Kein Urlaub ohne Schirm
Paragleiter Cloud 0.5 von Hacker-Motor
Stephan zu Hohenlohe
Paragleiter Cloud 0.5 von Hacker-Motor
Stephan zu Hohenlohe
In diesem Artikel beschreibe ich meine Erfahrungen mit dem ferngesteuerten Paragleiter Cloud 0.5 von Hacker-Motor. Der Gleitschirm soll flugfertig aus dem Karton kommen. Ob das tatsächlich funktioniert?
Paraglider oder Gleitschirme sind eine recht junge Sparte im ferngesteuerten Modellflug. Die Firma Hacker-Motor gilt mit Recht als einer der Pioniere dieser Fluggeräte. Schon 2011 fand man den ersten Schirm im Katalog der Ergoldinger.
Dabei haben Kunden und Hersteller im Laufe der Jahre viel dazu gelernt: Waren die ersten Gleitschirme noch, wie die großen Vorbilder, als „Double-Skin“-Schirme aufgebaut, werden viele Einsteigerschirme heute als „Single-Skin“ gefertigt. Der Unterschied: Der Double-Skin hat eine aus Ober- und Untersegel bestehende Kappe mit zwischenliegenden Rippen. Das sorgt dafür, dass ein solcher Para eine sehr gute Gleitleistung hat. Dagegen spricht, dass er beim Aufziehen volle Konzentration benötigt und dass er in der Luft problematisch reagieren kann. Urplötzlich kann eine Böe den Schirm zusammendrücken und einen „Klapper“, ein Zusammenfalten des Schirmes, produzieren. Da der RC-Pilot den Schirm nur von unten sieht, kann er nicht, wie die Manntragenden, einen drohenden Klapper erkennen. Noch schlimmer, ein geklappter Schirm ist vom Boden aus relativ schwer wieder zu öffnen. Meist endet ein Klapper des Schirmes mit einem Absturz.
Single-Skin ideal für den Einstieg
Ein Single-Skin-Schirm verzichtet auf das Untersegel, er hat nur ein Obersegel mit eingesetzten Rippen. Er lässt sich sehr einfach aufzuziehen, Klapper kommen seltener vor. Da er beim Einklappen fast mit einem Fallschirm zu vergleichen ist, öffnet er sich im Falle eines Falles auch wieder schnell. Genau deshalb ist ein Single-Skin ein idealer Einsteiger-Schirm. Erkauft wird das mit einer etwas schlechteren Gleitleistung.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass viele ferngesteuerten Paraglider heute eine Mischung aus Double-Skin und Single-Skin fliegen. Diese „Hybrid-Schirme“ vereinen das leichte Handling mit einer hohen Gleitleistung.
Nicht zuletzt durch die ersten Double-Skins hat der Gleitschirm heute einen etwas zwielichtigen Ruf. Für den Zuschauer sieht ein fliegender Para immer noch sehr einfach, fast langweilig aus. Der Pilot musste jedoch viel Konzentration aufbringen und oft mit Rückschlägen durch fehlgeschlagene Startversuche rechnen, vom Motor zerschnittene Schnüre bis zu unerklärlichen Abstürzen. Erst mit dem Single-Skin kommen Einsteiger auch kurzfristig zum Erfolg. Und natürlich gibt es eine tolle Szene, die jeden Einsteiger mit offenen Armen aufnimmt und Fachwissen gerne weitergibt.
Nun kommt die Firma Hacker-Motor mit dem Anspruch, dem Einsteiger mit dem Cloud 0.5 ein komplett montiertes Modell mit Antrieb, allen Servos sowie den fertig eingestellten Schirm zu liefern. Wenn das so funktioniert, könnte der RC-Pilot ohne weitere Vorkenntnisse in die Para-Fliegerei einsteigen. Zusätzlich wäre der Cloud 0.5 auch noch ein prima Urlaubsflieger, da ein Paraglider natürlich ein sehr geringes Packmaß hat.
Das Komplettset
Platz spart er, das ist klar. Keine 20 Zentimeter Kantenlänge hat der Kartonwürfel, in dem das ARF-Set geliefert wird. Enthalten ist bei einem Preis von 249 Euro der Gleitschirm Cloud 0.5 in rot/weiß/schwarz oder gelb/weiß/schwarz,
• ein fertig montiertes Rucksackset XS Carbon inklusive Brushless Motor,
• ein 20 A-Regler,
• zwei Miniservos,
• ein installiertes Beleuchtungsset und
• die Bedienungsanleitung.
• ein 20 A-Regler,
• zwei Miniservos,
• ein installiertes Beleuchtungsset und
• die Bedienungsanleitung.
Für 150 Euro mehr gibt es im RTF-Set zusätzlich einen
• Hacker Handsender DS-5 in Mode 1 oder Mode 2,
• einen JETI Duplex 2.4EX Empfänger R4H und
• einen TopFuel LiPo 25C-ECO-X 1800 mAh 3S.
