Kabinenkreuzer "Sea Commander" von Aerokits

molalu

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Hallo liebe Freunde des gepflegten Modellbaus:),

die, die meine Bau-, Restaurations-, und/oder Neuaufbau-Berichte hier bei RCN verfolgen, wissen, dass ich ein fable für Vintage-Modelle habe. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ich mir in den 50-igern/60-igern gewisse Modellbauträume nicht erfüllen konnte, und auch meine Eltern andere Sorgen hatten, sicherlich aber nicht das Vermögen, um mehrere 100 DM für einen Graupner Modellbaukasten auszugeben.
Ich stöbere nahezu täglich bei Ebay in der Kategorie "Wasserfahrzeuge", um zu schauen, ob nicht mal wieder jemand seinen Dachboden, Keller oder Garage aufgeräumt hat, um dabei auf ein für ihn wertloses, altes Schiffsmodell zu stoßen, das dann in der Bucht landet. In meinem persönlichen Umfeld habe ich nicht zuletzt deswegen den Spitznamen "Ebay-Junkie". Ist OK, dafür kenne ich kein Facebook, Twitter, Instragram und Co.

Zuletzt bin ich bei Ebay auf ein sehr interessantes Modell gestoßen. Lt. Verkäufer eine "Sea Commander" vom englischen Hersteller Aerokits. Ich kannte diesen Hersteller nicht, wußte aber dass die Engländer eine jahrzehntelange Tradition im Schiffsmodellbau haben. Erfreulicherweise fand ich im www. sehr viele interessante Fotos und Videos eben von diesem "Sea Commander".

Die ersten Bausätze von Keil Craft kamen wohl Anfang/Mitte der 60-iger Jahre in England auf den Markt. Nachstehend ein englisches Werbeprospekt aus dieser Zeit:

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Ein solcher Bausatz der "Sea Commander" kostete in den 60-igern 25 engl. Pfund. Ich habe mal recherchiert, was der selbe Bausatz zu dieser Zeit in D-Mark gekostet hätte. Der Umrechnungskurs Mitte der 60-iger lag bei ca. DM 11,50 für 1 engl. Pfund. Der Bausatz hätte in Deutschland min. DM 290,- gekostet. Da gab es von den bekannten deutschen Herstellern Alternativen, die günstiger zu bekommen waren und dennoch für meinen Taschengeld-Beutel unerschwinglich waren.

Was mich aber bei meinen Recherchen am meisten überrascht hat - der Bausatz der "Sea Commander" wird aktuell noch immer von diversen Händlern angeboten. U.a. von KRICK als Frästeilesatz von Calder Craft (allerdings zur Zeit nicht verfügbar):


Ich kenne nur sehr wenige Modell-Klassiker, die die Zeit der 60-iger bis heute überlebt haben. Aus dem Schiffs-Modellbau kenne ich gar kein Modell, aus dem Flugzeug-Modellbau fällt mir spontan der Graupner UHU ein, eventuell noch der Airfish.

So viel zur Vorgeschichte und zur Historie. Hier nun ein Foto von meiner Ebay-Erwerbung. Leider gibt es keine Angaben darüber, woher das Modell stammt. Wurde es in England oder in Deutschland aufgebaut??? Niemand kann es sagen. Es gibt keine Historie dazu.

Die "Sea Commander" ist 87cm lang und 27cm breit. Natürlich in kompletter Holzbauweise:


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Ein klein wenig erinnert mich dieser Bootstyp an ein Taxiboot aus Venedig!!???

Es gibt mehrere Indizien dafür, dass "meine Sea Commander" mit Verbrenner angetrieben wurde. Das ist zum einen die Durchführung für den Auspuff, knapp oberhalb der Wasserlinie des Heckspiegels, aber auch die deutlichen Oel-Reste im Rumpfinneren:

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Den entscheidenden Hinweis liefert dann aber die Antriebswelle mit einer Wellenkupplung, die über diesen bekannten "Knochen" verfügt, den nur die Verbrenner nutzen:

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In den 60-igern gab es bei uns bereits gute, elektrische Antriebskonzepte, einschließlich mechanischer Regler. Im anglo-amerikanischen Bereich waren aber die Verbrennermotoren 1. Wahl. Nach meinen Recherchen wurde in England die "Sea Commander" in der Regel mit 3,5ccm-Motoren gefahren. Es soll aber auch Modelle mit 10ccm gegeben haben, vielleicht sogar noch geben.

