Bertram Radelow
User
Orte wie meiner (Davos, 1460m hoch), haben zwischen Ostern und Pfingsten ein hässliches Problem: ausgerechnet zu Zeiten der Hammerthermik geht hier nichts: alles zu. Keine Bergbahn fährt vor Ende Juni (!) auf die Gipfel, und auf allen Alpstrassen ist natürlich Fahrverbot. Und im Tal wütet die Pest: der Talwind... Deswegen bin ich normalerweise ab heute in den Colli di San Fermo. Aber was machen, wenn das nicht geht?
Seit zwei Jahren habe ich ein E-Mountainbike, mit dem ich ab und zu auch so kleine Dinger (F3k oder 2m4K-Teile) dabei hatte. Aber unter 3,5m macht halt nicht so wirklich Vergnügen. Um es kurz zu machen: gestern war ich das erste Mal zum Fliegen auf der Strelaalp, mit so einem 2m-Teil, und das war norddeutsch formuliert "jou." Also kurz vor Wahnsinn. Irgendwie muss man doch ein echtes F3J mit dem E-MTB in die Höhe bringen können, und heute morgen habe ich mir also die 1,7m-Packtasche im Trekkingrucksack aufgebunden und den Strom auf MAX gestellt... Und zack, in nur 22min war ich auf metergenau 2000m Höhe oberhalb des (im Moment geschlossenen) Strelaalp-Bergrestaurants. Die Höhe hat zwei Gründe: oberhalb wird es langsam steinig, und der Alpweg wird dort dermassen steil, dass ich ihn nicht mehr fahren kann. Ich dachte bisher (war schon ohne Flieger ein paar Mal dort), dass ich einfach Versager bin, aber heute habe ich mit Genugtuung gesehen, dass alle Sportler-Biker dort ebenfalls absteigen und schieben. Aber ein voll aufgerüstetes 25kg-EMTB schiebst Du da nicht mehr hoch...
Zunächst mal: geile Stelle. Alle Orte, bei denen man hoch über dem Tal mit Wahnsinnspanorama hockt, sind schon mal per se auch ohne Flieger schön. Unsere üblichen Orte kennen wir ja so in- und auswendig, dass es uns gar nicht mehr auffällt, aber die Strelaalp heute war neu und mein Auge wanderte erst mal über das Tal und die Berge gegenüber.
Dann die Fragen: Unter mir von links bis rechts der Waldgürtel, der uns im März und April schon die Wahnsinnsthermik beschert hat, mit meinem LTIF-Best (Lifetime including future) von 1823m. Jetzt waren die Wälder aber nicht mehr schwarz, knochentrocken und gluthitzig, sondern grün, saftig und deutlich kühler. Und auch die Wiesen waren nicht schneebedeckt und eiskalt, sondern nur wenig grün, weiter oben trocken und braun. Wo würde es jetzt nach oben blasen - über dem Wald oder eher oben hinter mir zu Füssen der Gipfel? Oder doch sogar weit draussen über dem Tal, mitten über Davos mit seinen aufgeheizten Flächen - dort hatte Martino vor ein paar Wochen in 700m Höhe den Einstieg in eine Wahnsinnthermik geschafft?
Also erst Mal: es bläst jetzt um 11°° kerzengerade den Südosthang hoch (um 11:30 sogar so stark, dass die Bäume rauschten), die Sonne ist genau gegenüber. Feiner ehrlicher Hangwind. Kein böser Talwind von links, der uns bei den unteren Flugwiesen im Tal immer den Spass gründlichst verdirbt. Wir sind hier 450m höher - wird die später das Tal ausfüllende kalte Windlava unter mir bleiben?
11:15, auf geht es zum ersten Flug:
Ja, der See ist noch nicht wieder ganz aufgefüllt (wird bis 1.Juni der Fall sein) Mitte rechts das Strelaalp-Bergrestaurant, mitte links eine private Hütte, links unterhalb davon am unteren Wegknie stehe ich.
