Göppingen 4 II „Gövier“

Ein Modell von Schneider-Modell aus Kufstein

von Knut Zink.


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Die GÖ 4 wurde 1938 von Wolfgang Hütter und Wolf Hirth zusammen konstruiert und über 100 mal gebaut. In der Namensgebung folgte sie auf „Göppingen 1 Wolf“ und „Göppingen 3 Minimoa“, das kleine MOAZAGOTL. Sie bekam allerdings keinen eigenen Namen wie die beiden Vorgänger und offenbar gab es nie eine GÖ 2.

Als Schulflugzeug konzipiert saßen die beiden Piloten nebeneinander, was bei Segelflugzeugen meiner Kenntnis nach nur noch bei der Slingsby T-21b realisiert worden ist. Meistens sitzen beide Piloten hintereinander oder sogar halb übereinander wie im Doppelraab.

Die knappe Rumpfbreite von nur 92 cm für zwei Piloten nebeneinander war nur möglich, weil beide Piloten jeweils ihre äußeren Arme in die Flügel hinein ablegen konnten.


„Haben will“

Diese ungewöhnliche Rumpfform und auch die damals übliche Flächengeometrie der ausgestellten Querruder haben mich schon lange fasziniert. Ich hatte wohl 10 Jahre einen Bauplan von diesem Segler im Keller liegen, ohne ihn zu verwirklichen.

Der Zufall wollte es, dass die Firma Schneider-Modell in Kufstein dieses Modell als Bausatz mit 4,20 m Spannweite im Programm hatte. Damit war für mich klar – dieses Modell musst du bauen.


Der Bausatz

Geliefert wird ein kompletter Bausatz und nicht, wie heute immer häufiger angeboten, ein sogenannter „short-kit“, also nur die gefrästen Spanten und Rippen. Man bekommt sage und schreibe 37 Sperrholzplatten, 3 mm dick, 1 m lang und ungefähr 40 cm breit mit den Frästeilen. Dazu werden DIN A 3-Blätter mit Bauteile- und Montageplänen sowie einige Baustufenfotos geliefert. Außerdem bekommt man 32 Balsabretter 2 mm für die Beplankung, 57 Kiefernleisten, eine Alu-Profilstange für die Flügelsteckung und zwei Messingrohre für die Kabinenhaube. Man braucht also nur noch Weißleim (Familienpackung), Ruderanlenkungen (Bowdenzüge oder Schubstangen), eine Schleppkupplung und Bespannmaterial. Diese Fakten sollte man beim Vergleich diverser Angebote unbedingt berücksichtigen.


Der Bau

Wer die Modelle der Firma Schneider kennt weiß, dass hier immer die gleiche Bauweise angewendet wird.

Die Leitwerke bestehen aus einem Sperrholz-Holm, in den die Rippen eingesteckt werden. Als Endleiste werden zwei Stück 0,8 mm Sperrholz-Frästeil geliefert, die die Rippenenden wie ein Sandwich einschließen. Die damals üblichen Verstärkungsecken sind gleich schon mit gefräst. Das sieht sehr gut aus und erspart die mühselige Arbeit des Ausschneidens und Einpassens solcher Ecken. Die Dämpfungsflächen werden wieder normal in Holm-Rippen-Bauweise mit Beplankung erstellt.

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Flügel

Die Holme werden aus zwei Sperrholz-Verkastungen mit Schlitzen für die Rippen und diversen Kiefernleisten erstellt. Man kann es nicht oft genug erwähnen: Es gibt einen rechten und einen linken Holm! Zu unterscheiden sind sie u. a. an den beiden Löchern für die Störklappen, die nur in der hinteren Verkastung sind. Die Oberseite der Flügel ist plan, an der Unterseite nimmt die Dicke der Rippen kontinuierlich ab.

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Die Holme stehen aus der ersten Rippe heraus und bilden die Steckung, die jeweils bis zur Rumpfmitte geht. Zur Verstärkung wird in diesen Holmstummeln ein 6 mm Alu-Rechteckprofil zwischen 3 mm Sperrholz eingeklebt. Jede Flügelhälfte wird im Rumpf mit jeweils zwei Stück 6 mm Schrauben an der Holmbrücke befestigt. Das hält bombig.

