Interessante Einzelheiten...

Links zum Thema

Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU)
Zusammenstoß am Bodensee

Skyguide
Ablauf der Kollision vom 1. Juli 2002

Deutsche Flugsicherung (DFS)
Flugzeugzusammenstoß im süddeutschen Luftraum

Bis die wirklichen Zusammenhänge aufgrund der Datenauswertung festgetellt sind, sollte man sich etwas mehr zurückhalten, als dies der Tenor in dem "Flugzeug und Pilot" Artikel ist. Denn bei diesem Unfall scheint eine nicht unerhebliche Ursache in einem Versagen des Mensch/Maschine Interfaces zu liegen, weil die mögliche Reaktion des TCAS (Traffic Alert and Collision Avoidance System) nicht berücksichtigt wurde.

Presse-Information BFU
Erstellt am: 02.07.02 um 13:00 Uhr
Warum die Warnung dieses Gerätes ebenfalls zu einem Sinkflug der Boeing 757 führte, ist noch unklar und wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
Von einem alleinigen Versagen des Lotsen zu sprechen halte ich nicht nur deswegen voreilig, wenn auch von einem Hauptverschulden auszugehen ist. Der 7NM (statt 5NM) Abstand für Annäherung auf derselben Flughöhe (hier: FL 360) bei Ausfall des bodenseitigen Kollisionswarnsystems wurde nicht eingehalten, sonst hätten sich die Maschinen nie getroffen. Aber dieser Fehler allein hätte nicht zu dieser Katastrophe führen dürfen!

Das Flugsicherungssystem ist von seiner Grundlage her ein Fail-Safe System: ein singulärer Fehler darf nicht zum katastrophalen Ausfall des Sicherungssystems führen. Sprich: Selbst wenn der Lotse einen schwerwiegenden Fehler macht, hätte diese Kollision so nicht passieren dürfen. Und da sind wir beim Ausfall der technischen Komponenten angelangt.

Auch ein Fehler des TCAS Systems, das ganz entscheidend zur Kollision beigetragen hat, ist prinzipiell denkbar. Wäre das TCAS der Boeing zum Beispiel abgeschaltet gewesen, hätte es diesen fürchterlichen Unfall nie gegeben, weil die Boeing nicht ebenfalls in den Sinkflug übergegangen wäre und insofern muß man ganz genau schauen, welches System und/oder Mensch wann und vor allem wie versagt hat. Und da sollte man wirklich die Auswertung der BFU abwarten, was wann funktioniert hat und wann vor allem nicht und nicht in dieser Weise vorschnell urteilen.
Hartmut
 

hbe

User
Hallo,
nicht alles, was geschrieben wird, ist einwandfrei recherchiert und bis ins letzte durchdacht und von eigenen oder fremden Vorgaben beeinflusst. Als ehemaliger DAeC-Vizepräsident darf ich gerade den Modellfliegern mitteilen, daß die Person, die den zuerst zitierten Artikel verfasst hat, in "Großfliegerkreisen" (vorsichtig formuliert)oftmals als ein umstrittener "streitbarer Geist" bezeichnet wurde. Ohne selbst einen Kommentar zu den schrecklichen Ereignissen abgeben zu wollen, rate ich nur, die zukunftigen Ergebnisse abzuwarten. Und auch dann gilt noch die Tatsache, daß man Zukunft erst beurteilen kann, wenn sie Vergangenheit ist.
HBE
 
...selbst unter den modellfliegern gibt es kameraden, die über den tellerrand hinausblicken können. denen ist h. teegen durchaus als reizfigur geläufig. aber bei aller reserviertheit ihm gegenüber, er hat z. b. schon beizeiten das scheitern von cargolifter begründet und profezeit. er ist einer der wenigen, der seit jahren haarsträubende defizite bei der dfs beklagt und mit tödlichen unfällen belegt. also bei aller reserviertheit ihm gegenüber, doof ist der kerl nicht.

für diejenigen, die nicht auf dem laufenden sind. eine erste auswertung der voice-recorder hat offenbar ergeben, dass das TCAS beider flugzeuge vorschriftsmässig gearbeitet hat. etwas 45s vor dem zusammenstoss bekam der pilot der 757 das kommando zu sinken, der pilot der tu154 das kommando, zu steigen. wenige sekunden später erhielt er von skyguide die anweisung, zu sinken. 14s später, die als entscheidungphase zwischen widersprüchlichen anweisungen angesehen werden, begann er den sinkflug mit dem bekannten schlimmen ausgang. da kann sich nun jeder selbst sein teil bei denken.
 