Unerwartet tragen die Wälder vor mir noch recht gut. Ich bin aber nicht sicher; möglicherweise ist es nur der reine Hangwind, der halb von unten geschoben und halb von oben gesogen wird. Solche Hangwinde haben hier (und z.B. auch im Engadin) Mächtigkeiten von durchaus 300m: da geht es einfach überall sanft bis mittelstark nach oben. Eigentlich ein Traum - aber nicht im Hochsommer, da macht der gegen Mittag einsetzende Talwind (quer das Tal entlang - hier wäre das von links) meist alles kaputt.
Geniessen wir einfach den Blick von der ersten grosszügigen Sicherheitshöhe auf das Davoser Tal... Ach ja: weiter draussen ging nichts, gar nichts. Luft so tot wie der Chicagoer Friedhof.
Hier sind wohl seltener Modellsegler unterwegs, uns so begleitete mich eine Weile lang ein neugieriger Mäusebussard. Und der Himmel... makellos und bereit für just another 1000 meters...
Ich habe mich dann aber nicht mit Spielereien da vorne abgegeben, sondern mich der Tagesaufgabe gewidmet - übersteige das Schiahorn hinter mir. Ich wusste schon von gestern, dass da hinter mir sagenhafte Thermik auf mich wartet... Also vor mir in 300m Höhe den Spielplatz verlassen und ca. 300m nach hinten versetzt in das Arbeitsgebiet für Erwachsene
Da liegt also das Mordstrumm von Schiahorn - direkte Südwand vor mir, dunkel, trocken, der Mund sabbert schon...
Und wie gestern, ein Bart links, einer rechts, aber der beste direkt vor mir. RAUF DAMIT! Zwischendurch mal umdrehen, damit man nichts verpasst:
Ach, das ist doch schon ganz hübsch. Mitte links am Horizont der Piz Kesch, rechts der Mitte der breite Piz Ela und das spitze Tinzenhorn, Erinnerungen werden wach... Jede Bergtour ist ein Blättern im Poesiealbum, links mit meinem Vater, rechts mit Sereina...
Also über zehn Sekunden lang mehr als 7m/sec ist schon mal eine Hausnummer. Die Supra macht das besser von alleine, während ich noch an früher denke. Was wohl aus ihr geworden ist? Das Vario meldet 700m Höhe, und es diedelt (dudeln ist das nicht mehr) weiter... Seit dem Start sind knapp 8 Minuten vergangen, es hat heute etwas länger gedauert
Unerwartet wird es etwas schwierig: es bockt. Wenn es den Segler nach links dreht, kann ich länger und voll rechts geben, das interessiert ihn wenig. Ist ein wenig wie Autofahren auf riesigem Glatteis. Aber völlig egal - es geht nur in eine Richtung: rauf!
Tagesaufgabe geschafft! 2930m, deutlich über dem Gross Schiahorn knapp links der Bildmitte. Man erkennt kaum noch, dass es ein "Gipfel" ist. Rechts der Mitte ist dafür die Weissfluh "aufgegangen", mit dem markanten grossen Wetterradar auf dem Gipfel. (Wir blicken nach Nordwesten).
Der Schnee ist schon deutlich weniger als vor ein paar Wochen - heisst: es gibt weniger Beleuchtung (durch reflektiertes Sonnenlicht) von unten. Die Sicht auf den Segler wird langsam anstrengend. Und da 1800m heute eh ausgeschlossen sind, lasse ich es bei der halben Höhe und geniesse den Rundblick.
Fast unbedeutend klein hier die Parsennbahn in Bildmitte. Der Parsennhang ist natürlich nicht der einzige Hang des Parsenn-Skigebietes, sondern nur die Einrittshalle. Dahinter geht es erst richtig los.
Wie schaffe ich neue Eindrücke? Rückenflug könnte ich ja mit Photoshop mogeln - also mal sauber 10 Sekunden lang Messerflug, in über 900m Höhe ist das schon eine Herausforderung Und der makellose Himmel... heute Nacht träume ich davon.