Der Aufbau der Flügel geschieht wie bei den Großen. Es gibt vordere und hintere Rippenhälften, die in die Schlitze der Holme eingeklebt werden. Die Geradheit der Rippen könnte man mit einem Laser oder einer Schnur gewährleisten. Ab und zu ein prüfender Blick entlang der Rippen reicht aber auch und liefert einen geraden Flügel.

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Der Rumpf wird in Halbschalenbauweise erstellt. Die Halbspanten werden auf die mitgelieferte Spantenschablone gesteckt und mit 5x5 mm Kieferngurten verbunden.

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Wenn die beiden Hälften zusammengefügt sind, werden sie mit 10 mm breiten Streifen aus 3 mm Balsaholz beplankt. Nach dem Schleifen, zuerst grob mit 50er, dann fein mit 120er Schleifpapier habe ich den Rumpf noch mit GfK (49 g/m²) überzogen.

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Die mitgelieferte Haube entspricht einer späteren Version des Originals und wurde geblasen, nicht aus Einzelteilen über einem Gestänge gemacht. Vorne wird sie am Rumpfspant arretiert und als Verschluss dient eine 2 mm Stahllitze in einem Bowdenzugrohr, die unter dem rechten Flügelansatz am Rumpf endet und damit verdeckt ist.

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Als Störklappen sind Schempp-Hirth-Klappen nach oben und unten vorgesehen, alles aus Sperrholz gefräst. Das sieht sehr scale aus und ist sehr wirksam. Man muss sie bei der Landung meist nur halb ausfahren, um eine starke Bremswirkung zu erzielen.

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Das Finish

Als Bespannung habe ich Polyester-Vlies genommen und mit ADLER-Soloplast-Lack zweimal lackiert. Das wirkt antik, ist fest aber noch durchscheinend.
Ich habe das Modell weiß lackiert mit roten Flügelenden und einer österreichischen Fahne (rot-weiß-rot) auf dem SLW.

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Die nichtbeplankten Felder in den Leitwerken und den Flügeln habe ich nicht lackiert, das ergibt ein einmaliges Bild im Flug.

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Der Erstflug

Den Erstflug lasse ich immer vom „Pepsch“, dem Einflieger der Firma Schneider in Kufstein-Unterlangkampfen machen. Der kennt das Gelände und die Schleppmaschine und macht keine Fehler bei der Landeeinteilung.

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In 300 m Höhe wird ausgeklinkt und die GÖ fliegt auf Anhieb super! (Das klingt zwar wie eine tausendfach gebrauchte Plattitüde, ist aber wirklich so gewesen.) Da ruhiges Wetter war und keine Thermik in der Nähe zu finden, dauerte der Flug nur etwa fünf Minuten. Zur Landung wird in etwa 10 m Höhe an den Platzrand geflogen und dann die Störklappen ausgefahren. Deren Wirkung ist stark und sie werden auf die Hälfte zurückgefahren. Somit reicht der halbe Platz zur Landung, das sind geschätzte 50 m.

Den zweiten Start mache ich dann selber und kann mich von den wunderbaren Langsamflugeigenschaften der GÖ 4 überzeugen. Sie gehört eben schon in die Kategorie „Großmodell“ und man fliegt entsprechend großräumig und ruhig. Und, was in meinem Alter nicht zu unterschätzen ist, man sieht ein Modell mit 4,20 m Spannweite auch in größeren Höhen noch gut.


Aber eigentlich bin ich ja Hangflieger. Ich liebe es, ein Modell in Augenhöhe am Hang vorbeifliegen zu lassen und ständig in großen Achterschleifen im Hangaufwind zu fliegen. Also ging es bei mäßigem NO-Wind an den Haushang. Man muss sich zwar den Hang mit zwei grasenden Ochsen teilen, aber die sind das schon gewöhnt und schauen nur kurz neugierig auf das gar nicht kleine Fluggerät.