Vergiss bitte nicht zu erwähnen, dass ein Pilot bei 'anschlagen' des TCAS unbedingt auf das TCAS, und nicht auf Anweisungen der Lotsen reagieren MUSS.
Aber wie zuvor so schön gesagt: die Zukunft erst beurteilen, wenn sie Vergangenheit ist.

Aber die weniger aktiven Menschen unter uns sollten den 'hyperaktiven' Menschen dankbar sein, denn sie veranlassen zum Nachdenken - ob mit Recht oder Unrecht sie mir in diesem Falle erstmal egal, das Anregen zum Nachdenken zählt!

Achja, btw: wobei oder wofür hast Du denn deinen Kopf verloren? :eek:

[ 08. Juli 2002, 22:47: Beitrag editiert von: IchWeisNix ]
 
Damit du mehr als nix weißt:

Nach seinem Sieg über Arphaxad, den König der Meder, schickt Nebukadnezar, der König von Assyrien, aus verletztem Stolz seinen Oberfeldherrn Holofernes gegen die Völker in den Krieg, die ihm die Unterstützung im Kampf gegen die Meder verweigert hatten. Sie werden unterworfen und ihre Städte und Heiligtümer werden zerstört. Das Volk Israel, das gerade aus dem Exil heimgekehrt ist und seinen Tempel wieder eingeweiht hat, ist unter der Führung des Hohen Priesters Jojakim angesichts der Gefahr einer Zerstörung ihres Tempels durch Holofernes und seine Truppen zum äußersten Widerstand entschlossen. Holofernes richtet, entgegen dem Rat des Ammoniterführers Achior, seinen Hauptangriff auf die Stadt Bethulia. Er versucht, die belagerten Bewohner durch Abschnürung ihrer Wasserversorgung zur Aufgabe zu zwingen. Als die Bewohner schon entschlossen sind, ihre Stadt innerhalb von fünf Tagen Holofernes zu übergeben, greift Judith ins Geschehen ein. Als durch ihr Ansehen und ihre Frömmigkeit ausgezeichnete Frau, ermahnt sie die Bewohner der Stadt zu Ehrfurcht, Gottvertrauen und Geduld und bietet sich selbst zur Rettung der Bewohner an. Im Gebet vorbereitet, bietet sie sich den Belagerern als Spionin an und weckt durch ihre Schönheit und List Holofernes Vertrauen und Lust. Als er vollkommen betrunken und von Liebe geblendet schläft, tötet sie ihn und bringt seinen Kopf und seine Bettdecke als Beweis ihrer Tat nach Bethulia.

Fakten und Unmöglichkeiten

Das Buch Judith ist eine Festlegende des genannten, regelmäßig gefeierten Siegesfestes. Allerdings hatte der Verfasser keine historische Vorstellung von den Personen und Ereignissen. So ist Nebukadnezar weder König von Assyrien (sondern von Babylonien), noch Zeitzeuge der Rückkehr der Israeliten aus dem Exil, ebensowenig wie der Wiederherstellung ihres Tempels. Es ging dem Verfasser wohl weniger um die Darstellung historischer Fakten, sondern vielmehr um die geschichtliche Erinnerung an die heldenhafte Rettungstat einer jüdischen Frau. So ist Judith das Ideal der Frömmigkeit ihrer Zeit. Ausgezeichnet durch die penible Einhaltung der Reinheits- und Speisevorschriften; durch eine innige Gebets- und Vertrauensgemeinschaft mit Gott, durch mutige Entschlossenheit, sittliche Unantastbarkeit und soziales Engagement, genießt Judith die Achtung eines Vorbildes.
 