Ach, wie sieht es eigentlich unter mir aus? So:
Nach einer Stunde endlich wieder in erträglichen Höhen... Schnell noch ein Selfie, und dann ab zur Landung:
Also eben ist hier oben nichts mehr. Man muss schon mit Rückenwind den Hang hoch landen können.
12:15 - der elende Talwind erwischt mich doch noch hier oben, es bläst quer von links. Nach dem Flug könnte ich voll zufrieden nach hause rollen, aber ich will wissen, wie sich das alles hier am frühen Nachmittag entwickelt. Ich lege mich in die Wiese, schliesse die Augen. Aber nur bis 13:00, da denke ich im Halbschlaf - moment mal, das bläst doch von der anderen Seite? Augen auf: Wundervoll kleine Cumuli rechts von mir (links keine einzige)! Das war kein Talwind, die Cumuli haben nur angesaugt wie Hölle! Also auf zum nächsten Flug...
Damit man die kleine weissen Träumerli am Himmel sehen kann, musste ich wieder ein bisschen zum Messer greifen:
Oha! der Hangwind-Fahrstuhl war vergangen. Ziemlich sicheres Zeichen, dass da unten im Tal schon die Talwind-Lava alles niederreisst. Abschnittweise Saufen! Das hatten wir heute ja noch gar nicht! Ich musste mich doch ernsthaft zwölf Minuten durch einen zähen Reisring quälen (sowas aber auch...) bis ich endlich im Schlaraffenland war. Das begann in exakt 320m Höhe über mir und ich war in einer anderen Welt...
Vor dem Südwand-Monster, noch im Reisring steckend (Bild oben). Später: Keine Zickereien mehr, es gab nur noch: Nichtthermik (ohne böses Saufen) oder Thermik, satt, breit und fett. Also ausgeflogene 3-5m/sec, ganz pazific gemütlich.
Volle 12 Minuten habe ich "arbeiten müssen", um endlich zum Vergnügen zu gelangen:
Nochmal fünf Minuten und ich war dann am heutigen Tagesmaximum in 3180m Höhe. Sozusagen der "Luftgipfel". Nicht mehr mit dem mikroskopischen Dingsda kämpfen, sondern es ganz sanft kreisen lassen für ein paar schöne Bilder von da oben:
Dieses Bild habe ich nicht beschriftet, weil ich meine Heimat ungestört geniessen will. Von links nach rechts überblickt man hier ziemlich genau 6km des Davoser Tals.
Hier noch mal ein Überblick über die Situation.
Wieder so ein langweiliger üblicher normaler Blick wie bei normalem Hangfliegen...
Zeit zu landen, ich muss in die Dunkelkammer, die Filme entwickeln (es waren ja nur 36 zu je 36 Aufnahmen)...
Ich habe ja so kläglich versagt... Es blies mich wieder nach oben, ich konnte nichts machen. Also noch ein mal ein Blick auf die Schatzalp mit dem berühmten Berghotel (siehe den berührenden Film "ewige Jugend" / "Youth").
Ach, dann gucken wir gleich auch noch mal zurück: Die Schiahorn-Südwand hat noch ein spezielles Extra: Links (Süden) noch eine vorgelagerte Abreisskante für anströmende Hangaufwinde. Also dass sie ja nicht gekühlt wird, sondern ungestört zu glühen anfängt...
Hilft nichts: ohne die Supra auf die Nase zu stellen wird das wohl nichts mit landen.
