Du fliegst, wie Du einstellst
Klaus Bernhardt (aktualisiert)
(Erstveröffentlichung 13.06.2007)
Klaus Bernhardt (aktualisiert)
(Erstveröffentlichung 13.06.2007)
Teil 3 - Richtigen Propeller auswählen
Endlich habe ich mein „Fast-F3A“-Modell fertig, den 15cm³ 2-Takt-Verbrennungsmotor eingebaut – aber nun stellt sich die Frage: Welchen Propeller soll ich denn montieren? Ich schaue im Katalog nach, recherchiere beim Motorhersteller im Internet und frage
Vereinskollegen. Als Ergebnis erhalte ich eine ganze Palette von Propellergrößen, die alle gut geeignet sein sollen – aber welchen ich letztlich am besten wählen soll, ist mir immer noch nicht klar? Ist die Propellergröße nur vom Motor abhängig oder spielen hier noch andere Aspekte, wie z. B. der Rumpfwiderstand, eine Rolle?
Die nachfolgenden Information zur Propellerauswahl für ein Kunstflug-Flächenmodell mit Verbrennungsmotor sollen dem Anfänger in unserem Hobby den Einstieg erleichtern und meine bereits gemachten Erfahrungen weitergeben.
1. Verfügbare Daten
a. Katalogdaten
Für meinen 2-Takter OS91Fx (GRAUPNER Best.-Nr.: 1816) finde ich im Katalog u.a. folgende Daten:
Drehzahlbereich | 2.000...16.000 U/min |
Leistung | 2,09 kW (= 2,84 PS) bei 15.000 U/min |
Empfohlene Luftschrauben | 33x20 cm (= 13x8 Zoll), 33x33 cm (= 13x13 Zoll), 34x20 cm (= 13,5x8 Zoll), 34x30 cm (= 13,5x12 Zoll), 36x28 cm (= 14x11 Zoll), 38x20 cm = (15x8 Zoll), 40x20 cm (= 16x8 Zoll), 36x18 cm 3-Blatt (= 14x7 Zoll) |
b. Herstellerdaten im Internet
Eine Recherche bei OS Engines ergab: 2,8 BHP (British Horsepower) bei 15.000 U/min. Propeller 13x8 oder 13x9 Zoll.
c. Motortests in Magazinen
In Motortests, wie sie von den führenden Fachzeitschriften veröffentlicht werden, finde ich die für mich interessanten, praxisbezogenen Daten. Neben Drehzahl- und Leistungskennlinien sind hier auch die mit den verschiedenen Propellern erreichten Drehzahlen aufgelistet. Was meinen OS91Fx betrifft, werde ich in Modell 8/2001 (Autoren: Dieter Meier, Jörg Rußow und Rüdiger Götz) fündig:
Mit OS-Schalldämpfer:
| 1,16 Nm 1,245 kW | 6.070 U/min 13.830 U/min | 18x8 Menz 11x7 APC |
Mit Zimmermann-Dämpfer (Abstimmlänge 460 mm)
| 1,38 Nm 1,517 kW | 9.100 U/min 10.870 U/min | 15x8 Menz 13x10 APC |
2. Welche Parameter soll ich der Propellerauswahl zu Grunde legen?
Außer den unterschiedlichen Fabrikaten und Anwendungsfällen (z.B. Verbrennungs- oder Elektromotor) habe ich als Auswahlkriterien den Durchmesser und die Steigung (Pitch) zur Verfügung. Die Propellersteigung kann mit der Gangschaltung eines Autos verglichen werden:
- Erster Gang (= geringe Steigung) ergibt hohe Zugkraft bei geringerer Geschwindigkeit.