Gernot Steenblock

Moderator
Teammitglied
Hi @ll,

also ich wohne nur einen Steinwurf vom Absturzpunkt entfernt. Habe auch einige Trümmer auf den LKW´s Richtung Flughafen Friedrichshafen gesehen und habe bei der ganzen Geschichte ein sehr mullmiges Gefühl im Bauch. Gestern abend wurde hier folgende Meldung von der BFU veröffentlicht. Diese Meldung beruht auf der Auswertung der Flugschreiber. Endgültig soll die Untersuchung aber erst am Mittwoch abgeschlossen sein. Bis dahin wird sich noch evtl. etwas tun. (Zeitangaben sind ca. und noch nicht endgültig)
60 Sek. vor Chrash
Beide Maschinen bekommen eine TECAS Warnung, daß sich ein Flieger in der Nähe befindet. (Traffic/Traffic)
45 Sek. vor Chrash
Beide Maschienen werden vom TECAS zum handeln aufgefordert. Tupolev 154 soll steigen. Boing soll sinken.
44 Sek. vor Chrash
Sky Guide gibt dem Pilot der Tupolev 154 die Anweisung zu sinken.
30 Sek. vor Chrash
zweite Anweisung von Sky Guide: Pilot soll schneller sinken.
Der Rest ist bekannt denke ich.

dass ein Pilot bei 'anschlagen' des TCAS unbedingt auf das TCAS, und nicht auf Anweisungen der Lotsen reagieren MUSS.
Dies ist nicht unbedingt so. Laut Aussage der DFS gilt diese Anwesung für Deutschland und wird teilweise in anderen Ländern anders gehandhabt.
Warum der Pilot der Tupolev dem Fluglotsen mehr Vertrauen geschenkt hat als dem TECAS wird wohl sein Geheimniss bleiben.

Nachtrag: Weil meine Signatur völlig daneben ist für dieses Thema habe ich die geändert.

[ 09. Juli 2002, 12:56: Beitrag editiert von: Dr.Fly ]
 

Yeti

User
Original erstellt von Holofernes:
Denen ist h. teegen durchaus als reizfigur geläufig. aber bei aller reserviertheit ihm gegenüber, er hat z. b. schon beizeiten das scheitern von cargolifter begründet und profezeit. er ist einer der wenigen, der seit jahren haarsträubende defizite bei der dfs beklagt und mit tödlichen unfällen belegt. also bei aller reserviertheit ihm gegenüber, doof ist der kerl nicht.
Hi Holofernes!

Noch eine kurze Anmerkung: Herr Teegen ist ein Meister der Polemik mit klaren Feindbildern. Als Gegenpol zu den Hurra-Meldungen und "für die Bevölkerung hat zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung bestanden"-Presseerklärungen mag er eine durchaus wichtige Rolle spielen, aber als weisen Mann, der alles schon immer gewusst hat, sehe ich ihn nicht. Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille, Herr Teegen interssiert sich aber immer nur für eine Sichtweise. Seine provokante Berichterstattung hat ihm ja auch schon einige Prozesse eingebracht, weil sich seine Unterstellungen schlichtweg als falsch herausstellten. In dem aktuellen Fall stand mir sein Urteil etwas zu schnell fest, warten wir doch einfach die Ergebnisse der Untersuchung ab.

Zum Thema Cargolifter: Von einem Scheitern würde ich zunächst nicht sprechen wollen. Die Argumente des Herrn Teegen entpuppen sich bei näherem Hinschauen auch als ziemlich dürftig und technisch wenig fundiert. Wer in der Luftfahrtindustrie tätig ist, hat vermutlich eine Vorstellung davon, welcher Entwicklungsaufwand hinter einem solchen Projekt steckt. De Idee an sich stößt jedenfalls weltweit auf sehr großes Interesse, nur die Termin- und Kostenversprechen des Vorstandes erweisen sich als nicht haltbar. Wieviele Investoren hätten sich wohl gefunden, wenn man am Anfang gesagt hätte, dass die Entwicklung des Luftschiffes vielleicht 20 Jahre dauern wird? Wenn dieses Projekt scheitert, heißt das für mich, dass in diesem Land technische Innovationen generell keine Chance mehr haben (man vergleiche auch das Drama um den Transrapid).