Hier (oben) der Gegenanflug, dann wird eingedreht und zwar nicht wie sonst bei Fuss, aber sicher die doch ziemlich steile Wiese hinauf gelandet:
Und ohne Fotos - das Sahnehüübli zum Schluss: In nur 10 Minuten den Alpweg mit 35-40km/h hinunterbrettern (E-MTBs sind wahre Panzer!) und dank der 170x40cm grossen "Störklappe" auf dem Rücken gar nicht sooo viel bremsen müssen
Also bis auf Widerruf ist die Strelaalp jetzt mein all time favorite für Mai/Juni!
enjoy! ...und bis mal wieder von irgendwo hier
Bertram
Seit zwei Jahren habe ich ein E-Mountainbike, mit dem ich ab und zu auch so kleine Dinger (F3k oder 2m4K-Teile) dabei hatte. Aber unter 3,5m macht halt nicht so wirklich Vergnügen. Um es kurz zu machen: gestern war ich das erste Mal zum Fliegen auf der Strelaalp, mit so einem 2m-Teil, und das war norddeutsch formuliert "jou." Also kurz vor Wahnsinn. Irgendwie muss man doch ein echtes F3J mit dem E-MTB in die Höhe bringen können, und heute morgen habe ich mir also die 1,7m-Packtasche im Trekkingrucksack aufgebunden und den Strom auf MAX gestellt... Und zack, in nur 22min war ich auf metergenau 2000m Höhe oberhalb des (im Moment geschlossenen) Strelaalp-Bergrestaurants. Die Höhe hat zwei Gründe: oberhalb wird es langsam steinig, und der Alpweg wird dort dermassen steil, dass ich ihn nicht mehr fahren kann. Ich dachte bisher (war schon ohne Flieger ein paar Mal dort), dass ich einfach Versager bin, aber heute habe ich mit Genugtuung gesehen, dass alle Sportler-Biker dort ebenfalls absteigen und schieben. Aber ein voll aufgerüstetes 25kg-EMTB schiebst Du da nicht mehr hoch...
Zunächst mal: geile Stelle. Alle Orte, bei denen man hoch über dem Tal mit Wahnsinnspanorama hockt, sind schon mal per se auch ohne Flieger schön. Unsere üblichen Orte kennen wir ja so in- und auswendig, dass es uns gar nicht mehr auffällt, aber die Strelaalp heute war neu und mein Auge wanderte erst mal über das Tal und die Berge gegenüber.
Dann die Fragen: Unter mir von links bis rechts der Waldgürtel, der uns im März und April schon die Wahnsinnsthermik beschert hat, mit meinem LTIF-Best (Lifetime including future) von 1823m. Jetzt waren die Wälder aber nicht mehr schwarz, knochentrocken und gluthitzig, sondern grün, saftig und deutlich kühler. Und auch die Wiesen waren nicht schneebedeckt und eiskalt, sondern nur wenig grün, weiter oben trocken und braun. Wo würde es jetzt nach oben blasen - über dem Wald oder eher oben hinter mir zu Füssen der Gipfel? Oder doch sogar weit draussen über dem Tal, mitten über Davos mit seinen aufgeheizten Flächen - dort hatte Martino vor ein paar Wochen in 700m Höhe den Einstieg in eine Wahnsinnthermik geschafft?
Also erst Mal: es bläst jetzt um 11°° kerzengerade den Südosthang hoch (um 11:30 sogar so stark, dass die Bäume rauschten), die Sonne ist genau gegenüber. Feiner ehrlicher Hangwind. Kein böser Talwind von links, der uns bei den unteren Flugwiesen im Tal immer den Spass gründlichst verdirbt. Wir sind hier 450m höher - wird die später das Tal ausfüllende kalte Windlava unter mir bleiben?
11:15, auf geht es zum ersten Flug:
Ja, der See ist noch nicht wieder ganz aufgefüllt (wird bis 1.Juni der Fall sein) Mitte rechts das Strelaalp-Bergrestaurant, mitte links eine private Hütte, links unterhalb davon am unteren Wegknie stehe ich.