- Vierter Gang (= hohe Steigung) ist für große Endgeschwindigkeit bei geringerer Zugkraft geeignet
Prop-Durchmesser GROSS | Prop-Durchmesser KLEIN | |
Steigung GROSS | Diese Kombination begünstigt kraftfordernde Flugaufgaben, wie z.B. kräftiges Steigen oder Kunstflug. Anwendungen ergeben sich auf für langsam fliegende Modelle mit Getriebe bei niedriger Luftschraubendrehzahl. Große Steigung bringt hohe Geschwindigkeit bei geringerer Zugkraft (Rollweg bis zum Erreichen der Abhebegeschwindigkeit verlängert sich). Zum Landen muss die Leerlaufdrehzahl besonders niedrig sein, um das Modell sauber „aushungern“ zu können. | Für den reinen Schnellflug (Prop-Durchmesser/Prop-Pitch = 1,0 bis 1,2). Ein schmales Propellerblatt wählen. Große Steigung bringt hohe Geschwindigkeit bei geringerer Zugkraft (Rollweg bis zum Erreichen der Abhebegeschwindigkeit verlängert sich). Zum Landen muss die Leerlaufdrehzahl besonders niedrig sein, um das Modell sauber „aushungern“ zu können. |
Steigung KLEIN | Werte von Prop-Durchmesser/Prop-Steigung > 0,5 ühren zu guten Eigenschaften bei Start und Langsamflug, erfordern jedoch eine relativ hohe Drehzahl. Kleine Steigung, daher für geringe Geschwindigkeiten und hohe Zugkraft (⇒3-D Fliegen). Für Schleppmaschinen ein breites Propellerblatt wählen. | Für leichte und relativ langsame Modelle (große Drehzahl erforderlich). Kleine Steigung für geringe Geschwindigkeiten und hohe Zugkraft. |
Bei 2-Takt Verbrennungsmotoren stellt man fest, dass das Drehmoment-Maximum bei niedrigeren Drehzahlen als das Leistungs-Maximum erreicht wird. Soll ich nun den Motor für Drehmoment-Maximum oder Leistungs-Maximum „proppen“?
Die Katalogdaten listen eine Reihe von Propellern von 13x8 bis 16x8. Um einen brauchbaren Startwert zu finden, ist mir die Auswahl aber zu umfangreich. Im späteren Teil dieses Artikels (⇒ „Harmonisierung von Modell und Propellerauswahl“) wird es verständlich, warum das so ist.
Der Hersteller empfiehlt Propeller der Größe 13x8 bis 13x9 Zoll. Wie ich aus den Motortests interpoliere, ist hiermit ein Drehzahlbereich von 10.000 bis 11.000 U/min festgelegt – das ist anscheinend der „Wohlfühl-Bereich“ des OS91Fx.
Die Angabe des Leistungs-Maximums (bei hoher Drehzahl) ist für meine Propellerauswahl wenig hilfreich, da ich ja kein Speedmodell motorisieren möchte - ich fahre im Auto ja auch nicht dauernd im ersten Gang bei Vollgas.
Da zitiere ich doch lieber mal „den Dubs“. Der schreibt in seinem Buch über die Wirkungsweise des Propellers: „Die Wirkungsweise des Propellers beruht auf dem Rückstossprinzip, indem mittels der Propellerblätter die durch die Propellerkreisfläche strömende Luft beschleunigt wird. Als Reaktion der hierzu erforderlichen Beschleunigungskräfte entsteht eine Schubkraft des Propellers“ (Quelle: Aerodynamik der reinen Unterschallströmung, F. Dubs).
Es hat also was mit Luftdurchsatz zu tun – und den werde ich jetzt mal ausrechnen.
3. Geschwindigkeit und Luftmassedurchsatz
Die Geschwindigkeit wird durch die Propellersteigung und die Drehzahl bestimmt. Der Faktor (1,524/1000) kommt durch die Umrechnung von inch/min ⇒ km/h.
Die durch den Propeller pro Zeiteinheit beschleunigte Luftmasse nenne ich Luftmassedurchsatz mit der Dimension [kg/min]. Der Luftmassedurchsatz ist eine Funktion der Propellerkreisfläche (PropDuchmesser² * Pi / 4), der Geschwindigkeit (PropPitch * Drehzahl) und der Luftdichte (= 1,225 kg/m³ auf mittlerer Meereshöhe). Die Formel lautet nun:
Den Formelausdruck „PropDurchmesser²*PropPitch“ nenne ich Propeller-Last-Faktor (PLF) – ich brauche ihn noch später bei der Umrechnung von Propellern.