Ich werde mich jedenfalls sowohl im Fall Cargolifter als auch bei der Aufklärung des Unfalls am Bodensee genauso wenig alleine auf die Artikel des Herrn Teegen verlassen wie auf die Bild-Zeitung.

Gruß Yeti
 
@ Dr. Fly: Also ich habe gelernt, dass GRUNDSÄTZLICH der Anweisung des TCAS WELTWEIT absolut Folge zu leisten ist. Alle zivilen Flugzeuge, die über Europa (nicht nur Deutschland) unterwegs sind, müssen ein TCAS installiert haben (ob's dann auch funktioniert ist leider eine andere Sache :( ) und alle Piloten, denen ein TCAS zur Verfügung steht, wissen auch, dass dem TCAS absolut Vorrang zu geben ist. Wenn mein TCAS anschlägt, ist bei der Flugsicherung eh' schon einiges schief gelaufen, dann kann ich nur noch hoffen, dass die andere Seite dem TCAS auch Folge leistet.

@Holofernes: Holofernes war mir schon ein Begriff, aber Danke für die wirklich gelungene Kurzaufklärung in Geschichte :) Mir ging es eher, warum Du dies Profil gewählt hast, aber eigentlich geht's mich ja auch nix an.
 
Warum der Pilot der Tupolev dem Fluglotsen mehr Vertrauen geschenkt hat als dem TCAS wird wohl sein Geheimniss bleiben.
Vielleicht ein Hinweis: Russische Piloten sind es gewohnt, mit Unzulänglichkeiten der Technik in ihren Maschinen zu tun zu haben. Hierfür gibt es immer wieder erstaunliche Beispiele, die z.B. die Task Force des LBA aufspürt. Zum Glück werden solche Fälle immer weniger, aber immerhin.

Diese technischen Defizite kompensieren sie durch außergewöhnliche Systemkenntnis ihrer Maschinen und sind daher gewohnt, sich eher auf ihre Intuition zu verlassen und im Zweifelsfall der Technik zu mißtrauen. Und vielleicht war genau das der Grund, warum er im entscheidendem Moment dem Menschen mehr vertraute als seiner Technik, seinem TCAS, einem Instrument, was möglicherweise Mist anzeigt. Und der Lotse versuchte aus seiner Sicht nichts anderes, als diesen Fehler zu korrigieren.

Nein, das soll bitte kein Anlass zur Spekulation sein, nur ein Hinweis darauf, wie manche von außen merkwürdig erscheinende Entscheidung zustande kommen kann und dennoch in sich logisch ist.
Hartmut

[ 09. Juli 2002, 11:09: Beitrag editiert von: Hartmut Siegmann ]
 

Gernot Steenblock

Moderator
Teammitglied
@ IchWeisNix
Ich bin mir auch nicht sicher. Diese Aussage machte der Sprecher der DFS in einem Fernsehinterview. Er sprach in diesem Zusammenhang auch von einem dringenden Handlungsbedarf auf internationaler Ebene. Aber auch hier geistern wohl unterschiedliche Aussagen durch den Raum. Dies sollte uns zeigen wie schwierig es für uns (als Aussenstehende) ist, eine Einschätzung ab zu geben.
Das alle zivilen Flugzeuge, die über Europa (nicht nur Deutschland) unterwegs sind, ein TCAS installiert haben müssen ist richtig. Wobei das abhänig ist, von der Flughöhe. Wer aber in ca. 12.000 Meter unterwegs ist braucht auf jeden Fall ein TCAS.
@ Siggi
dein Hinweis hat was für sich. Wobei ein TCAS ja nur anspricht, wenn ein zweites TCAS in der Nähe ist und diese Miteinander kommunizieren.
Dies war dem Piloten sicherlich bekannt. Folglich wird das andere Flugzeug den Befehl zum sinken bekommen haben.
Ich denke auch darüber zu Spekulieren hat keinen Sinn. Der von Dir gewählte Begriff der Intuition des Pilotentrifft die Sache wahrscheinlich am besten.

