Lieber Uwe,
nachdem was ich mir bisher anhören musste, wollte ich eigentlich wirklich nicht mehr antworten, aber ich versuche es kurz zu machen.
Wäre es dann nicht besser weniger Augenmerk auf die letzten Leistungspunkte bei der Auslegung und Optimalität im Geradeausflug zu legen und statt dessen den Pfeil auf gutes Handling und Steuerverhalten auszulegen, selbst wenn man dadurch auf ein paar wenige Prozent Leistung verzichtet?
Gegenfrage: Warum sollte eine saubere Auslegung bei der z.B. das ca_max am Winglet später erreicht wird schlechtere Flugeigenschaften haben? Weil Du wieder Deinen Marumba nennst: Wieso sollte man ein Winglet symmetrisch profilieren, wenn selbst bei großem Schiebewinkel das nacheilende Winglet noch positive Auftriebsbeiwerte sieht und bei einem angepassten, gewölbten Profil die Laminardelle bis mindestens ca=0 reicht (siehe Polaren in #25)? Eigentlich ist das Winglet nämlich auch nur ein hochgeklappter Flügel und darf deswegen ruhig entsprechend profiliert werden. Beim Hauptflügel verwendest Du ja z.B. ein F3J Profil, obwohl Du nach eigener Aussage für cA~0 ausgelegt hast - die Laminardelle dieses F3J Profils reicht übrigens bis etwa ca~0.2.
Man muss die Probleme, die man mit einem Nurflügel hat schließlich nicht noch verstärken. Ich weiß nicht, ob Du das Buch "Faszination Nurflügel" gelesen hast. Dort beschreibt Martin Schlott sehr gut die Probleme, die beim Nurflügel auftreten. Das was ich mit AVL gemacht habe, hat John Yost schon lange vor mir mit Lifting_Line gerechnet und ganz prima in einem Kapitel des Buches aufgeschrieben. Zusammen mit den Ergebnissen aus Martin Hepperles Artikel über Winglets kann man schon sehr gute Ergebnisse erzielen.
Ich möchte hier keine alten Sachen wieder aufkochen, aber damit hat es doch angefangen, oder?
Zitat von deftones
Ich würde mir wirklich die Reihenfolge nachdenken - rechnen - posten wünschen.
Nur weil ein Freizeitaerodynamiker die Ergebnisse anders interpretiert als ein Physiker oder Profi-Aerodynamiker soll er seine Ideen und seine persönliche Meinung nicht posten?
Das hast Du aus dem Zusammenhang gerissen. Selbstverständlich darfst und sollst Du Deine Meinung posten. Du musst eben nur mit einer kleinen Korrektur rechnen, wenn Du unhaltbare BEHAUPTUNGEN aufstellst wie z.B. gewölbte Winglets würden bremsen, oder -3° Schränkung spricht für eine reine Thermikauslegung.
wie geht die bei Nurflügeln sehr wichtige Massenverteilung in das Panelverfahren von XFLR5 ein?
Mit XFLR5 geht das wirklich nicht, aber wenn Du hier
http://web.mit.edu/drela/Public/web/avl/ mal die Anleitung ließt, kannst Du feststellen, dass man in AVL ein Massenfile vorgeben kann um Flugmechanik zu rechnen.
Hallo Andreas,
Noch muss ich deine Ausführungen nach-denken, habe aber eine erste Frage:
du vergleichtst drei Verfahren: AVL (Drela, denke ich) und ein 3D-Panel-Verfahren einmal mit BL-Kopplung und einmal ohne. Ich nehme mal an, dass die BL-Kopplung mithilfe von xfoil geschieht (und nicht mit einem Navier-Stokes-Solver).