• einen JETI Duplex 2.4EX Empfänger R4H und
• einen TopFuel LiPo 25C-ECO-X 1800 mAh 3S.
Ich besitze bereits einen Hacker Handsender DS-5 samt passendem Empfänger, so dass ich das ARF-Set bestellt habe, berichte aber an dieser Stelle wegen seiner Besonderheit über das RTF-Set.
Der Cloud 0.5-Schirm hat ausgelegt eine Spannweite von 1,5 m. Wie üblich besteht er aus Kappe, Leinen und Gurtbändern. Die Leinen der Galerie sind an den Rippen der Kappe angeknüpft, ebenso die Steuerleinen. Am Schirm sind keine Verstärkungen für die Leinenbefestigung, in den Rippen sind einfache Löcher, durch die die Leinen gezogen sind. Die Leinen sind geschlauft, können also bei Bedarf von unten nach oben ausgetauscht werden.
Die Gurtbänder haben am Ende Wirbellager, wie wir es auch bei RC-Segelbooten kennen. Mit diesen Lagern werden die Gurte mit der Gondel verbunden. Die Steuerleinen sind fertig abgelängt und mit einem Karabinerhaken verknotet. Hier ist, anders als bei größeren Schirmen, keine Einstellung der Länge nötig und gewollt. Wenn das passt, ist das sehr einsteigerfreundlich. Der Karabiner kann problemlos in die Löcher der Steuerarme eingehängt werden.
Die Gurte werden mit einem Wirbellager an die Gondel gehakt.
Die Steuerleinen sind fertig abgelenkt und müssen nur mit den Steuerarmen verbunden werden.
Damit ist das Versprechen "RTF" bereits erfüllt, denn der Pilot muss nur noch den Empfänger in das Motorgestell einsetzten, Servo- und Reglerkabel anstecken und einen passenden Dreizeller mit 1.800 bis 2.500 mAh laden und einsetzen, dann kann es losgehen.
Ein ganz besonderer Sender
Doch bevor es zum ersten Flug geht, schauen wir uns kurz den Jeti DS-5 an. Diesen Sender sucht man auf der Seite von Jeti vergeblich. Den DS-5 gibt es nur bei Hacker-Motor. Dieser recht simple Sender bietet neben fünf Kanälen eigentlich nichts Besonderes. Ein Display oder gar Tasten zur Programmierung sucht man vergebens. Allerdings hat dieser Sender einen sogenannten Paramix.
Der DS-5 Sender ist sehr einfach gehalten.
Die acht AA-Zellen sind allerdings nicht mehr zeitgemäß.
Der Paramix bietet dem Gleitschirmpiloten einen großen Komfort. Ein RC-Paragleiter wird, wie ein manntragender Schirm, mit den Armen gesteuert. Sind die Steuerleinen entspannt, segelt der Schirm ohne Zutun geradeaus. Wird eine Steuerleine gezogen, dreht der Schirm in die entsprechende Richtung. Für Modellflieger ungewöhnlich: Es muss kein „Höhenruder“ gezogen werden. Wenn beide Steuerleinen gezogen werden, bremst der Schirm. Wenig Bremsen nutzt in der Thermik, eine Vollbremsung erfolgt bei der Landung. Daraus folgt, dass die Arme der „Pilotenpuppe“ in Neutralstellung des Knüppels nach oben stehen, wobei beide Servos im Vollausschlag sind. Wird nun der Steuerknüppel in eine Richtung bewegt, bewegt sich nur ein Arm nach unten. Wenn der Pilot zieht, gehen beide Arme nach unten. Kurioserweise passiert bei einem einfachen Paraglider gar nichts, wenn der Pilot drückt.
Nun kann man ein solch ungewöhnliches Steuerverhalten mit viel Programmierarbeit in jedem normalen Computersender aufbauen. Viel einfacher ist das bei der DS-5: Den kleinen Schalter links unten am Sender auf „Para“ stellen, und schon zeigt der Sender das oben beschriebene Verhalten.
Para-RC-Mix als Alternative
Wer nun nicht auf den Komfort und die Möglichkeiten der Telemetrie eines modernen Senders verzichten möchte, findet im Programm von Hacker-Motor ein weiteres Schmankerl: Den Para-RC-Mix. Diese kleine Platine wird zwischen zwei Empfängerausgänge eines beliebigen Empfangssystems und den zwei Steuerservos gesteckt, und schon ist die oben gezeigte Funktionalität gegeben. Das funktioniert mit Hott genauso wie mit Futaba und Jeti.
Ich flieg meinen Cloud 0.5 mit der Jeti DS-5, wie im RTF-Set angeboten. Der Antriebsakku ist ein schon etwas älterer 2.200 mAh 3S-Akku.