Da 1 inch = 2,54 cm ist, ergibt sich ein Umrechnungsfaktor von inch³ ⇒ m³ von 0,0254³. Die Formel für den Luftmassedurchsatz ist nun
Ich möchte nun die in Modell 8/2001 gemessenen Drehzahlen der verschiedenen Propellergrößen in das Formelwerk einsetzen:
4. Propellerauswahl auf Basis der Messwerte / Berechnungen
a. Mit OS-Schalldämpfer
- Mit dem 18x10 Propeller würde sich der größte Luftmassedurchsatz ergeben. Da laut Herstellerangaben der Motor für einen 13x8 bis 13x9 Propeller ausgelegt ist und deshalb Drehzahlen um die 10.000 braucht, ist er mit 5.500 U/min sicher zu sehr belastet (= überfordert) und wird heiß werden. Diese „Überforderung“ zeigt auch der hohe Prop-Last-Faktor (PLF) von 3.240 in dieser Messreihe an!
- Der 14x10 Propeller liefert bei 8.745 U/min den zweithöchsten Luftmassedurchsatz. Die Drehzahl liegt um ca. 2.700 U/min über dem Drehmoment-Maximum. Wenn auch nicht optimal, so wäre dies doch meine Wahl.
- Ich habe dann zu den Messungen aus Modell 8/2001 meine eigenen Messungen mit dem OS91Fx gelistet und gefunden, dass der 14,4x10,5 oder 13x11 Propeller einen Tick besser ist und sich der Motor beim 13x11 mit 9.240 U/min im „Hersteller-Wohlfühlbereich“ bewegt.
b. Mit Zimmermann-Dämpfer und 460 mm Abstimmlänge
- Jetzt liegen Drehmoment- und Leistungsmaximum sehr eng zusammen. Obwohl es sich anbieten würde, den Motor in einem dieser Maximal-Kennwertpunkte zu betreiben, wäre hier der 14x13,5 Propeller mit dem Luftmassedurchsatzmaximum meine Wahl. Gegenüber der Verwendung eines OS-Schalldämpfers haben hier der Luftmassedurchsatz um knapp 20% und (leider auch) die Geschwindigkeit um ca. 25% zugenommen.
- Obwohl der Motor nicht für niedrige Drehzahlen, und damit für niedrige Fluggeschwindigkeiten ausgelegt ist, müsste man für „Constant-Speed“-Kunstflug eine alternative Propeller-Kombination mit PLF=2.646, aber kleinerem Pitch finden. Hier wären also Tests mit einer Propellergröße 15,5x11 (falls es diese gibt), 16x10, 17x9 oder einer 3-Blatt 15x9 angesagt (Berechnungen siehe unten).
Der von Dave Gierke definierte PLF besagt, dass eine andere Propellerkombination mit dem gleichen PLF den Motor gleich belastet und daher zu gleichen Drehzahlen führt.
Da die Fluggeschwindigkeit (bei gleicher Drehzahl) von der Pitchgröße abhängig ist, lässt sich somit auch ein neuer „Ziel-Propeller“ errechnen. Dazu stellen wir die Formel um:
Mit obigem Beispiel (Alternativ-Propeller für Zimmermann-Dämpfer bei 460mm Abstimmlänge) können wir folgende Berechnungen erstellen:
Alternativpropeller für niedrigere Fluggeschwindigkeiten wären z.B. ein 15,5x11, ein 16x10 oder ein 17x9. Da sich die Drehzahlen proportional dem PLF verhalten, kann ich die neuen Werte für käuflich erhältliche Propellergrößen errechnen.
6. Umrechnungen von 2-Blatt in 3- oder 4-Blatt Propeller
Jetzt bleibt nur noch die Frage offen, wie ich meinen „optimalen“ 2-Blatt Propeller in einen 3-Blatt- oder 4-Blatt-Propeller umrechnen kann. Da die Motorleistung proportional dem (Prop-Durchmesser)hoch5 ist, gelten folgende Formeln. Aber Achtung: Der Wirkungsgrad von Mehrblatt-Propeller ist geringer und es wird weniger Motorleistung in Schubkraft konvertiert!
Beim Propeller-Pitch geht man beim Umstieg von 2⇒3-Blatt um 1 Zoll, und beim Umstieg von 2⇒4-Blatt um 2 Zoll zurück
Beispiel:
Mein ausgewählter 2-Blatt Propeller hat die Größe 16x10 Zoll.