Mein kräftiger Werfer wuchtet die GÖ über die Hangkante, verflucht dabei lautstark den zu glatten Rumpf, den er nicht richtig greifen könne und schon geht es parallel zum Hang in den Aufwind. Es ist halt doch noch ein anderes Gefühl, wenn so ein Modell direkt auf einen zu kommt und man in 5 m Entfernung einen Vorbeiflug machen kann, um dann nach weiteren 20 m einzukurven und wieder am Hang entlang zu fliegen.

Nach rund 15 Minuten kommt die Landung, da der Hangwind nachgelassen hat. Weil die Startstelle relativ eng und stark mit Brennnesseln bewachsen ist, wird unten in der Ebene gelandet, etwa 30m Höhenunterschied. Man beobachtet den Abstand Modell/Schatten und kann so etwa die Höhe über Grund abschätzen. Man darf nur nicht nervös werden und muss das Modell einfach landen lassen.


Technische Daten: Göppingen Gö 4 II "Gövier"
Einheit
Spannweite
mm​
4200-
Länge
mm​
2070
Abfluggewicht
kg​
9,0
Tragflächeninhalt
dm²​
150
Flächenbelastung
g/dm²​
53,33
Profil
-----​
HQ 3.0/15 mod
Maßstab
-----​
1 : 3,5
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
einfach landen lassen.
Ruft gute Erinnerungen hervor.
Denn, genauso mein Fluglehrer im manntragenden Bereich:
Im frühen Teil des Endanflugs so positionieren, dass es auch ohne dich korrekt landen würde.
Das war eine anfangs enorm hilfreiche End(!)lastung ;) meines geforderten Hirns, dieses Umschalten von "aktiv Fliegen" auf nur noch ausnahmsweise korrigieren!
Ohne Seitenwind musste, bei leicht ausgefahrenen Störklappen, mit Quer- und Störklappen nur ganz leicht korrigiert werden.

Danke abermals für den ausführlichen und ermutigenden Baubericht!
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus Edouard.
Hast du wirklich eine echte GÖ 4 geflogen? Sagenhaft. Da schmeiß ich jede ASW... usw. weg, obwohl diese GfK-Segler natürlich ganz andere Flugeigenschaften haben.

Bis dann.
Knut
 
Hallo Knut,
ja die GÖ4 hat Stil - ich habe auch eine (wieder :-))
Die Schneider GÖ4 fliegt klasse - ist einfach so. Und hat eine sagenhaftes & einmaliges Flugbild.
Dein Bericht hat mir beim Bau der meinen gut geholfen - wie immer klasse gemacht.
Thema GÖ2 - diese gab es und hat auch eine echte Eigenheit: Seitliche Tür zum Einsteigen für den Fluglehrer - min. ein Bild gibt's im Netz der Netze oder im Buch von Seliger "Segelflugzeuge"
Ich freue mich auf Deinen nächsten Bericht - lass's wieder Holz stauben :-)
Viele Grüße,
Manfred
 
Servus Edouard.
Hast du wirklich eine echte GÖ 4 geflogen? Sagenhaft. Da schmeiß ich jede ASW... usw. weg, obwohl diese GfK-Segler natürlich ganz andere Flugeigenschaften haben.

Bis dann.
Knut
Oops ... sorry, nein, nur der Befehl "landen lassen" war die Erinnerung!
Ich flog nur Ka6, DuoDiscus und ASK13.
Die Ka6 (*1962) war und ist (nun als 4m-Modell) mein absoluter Liebling.
 
Hallo Namensvetter,

Deine Berichte schaue ich mir immer wieder gern an. Was machst Du eigentlich sonst so außer diese schönen Modelle zu bauen? Ich staune immer wieder. Bleibt da noch Zeit für was anderes?:)

Tschüß
Knut
 
Servus K.
Na ja, was man halt so als Pensionär tut. Man hat keine Termine, ist niemandem Rechenschaft schuldig, und dann war da noch die Pandemie. Und essen.

Irgendwann habe ich festgestellt, daß man viel öfter mal 1 Std. Zeit hat, in den Keller zu gehen und ein paar Rippen einzusetzen, als das Auto voll Flieger zu laden und an einen Hang zu fahren, um dann festzustellen, der Wind kommt von der falschen Seite oder es ist gar kein Wind oder der Bauer hat seine Wiese wieder mal nicht ordentlich gemäht oder es stehen zu viele blöde Typen am Hang usw. Deshalb gehe ich auch nicht am WE zum fliegen, weil da die arbeitende Bevölkerung unterwegs ist, um ihre teuren Neuerwerbungen herzuzeigen.

