…ein Stoff aus dem Träume gemacht sind
von Jürgen Rosenberger.
Mir ist bewusst, die Schilderung - Erreichen der Sichtgrenze im Sekundentakt steht in jedem zweiten Artikel, habe es nie so richtig geglaubt, jetzt werde ich Zeuge eines solchen Ereignisses. Das Ding ist höchst agil und scheint eine Kreuzung aus Hotliner und der thermikbesessenen EGIDA zu sein. Schnell wird klar, mich befällt eine Infektion, das Objekt einer aufkeimenden Begierde kreist vor mir am Himmel. Ehekrach hin Ehekrach her, die Orchidee wird bestellt.
Wochen später – Verweis auf eine längere Lieferzeit scheint bei Müller Programm - liegt meine ELDORADO zur ersten Inaugenscheinnahme auf dem heimischen Esszimmertisch. Bei dem Eldorado handelt es sich um einen sagenumwobenen Goldfluß im Norden Südamerikas, der im Gegensatz zu meiner Neuerwerbung nie gefunden wurde. Schwelge ich noch vor einigen Wochen im EGIDA-Artikel über den Qualitätsstandard in höchsten Tönen, so muss ich dies hier wiederholen. Die Fertigungsqualität ist vom Feinsten, sie unterscheidet sich vom vorgenannten Modell durch einen etwas höheren Materialeinsatz. Vor allem die Flügel machen einen festeren, für mich damit sympathischeren Eindruck. Die ELDORADO scheint etwas robuster und damit beim Transport und auch Wetterunbilden- der böse Wind im Klimawandel - anwendungsfreundlicher.
Das Zubehörpaket in adäquater Qualität - Brunos Hammertreibling ein Leomotiongetriebemotor (3025-4550), ein dazu passender Phönix Edge Light 100 Fahrtregler, eine 16/13 RF Luftschraube mit 38 mm Freudentalerspinner, der Akku, nicht zu vergessen sechs Futaba-Servos sind schnell bestellt – der Aufbau kann beginnen.
Rumpfarbeiten
In früheren Artikeln beklage ich, welche Mühen der Motoreinbau in engen Elektrorümpfen bereitet. Dieses Mal gestaltet sich der Einbau denkbar einfach. Der Schweizer Hersteller Urs Leodolter liefert 2 Kohlefaserspante mit Vorbohrungen, die eigentlich zum Einbau in einem nach vorne offenen Elektrorumpf vorgesehen sind. Der Body der ELDORADO besitzt bereits einen eingegossenen Frontspant mit zentrischem Loch, so dass man das angesprochene Kohlefaserteil mit seinen vier Schraubenlöchern als Bohrschablone nutzen kann. Der Spant wird provisorisch auf der Rumpfvorderseite fixiert, vier Löcher gebohrt und mühelos der Motor eingeschraubt. Kein Fluchen ob falsch oder schlecht positionierter Bohrlöcher - stressfrei zeitsparend entsteht so eine vor allem belastbare Motorbebefestigung.
Um Motor und Fahrtenregler aus Gründen der Schwerpunkteinhaltung möglichst kopfwärts, nahe aneinander zu bringen, kürze ich die Kabel zwischen beiden Teilen und verlötete sie unter Entfernung der Steckverbindungen. Die Kürzung mit Permanentfixierung der Drähte ist im Ansatz richtig , aber von mir nicht konsequent zu Ende gedacht, die Bilder zeigen es. Zur Platzgewinnung vollziehe ich im zweiten Schritt eine Änderung: Aggregat und Regler rücken nach vorne näher zusammen, indem ich die Stromleitungen S-förmig umleitend über dem Regler spitz verlöte. Das schafft Platz und trägt zur Einhaltung des Schwerpunktes ohne Zusatzgewichte bei!
Beim Servoeinbau für das V-Leitwerk. wird herstellerseits ein Mini-Servobock mitgeliefert. Nach der Montage der zwei 11 mm Servos verschraubt man die Funktionseinheit zweifach über vorbestehende Löcher an der Rumpfunterseite. Im Falle eines Defektes z. B. unter Wettbewerbsbedingungen erlaubt dies den schnellen Austausch einer Rudermaschine. Einliegende Kohlefaserbowdenzüge zur Ansteuerung des V-Leitwerks werden vorne abgelängt, mit Löthülsen verklebt und hinten über fest angefügte Messingstifte in die Ösen der Ruder eingehängt.
