HansSchelshorn schrieb:
Mir geht's in erster Linie darum, die Nervosität im Zaum zu halten. Das klappt vor dem Start und während des Zeitfluges recht gut.
Wenn die Uhr aber die letzten Sekunden runterzählt, dann steigen Puls und andere stressanzeigende Störfaktoren.
Stress ist erstmal nichts Schlimmes, sondern ganz normal. Natürlich steigt die Anspannung, wenn es darauf ankommt. Mit der Anspannung steigt auch die Aufmerksamkeit und das ist gut so. Negativer Stress entsteht, wenn man sich während einer Handlung z.B. Gedanken über die Konsequenzen eines Scheiterns macht. Dieser negative Stress (Distress) ist nicht nur nicht hilfreich, sondern schadet dabei, die Aufgabe bestmöglich zu absolvieren.
Manchmal helfen ja ganz einfache, wenig wissenschaftliche Methoden wie ein freundliches "Du Depp, Du wolltest doch hier Spaß haben, also genieße es!", das man gedanklich an sich selbst richtet. Das hat bei mir schon mal funktioniert. Vielleicht sollte ich mich aber doch mehr mit professionelleren Methoden beschäftigen.
Das nennt man Selbstgesprächsregulation und ist Teil des mentalen Trainings. Man spricht sich selbst etwas Motivierendes zu und zwar laut und nicht nur in Gedanken. Der Grund dafür ist ganz einfach, dass man nicht an etwas anderes denken kann, wenn man etwas ausspricht. Wenn du dich motivieren kannst, indem du dich "Depp" nennst, weil du damit wieder ins Bewusstsein rufst, dass es in erster Linie Spaß machen soll, ist das völlig in Ordnung. Erlaubt ist, was hilft und nicht das, was "wissenschaftlich" wirkt.
Allerdings habe ich den Eindruck, daß der Erfolg auch vom ganz allgemeinen Zustand abhängt. Es scheint doch etwas Wahres dran zu sein am Bio-Rhythmus. Es gibt Tage, da läuft's einfach, ohne daß man sich groß Gedanken machen muß, und dann gibt es wieder Tage, da steht man irgendwie daneben. Würde mich mal interessieren, ob man das durch mentale Spielchen überwinden kann. Ich habe das noch nicht geschafft. Und manche Profi-Sportler und -Mannschaften schaffen das auch nicht.
Ganz klar: Es gibt Tage, da fällt es leichter und es gibt Tage, da fällt es einem schwerer. Und natürlich gibt es auch Tage, wo man es gar nicht schafft und Distress aufkommt. Aber es heißt ja "Mentales Training" und nicht "Lese ein Buch über Mentales Training und alle Probleme sind gelöst". Man darf Mentales Training auch nicht als Allheilmittel sehen, sondern es kann immer nur eine Ergänzung zum konventionellen Training sein. Mir hat es aber bereits geholfen, mich vor und während eines Wettbewerbsfluges ständig selbst zu beobachten und ggf. gegenzusteuern. Wenn ich gemerkt habe, dass meine Aufmerksamkeit nachlässt, mich selbst anzufeuern und wenn ich gemerkt habe, dass ich nervös bin, mich gezielt zu entspannen, und wenn ich gemerkt habe, dass meine Gedanken abschweifen, mich gezielt auf die vor mir liegende Aufgabe zu konzentrieren.
Es gibt eine nette Anekdote über Steffi Graf: Die war mal so konzentriert auf den nächsten Aufschlag, dass der Schiedsrichter sie erst darauf hinweisen musste, dass sie gerade den Satz gewonnen hatte und jetzt gar kein Aufschlag mehr dran ist. Das ist auf jeden Fall deutlich besser, als während des Aufschlags daran zu denken, dass jetzt vielleicht noch ein Satz gespielt werden muss, wenn man diesen Aufschlag vergeigt. Um je mehr es geht, desto schwieriger wird das natürlich, diese Gedanken zurückzustellen. Wenn es um die Qualifikation für den nächst höheren Wettbewerb geht oder gar um Sposorverträge.