Unerwartet tragen die Wälder vor mir noch recht gut. Ich bin aber nicht sicher; möglicherweise ist es nur der reine Hangwind, der halb von unten geschoben und halb von oben gesogen wird. Solche Hangwinde haben hier (und z.B. auch im Engadin) Mächtigkeiten von durchaus 300m: da geht es einfach überall sanft bis mittelstark nach oben. Eigentlich ein Traum - aber nicht im Hochsommer, da macht der gegen Mittag einsetzende Talwind (quer das Tal entlang - hier wäre das von links) meist alles kaputt.
Geniessen wir einfach den Blick von der ersten grosszügigen Sicherheitshöhe auf das Davoser Tal... Ach ja: weiter draussen ging nichts, gar nichts. Luft so tot wie der Chicagoer Friedhof.
Hier sind wohl seltener Modellsegler unterwegs, uns so begleitete mich eine Weile lang ein neugieriger Mäusebussard. Und der Himmel... makellos und bereit für just another 1000 meters...
Ich habe mich dann aber nicht mit Spielereien da vorne abgegeben, sondern mich der Tagesaufgabe gewidmet - übersteige das Schiahorn hinter mir. Ich wusste schon von gestern, dass da hinter mir sagenhafte Thermik auf mich wartet... Also vor mir in 300m Höhe den Spielplatz verlassen und ca. 300m nach hinten versetzt in das Arbeitsgebiet für Erwachsene
Da liegt also das Mordstrumm von Schiahorn - direkte Südwand vor mir, dunkel, trocken, der Mund sabbert schon...
Und wie gestern, ein Bart links, einer rechts, aber der beste direkt vor mir. RAUF DAMIT! Zwischendurch mal umdrehen, damit man nichts verpasst:
Ach, das ist doch schon ganz hübsch. Mitte links am Horizont der Piz Kesch, rechts der Mitte der breite Piz Ela und das spitze Tinzenhorn, Erinnerungen werden wach... Jede Bergtour ist ein Blättern im Poesiealbum, links mit meinem Vater, rechts mit Sereina...
Also über zehn Sekunden lang mehr als 7m/sec ist schon mal eine Hausnummer. Die Supra macht das besser von alleine, während ich noch an früher denke. Was wohl aus ihr geworden ist? Das Vario meldet 700m Höhe, und es diedelt (dudeln ist das nicht mehr) weiter... Seit dem Start sind knapp 8 Minuten vergangen, es hat heute etwas länger gedauert
Unerwartet wird es etwas schwierig: es bockt. Wenn es den Segler nach links dreht, kann ich länger und voll rechts geben, das interessiert ihn wenig. Ist ein wenig wie Autofahren auf riesigem Glatteis. Aber völlig egal - es geht nur in eine Richtung: rauf!
Tagesaufgabe geschafft! 2930m, deutlich über dem Gross Schiahorn knapp links der Bildmitte. Man erkennt kaum noch, dass es ein "Gipfel" ist. Rechts der Mitte ist dafür die Weissfluh "aufgegangen", mit dem markanten grossen Wetterradar auf dem Gipfel. (Wir blicken nach Nordwesten).
Der Schnee ist schon deutlich weniger als vor ein paar Wochen - heisst: es gibt weniger Beleuchtung (durch reflektiertes Sonnenlicht) von unten. Die Sicht auf den Segler wird langsam anstrengend. Und da 1800m heute eh ausgeschlossen sind, lasse ich es bei der halben Höhe und geniesse den Rundblick.
Fast unbedeutend klein hier die Parsennbahn in Bildmitte. Der Parsennhang ist natürlich nicht der einzige Hang des Parsenn-Skigebietes, sondern nur die Einrittshalle. Dahinter geht es erst richtig los.
Wie schaffe ich neue Eindrücke? Rückenflug könnte ich ja mit Photoshop mogeln - also mal sauber 10 Sekunden lang Messerflug, in über 900m Höhe ist das schon eine Herausforderung Und der makellose Himmel... heute Nacht träume ich davon.
Ach, wie sieht es eigentlich unter mir aus? So:
Nach einer Stunde endlich wieder in erträglichen Höhen... Schnell noch ein Selfie, und dann ab zur Landung:
Also eben ist hier oben nichts mehr. Man muss schon mit Rückenwind den Hang hoch landen können.