Ich beziehe mich jetzt nur mal auf den Teil deiner Analyse, wo du die "ortho"_Frage erörterst. Ich bin auch gerne davon überzeugt, dass die untransformierte 2D-xfoil-Rechnung dem 3D-Verfahren am nächsten kommt (und daher die parallele Strömung der Realität immer noch am nächsten kommt). Allerdings steckt in dem als Vergleich dienenden 3D-Verfahren mit BL-Kopplung ja auch schon xfoil. Würde man brute force die Navier-Stokes-Gleichungen für den Smile lösen, könnte sich ein anderes Strömungsbild ergeben: im Rückströmungsgebiet der Grenzschicht entsteht eine Querströmung, die die laminare Ablöseblase verändert. In der Tat gibt es zwei Mechanismen, die den Übergang laminar-turbulent provozieren, einerseits die TS-Wellen (die xfoil berücksichtigt) und andererseits die Querströmungs-Instabilität. Letzterer Mechanismus ist bei Pfeilung anscheinend recht wichtig. Das bedeutet, dass möglicherweise die Blase kleiner ist und der Übergang zur Turbulenz früher kommt. Das ergäbe auch eine andere cp-Kurve -- und alle Fragen zu ortho-parallel wären wieder offen.
Wäre es dir möglich, an deinem Institut den Smile mit einem echten Navier-Stokes-Solver zu analysieren?
Was die Kopplung angeht stimmt das nicht ganz - hier wird mit dem 2D Grenzschichtverfahren von Drela entlang von Stromlinien aus der 3D Panellösung eine Grenzschichtlösung erzeugt. Damit wird eine neue Druckverteilung berechnet, neue Stromlinien, eine neue Grenzschichtlösung usw. Ich hatte 12 Iterationen eingestellt.
Mit einer Navier-Stokes Lösung gewinnt man erstmal nicht unbedingt sofort Genauigkeit. Für die kleinen Machzahlen und transitionelle Strömungen sind die gängigen Verfahren nicht gerade ideal. Zusätzlich denke ich, dass die Querströmungsinstabilität bei unseren Reynoldszahlen/Pfeilwinkeln quasi keine Rolle spielt. Das heißt, es gibt natürlich ein verwundenes Grenzschichtprofil, die Querströmung trägt nur nicht zum Strömungsumschlag bei.
Für ein cA=0.1 schaut die Druckverteilung am Smile bei 36% der Halbspannweite nach dem 3D Panelverfahren mit Grenzschicht wie folgt aus:
An der Vorderkante ist die Druckverteilung auf der Oberseite sehr ausgerundet - dieser Fall ist gerade ungünstig in Bezug auf Querströmungsstabilität.
Diese Druckverteilung habe ich mit den Randbedingungen Ma=0.01, Re=273k, phi_Vorderkante=24.4°, phi_Hinterkante=22.4° mit einem Grenzschichtverfahren für konische Flügel und einer Stabilitätsanalyse untersucht. Für die Querströmung wurden keine angefachten Störungen gefunden. Für Tollmien-Schlichting dagegen schon und man kann die resultierenden N-Faktoren plotten:
Nun habe ich die Druckverteilung konstant gehalten und die Reynoldszahl um Faktor 10 vergrößert. Streng genommen muss man natürlich wieder eine neue Druckverteilung berechnen, den Fehler den man hier macht schätze ich aber als klein ein. Ausserdem wollte ich erstmal nur den Effekt zeigen:
Logischerweise werden bei der größeren Reynoldszahl im Bereich des Druckanstieges kleine Störungen stärker angefacht und die Tollmien-Schlichting N-Faktoren wachsen schneller. Noch immer werden keine keine Querströmungsinstabilitäten gefunden.
Jetzt das ganze Spiel noch mal mit einer Reynoldszahl von 15*10^6. Tollmien-Schlichting N-Faktoren
Und jetzt endlich eine Querströmungsinstabilität mit den dazugehörigen N-Faktoren:
Hier führt die Querströmungsinstabilität gerade noch nicht zum Umschlag, bei etwas höherer Reynoldszahl und/oder Pfeilwinkel wird das aber ein Problem.
Ohne jetzt eine systematische Variation von Pfeilwinkeln und Reynoldszahlen gerechnet zu haben, würde ich behaupten, dass für modellflugtypische Werte die Querströmungsinstabilität nicht wesentlich zum Strömungsumschlag beiträgt.
Viele Grüße,
Benjamin