Leitwerke
Die V-Leitwerke passen saugend an die Rumpfkontur. Die Fixierung am Flugzeugkörper geschieht mittels eines viereckigen CfK-Steckungsholmes, der über Schrauben – natürlich ist alles werksseitig vorgebohrt – gesichert wird. V-Leitwerke bieten in der Gewichtsaustarierung klare Vorteile, sind aber transportunfreundlich. Da ragen zwei Flächen im 90° Winkel bei einer Kantenlänge von 40 cm in den Raum, die Hypothenuse dieses gleichschenkligen Dreieckes beträgt immerhin 59 cm. Gänge durch das Haus sowie das Be- und Entladen des Autos führen, so sehr man sich auch vorsieht, zu ungewollten Rempeleien. Der Tipp eines Freundes- "packe den Rumpf direkt unter dem V-Leitwerk und trage das Modell so durch die Gegend"- hilft, beseitigt das Problem aber nicht vollständig. Die Alternative - man baut das Leitwerk zu jedem Transport auseinander, angesichts des superleichten Aufbaus auch nicht der Goldstandard. Also müssen Schutztaschen her; sie kosten separat für das V-Leitwerk - zugegeben von guter Qualität >20 €, von Schenkung keine Rede!
Flügel
Im weiteren sind die Tragflächen mit Servos auszurüsten , wobei die zwei Klappen jedes Flügels wie im EGIDA-Artikel schon geschildert mit Geheimnis umwobenen Torsionsantrieben angesteuert werden. Die Rudermaschinen sind in Schächte einzupassen, sie müssen deshalb auf ein Längenmaß von 33 mm und eine Breite von exakt 13 mm verkleinert werden. Allein über die Klemmstabilität des Servokörpers im Flügellager ist Spielfreiheit für die Funktion tatsächlich gewährleistet. Die Servos werden in die Kanäle eingeschoben, das Zahnrad in ein in der Tiefe gelegenes Alurad eingerastet und schlussendlich über eine Madenschraube fixiert. Um die Rudermaschinen im Falle eines Defektes herausziehen zu können, werden sie, wie auf den Bildern gezeigt, mit etwa 100 mm langen Textilband-Laschen versehen. Der Torsionsantrieb - so meine Vermutung - weist hinter dem Servo-Alurad eine Längsselle auf, an deren Ende ein irgendwie geartetes Exzenterrad liegen dürfte, das wiederum über Gestänge das jeweilige Ruder ansteuert. Der Clou - außen sieht man nichts, keine Ruderhörner, keine Gestänge - die Konstruktion ist spielfrei bei optimaler Kraftübertragung und Getriebeschonung. Zudem wird durch diese Art der Anlenkung der Massenschwerpunkt zum Rumpf verlegt, ein nicht unwesentlicher Vorteil bei der dynamischen Flugstabilität! Einen Nachteil hat das Konzept, es tendiert dazu, bei versehentlicher Überstreckung der Ruderwege zu blockieren oder gar beschädigt zu werden. Mir passierte es zweimal: Einmal bei der EGIDA und einmal bei der ELDORADO. Hier ist Vorsicht z. B. beim Transport geboten. Bruno versichert mir mit vernichtendem Schmunzeln , ich sei der einzige, dem das jemals passierte. Nun gut, eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. Sollte es bei Euch liebe Leserschaft - ihr merkt, ich drücke mich ums Gendern! - dennoch zur Überdrehung des Torsionsantriebs kommen, befragt einen mit dem System Vertrauten - am besten den Verkaufrepräsentanten. Das Zurückstellen der Blockierung muss von geschulter Hand erfolgen, da sonst Schaden droht.
Die Verstromung der Tragflächen erfolgt mittels grüner Multiplexstecker, sie werden mit einem Tropfen Sekundenkleber in einem Holzrahmen befestigt, der anschließend von zwei Schrauben gehalten zum Einbau gelangt. Lötarbeiten fallen nicht an, da beide Rudermaschinen über ihre originäre Steckung hinterseitig an ein mitgeliefertes bereits gelötetes Steckersystem Anschluss finden.
Im Rumpf klebt man – zum Torsionsschutz der Flächen - zwei Alu-Stifte vor und hinter der Steckungsöffnung ein.
Nicht gefällt, dass die quaderförmige Kohlefaserflügelverbindung vom Erwerber im Submillimeterbereich runtergeschliffen werden muss. Der Spielraum zwischen zu wenig und zu viel ist sehr klein. Schiebt man den mitgelieferten viereckigen Flächenverbinder in die vorbestehende Öffnung des Rumpfes solange er noch zu wenig ausgedünnt ist, droht Schaden durch Verklemmung; schleift man zuviel ab, entsteht Spiel im Tragflächenlager. Der Rumpf selbst hängt schwimmend zwischen den Flügeln. Mein Tipp lieber Jaro M., für den Verkaufspreis hättest Du mir meine vom Schleifen schwarz getränkten Kohlefaserfinger auch ersparen können!