[ 09. Juli 2002, 11:41: Beitrag editiert von: Dr.Fly ]
 

Charly

User
Moin allerseits ,

ich hab immer gedacht das es dem Piloten kalt den Rücken runterlaufen muss wenn sich das TCAS meldet. Wenn das Ding Traffic quietscht ist doch schon VORHER jede Menge schiefgelaufen, oder sehe ich das falsch? Bin kein Pilot, aber irgendwo hab ich gelesen das dieses System bei Versagen der Boden-Luft Unterstützung durch die Lotsen aushelfen soll. Dann MUSS der Pilot doch zwangsläufig dem System folgen da es ja direkten Kontakt zur "gegnerischen" Maschine auf Kollisionskurs hat. (?)

Aua, nich haun, ich weiss, blöde Frage :rolleyes:

bibi
Ronny

(Editiert wegen gänzlich unpassender Fusszeile)
@DrFly: Das geht! Erst Profil ändern, dann Beitrag editieren aufrufen und mit oder ohne Änderung speichern)

[ 09. Juli 2002, 12:01: Beitrag editiert von: Charly ]
 

Gernot Steenblock

Moderator
Teammitglied
@ Charly,

Dann MUSS der Pilot doch zwangsläufig dem System folgen da es ja direkten Kontakt zur "gegnerischen" Maschine auf Kollisionskurs hat. (?)
So würde ich das auch sehen. Deine Frage ist garnicht so blöd. Warum aber der Pilot gegen seine TCAS Warnung gehandelt hat wird wohl nicht geklärt werden können.
Das System meldet zunächst ja erst mal „Traffic, Traffic". Da ist noch keine Reaktion erforderlich nur die erhöte Aufmerksamkeit. Dann kommt die Auffforderung zu Reaktion mit der Meldung: „climb, climb" oder „descent, descent".
Bereits bei der ersten Warung, muss doch klar sein, daß hier ein Lotse (als Mensch oder wegen seiner evtl. defekten Anlage) versagt hat. Also ist doch das TCAS mein letzter Rettungsanker.
Ich weis, daß ein TCAS einen Bildschirm hat auf dem die "gegnerischen" Flugzeuge erkennbar sind. Weis jemand von Euch was dort sonst noch angezeigt wird? Kennung? Flughöhe? Kann ich als Pilot nicht evtl kontakt zur "gegnerischen" Maschine per Funk aufnehmen?
Das sind die Fragen die sich mir stellen.

P.S. Meine Signatur habe ich geändert. Danke für den Hinweis Charly.
 
radar.gif


Schematische Darstellung und Erläuterung siehe:
http://www.honeywelltcas.com/index.html

BFU
Meldung vom: 05.07.02 11:00
Zum Unfallzeitpunkt war ein einziger FVL (Radar-Verkehrsleiter) für die Kontrolle des gesamten Flugverkehrs im Zuständigkeitsbereich von Zürich zuständig. Dabei überwachte er gleichzeitig zwei Frequenzen und zwei Radarmonitore. Auf einer Frequenz (119.920 MHz) führte er einen Radaranflug nach Friedrichshafen und auf einer anderen Frequenz (128.050 MHz) mussten die zwei verunfallten Verkehrsflugzeugen betreut werden. (...) Von 23:30:11 Uhr bis zur Kollision (23:35:33 Uhr) waren im Zuständigkeitsbereich des FVL 4 Flugzeuge auf 128.050 MHz und ein Flugzeug auf 119.920 MHz zu betreuen. Um 23:35:31 Uhr, 2 Sekunden vor der Kollision, hat noch neu ein Flugzeug das erste Mal gerufen.
Die beiden Flugzeuge wurden lt. BFU also auf derselben Frequenz betreut.
Hartmut
 
Hallo,

ich habe letztendlich auch keinen Einblick in die Verfahrensweise, aber wenn, Siggi, Dein letzter Satz zutrifft, dann haben ja alle drei (Boeing,Tu,Skyguide)untereinander/miteinander kommunizieren können.Das macht die Sache noch unerklärlicher.Der Hinweis auf die "russische Technik" wird wohl so zutreffen, ist aber im o.a.Fall dann wohl eher irrelevant.
 