Weil trotz brushless-Hype die guten alten Bürstenmotoren nicht schlechter geworden sind, werde ich einen 600er an 8,4V in Verbindung mit einem 30A Vor-/Rück-Regler verbauen. Hier noch ein kurzes Video aus England von 2010 mit einem vergleichbaren Antrieb.


Ich hoffe, dass für diese alte Gurke ausreichend Interesse vorhanden ist!!?? Dann würde ich über Restauration und Neuaufbau weiter berichten. Das wird sich aber bestimmt bis ins Frühjahr 2022 hinziehen, weil parallel noch der Neuaufbau eines Powerboats (1,20mtr. Mono 2-motorig) auf dem Tisch liegt. Über Rennboote wird hier bei RCN viel zu wenig, oder eher garnicht berichtet. Vielleicht schreib ich über diesen Neubau auch ein paar bebilderte Zeilen.
 
Hallo Ingolf,

Es ist immer schön einen Baubericht von dir anzuschauen, daher bitte mehr.
Bleib Gesund und viel Erfolg, bin gespannt. Lg Marcus
 

molalu

User
Der Sea-Commander stand jetzt 2 Wochen unberührt in meiner Werft, weil ich ein Parallelprojekt begonnen habe, das im Frühjahr 2022 fertig für die Erstwasserung sein muss.
Es handelt sich um ein Powerboot-Mono mit 1,20mtr. Länge, das mir 1-motorig schlichtweg zu lahm war und das für mehr Power einen zu weichen GFK-Rumpf hatte.
Mein Plan ist das Mono 2-motorig mit 2 TFL-Innenläufern SSS5684/1200kv an jeweils 8S pro Motor und 2 x ZTW 200A Reglern neu aufzubauen.
Dazu musste die komplette Hardware entfernt und alle zurück gebliebenen Löcher verharzt werden. Darüberhinaus habe ich im Unterwasserschiff diverse Lunker im Gelcoat, insbesondere im Bereich der Stringer, entdeckt, die immer größer und länger wurden, je mehr ich mit dem Skalpell darin rumgestochert habe. Die mussten mühsam wieder ausgeharzt und anschließend verspachtelt werden. Eine Schweinearbeit - aber besser mit Sorgfalt erledigt, als nach dem ersten Überschlag einen durchgebrochenen Rumpf zu haben, der auf nimmer Wiedersehen gen Seegrund taumelt.
Damit war es aber noch nicht getan - ich musste den kompletten Rumpf + Deckel mit 170er Aramid-Gewebe nachlegen. Wer das schon mal gemacht hat, weiß wie nervig es ist, wenn sich das Gewebe in alle mögliche Richtungen verschiebt und größere Schlitze und/oder Löcher hinterläßt. Der Trick um das zu vermeiden - das Gewebe vor dem Schneiden mit Sprühkleber einsprühen.
Ich habe gelbes Aramid-Gewebe verwendet, weil das Überwasserschiff später auch mal gelb wird (das Unterwasserschiff wird weiß).

Danach sieht das dann so aus:

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Der Deckel ist noch nicht perfekt. Da fehlt noch eine Deckschicht Epoxid.

Ich weiß, es gibt 2 sehr gute Foren für die engagierten Powerbootfahrer ( 1x Verbrenner und 1x elektrisch ). Ich glaube aber, dass sich hier bei RCN der eine oder andere für schnelle "motorgetriebene Boote" interessiert. Ich merke auch an den vielen PN, dass sich hier etliche Flieger tummeln, die ihren Spaß auch auf dem Wasser haben wollen.

Sollte also Interesse bestehen, mache ich für den Baubericht "Powerboot-Mono 2-motorig" einen neuen thread auf und beschreibe den weiteren Aufbau des "kleinen Bootchens".


Jetzt aber zum Sea-Commander

3 Kabinendeckel waren extrem mit weißer Farbe zugekleistert. Ich vermutete, dass sich mehrere Lagen Lack darauf befanden. Nach den letzten 3 Mahagoni-Bauprojekten und endlosen Schleifarien hatte ich keine Lust mir an der Sea-Commander eine Sehnenscheiden-Entzündung zu holen.
Deshalb entschied ich mich für die chemische Keule = ABBEIZEN

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Alle, die das noch nie gemacht haben und eventuell nachmachen wollen - VORSICHT!!!!!