Finish
Damit ist die ELDORADO fertig. Noch ein Wort zum vorderen Rumpfdeckel. Er wird bei der EGIDA klemmstabil eingesetzt – eine handwerkliche Meisterleistung. Bei der ELDORADO setzt man weniger auf Klemmstabilität und Ästhetik stattdessen wird ein gewöhnlicher Federhebel bevorzugt. Die letztgenannte Version hat sich im Langzeitversuch für mich als besser erwiesen! Das Auswiegen des Modells auf einen CG von 94 mm vollzieht sich im Minutentakt, wenn der Empfänger vor den Servobock für das V-Leitwerk eingeschoben ist, davor der praxisgerecht leicht zu wechselnde 3S Akku. Ein Styrospant verhindert ein Verschieben der Stromquelle nach vorne; es folgen Fahrtenregler und Getriebemotor.
Zwei Rotweinflaschen – während der Bauzeit geleert - mit spitzdachförmig geschnittenen Korken halten die ELDORADO so im vorgegebenen Schwerpunkt in der Waage.
Die Ruderwege werden nach Datenblatt eingestellt, typische Flugsituationen – Start – Landung – Speed – Thermikflug – sind zahlenmäßig - wie sich im Flugbetrieb zeigt - Praxis erprobt! Der zum Ausbau anfallende Zeitaufwand liegt irgendwo bei drei bis vier Abenden.
Die Flugerprobung
Die Sonne strahlt, leider ist der Wind mal wieder viel zu stark. Eigentlich sollte man einem solch edlen Geschöpf für den Jungfernflug bessere Bedingungen gönnen. Aber abgemacht ist abgemacht und der Schiffler Bruno, er kann schließlich bei jedem Wetter, wird verdonnert, die Erstflüge durchzuführen. Zu Hause habe ich nach Datenblatt alles sorgfältig eingestellt. Die Zusicherung reicht dem Meister nicht. Er will selbst - Vertrauen ist gut, Kontrolle besser - alles überprüfen und findet natürlich Mängel. Kritikpunkt: Wölbklappen beider Seiten gehen in unterschiedlicher Geschwindigkeit in die Butterfly-Stellung, Fehler gefunden, Korrektur vollzogen.
Kommen wir zum Erstflug. Der Wind frischt etwas auf: Pilot, aber auch der Leomotionmotor 3025-4550 - er bringt gemessen 80 A an die Latte - müssen nun zeigen, was ihn ihnen steckt. Das Schweizer Kraftwerk zieht mir die Maschine aus der Hand, und bewirkt einen linearen Steigflug im 45° Winkel, nach wenigen Sekunden - jetzt rede ich auch schon so – Sichtgrenze erreicht. Keine Trimmung nötig wie erste Runden zeigen. Bruno bringt die Klappen in Thermikstellung, die Orchidee gerät in engem Kreisen in einen Thermikschlauch und steigt. Starkwind - dies unterscheidet sie von der unballastierten EGIDA, - beeindruckt sie nicht sonderlich. Ein wenig Tiefenruder, Klappen zurück in Normalstellung, Mademoiselle nimmt fast in Hotliner-Manier Fahrt auf.
Kunstflug kann sie auch, Loopings und Rollen liefert sie willig, zwar langsam wie bei jedem Segelflugmodell mit 3m Spannweite, aber immerhin zügiger als dies die EGIDA an gleicher Stelle tun würde. Der Korrektheit halber muss man sagen, beide Maschinen sind für verschiedene Zwecke ausgelegt. Die EGIDA für F3J, ihre Domäne das zeitgetaktete Thermikfliegen, während die ELDORADO im F3B-Programm Zeit-, Strecken-, u. Speedflug ableisten muss. Man darf also nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, beide Modelle sind in ihrer Klasse Spitze.
Zurück zum Flug: Die erste Landung erfolgt in Butterfly-Stellung, man kann das Modell aus großer Höhe in extremsten Sinkflug - von kontrolliertem Sturzflug zu reden, wäre übertrieben - abfallen lassen. Über dem Boden nimmt man die Klappen heraus, um mit sanftem Aufsetzer den Flug zu beenden.
Über die Jahre sind inzwischen hunderte von Starts erfolgt. Die ELDORADO wurde fester Bestandteil meines Reisegepäcks. Im laufenden Sommer werde ich sie bei den Sylter Modellbaufreunden in den Himmel werfen, sie kreiste in Nord- und Südfrankreich. Sie wurde zu meinem Standardmodell, mit dem ich ungewohntes Terrain fliegerisch erkunde, dem ich aber bei Gelegenheit so manches zugemutet habe.
