Eigenbau eines CFK/GFK Fahrwerks

Für was benötige ich ein Fahrwerk…?
Anfang Oktober fand wie jedes Jahr die Modell-Hobby und Spielmesse in Leipzig statt. Da es mittlerweile zum guten Ton gehört diese zu besuchen, machte ich mich mit meinem Bekannten am Freitagmorgen den 02.10.2009 auf den Weg dorthin. Um 10:00 Uhr wurden dann auch pünktlich die Pforten geöffnet, so dass wir tatsächlich um10:03 Uhr am Stand eines bekannten Modellbauhändlers eintrafen. Dort erregte ein großer Karton mit der Aufschrift Robbe - Christen Eagle - ARF Baukasten meine Aufmerksamkeit. Ich wusste, dass dieses Modell von Robbe nicht mehr vertrieben wird und viel interessanter war noch ein kleiner gelber Aufkleber auf dem mit schwarzem Edding folgendes geschrieben stand: „II. Wahl -130 €!“ Da nun mittlerweile mehre Messebesucher den von mir erspähten Karton interessant fanden, fragte ich den Verkäufer schnell nach dem Hacken dieses Angebotes, da das Modell eigentlich um die 350 € kostet und gerade in der heutigen Zeit keiner mehr etwas zu verschenken hat. Die Aussage des Verkäufers kam schnell und präzise „Kabinenhaube und Fahrwerk inkl. Räder fehlt!“
Nach der Bezahlung und der damit verbundenen Sicherstellung meines Winterprojekts überprüften wir den Inhalt des Kartons auf Vollzähligkeit. Der Verkäufer wusste anscheinend was er tat. Der Bausatz war bis auf die genannten Teile vollständig und ich behaupte, für 130€ jeden Cent mehr als wert.​

…das kann man doch im Internet bestellen!
Nun begann die Suche nach einem passenden Fahrwerk im Internet. Da das Fahrwerk im Verhältnis zum Flugzeug sehr flach dafür aber breit ist und es außerdem aus CFK gefertigt sein sollte, verlief meine Suche nach einem passenden oder zumindest annähernd passenden Fahrwerk nahezu ergebnislos, so dass mir sehr schnell klar wurde, dass ich mir ein wirklich 100%ig zum Modell passendes Fahrwerk wohl selbst bauen muss.​

Auf geht’s!
Bei meiner Suche nach dem passenden Fahrwerk stieß ich im Internet auf ein sofort lieferbares Fahrwerk der Weiershäuser Christen Eagle mit ca. 200 cm Spannweite. Die dort angegeben Maße rechnet ich nun runter auf mein Modell mit 168 cm Spannweite und schon waren die Fahrwerksgrundmaße vorhanden. Einige schöne Bilder ließen es zu, die Form des Fahrwerks so original wie möglich zu kopieren. Ich machte mir eine Zeichnung und schnitt diese aus. Die Zeichnung übertrug ich 2x auf eine Sperrholzplatte. Dann wurden die Sperrholzteile ausgesägt und gleichmäßig verschliffen. Diese Teile klebte ich mit 5min Epoxy auf die Unter –und Oberseite einer 10 cm dicken Styropordämmplatte.​

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Nachdem der Harz seine Arbeit getan hat und die beiden Platten mit der Styroplatte dauerhaft verbindet, schneidet man mit dem heißen Draht einfach an den aufgebrachten Sperrholzplatten entlang.

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...glatt wie ein Kinderpopo", das Styropor!

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Jetzt wird mit 5 Minuten Epoxy die eigentlich zum laminieren benötigte Fläche mit einem Streifen Pappelsperrholz, 3-4 mm breiter als die Form, flächig aufgeklebt. Dazu habe ich den Streifen als erstes auf die gerade obere Fläche geklebt.

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Danach habe ich die Styroporfläche mit 10 Minuten Epoxy bestrichen und anschließend den Streifen Pappelsperrholz unter Zuhilfenahme von Sekundenkleber über die Rundungen geklebt. Anschleissend mit zwei Gurten fixiert und wieder warten.

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Nach dem trocknen werden dann alle Kanten fein säuberlich verschliffen und anschliessend die Formfläche mit Selbstklebefolie blasenfrei bespannt.
Als meine Frau diese Form sah, fragte sie: "...baust Du jetzt Gitarren?":rolleyes:

Wie Ihr seht, liegt hinter der Form ein Spannriem. Diesen benötigt man zum spannen bzw. pressen des Laminats. Er wird über die Form gelegt und ist mit je einem Brett am Ende befestigt. Die Bretter nenne ich Spannbretter.

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Die Spannfläche des Riemens muß 10 cm kürzer sein als das Umlaufmaß der Form. Die Spannbretter werden mit dem Riemen am Ende eingeschlagen und festgetackert. Die Auflagefläche des Riemens kann genauso breit sein wie die Form.

skizze.jpg

Nun die alles entscheidende Frage: "Aus welchem Material ist der Riemen, damit er nachher auf dem frischen Harzlaminatwunderwek nicht für immer kleben bleibt??"