1) gut gelüfteter Raum - es stinkt fürchterlich
2) Schutzbrille
3) Gummihandschuhe (die dicken)

4) Schutzmaske - wer keine professionelle Schutzmaske besitzt, sollte minimum eine FFP2-Maske verwenden (davon sollten aktuell genug rumliegen).

Mein Rumpf mit Teilen VORHER:

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Und nachher:

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Molto schreibt, dass die Einwirkzeit ca. 4 Stunden beträgt. Ggf. muss der Vorgang wiederholt werden.

Ich hoffe, dass mich unter den abgelösten Lacken keine Überraschungen auf mich zukommen. Egal wie - ich berichte weiter.
 

khi

User
Hallo Ingolf,
ich bin immer wieder platt, in welchem Tempo Du Deine Baustellen abarbeitest!👍
Ich bin den schnelleren Booten auch nicht abgeneigt, daher würde ich einen eigenen Thread zum Mono begrüßen!
Danke für Deine stets lesenswerten Beiträge!

Gruß, Karl-Heinz
 

molalu

User
Danke für Deine stets lesenswerten Beiträge!

Hallo Karl-Heinz,

vielen Dank für das nette feedback. Ich plaudere mal aus dem Nähkästchen - 50 Jahre Schiffsmodellbau und jetzt in Pension. Ich bin nach den Erlebnissen der letzten 2 Jahre froh dieses tolle Hobby ausüben zu können. Das hat mir bei der "CORONA-Frustbewältigung" sehr geholfen und während ich in meinen 45, sehr stressigen Berufsjahren, so manches Neubauprojekt in 1 und mehr Jahren fertig gestellt habe, geht heute alles flott von der Hand. Die langjährige Erfahrung beschleunigt obendrein den einen oder anderen Bauabschnitt.

Ach übrigens - "ich auch Nordhessen":cool:
 

molalu

User
Am Wochenende wußte ich noch nicht wie ich mich entscheide - "Pest oder Cholera", also stundenlange Schleifarien oder die chemische Keule mit Abbeizer. Meine Entscheidung habe ich zuvor beschrieben.
Dennoch, ich würde es so nicht nochmal machen. Eine einzige Batzerei, stundenlanger Gestank und darauf gehe ich zum Schluß nochmals ein - nicht gut fürs Holz.
Das Ergebnis der Beizerei war 2-geteilt. Die 2 Kajütdach-Deckel wurden ganz offensichtlich vor dem Lackieren nicht mit Haftgrund behandelt, sodass sich der Lack ruckzuck und mühelos löste.
Nach dem Entfernen des Lacks konnte man sehr schön erkennen, wie unsere Vorfahren Modelle gebaut haben. Da wurde zwar auch schon geleimt, aber obendrein wurde noch genagelt. Alles ganz schick mit Messing-Stiften.

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Anders sah es beim vorderen Kajütaufbau aus. Lt. Hersteller soll der Abbeizer innerhalb 4 Stunden Einwirkung auch mehre Lackschichten lösen. Produkt ist bei mir durchgefallen, denn nach dem ersten Anstrich Abbeizer, sah es so aus:

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Rot und blau kamen zum Vorschein, die der Abbeizer nur im Ansatz geärgert hat. Also nochmals ein Lage Abbeizer drauf und waerten.

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Schon besser!!

Wer sich vor solchen, stinkenden und klebrigen Lack-Abfällen nicht fürchtet kann das ja mal nachmachen. Wer ein Pedant ist und dessen Werkstatt eher dem OP eines Klinikums gleich kommt, der sollte von diesem Teufelszeug die Finger weg lassen.

