Harz im Becher "absaugen"

smeik

User
Hallo zusammen

wie schon öfters erwähnt, laminiere ich (noch) nicht selbst, das Thema interessiert mich aber sehr.
Vor Kurzem habe ich eine Sendung gesehen, in der Silikon gegossen wurde. Der Typ, der das gemacht hat, hat auch die Silikonmasse angerührt und den Becher dann kurz in eine Vakuumkammer gestellt. Ich gehe mal davon aus, dass er die Bläschen, die er beim Umrühren in die Masse gebracht hat, raushaben wollte.

Macht ihr das mit dem Harz auch? Oder ist das Harz zu dickflüssig dafür?
Eine kleine Vakuumkammer, um einen Becher Harz abzusaugen wäre ja schnell gebaut.

Oder spielt das keine Rolle, da ihr das Harz auftragt und nicht giesst?


Besten Dank

Michel
 

Gideon

Vereinsmitglied
Wie Du bereits richtig erkannt hast, geht es um die Viskosität der verwendeten Materialien. Bei Raumtemperatur vulkanisierende Silikon-Abformmassen haben in der Regel eine so hohe Mischviskosität (≥ 5.000 mPa·s), dass ein Verguss ohne vorheriges Evakuieren meist nur mit einem großen Anteil an Luftblasen einhergeht. Ein Teil der Luftblasen steigt zwar anschließend noch nach oben und öffnet sich, aber die Gefahr ist sehr groß, dass bei einem nicht vollständig blasenfreien Guss die Form deutlich empfindlicher gegenüber Einreißen wird. Bei transparenten Silikonen ist zudem die Sicht deutlich eingeschränkt.

Bei einem Handlaminat werden Harzsysteme (EP, UP, VE) mit Mischviskositäten ≥ 500 mPa·s verwendet und das Harz händisch (Pinsel, Walze, Squeegee) in die Verstärkungsfaser eingebracht. Dabei werden zwangsläufig Luftblasen erzeugt, die nie ganz zu vermeiden sind. Bei Glas ist das relativ leicht optisch zu kontrollieren, bei Kohle, Aramid, Basalt, Naturfasern, etc. aber durch deren Opazität nicht mehr.

Bei einer Vakuuminfusion, bei der mit stark vermindertem Restdruck (≤ 20 mbar) gearbeitet wird, werden eingeschlossene Luftblasen im Harz groß gemacht. Wenn da vorher der Harzansatz nicht sorgfältig evakuiert wurde, beginnt spätestens ab der Fließfront das große Blubbern.
 
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smeik

User
Hallo zusammen

Besten Dank für die Antworten und die Videos. Ist ja echt erstaunlich, wie das aufschäumt...

Der Typ mit dem Kochtopf ist der Hammer!! :)

Beste Grüsse


Michel
 

Gideon

Vereinsmitglied
Das Volumen vergrößert sich ungefähr um Faktor 4, der Becher muss also deutlich größer sein. Mit einem vernünftigen Vakuum (< 20 mbar Restdruck) geht das auch recht schnell. Mit der Handpumpe kriegst Du aber höchstens ne Sehnenscheidenentzündung.
 
Gibt es eine andere Möglichkeit, mit der man Luftbläschen ohne Vakuumpumpe aus dem Harz bekommt?
Hat jemand Erfahrung mit diesem Additiv?:
 

Gideon

Vereinsmitglied
Das Ziel eines Entlüfters ist, die Oberflächenspannung des Harzsystems herabzusetzen, um so die einrührte Luft oberflächlich zu entfernen. Das macht bei Bodenbeschichtungen durchaus Sinn, wenn mehrere Komponenten (wie z.B. zusätzliche Füll- und Farbstoffe und andere Rheologieaddtitive) vermischt und aufgetragen werden müssen. Größtenteils sind die Enlüfteradditive aber nicht silikonfrei, was sich insgesamt nicht als ideal für die Lagenhaftung erweist.

Für Handlaminate jedenfalls, wo bereits durch das händische Auftragen Luft eingearbeitet wird, hilft nur Sorgfalt und vor allem Übung. Zuerst das Harz auftragen, dann das Gewebe trocken auflegen. Harzsysteme mit Mischviskositäten zwischen 500 und 1.000 mPa·s sind ideal (bitte keine Infusionssysteme dafür verwenden!). Einzig Wärme (z.B. lokaler Wärmeeintrag durch Heißluft) ist eine unproblematische Möglichkeit, durch eine kurzzeitige Viskositätsverringerung das Entlüftungsverhalten zu optimieren, ohne die mechanischen Eigenschaften zu verändern. Dabei nur niedrigreaktive (lange Topfzeit) Harzsysteme verwenden, um die Exothermie in Grenzen zu halten.
 
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