Formenbau mit 3D-Druck - Aber mal Positiv

Hallo zusammen,

nachdem ich seit geraumer Zeit Nurflügel 3D-Drucke, wollte ich mich jetzt mal an den ersten laminierten Teilen versuchen.
Dabei habe ich im Kopf verschiedene Varianten mit Positiv- und Negativformen durchgespielt, allerdings bin ich immer wieder an einer Stelle gedanklich hängen geblieben:

Der Genauigkeit der Nasenleiste.

"Klassisch" wird ja meistens jeweils die Ober- oder Unterseite für eine komplette Flächenform (mindestens bis zur Steckung) gefräst, plan auf einem Frästisch liegend. Auf den meisten Druckern wird dagegen die Form vertikal stehend gedruckt, und da kaum ein Drucker eine komplette Form stehend drucken kann, werden die Formen idr. aus mehreren Teilen zusammengesetzt.

Wenn es beim zusammensetzen der Teile allerdings auch nur eine winzige Winkelabweichung gibt, so dürfte man recht schnell einen Versatz an der Nasenleiste haben - Es sei denn, Ober- und Unterseite einer Tragflächenhälfte werden exakt gleich "schief" geklebt. Ich muss gestehen, ich stelle mir das eher schwierig vor.

Dafür bietet der 3D-Druck aber in meinen Augen einen recht charmanten Ausweg, der mit der Fräse nicht so einfach funktioniert: Einfach den Flügel komplett im Positiv drucken, und dann komplett abformen. Die Druckzeit wird gegenüber dem Druck einer Form tendenziell eher kürzer, man muss nicht im Negativ schleifen, und beide Formhälften passen 100%ig aufeinander, sie wurden ja vom gleichen Positivmodell abgeformt.

Um diese theoretischen Überlegungen mal in der Praxis zu testen, habe ich angefangen für das SLW vom OpenWing eine Form zu bauen. Das ist mein erster Formenbau, ein paar Sachen würde ich schon jetzt beim nächsten Mal anders machen, trotzdem bin ich mit dem Ergebnis (bis jetzt) recht zufrieden.
(Ich habe mich dabei wesentlich von dem Bau der Rumpfformen für den Veloce von Tecki inspirieren lassen)

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Die Rohteile - Ich hatte vor das SLW mit CFK Stäben zu versteifen, habe das dann aus Faulheit aber doch gelassen...
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Die Teile des SLW sind einmal grob geschliffen um eventuelle High-Spots wegzunehmen, so können die Teile sauber auf der Helling liegen. Diese ist auf den ausgedruckten Grundriss aufgeklebt, und so hoch, dass man später eine 19mm Platte als Trennebene verwenden kann.
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Hier sind die Teile zum Verkleben auf der Helling fixiert
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Schleifen und spachteln - Nach dem letzten Auftrag des Spritzspachtels habe ich mir ein "Gitter" mit Edding aufgezeichnet, und dieses dann vorsichtig abgetragen.
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Dabei war ich teilweise nicht vorsichtig genug, auch die Oberfläche ist bei weitem nicht perfekt. Allerdings ging es mir auch eher darum quick und dirty einen "Proof of concept" zu bekommen, und nicht um ein perfektes Ergebnis...
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Ungefähr so habe ich die Oberfläche dann gelassen. Hier guckt schon etwas mehr PLA durch, da das erste Trennmittel den Spritzspachtel angegriffen hat, musst ich nochmal etwas mehr runternehmen... :/ Egal, für diesen Test passt das schon :D
Das Urmodell wurde dann mehrfach mit "Easy Lease" von Easy Composites eingetrennt, mit dem Zeug habe ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht - Und das wichtigste: Es greift den 1K Spritzfüller nicht an!

Weiter geht es mit der Trennebene: Hierfür habe ich zwei MDF Bretter mit 19mm Stärke aufeinander geschraubt, und dann aus dem Oberen die Kontur des SLW mit etwas Überstand ausgesägt.

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Darin durfte dann anschließend die Helling platz nehmen. Die Kanten der Trennebene wurden noch grob angefast und dann mit Füller versiegelt, damit die Knete, mit der die Trennebene zum Modell abgedichtet wurde, einigermaßen hält. Um die Trennwirkung der Trennebene sicherzustellen, wurde eine "Beschichtung" aus Tesa aufgebracht.

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Die Tesaschicht wurde ausgeschnitten, das SLW-Positiv eingelegt, und die Ränder mit Knete abgedichtet.
Zum Schluss habe ich (auch mit Knete) noch einen Gewebeauslauf modelliert, und eine Blutrinne aufgeklebt. Das könnte man auch etwas schöner machen und diese Teile direkt mit am Positiv drucken - Aber fürs ausprobieren reicht es so (Hoffe ich)

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Anschließend habe ich aus irgendwelchen Plexiglasresten einen Formkasten gebaut, anschließend das Urmodell erst mit Formharz bepinselt, und dann etwas später den Hinterbau aus ein paar Lagen 50er, und dann 500er Glas gemacht. Hier ist mir etwas Harz zwischen den Formkasten und die Trennebene gelaufen, allerdings ergab das nur einen dünnen Rand - Die Tesa-Trennebene hat ihren Job zuverlässig gemacht.

