Servus Manfred,
ist ja doch angenehmer beim höflichen RCN, oder?
Schade nur, dass der Anlass unserer Erstbegegnung so traurig und zornigmachend ist.
Hallo Ihr Anderen!
Da in den obigen Postings von der früher üblichen "nach rechts weg drehen Methode" gesprochen wurde:
Teil 1: Rein geometrischer Effizienzvergleich von Ausweichmanövern, Chancenbeurteilung:
A) Bereinigungsversuch mittels Höhenveränderung:
Das vertikale Fenster für rechtwinkeliges Begegnen ist 3 Flugzeughöhen - Kiel oder Turbinenunterseite bis Seitenleitwerksspitze hoch;
das horizontale Fenster 2 mal die Spannweite plus einmal die Rumpflänge, in beiden Kursrichtungen.
Ein somit ca. rechteckiges oder bodenprojiziert flugwegbedingt rautenförmiges Fenster.
Bei einer hypothetischen Spannweite von 50m und Rumpflänge von 50m wird dieses Fenster auf einer theoretischen Kollisionslänge von 100m (1x Spannweite Flugzeug 1, 1x Rumpflänge Fl.2) durchflogen, was bei 200m pro Sekunde (720 km/h) eine Kollisionszonen-Durchflugzeit von 0.5 Sec bedeutet. Bei rechtwinkeligem Begegnen. Je schleifender die Kurse, um so länger ist natürlich auch die Zeit fürs Durchfliegen der potentiellen Crashzone.
Einerseits ist natürlich das Flugzeug kein rechteckiger Körper, somit könnt mit viel Glück zB. die Flügelspitze noch vor dem tieferliegenden Seitenleitwerk vorbeihuschen, das ändert aber nichts an dieser prinzipiellen Betrachtungsweise.
Andereseits wäre die reale Schadenszone größer, nämlich um den rein aerodynamischen Gefahrenanteil durch Wirbelschleppe, schwingende Kompressionszonen durch die Flächendownwash-Luftmasse (entsprechend dem Fluggewicht) und Turbinenblast. All das kann zu strukturiellen Problemen führen, besonders wenn noch Momentanströmungs-bedingte Überschallerscheinungen dazu kommen. Für den Vergleich mit Methode B ist das als gleich große Konstante bei beiden Methoden anzusehen.
B) Bereinigungsversuch mit der alten Methode "Rechts wegdrehen":
Vertikales Begegnungsfenster: Spannweite mal Sinus der Schräglage, und das alles jetzt mal 3.
Ohne das auszurechnen ist erkennbar, dass das bei Notmanöver-gerechter Schräglage wesentlich mehr ist, als die o.a. angeführten 3 Flugzeug-HÖHEN.
DAMIT STEIGT DIE CRASHWAHRSCHEINLICHKEIT auf das Doppelte oder mehr!
Horizontales Fenster auch wieder ca. 150x150m, ähnlich wie oben, aber:
Das Einleiten der NOT-Kurve NACH Sichtkontakt ist praktisch bei 200m/sec wegen der menschlichen und systembedingten Zeitverluste und natürlich Erkennungsprobleme bei 400m Gegenkursabstand (1 sec!) oder 280m rechtwinkeligem Kurs (ebenfalls 1 sec. vor Berührung) reine Glückssache und kann durch die Flugbahnänderung erst recht zum Crash führen. Es ist für die Crashvermeidung nämlich genau jener Raumpunkt in zB. einer sec Flugzeit, quasi als Vorhalt zu berücksichtigen. Wenn bei ca. rechtwinkeligem Heading der eine nach rechts wegdreht, fliegt der von links Kommende und jetzt in Richtung Flugbahn des Rechten Drehende u.U. erst recht in Richtung eines jetzt sogar mitwandernden Crashfensters.
Wenn einer der beiden Piloten den Anderen in ca. 1/2 km erkennt ist es quasi schon zu spät und dazu als Beweis ein Ausschnitt eines für den Modellflug geschriebenen Artikels, adaptiert für die Geschwindigkeiten und die o.a. Berührungsfenster. Beim kleinen Modell habe ich die Fenster nicht berücksichtigt, das Modell ist praktisch auf einen Punkt reduziert.
Teil 2: Art und Größe der Reaktionszeiten:
(Ein für hier adaptierter Ausschnitt eines Crash- Modellflugartikels, Link in der u. a. gelinkten Übersicht. Eventuelle Leser werden gebeten, den schnoddrigen, für hier überhaupt nicht passenden Stil zu entschuldigen!)