Zur Ehrlichkeit gehört allerdings auch, Teile der ursprünglichen Maschine mussten als Folge von Schäden ersetzt werden. Insbesondere auf ein prägendes Schadensereignis möchte ich kurz zu sprechen kommen:
Es ist Frühjahr, ich werfe die ELDORADO auf dem heimischen Flugplatz raus und fliege „fürbass“ – auf neuhochdeutsch – ich fliege meine Runden. Plötzlich aus buchstäblich heiterem Himmel ohne jegliche gewagte Flugmanöver - keine Reaktion auf meine Steuerbefehle. Die Maschine verschwindet kopfüber hinter einem Hügel. Als ich unter Fluchen die Anhöhe erreiche, sehe ich in ~ 100m Entfernung eine aufsteigende Rauchwolke. Vor Ort angekommen, zeigt sich die Rumpfnase zerbrochen, der 3S-Lipo-Akku halb im Modell halb im Gras liegend ist geborsten und brennt lichterloh! Natürlich haben wir, ein hilfsbereiter Kollege ist mitgekommen, weder Schaufel noch Feuerlöscher. Versuchtes Austreten des Feuers nutzlos, es brennt. Mühsam kratzen wir mit den Händen Dreck aus dem Boden, bewerfen die Feuerstelle mit Erdreich. Erst nachdem größere Mengen Erde den Akku abgedeckt haben, kommt der Brand sehr langsam zum Erliegen. Der Schaden: Elektronik und Motor sind ebenso wie Rumpf und linker Flügel irreparabel zerstört. Von dem Brandherd geht ein infernalischer Gestank aus! Die Geruchsbelästigung ist so penetrant, dass ich die verbrannten Teile später nicht im Innenraum meines Autos nach Hause verbringen kann.
Bei allem Unglück vermerke ich mit Dankbarkeit, dass mein Modell nicht zur Sommerszeit im benachbarten Kornfeld niedergegangen ist, ein größer flächiger Feldbrand – das sage ich ohne jegliche Übertreibung – wäre die Folge gewesen! Eine weiter Frage bewegt mich seitdem – was passiert im einem Elektroauto im Falle eines Unfalles?!
Lasst mich liebe Leserschaft aber ein Positivum, den Hersteller betreffend erwähnen – die verbrannten Teile – also Rumpf und rechter Flügel konnten in original Tongebung ohne Farbabweichung, zudem passgenau problemlos nachgekauft werden. Eine Serviceleistung, die sicherlich nicht jeder fernöstliche Lieferant erbringen kann, um es einmal positiv auszudrücken.
Oscar Wilde hat gesagt „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack , ich bin immer mit dem Besten zufrieden !“ Dieser Satz , nicht frei von Zynismus und wenig demutsvoll, umschreibt Jaro Müllers Firmenphilosophie - die ELDORADO ist vom Besten - die Fertigung von beeindruckender Qualität, der Erstflug unter Nutzung vorgegebener Einstellwerte beweist beste Flugeigenschaften! Was will man mehr? Ich darf hier einen ungenannt bleibenden Kaderpiloten zitieren „Wenn die Durchschnittspiloten wüssten, wie gut unsere Maschinen fliegen, würden wir ihren Respekt verlieren.“
Die ELDORADO ermöglicht mit ihren ausgewogenen Flugeigenschaften auch dem weniger Geübten, ein perfektes Flugbild an den Himmel zu zaubern. Ich verhehle jedoch nicht, mit einem Kaufpreis zu hadern, der sich mittlerweile auf ein Niveau ab 1654,45 € aufgeschwungen hat, Schutztaschen und Porto nicht inbegriffen. Hierfür, so sagt der Rheinländer – muss eine alte Frau lang stricken! Preis hin Preis her, für das Geld bekommt man einen Gegenwert, nämlich das Endprodukt einer jahrzehntelangen Entwicklungskette, in die Erfahrungen eines soliden Konstrukteurs und vieler Spitzenpiloten eingeflossen sind.
Im Fazit: Die ELDORADO ist in bester Qualität gefertigt, ihr Einsatzbereich reicht vom Thermik- bis Speedflug, die Flugeigenschaften sind einerseits gutmütig ,anfängertauglich, andererseits erlauben sie dem Experten die Behauptung im Wettkampf des F3B-Programms.
ELDORADO - ergänzende Technische Daten | Einheit | |
---|---|---|
Gewichte | ||
Rumpf & Leitwerk, inklusive Technik ohne Akku | g | 726 |
Steckung | g | 106 |
Flügel links mit Servos | g | 582 |
Flügel rechts mit Servos | g | 594 |
Akku 3S 2600 Ah | g | 193 |
Abfluggewicht | g | 2201 |
Motor | | Leomotion Typ 3025 - 4550 |
Getriebe | | 6,7:1 |
Klappluftschraube | | FH 16/13 |
Regler | Phoenix Edge | |
Wirkungsgrad | 92,5% | |
Strom bei Volllast | A | 85 |
Standschub | g | 4888 |
Dauerbelastung Lite 100 | A | 100 |