Verein kam bei mir nie in Frage: 1/2 Stunde Anfahrt, 4 Stunden Aufenthalt, davon 1/2 Stunde fliegen, die restliche Zeit dumme Sprüche machen ;). Ab und zu fahre ich aber an einem Samstag nach Kufstein und mache dort genau das, was ich gerade geschrieben habe. So entstehen Erstflugbilder und -Videos von Schneider-Fliegern.

Ich sehe halt gerne, was aus einem Haufen SpH-Teilen entstehen kann. Außerdem gefallen mir die Oldtimer immer wieder.

Aber ich vermute mal, es wie bei den Kochshows im TV. Alle schauen sie sich an - und bestellen dann doch bei Lie... Fertigessen. So hat halt jeder seine Macken.

Bis dahin.
Knut
 
Sehr schön. Ist schon eine tolle Kiste.
Ich habe meine etwas modernisiert: SR mit Seilanlenkung und HR mit CfK-Rohr von vorne. Dafür konnten die beiden Servos im Heck raus. Siehe HIER.

(auch) Knut
 
Sehr schön. Ist schon eine tolle Kiste.
Ich habe meine etwas modernisiert: SR mit Seilanlenkung und HR mit CfK-Rohr von vorne. Dafür konnten die beiden Servos im Heck raus. Siehe HIER.

(auch) Knut
war das erste mal das ich mir sowas gebaut habe bin aber mit dem Endprodukt echt zufriedenen und hat bei uns im Verein sehr viel staunen hervorgerufen .Anbei noch ein bar Bilder
 

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Hallo Knut,
diesmal ein Kommentar auf anderem Wege, als über YouTube.
Ein weiterer Doppelsitzer mit side by side Sitzen ist der Caproni A21 Calif. Ein Ganzmetall Segelflugzeugaus den 70 ern mit über 20 m Spw. Für damalige Verhältnisse ein Hochleistungsflugzeug mit Gleitzahl über 43 (!) Und einer Streckung von 25 (!). Diese Flugzeug habe ich seinerzeit auch selber geflogen. Gewöhnungsbedürftig war für mich die außermittige Sitzanordnung, die einen Blick nach schräg rechts oben zum Faden erfordert, um geradeaus zu fliegen. Anzumerken wäre noch die einzigartige Klappenmechanik und -wirkung, mit der man mit voll gefahrenen Wölbklappen und Sturzflugbremsen senkrecht absteigen konnte, ohne mehr als 150 km/h Fahrt aufzunehmen. Das war bei Außenlandungen mit schwierigen Geländebedingungen sehr willkommen. Allerdings war das anschließende Abrüsten im Sturzacker bei über 400 kg Leergewicht eine schweißtreibende Angelegenheit, die immer viel Rückholerbier kostete.
herzliche Grüße
Gernot ( der aus dem Flachland)😎
 
@Knut: Sorry, dass ich erst jetzt antworte, hatte Besuch über das Wochenende. Ich muss mal suchen, ob ich noch Fotos finde. Das war in den 70ern, also im finstersten vordigitalen Zeitalter. Wenn ich erfolgreich war, schicke ich gerne Bilder. Im Netz gibt es einige Fotos vom Calif. In den französischen Alpen, ich glaube in Fayence oder Sisteron gab es einen knallgelben Calif, zur Einweisung in den Alpen- und Wellensegelflug.
überhaupt war der CaLife in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Flugzeug. Wenn man alle Klappen ausgefahren hat, konnte man in die Flügel Innereien schauen. Metallflugzeugbau vom Feinsten. Gelochte und vernietete Bleche, alles in einem leichten Grün vom Zinkchromat-
Korrosionsschutz. Es gab den Calif auch mit verkürzter Spannweite und Jetantrieb (!) als Anfangs-Strahltrainer für die italienische Luftwaffe.
liebe Grüße, Gernot
 

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