3-Blatt: PropD3-Blatt = 16 * (2/3)0,2 = 16 * 0,9221 = 14,75; Pitch =10-1 = 9 Zoll.
4-Blatt: PropD4-Blatt = 16 * (2/4)0,2 = 16 * 0,8706 = 13,93; Pitch =10-2 = 8 Zoll.
7. Harmonisierung von Modell und Propellerauswahl
Es ist auch notwendig, für das jeweilige Flugzeug den richtigenPropeller auszuwählen. Stellen Sie sich vor, ich möchte meinen vorhandenen Motor OS91Fx in zwei verschiedenen Flugzeugen einsetzen: In einem „Fast-F3A“-Kunstflugmodell und in einem Doppeldecker. Kann ich denn den „optimalen“ Propeller auf beiden Modellen einsetzen?
Die Antwort ist: Nein! Der für Kunstflug ausgewählte Propeller 14x13,5 Zoll (für Zimmermann-Dämpfer bei 460 mm Abstimmlänge) ergibt eine theoretische Fluggeschwindigkeit von ca. 160 km/h; das heißt, dass auch der erzeugte Widerstand dies erlaubt. Diese Geschwindigkeit wäre für meinen Doppeldecker mit hohen Widerstandsbeiwerten viel zu viel. Hier benutze ich das oben vorgestellte Modell des Propeller-Last-Faktors, um für die von mir gewählte Fluggeschwindigkeit (sagen wir mal, so um die 100 km/h) einen alternativen Prop auszuwählen. Da ich keinen 17x9 Propeller in den Katalogen finde, werde ich also einen 16x10 auswählen und dafür die etwas höhere Fluggeschwindigkeit in Kauf nehmen – der höhere Widerstand wird diese Geschwindigkeit dann noch weiter reduzieren.
Mit der Vorgabe der Zielgeschwindigkeit lassen sich also Alternativpropeller mit ähnlichem PLF (und damit ähnlichem Luftmassedurchsatz und Schubkraft) finden – aber mittels Excel ist die Rechenarbeit ja wesentlich vereinfacht.
8. Excel-Tabelle
Die in diesem Artikel benutzte Excel-Tabelle kann hier heruntergeladen werden. Es sind alle Beispiele enthalten und man kann auf einem eigenen Arbeitsblatt die Kenndaten für den eigenen Motor eintragen und „mit den Zahlen spielen“.
Redaktioneller Hinweis
Mit freundlicher Unterstützung durch Klaus Bernhardt hat Norbert Seidel die theoretischen Grundlagen dieses Artikels hier in sein PC-Programm PropAuslegung umgesetzt. Es ist gleichfalls hier im Magazin zu finden.
Literaturhinweise:
Ich bedanke mich bei den Autoren folgender Quellen:
- Allroundtalent (Dieter Meier, Jörg Rußow und Rüdiger Götz), MODELL 8/2001
- Aerodynamik der reinen Unterschallströmung (F. Dubs), ISBN 3-7643-1073-1
- How-To: Select A Propeller (Andy Lennon und Dave Gierke), Model Airplane News
- Airframe And Prop Selection (Chris Chianelli und Dave Gierke), Air Age Publishing, July 1999
- Picking A Prop (Don Hart)
- The Right Combination (Andy Lennon), Model Airplane News, August 2000
- Choose The Right Prop For Your Engine (Andy Lennon), Model Airplane News, June 2001
- Modellbautool, Konrad Kunik
Ja, das wär’s erst einmal für die Auswahl des richtigen Propellers. Wer sich bis hierher „durchgequält“ hat, wird verstehen, warum Kataloge eine ganze Reihe von möglichen Propellergrößen nennen und er wird auch in der Lage sein, den einigermaßen passenden Prop für seinen Anwendungsfall auszusuchen. Dabei wünsche ich allen Lesern viel Spaß und viel Erfolg.
Euer Feedback an klaus_bernhardt@gmx.de ist herzlich willkommen.
Teil 1 - Servo-Grundeinstellungen
Teil 2 - Einfliegen - im Keller
Teil 3 - Richtigen Propeller auswählen
Teil 4 - Einfliegen - auf der Wiese
Teil 5 - Mischereinstellungen für Kunstflug
Update - Du fliegst, wie Du einstellst
Propellerauslegung - ein PC-Programm