12:15 - der elende Talwind erwischt mich doch noch hier oben, es bläst quer von links. Nach dem Flug könnte ich voll zufrieden nach hause rollen, aber ich will wissen, wie sich das alles hier am frühen Nachmittag entwickelt. Ich lege mich in die Wiese, schliesse die Augen. Aber nur bis 13:00, da denke ich im Halbschlaf - moment mal, das bläst doch von der anderen Seite? Augen auf: Wundervoll kleine Cumuli rechts von mir (links keine einzige)! Das war kein Talwind, die Cumuli haben nur angesaugt wie Hölle! Also auf zum nächsten Flug...
Damit man die kleine weissen Träumerli am Himmel sehen kann, musste ich wieder ein bisschen zum Messer greifen:
Oha! der Hangwind-Fahrstuhl war vergangen. Ziemlich sicheres Zeichen, dass da unten im Tal schon die Talwind-Lava alles niederreisst. Abschnittweise Saufen! Das hatten wir heute ja noch gar nicht! Ich musste mich doch ernsthaft zwölf Minuten durch einen zähen Reisring quälen (sowas aber auch...) bis ich endlich im Schlaraffenland war. Das begann in exakt 320m Höhe über mir und ich war in einer anderen Welt...
Vor dem Südwand-Monster, noch im Reisring steckend (Bild oben). Später: Keine Zickereien mehr, es gab nur noch: Nichtthermik (ohne böses Saufen) oder Thermik, satt, breit und fett. Also ausgeflogene 3-5m/sec, ganz pazific gemütlich.
Volle 12 Minuten habe ich "arbeiten müssen", um endlich zum Vergnügen zu gelangen:
Nochmal fünf Minuten und ich war dann am heutigen Tagesmaximum in 3180m Höhe. Sozusagen der "Luftgipfel". Nicht mehr mit dem mikroskopischen Dingsda kämpfen, sondern es ganz sanft kreisen lassen für ein paar schöne Bilder von da oben:
Dieses Bild habe ich nicht beschriftet, weil ich meine Heimat ungestört geniessen will. Von links nach rechts überblickt man hier ziemlich genau 6km des Davoser Tals.
Hier noch mal ein Überblick über die Situation.
Wieder so ein langweiliger üblicher normaler Blick wie bei normalem Hangfliegen...
Zeit zu landen, ich muss in die Dunkelkammer, die Filme entwickeln (es waren ja nur 36 zu je 36 Aufnahmen)...
Ich habe ja so kläglich versagt... Es blies mich wieder nach oben, ich konnte nichts machen. Also noch ein mal ein Blick auf die Schatzalp mit dem berühmten Berghotel (siehe den berührenden Film "ewige Jugend" / "Youth").
Ach, dann gucken wir gleich auch noch mal zurück: Die Schiahorn-Südwand hat noch ein spezielles Extra: Links (Süden) noch eine vorgelagerte Abreisskante für anströmende Hangaufwinde. Also dass sie ja nicht gekühlt wird, sondern ungestört zu glühen anfängt...
Hilft nichts: ohne die Supra auf die Nase zu stellen wird das wohl nichts mit landen.
Hier (oben) der Gegenanflug, dann wird eingedreht und zwar nicht wie sonst bei Fuss, aber sicher die doch ziemlich steile Wiese hinauf gelandet:
Und ohne Fotos - das Sahnehüübli zum Schluss: In nur 10 Minuten den Alpweg mit 35-40km/h hinunterbrettern (E-MTBs sind wahre Panzer!) und dank der 170x40cm grossen "Störklappe" auf dem Rücken gar nicht sooo viel bremsen müssen
Also bis auf Widerruf ist die Strelaalp jetzt mein all time favorite für Mai/Juni!
enjoy! ...und bis mal wieder von irgendwo hier
Bertram