Yeti

User
Hier noch ein Zitat aus dem BFU-Bericht:

Eine knappe Minute (genaue Zeitangaben können derzeit noch nicht gemacht werden) vor der Kollision gaben beide TCAS-Anlagen in den Flugzeugen die Warnung „Traffic, Traffic". Ca. 15 Sekunden später gab das TCAS in der B 757 die Aufforderung „descent, descent" und das TCAS in der TU 154 die Aufforderung „climb, climb". Etwa 1 Sekunde nach dieser Warnung erhielt die Besatzung der TU 154 von der Flugsicherung in Zürich die Anweisung „descend flight level 350, expedite, I have crossing traffic" und weitere 14 Sekunden später eine Anweisung „descent level 350, expedite descent".
Der züricher Lotse und das TCAS haben der TU 154 demnach fast zeitgleich widersprüchliche Anweisungen gegeben. Eine Kommunikation der an Bord befindlichen TCAS-Systeme mit der Bodenstelle findet nicht statt, so dass der Lotse die Ausweich-Anweisung des TCAS an Bord der TU nicht kannte.

2 Fragen:

Nach welchen Kriterien wird festgelegt, welches Flugzeug im Falle einer gefährlichen Annäherung steigen und welches sinken soll? Nach welchen Kriterien entscheidet das TCAS und nach welchen Kriterien die Flugsicherung?

Hätte die Zeit ausgereicht, diesen Widerspruch zu klären? Beiden Piloten muss ja klar gewesen sein, dass die Anweisung des Lotsen mit den Anweisungen des TCAS nicht kompatibel war. Hätte der Lotse seine Anweisung zum Sinkflug rechtzeitig zurücknehmen können, wenn er von den Piloten über die Anweisungen des TCAS informiert worden wäre? Warum revidiert das TCAS nicht seine Anweisungen, wenn es "merkt", dass entgegen der ursprünglichen Anweisung verfahren wird?

Gruß Yeti
 
Wenn das TCAS anschlägt, bzw. wenn es schon die Aufforderung zum Climb oder Descent gibt, dann ist keine Zeit mehr zum 'Verhandeln'. Eine Korrektur des TCAS in sich selbst hätte auch keinen Sinn mehr, dazu ist einfach die Zeit zu kurz. Ganz klar geregelt ist, (ich hab's glaube ich schon einmal weiter oben geschrieben) dass das TCAS absoluten Vorrang hat, jedwede Lotsenanweisung bei Reaktion des TCAS ist definitiv zu ignorieren (und nicht nur in Deutschland!).
 

Gregor Toedte

Vereinsmitglied
Ich muss mal `ne ganz dämliche Frage zu dem Thema stellen: Warum gibt das TCAS steigen/sinken vor ??
In der LuftVO gibt es in den Ausweichregeln weder steigen noch sinken sondern mE viel sinnigere Regeln wie z.B. "nach rechts ausweichen". Begegnen sich zwei Flieger auf Kollisionskurs ist ein verändern des Kurses BEIDER Flugzeuge in die - aus dem Luftfahrzeug gesehene- selbe Richtung (als beide nach rechts) doch narrensicher -oder ??

Experten, klärt mir auf bitte....

Gregor
 
Obwohl ich kein experte auf dem gebiet bin, denke ich das bei dem ausweichen in der gleichen ebene die gefahr der kollision nicht so schnell zu beseitigen ist, wie beim ausweichen nach oben und unten. im vorliegenden fall wäre rchts links nicht hilfreich gewesen. wenns denn befolgt wird.
 

Gregor Toedte

Vereinsmitglied
...mir stellt sich weniger die Frage nach dem 'befolgt werden' sondern nach dem, was die LuftVO vorschreibt. Dort gibt es ganz klare Ausweichregeln, von Steigen oder Sinken ist nicht die Rede. Tatsache ist jedenfalls dass mit gleichsinnigem Abdrehen eine Kollision verhindert werden kann. Das ein Pilot mit 70 Passagieren an Bord ungern plötzlich in einen starken Sinkflug übergeht lässt sich nachvollziehen, die Maschine war im Reiseflug, demnach waren die Passagiere nicht angeschnallt. Beim plötzlichen Sinkflug fliegt da nicht nur der Kaffee durch die Gegend.
Und Zeit zum Anschnallen gab es nicht mehr.

Grüsse aus Kassel
Gregor
 
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