Profil-Trilogie: JX-GS
In diesem Beitrag möchte ich das dritte und wohl finale Mitglied der kleinen Profilreihe für F3F vorstellen. Da bereits ausführlich über die unterschiedlichsten Aspekte der Profilentwicklung in den Beiträgen zu JX-FX und JX-GX geschrieben wurde, möchte ich mich hier auf die wesentlichen, neuen Punkte beschränken…
Auslegung des Basisprofils JX-GS-15
- (Sehr) schnelles Klappen-Profil speziell für Hangflug – F3F
- Optimiert für ca = 0.05 – 0.4
- Basisprofil: Re = 500.000 – 700.00, Re √ca = 150.000
- Berücksichtigung der turbulenten Strömungsverhältnisse am Hang durch ncrit = 7 (siehe Beitrag zu JX-GX) und möglichst robuster Polare bei turbulenten Anstellwinkeländerungen ca = +- 0.1
JX-GS im Vergleich
Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass sich das frisch entwickelte JX-GX recht nahe entlang eines möglichen Optimums bewegt. Aber ein Hinweis, dass die laminaren Lauflängen an der Profilunterseite im niedrigen bzw. negativen ca-Bereich besser sein könnten, führten zu weitergehenden Untersuchungen und Vergleichen mit anderen Profilen wie zum Beispiel dem „Speed-Profil“ MH33.
Stimmt – Verbesserung mussten möglich sein. Aber was war die Ursache, dass Xoptfoil-JX bei der Optimierung keine besseren Lösungen gefunden hat?
Wie in den meisten Fällen saß der Grund dafür wieder einmal „vor dem Bildschirm“. Zwei Fehler während der Profilentwicklung wurden deutlich:
- In der (irrigen) Annahme „Dünne läuft“ wurde eine Profildicke von 7,6% als Optimierungsziel vorgegeben. Da sich der größte Teil der aerodynamischen Optimierungszielvorgaben im Bereich ca > 0.1 befindet, wurde vor allem die Profiloberseite in ihrer Krümmung optimiert. Durch die Dickenbegrenzung konnte sich dann die Profilunterseite nicht mehr für optimale Lauflängen „auswölben“.
- Das verführerische „rear loading“ (= nach innen Verwölben der Profilunterseite in Richtung der Profil-Hinterkante), mit dem recht einfach Verbesserungen im mittleren und hohen ca-Bereich erzielt werden könnten, verkürzt durch die hohe Krümmung die laminaren Laufstrecken im niederen bzw. negativen ca-Bereich.
Der Verzicht auf „rear loading“ bringt die weiteren Vorteile, dass sich die Steghöhe im Ruderbereich erhöht (= Steifigkeit) und dass die Profilunterseite ab ca. 50% Profiltiefe praktisch gerade ist (für „Positivbauweise“ recht angenehm).
Allerdings musste durch diese Veränderungen letztendlich eine vollständige Neuberechnung durchgeführt werden um die negativen Auswirkungen best möglich zu kompensieren.
Schau man sich das neue JX-GS im Vergleich zu den „Vorgängern“ JX-FX und JX-GX an, gelingt es dem Neuen die positiven Eigenschaften zu kombinieren, ohne der Schwächen mitzunehmen:
Ein wenig „Federn“ musste JX-GS allerdings im Bereich ca > 0,8 lassen. Da die hohen ca-Werte aber meist mit Klappen geflogen werden, sollte sich dies nicht zu negativ auswirken.
Im Vergleich zu JX-FX ist JX-GS spitziger bezüglich des optimalen Re-Zahl-Bereichs ausgelegt. Daher kommt der Anpassung des Profils entlang der Spannweite eine besonders wichtige Rolle zu …
Der JX-GS Strak
Der JX-GX-Profilstrak besteht aus 3 Hauptprofilen, die getrennt berechnet und optimiert wurden.
Die Strakprofile JX-GS in der y-Richtung gespreizt dargestellt
Profil | Auegelegt für Re √ca | Gerechnet mit
ncrit=7 und Re | Geprüft bei ncrit = 7 + 9
und Re |
JX-GS-15 | 150.000 | 600.000 (+400.000) | 700.000 + 300.000 |
JX-GS-10 | 100.000 | 400.000 (+300.000) | 600.000 + 250.000 |
JX-GS-06 | 60.000 | 250.000 (+150.000) | 300.000 |
Die gegebenenfalls notwendigen Zwischenprofile werden dann durch prozentuales Mischen der Hauptprofile erzeugt.