Pilotenbedingte physiologische Gruppe, die Basis sind medizinisch anerkannte Werte wie die Nervenleitgeschwindigkeit von 50-65 m/sec, gleich 20-15 msec/m und 300 msec Mindestreaktionszeit auf erwartete(!!) Ereignisse. Bei Überraschung kann das bis zu einer Sekunde oder mehr (Schocklähmung) werde.
Beachten Sie bitte beim weiteren Text, dass bombastisch klingende 20 msec ja tatsächlich in der uns geläufigeren Darstellung nur 2/100 sec sind.
Auge: bei 25 Bilder/sec =40 msec/Bild, statistischer Mittelwert zum Ereignis 20 msec, bei schlechten Sichtverhältnissen auch wesentlich mehr.
Nervenbahn Auge-Sehzentrum: ca. 10 cm Länge, gekreuzt 2 msec
Gehirnverarbeitung: optimaler Mindestwert 300 msec (OHNE allf. Schrecklähmung!)
Nervenbahn Gehirn-Fingermuskel (im Unterarm): ca. 100 cm Länge 20 msec, Muskelkontraktionszeit und Fingerbeschleunigungszeit hier vernachlässigt!
Totale physiolog. Zeit: 342 msec Mindestwert !
Flugweg bei 200m/sec: 68.4 Meter bis zur schnellst denkbaren ersten Pilotenreaktion
Vermutete systemimmanente Zeitverzögerungen bei fly by wire, die mir natürlich nicht bekannt sind:
Zeitverzögerung der Knüppelstellungsverarbeitung im Prozessor bis zum Aussenden der neuen geänderten Sollvorgabe an den Stellmotor. Größe mir unbekannt (beim Modell können das fast 100 msec sein, wird hier ebenfalls für die Rechnung so angenommen.)
Mechan. Stellmotorhochlauf: minimum geschätzt 10 msec
Erreichen von nur 4 Grad Ruderstellungsänderung, angenommen (Servo beim Modell) Basis 0.2 sec / 40 Grad: 20 msec (für 10 Grad bereits 50 msec entspr. 10 m Flugweg). Ob die Mimik tatsächlich so schnell ist, können unserer CPL´s vermutlich berichten.
Flugzeugträgheit bis zum Beginn einer adäquaten Fluglagenveränderung optimist. geschätzt: 100 msec (Rotationsbewegungsaufbau)
Totale techn. Zeit: (mind.) 230 msec, Flugweg bei 200m/sec: 46 Meter bis zu BEGINN der FluglagenÄNDERUNG.
Phys. + techn. Weg: 114.4 Meter bis zum überhaupt ersten EINSETZEN einer gewünschten Flugzeug-Lageänderung, innerhalb dieses Flugweges ist der Pilot nur ein hoffender Passagier!
Bei zwei Fliegern auf Kollisionskurs entspricht bei ungefährem Gegenkurs der bereits hoffnungslose rechnerische Abstand daher ca. 228.8 Meter. Bis überhaupt zum Aufbau der Lageänderung.
Ich hoffe, dass ich jetzt beim Adaptieren keine Rechenfehler oder Schätzfehler, besonders nach unten gemacht habe. Vermute aber, dass das AP-Overruling oder Übersteuern und die Stellzeiten noch viel mehr Zeit brauchen. Mit Pilotenschreck und längeren Stellzeiten sind wir ohnedies schon bei den angenommenen 400m Gegenkurs-Flugweg- und Reserveverbrauch.
Und jetzt ist für den Großflug, eben im Unterschied zum kleinen Modell nicht ein theoretischer Punkt als Kollisionspunkt vertretbar, sondern das Ausweichmanöver muss dem potentiellen Crashfenster mit dessen Größe ausweichen, im schlimmsten Fall dem größtmöglichen Fenster UND DAZU NOCH DIE FLUGBAHN ÄNDERN, WAS IN DEN o.a. WERTEN NOCH GAR NICHT BERÜCKSICHTIGT IST. Sie berücksichtigen nur den völlig schrecklos reagierenden Piloten und die vermutete Zeit bis zum Aufbau einer Lageveränderung des Flugzeugs. Und die dauert um die Längsachse viel länger als per Höhenruder.
Facit: Die ausweichkonforme Lageänderung UND Flugbahnänderung in der horizontalen Ebene geht innerhalb eines kleineren Zeitraums von statten und muss auch nur dem viel kleineren vertikalem Fenster der Methode A) ausweichen.
Die Methode des "Rechts Wegdrehens" ist somit obsolet und seit Einführung des Bord zu Bord
KOMMUNIZIERENDEN Kollisionswarnsystems nicht mehr Stand der Dinge.
[ 15. Juli 2002, 13:04: Beitrag editiert von: Rudolf Fiala ]