:eek:...ganz banale schwarze PVC Teichfolie:eek:
PVC Teichfolie hat eine sehr glatte Oberfläche, jedoch wird das Ergebnis Seidenmatt, was aber sehr technisch und hochwertig aussieht.

Vorbehandeln der Form!
Die Formfläche habe ich mit Trennwachs 4x eingewachst und abgerieben. Hier ist darauf zu achten, dass der Wachs nicht durch wildes Reiben wieder von der Fläche entfernt wird. Hier sollte man sehr vorsichtig und überlegt arbeiten. Denn beim Laminieren macht die korrekte Vorarbeit 85% des Ergebnisses aus. Nachdem der Wachs abgelüftet ist, habe ich mit dem Pinsel Trennmittel über der Form verteilt. Nachdem gleichmäßiegen Verlaufen beschleunige ich den Trockenvorgang des Trennmittels mit dem Fön und beuge somit der Bildung von Fehlstellen im Trennmittel vor.

Das Laminieren!
Da mein Model am Ende um die 8 Kilogramm wiegen wird und ich keine Erafhrung mit der Berechnung von Fahrwerken habe, habe ich mich am Fahrwerksausschnitt der Christen Eagle orientiert. Dieser ist 5 mm dick. So habe ich mit 2 Schichten 160g CFK Gewebe begonnen, dann 8 Schichten 240g eingefärbtes GFK Köper dann 1Lage CFK Rovings und wieder 7 Schichten 240g eingefärbtes GFK Köper und zum Abschluss 2 Schichten 160g CFK Gewebe. Das Gewebe schön von unten nach oben durchziehen lassen um Lufteinschlüsse zu vermeiden. Wenn das geschehen ist den Teichfolieriemen auflegen und am besten mit 2 Mann vorsichtig und vor allem gleimäßig mit 2 Schraubzwingen abspannen.

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Und jetzt das Wichtigste!!!!!!!!!!!!!
Nehmt ein Stück Rohr oder ein Stück Besenstiel und rollt den überschüssigen Harz aus dem Laminat! Rollt solange über den Spannriemen bis keine Wulst mehr vor dem Rohr o.ä. herrollt.
Dann nehmt ihr ein Stück Holz, ich habe eine Fliese genommen, und klemmt diese mir einer Schruabzwinge auf die später entstehende Auflagefläche des Fahrwerks.

Das Ergebnis!!
Nachdem das zukünftige Fahrwerk ausgehärtet ist, entfernt Ihr den PVC-Teichfolien-Riemen und hebt das Rohteil von der Form. Jetzt werdet Ihr merken ob Ihr den Umgang mit dem Trennmittel draufhabt.

9.jpg

Jetzt wird das Fahrwerk noch in Form gebracht und wie bei mir geteilt, da es sonst nicht in den Rumpf verbracht werden konnte!

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Alles in allem eine sehr schöne Arbeit und in anbetracht der Tatsache, dass man ein Teil für sein Modell selbst hergestellt hat und dem Begriff Modellbau alle Ehre macht, ein berruhigendes Gefühl!!

Bis bald
Michael Stroisch



Vielleicht kann kann ja jemand was zum Verhältnis Modellgewicht in Abhängigkeit zur Fahrwerksdicke sagen!!

Danke im Voraus
 

Fritz

User
Hallo!

Sehr schöner Bericht und gut dokumentiert.
Nun meine Frage, welches Harz hast Du genommen und wie lange ist die Verarbeitungszeit?
 
Hallo Karl Heinz,

ich habe von R&G folgendes Harz-Härtergemisch verwand.

Epoxydharz L + Härter L

Verarbeitungszeit: 40 Minuten
Mischungsverhältnis:
100 : 40 Gewichtsteile Harz : Härter
Aushärtezeit: 24 Stunden
Kalthärtend

Grüße
Micha
 
Hallo Micha,
ja wirklich schöner Bericht. Muss ich mir merken. Hat die Abstimmung zu dem Modellgewicht gepasst? Was denkst Du bis zu welchem Modellgewicht ist die Materialstärke ausreichend?
Und bestimmt zeigst Du uns noch wie man einfach und gut eine Kabinenhaube herstellt. Oder?
Gruß
Matthias
 
So nachdem alles an das Modell angepasst ist hier nun das Endergebniss!

Foto.jpg

Ja die Sache mit der Haube, tja keine im Bausatz und hergestellt wird das Modell auch nicht mehr!!

Da wird die Wahl wohl eng!?!?

Schönen Tag
Micha
 

SvenR

User
Hallo Micha,

warum hast du unten wo die Räder montiert werden das Fahrwerk so dünn geschliffen,

das ist ja jetzt quasie eine Bruchstelle!?

Gruß Sven
 

hahgeh

User
Servus Sven,

Bruchstelle würde ich jetzt nicht sagen, denn da wo der Abschliff ist, ist das Fahrwerk noch ziemlich senkrecht, dh die Stelle nimmt wenig bis gar keine Biegelast auf. die Gefahr eines Bruches dürfte dort quasi nicht gegeben sein.

