes Papier gelöst. Denn dieses Flügels Unterseite hatte ich mit grüner Seide über denselben Lieferanten vom selben Hersteller in ein und derselben Bestellung bespannt. Und
die ist OK. In dem oben verlinkten Thread tauchen einige Vorschläge zur Lösung auf, die ich aber (noch) nicht probiert habe.
Ebenfalls neu ggü. 1975 ist der Acryl-Spannlack EZE Dope von Dumas, erhältlich bei Krick. Der stinkt nicht, was für meine Werkstattausstattung allerdings kein soo starkes Argument ist.
Ich bin mit dem nicht wirklich glücklich geworden, hab' allerdings erst vor kurzer Zeit nochmal'n Tip bekommen. Von den verkauften EZE Dopes aber sind meine Käufer überwiegend angetan. Drum hatte ich den Fehler ja bei meinem Vorgehen gesucht. Das steht aber noch aus.
Papier finde ich eigentlich angenehmer, die Oberfläche ist durch die Filzstruktur gegenüber dem Seiden
gewebe an spärischen Stellen mit nahezu unsichtbarem Übergang zu gestalten, die Gewebestruktur der Seide scheint hingegen durch, bis man sie gnadenlos überlackiert. Was ich bei den alten Schwebeteilen dieser Forenecke nicht so interessant finde.
Vlies ist da am einfachsten zu verarbeitende Material, weil's so leicht thermisch gespannt und dann mit beliebigen Zeug zu-/überlackiert werden kann. Der Lack
muß nicht mehr spannen. Dafür finde ich die Vliesstruktur "grätig", zu unregelmäßig, wenn man genau hinschaut. Der Vorteil der größeren Widerborstigkeit am realen Flieger muß mit einer geringeren Festigkeitszunahme bezahlt werden. Beim HaSt (= von
Harald
Storbeck) als Paradebeispiel eines überaus zarten Seglers wäre das ein Gegenargument. Vorteil ist dafür, daß nicht auf die Lebendigkeit von Nitrospannlack Rücksicht genommen werden muß, der einen scheinbar schon trocknen Flügel noch rund eine Woche lang verziehen kann. Der oft genommene Parkettlack oder auch 2K-Lack ist halt nach ein paar Stunden fertig.
Die Vorteile des zäheren Vlieses und die bessere Optik und Steifigkeit des Papiers kann man durch Papierdeko auf Vlies zusammenbringen. Das Papier mit reichlich saftig-matschigem Tapetenkleister auf dem vliesbespannten Flügel herumschieben, bis es da sitzt, wo man es haben will. Trocknen lassen und mit Spannlack richtig festkleben. Das Vlies darf auch schon vorher spannlackiert sein, dann sabbert der ganze Tapetenglitsch nicht so durch. Vom Gewicht machen weder Tapetenkleister noch klarer Spannlack viel, das meiste ist das Lösemittel, das wiegt.
Diese Zweilagigkeit habe ich auch auf Seide schon gemacht, dann aber, um irgendwelche Häßlichkeiten durch farbiges Papier zu kaschieren ...
Bei meinen Seiden sieht man deren Gewebestruktur gut, ich muß also schon beim Aufziehen darauf achten. Die Esaki-Seide soll diesbezüglich sehr fein sein (= ein leichtes Grundgarn mit dichter Webstruktur), die kriegt ein Bekannter dermaßen gut hinlackiert, daß er schon dafür angemeckert wurde, daß er so einen schönen Flieger mit einem so tollen Motor hätte, aber den möcht' er doch bittschee ned mit Folie bespannen. Das steht bei mir also noch aus, die gibt's bei Michael Woodhouse. (Is' England, das wird in drei, vier Wochen blöde ...)
Das Ganze oben ist nur ein kleiner Ausschnitt meiner bislang verwendeten Materialien, es gibt hier von hänschen einen Thread über mein 50g-Papier, das deutlich anders als das "normale" 22g-Papier zu verarbeiten ist. Hänschen wurde damit gar nicht glücklich. Ich habe es vereinzelt auf geschlossener Holzoberfläche verwendet und freue mich über deren Stabilität vereinigt mit famoser Verschleifbarkeit (= Oberflächenqualität). Das kriegt jeder Autolackierer mit Leichtigkeit genauso her, bzw. hoffentlich sogar deutlich besser. Wenn aber der Ben Buckle nicht wie ein roter Golf ausschauen soll, sondern wie ein Spreisslflieger ..?
Ich habe ebenfalls ein 50g-Vlies, was außer mir offenbar nur noch Doro verwendet, sie hatte es mir ja mal angetragen. Das muß ebenfalls eigen behandelt werden, was dann auf einmal allen zu kompliziert wurde. Fahrradfahren zu lernen ist deutlich komplizierter, drum macht man das idR in einem Alter, wo man noch neugieriger und lernfähiger ist ;-) Kurz: auf dem o.e. Ben Buckle-Modell ist das 22g-Vlies ähnlich ungeeignet wie 22g-Japanpapier auf Klingers Olympic. Das 50g-Vlies funktioniert, das an anderer Stelle oft empfohlene Koverall spannt die Ben Buckle-Stäbchenrumpfspreissel einfach in die Form einer getrockneten Salami.
servus,
Patrick