Zunächst mache ich ein paar Aufziehübungen. Dabei ist der Antriebsakku noch gar nicht eingesteckt, wichtig ist nur, dass beide Steuerarme ganz nach oben zeigen. An meinem nach hinten ausgestreckten Arm liegt die Gondel in meiner Hand, der ausgebreitete Schirm hängt nach unten. Mit einer ruckartigen Armbewegung beschreibt meine Hand nun einen Bogen nach oben. Der Schirm folgt wie ein Drachen und steht kurz darauf genau über meinem Kopf. Mit ein bisschen Gegenwind bleibt er da auch… Es zeigt sich, dass die Steuerleinen tatsächlich perfekt eingestellt sind, der Schirm bricht weder nach rechts noch nach links aus. Prima!
Den ersten Start mache ich ganz genauso, nur dass ich diesmal, wie auch in der Anleitung beschrieben, den Gasknüppel auf Halbgas stelle. Am Scheitelpunkt, über meinem Kopf, lasse ich die Gondel los, und der Cloud 0.5 fliegt in einer leichten Rechtskurve davon.
Diese leichte Rechtskurve ist der Grund, weshalb man den Schirm nicht mit Vollgas starten sollte. Das Drehmoment des Motors zieht die rechte Steuerleine ein wenig runter, so dass der Schirm rechts angebremst wird. Je mehr Gas, desto höher das Drehmoment, desto enger die Kurve…
Entschleunigung mit dem Para
Einmal in der Luft ist der Cloud 0.5 der totale Entschleuniger. Er reagiert sehr gut auf Steuereingaben. Dabei ist er sehr moderat eingestellt, er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Klapper habe ich nicht provozieren können. Im Hangaufwind habe ich ihn mit der „Höhenruder-Trimmung“ minimal angebremst, so habe ich an der Steilküste der Ostsee gut Höhe halten können. Zur Landung zieht man beide Steuerleinen und bremst den Cloud. Mit ganz wenig Übung gleitet die Gondel direkt in die ausgestreckte Hand. Dabei muss man natürlich beachten, dass der Cloud am ehesten mit einem Parkflyer zu vergleichen ist. Starken Wind mag er nicht, ab 3 Beaufort kommt er nicht mehr gegen den Wind an.
Wird der Wind zu stark, gibt es nur eine Rettung: Gas raus und landen. Eine Besonderheit des einfachen Paragliders ist, dass man ihn nicht schneller machen kann. Je mehr Gas man gibt, um so steiler steigt der Para. Dabei hängt die Gondel fast 70° nach oben geneigt. Vorwärts geht es dabei nicht mehr. Am schnellsten ist der Schirm im Gleitflug. Je stärker der Wind ist, umso schneller muss der Schirm gleiten, damit er nicht weg fliegt. Da hilft nur zusätzliches Gewicht. Auch das ist eine Besonderheit der Paraglider.
Ich habe den Cloud bis zirka zwei Beaufort geflogen, das passt für den Schirm und macht wirklich Spaß.
Ein Highlight im wahrsten Wortsinn ist natürlich die eingebaute Beleuchtung. Starke LEDs, die mit einem kleinen Minischalter gleich auf der Platine abschaltbar sind, leuchten von der Gondel aus in den Schirm. Der Schirm dient als Reflektor und wirft das Licht zurück zu Gondel. Das sieht toll aus und verlängert die Flugtage vor allem im Herbst und Frühling. Mit der Beleuchtung ist die Fluglage auch in völliger Dunkelheit perfekt zu erkennen.
Der kleine Schalter für die LEDs ist ein wenig versteckt
Der geringe Platzbedarf sorgt dafür, dass man den Cloud 0.5 eigentlich immer mitnehmen kann. Ich transportiere ihn in einem kleinen Fotorucksack, Sender, Schirm und zwei Akkus passen da prima rein.
Meine Erfahrungen mit dem Cloud 0.5 im Video, geflogen hab ich am Steilufer nahe Niendorf an der Ostsee
Mein Fazit
Hacker-Motor hat sein Versprechen gehalten. Der Cloud 0.5 kann tatsächlich aus dem Karton heraus geflogen werden, Einstellarbeiten gibt es nicht. Der Schirm wird zukünftig als Referenz für Gutmütigkeit gelten.
Erkauft wird dies mit einer etwas schlechteren Gleitleistung, so dass der Cloud 0.5 eher wie ein Motorsegler geflogen wird. Wer ohne Rückschläge in das RC-Paragliden einsteigen möchte, dem sei der Cloud 0.5 ans Herz gelegt. Mit diesem Para lernt man schnell die Routinen bei Start und Landung, die man für das Fliegen mit einem Hochleistungsschirm benötigt.
Aber auch als Reisebegleiter macht das Modell eine gute Figur. Dank seiner kompakten Größe passte er in jedes Reisegepäck. Ein kleiner Tipp: Eine GoPro-Kamera ist ein prima Zusatzgewicht bei etwas stärkerem Wind.