Nach ca. 36 Stunden habe ich dann mit ein paar Spachteln die Form von der Trennebene gelöst. So sah das dann aus:
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Teilweise war mir etwas Formharz zwischen die Knete und das Urmodell gelaufen, das geht aber voll auf meine Kappe: Ich hatte nicht darauf geachtet das Formenharz blasenfrei aufzutragen, und zwischenzeitlich sah die Oberfläche des Harzes aus wie ein Whirlpool. Ich habe dann angefangen mit einem Hammer vorsichtig seitlich gegen die Form zu klopfen, in der Hofnung die Blasen so schneller zum Aufsteigen zu bringen, ich schätze mal, dass sich dabei das Harz zwischen Knete und Urmodell gearbeitet hat... Lesson learned, es war aber auch nicht viel, und ließ sich recht gut beheben.

So sieht die Form nach dem Saubermachen aus:
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Jetzt müssen die Passstifte rein der Formkasten für die Oberseite muss drum, und der Gewebeauslauf wieder mit Knete gefüllt werden, eingetrennt ist schon alles.

Soweit ich es im Moment beurteilen kann, müsste sich diese Methode auch für größere Teile (Flügel) eignen. Essenziell ist natürlich eine gerade Unterlage beim Bau, sowie eine gute Helling für das Verkleben und aufbocken der Positiv-Teile, dann sollte es jedoch keine Probleme geben. Den Gewebeauslauf und die Blutrinne könnte man auch direkt mitdrucken, und wenn man anstelle von MDF eine beschichtete Platte nimmt, oder eine "richtige" Folie aufkaschiert, sollte auch hier die Oberfläche sich deutlich verbessern lassen. Aber noch ist es für ein Fazit zu früh - Wir werden sehen....
 

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arapilot

User
Hallo Lasse,
wieder mal einige tolle Ideen von dir, z.B. die richtige Höhe des Urmodells mit Hilfe der gedruckten Halbrippen zu machen um so mit einem passenendem planem Brett die Trennebene zu darzustellen. Gerade an der Nasenleiste hat man ja bei Positiv Flügel Urmodellen immer das Problem genau die Mitte zu treffen. Warum hast du es an der Endleiste nicht so wie Tecki gemacht? Da wäre die Form dann an der Ensleiste zu Ende und das Gewebe kann einfach hinten etwas überstehen?

Stellst du die Postiv STL Datein auch wieder zur Verfügung? Das wäte dann auch mal für mich der Ansporn es dir nachzumachen, denn mit dem Positiv Druck des fliegenden Flügels hat es bei mir mit meinem Drucker nicht so recht geklappt.
Gruß
Uwe
 

Buxus

User
Die Trennebene bau ich mit dem Urmodell, davon nehm ich mit einem spezial Werkzeug die Formkante ab und übertrage das auf eine beschichtete Sperrholzplatte, das ganze wird dann einfach mit der Stichsäge ausgesägt, dauert keine 5min. Das Urmodell wird dann positioniert und mit 2K Spachtel das Urmodell und der Sperrholzrand verschlossen. Bevor der Spachtel vollständig aushärtet kann man noch mit dem Stecheisen vorsichtig egalisieren. Nach dem vollständigen aushärten nimmt man das Urmodell wieder heraus und kann alles mit feinem Papier plan schleifen, dauert auch nicht lange. Urmodell wieder in die Trennebene legen und eintrennen. Die blaue Knetmasse hat den Nachteil das sie unter umständen beim Formenharzauftrag nach unten gedrückt wird oder noch schlimmer ein Loch entsteht. 3D Druck is ja schön und gut, aber wozu das Rad neu erfinden wenn es eh schon zig abhnandlungen über en Formenbau gibt die sich bis heute bewährt haben. Was CNC gefräste Formen für einen Nachteil haben sollen ist mir Schleierhaft, komplizierte Formen werden Mehrteilig ausgeführt, das haben wir bei Airbus, Porsche, Audi und Co lange genug so gehandhabt. Das Funktioniert auch ohne CNC, geht sogar sehr einfach, man muss nur kreativ sein.
 

Gideon

Vereinsmitglied
Plastilin ist auf Grund seiner geringen Oberflächenhärte bei Raumtemperatur tatsächlich ungeeignet zum Auffüllen der Spalte zur Trennebene. Styling Clay ist wesentlich besser, oder, wie bereits beschrieben, UP-Feinspachtel. Mir kam bislang auch nichts besseres unter in Punkto Verarbeitbarkeit und schneller Aushärtung.
 
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