Die Polaren der Hauptprofile mit „gemischten“ Zwischenprofile bei jeweils optimaler Re-Zahl:
Aus konstruktiven Gründen kann das Profil an der Wurzel ohne Problem auf 8-8,5% aufgedickt werden. Man sollte dann allerdings recht schnell auf das normale JX-GS herunterstraken. Änderungen an Wölbung, Wölbungs- und Dickenrücklage würde ich nicht empfehlen
Wie bestimme ich das richtige Profil für eine bestimmte Flächentiefe (bzw. Spannweitenposition)?
In dem
diesem Beitrag hatte ich eine einfache Näherungsformel für die Ermittlung von Re √ca gezeigt:
Re√cl = 900 * t * √FB (mit t= Flächentiefe in cm, FB = Flächenbelastung in g/dm²)
Beispiel: Bei einen Auslegungsflächenbelastung von 40g/dm² und einer Flächentiefe von 18,5cm erhält man mit dieser Formel einen Wert von Re √ca = 105.000. Wenn ich tendenziell eher leichter unterwegs bin, kommt das JX-GS-10 zum Einsatz – bei eher schwerer Auslegung das JX-GS-11. Eine Unschärfe von +- 5% oder +-10% ist bei der Wahl des Profils unkritisch. Wichtiger ist der kontinuierliche Verlauf der Profile entlang der Spannweite
Mit dieser „Umrechnung“ können mit JX-GS auch gut kleinere Hangsegler beispielsweise mit 2,4m Spannweite oder auch größere Modelle mit höherer Streckung (kleinerer Flächentiefe) ausgelegt werden.
Klappeneinsatz beim JX-GS
Ein für eine solche Aufgabe optimiertes Profil „lebt“ vom Einsatz der Klappen. Allerdings sollten diese eher defensiv eingesetzt werden. Ein von unten schrittweises Herantasten an die optimale Klappenstellung ist empfehlenswert.
Speedflug: Das Profil ist bereits für (sehr) schnellen Hangflug ausgelegt. Erst bei Durchschnittsgeschwindigkeiten über 40m/s könnten die Klappen ein Hauch (-0,5 Grad) nach oben ausgeschlagen werden.
Schnelles Gleiten: Ab Geschwindigkeiten unter 30-35m/s sollten die Klappen langsam gesetzt werden (+0,5 - +2 Grad)
Sanftes Gleiten: Wenn es nur noch wenig trägt, kann der Ausschlag auf +2 - +4 Grad erhöht werden.
Snap-Flap: Ein guter Startwert sind 3 Grad bei vollem Höhenruderausschlag. Wie bereits in den vorherigen Beiträgen diskutiert, kann ein verzögertes Mitnehmen zum Höhenruderausschlag eine sinnvolle Maßnahme sein.
Im Vergleich zum JX-FX und JX-GX sind die Klappenpolare noch etwas fülliger und runder.
Bei einer Klappentiefe zwischen 22-25% erhält man ausgewogene Eigenschaften beim Klappeneinsatz.
Die Strakzwischenprofile und alle Klappenprofile wurden automatisiert mit „
Xfoil_Worker“ erzeugt. Das kleine Tool hat sich wieder einmal als sehr hilfreich erwiesen, um mit der Profilflut noch einigermaßen umgehen zu können.
Die Dateien im Anhang
Angehängt sind die Profildateien der 3 Hauptprofile des JX-GS-Straks und in einer zip-Datei (umbenannt in .txt) alle Zwischenprofile des Straks mit ihren geklappten Varianten ( von -0,5 bis +4 Grad) – insgesamt 50 Profile…
Zu guter Letzt …
… möchte ich an dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an die kritischen Begleiter und Mitdenker aussprechen, ohne die ich sicher nicht so weit gekommen wäre:
Tobias, für den gemeinsamen, spannenden und lehrreichen Ausflug in den Stand der Forschung rund um Turbulenz und Profile...
Peter, für die Kontrollrechnungen mit Eppler-Code und die Anmerkungen zu den laminaren Laufstrecken...
Heiko, für das kluge und kritische Mitdenken...
Markus, für den Blickwinkel aus der Praxis und den erhobenen Re-Zahl-Zeigefinger...
Matthias, für das mich wieder auf die Spur bringen (dank Strak Machine)...
... und natürlich den Vielen, die zu diesem Thema „Entwicklung eines F3F-Profils“ einen Beitrag geschrieben haben und ihr Wissen geteilt haben.
Es ist einfach eine große Freude mit so vielen g’scheiten Leuten zusammenzuarbeiten!
In diesem Sinn - viele Grüße
Jochen