Micha: tolle Anleitung, ich bin schon gespannt auf die für die Haube... Kleiner tipp: Schau mal bei Christian Forrer vorbei, der hat eine ganz gute Anleitung für Tiefziehboxen im Eigenbau (http://ch-forrer.ch/Modellflug/Tipps/Tiefziehen.htm). Je nach Größe wäre das vielleicht auch eine Lösung für dich.

Grüße
hg
 
Hallo Sven,

ich teile da hahgeh's Meinung. An dieser Stelle steht das Fahrwerk im 90° Winkel zur Stellfläche und unterliegt somit keiner oder nur sehr geringen Biegelast. Weiterhin ist dünn in Bezug auf das Fahrwerk relativ. Es ist an der verjüngten Stelle immernoch 2,5 cm breit. Ich mußte dieser Verjüngung in Kauf nehmen, da meine Radschuhe für das Fahrwerk eingelassen sind.

zum Thema "Tiefziehen":

hab mir die Pläne der Tiefziehboxen schon vor einigen Wochen gedownloadet, aber konnte mich nicht durchringen eine Box zu bauen. Bin nun zu der Entscheidung gekommen eine Kohlefaserhaube zu bauen. Ist zwar um einiges aufwendiger aber der Winter ist ja noch lang:rolleyes:!!

Das Urmodell ist fast fertig!!!!;)

haube.jpg

bis bald Gruß
Micha
 
hast du alle Lagen Harz an einem Abend "verlegt" oder jede einzeln?

Kannst du die Gesamtmaterialkosten schätzen?

danke

lg
Oliver
 
Gut gemacht.

Ein paar Fragen hätte ich denoch:

Wieso nimmst du Kohlefasergewebe als Außenlage? Kohlefaserkunstoff ist einer der schlechtesten (Feder)Werkstoffe für ein Fahrwerk.

Welchen Sinn haben die Kohlefaserroving in der Mitte? Diese bringen so gut wie keine Steifigkeit.
 
hast du alle Lagen Harz an einem Abend "verlegt" oder jede einzeln?

Kannst du die Gesamtmaterialkosten schätzen?

danke

lg
Oliver

Ja ich habe alle Lagen am Stück laminiert. Das habe ich gemacht, um im Anschluss den überschüßigen Harz aus dem Material drücken zu können. Außerdem ist m. E. nach eine Methode bei der die Lagen einzeln verklebt werden nicht zielführend.

Die Gesamtkosten des jetzt fertigen Fahrwerks liegen bei ca. 15 €.
Natürlich ohne Arbeitszeit!!

Gut gemacht.

Ein paar Fragen hätte ich denoch:

Wieso nimmst du Kohlefasergewebe als Außenlage? Kohlefaserkunstoff ist einer der schlechtesten (Feder)Werkstoffe für ein Fahrwerk.

Welchen Sinn haben die Kohlefaserroving in der Mitte? Diese bringen so gut wie keine Steifigkeit.

Den einzigen Grund warum ich und viele andere auch CFK als Aussenlage nehmen ist einfach nur optischer Natur. Eine schöne CFK oberfläche sieht einfach besser aus!

Wie ich in meinem Bericht schon schrieb, hatte ich keine Anhaltspunkte und ich habe nach langem stöbern im Web auch nichts über die notwendige Stärke des Fahrwerks in Bezug auf das Gewicht des Modells gefunden.
Die Aussage, dass die Rovings keine Stefigkeit bringen würde ich so nicht unterschreiben. Ich nenne es in diesem Fall nicht Steifigkeit sondern Zugfestigkeit. Leider kann ich Dir das Fahrwerk nicht in die Hand geben sonst könntest Du Dich vom Ergebnis selbst überzeugen.

Micha
 
Die Aussage, dass die Rovings keine Stefigkeit bringen würde ich so nicht unterschreiben. Ich nenne es in diesem Fall nicht Steifigkeit sondern Zugfestigkeit.

FAST keine Steifigkeit, vernachlässigbar (Rovings liegen in der neutralen Faser). Die Festigkeit wird erhöht, keine Frage. Festigkeit ist bei einem Fahrwerk aber nicht die ausschlaggebende Größe.

Selbst bei einem ganz weichen, wabbeligen Fahrwerk ist die Festigkeit so hoch, dass du da unter den Gesichtspunkten der Festigkeit unter Umständen einige hundert Kilo ranhängen könntest.
Die Steifigkeit ist aber denoch sehr gering, das Moment wegen des Hebelarms hoch. Deshalb: Fahrwerke immer im Hinblick auf hohe Steifigkeit bauen.

Kleiner Tipp: die unschönen Eigenschaften des Kohlefaserkunstoffs kannst du elegant umgehen, in dem du die Optik-Außenlage unter 45° einlegst, das verringert das Emodul stark.
Damit kommen die federnden Eigenschaften der Glasfaser viel besser zum Tragen und du hast denoch Kohleoptik ;)

Aber denoch: tolle Arbeit, die du da geleistet hast! :)
 
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