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Wie schon zuvor erwähnt, macht mir nach dem entlacken das Decks-Sperrholz sehr große Sorgen. Dafür gibt es 2 Gründe. Wir kennen es von Graupner-Modellen aus den 60-igern/70-igern, da wurde die Decksfugen (Kalfaterung) maschinell gedruckt. Bei meinem Sperrholzdeck hat es den Anschein, das gar keine Kalfaterung vorgesehen war. Es scheint so, als hätte der Erbauer damals den Bleistift angesetzt und hat die Fugen damit gezogen. Auf jeden Fall ist davon nicht mehr viel zu sehen, nachdem ich Lackreste und Beize mit der Klinge abgezogen habe.
Ich stehe jetzt vor der Entscheidung Deck abschleifen und Fugen ebenfalls mit Bleistift nachziehen, oder das Deck komplett neu mit Arkowood-Decksplanken (Ahorn) belegen. Variante 1 wäre schnell gemacht, Variante 2 sieht aber schick aus. Nachteil von Variante 2, ich verliere den Vintage-Look mit den vielen Messing-Stiften.

Ich glaube aber, dass die Entscheidung steht - Variante 2. Warum? Der vor Jahrzehnten aufgetragene Klarlack hat Spuren im Sperrholz hinterlassen. Helle und dunkle Flächen. Vermutlich wegen unterschiedlich stark aufgetragenem Klarlack. Das sieht jetzt aber richtig sche.... aus. Also, mindestens 1 Woche mehr Arbeit und neues Deck drauf. Genügend Holzreste habe ich zum Glück.

Es wird nicht langweilig und wie ich zuvor schon geschrieben habe, Zeit ist genügend vorhanden.
 

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Auf der Arbeit ( Restauration von Möbeln) nehmen wir immer Ammoniak ( mit sprühflasche aufgetragen) und Wasserstoffperoxid ( direkt auf den Ammoniak), dann mit warmen Wasser und einer Kartoffelbürste abwaschen. Aber Vorsicht unbedingt schutzkleidung tragen.
 

molalu

User
Mag sein, das Guenni das Verfahren zum Ablösen von Lacken im professionellen Bereich gut einsetzen kann. Ich mag garnicht dran denken mit Ammoniak in meiner kleinen Werkstatt zu arbeiten. Allein der Gestank vom Molto Abbeizer war 24 Stunden im Haus zu riechen. Das trotz mehrerer Fenster, die gekippt waren.
Die weiße Farbe auf dem Sea Commander war nach meiner Einschätzung ein Kunstharzlack.
Ich bin froh, daß die Aktion hinter mir liegt. Eine Wiederholung wird es nicht geben.
 

molalu

User
Heute habe ich den Rumpf nochmal genauer unter die Lupe genommen, um Mängel, Beschädigungen und/oder Verbesserungspotential ausfindig zu machen.
Dabei fiel mir auf, das der Rumpf mal heftig "auf die Schnauze" gefallen sein muss. Die Bugspitze mit dem drüber liegenden Decks-Spitzel ist gestaucht und ein paar Zentimeter der linken Scheuerleiste fehlen.

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Leider komme ich nicht durch das Rumpfinnere in die Bugspitze. Im vorderen Rumpf-Drittel sitzt ein Vollspant/Schott. Deshalb werde ich an der Bugspitze ein Dreieck vom Deck entfernen, um zu sehen wie es drunter ausschaut. vermutlich muss ich auch ein kleines Stück der oberen Bordwand ausschneiden und ersetzen. Schaun mer mal!!??

Nachdem nun diese OP am offenen Herz ansteht, habe ich mich entschlossen die Scheuerleiste komplett zu entfernen. A) weil die Leisten nicht zum Masstab passen (zu dick und zu breit) und B) weil die Leisten aus Weichholz sind. Im Ersatz kommen später Mahagonileisten drauf.
Auch die Fußleisten auf Deck entferne ich.
Die Scheuerleisten waren genagelt und geklebt. Weil das Holz so schön weich war, hatte ich mit dem Cuttermesser kein Problem.

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In meinen Sammelkartons für Holzreste habe ich Decksplanken von arkowood in Ahorn mit schwarzer Kalfaterung (1mm Ebenholz) gefunden. Die Reste reichen aus, um damit das Deck komplett neu zu belegen.

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Bevor es damit weitergeht, kommt aber erst das Rumpfinnere und die Technik dran. Also Motor mit Motorhalter auf die Antriebswelle ausrichten und einharzen.
Ruderkoker aus Messingrohr anfertigen und einharzen. Ruder mit Messingblatt und Messingwelle anfertigen.

Last but not least wird der Rumpf innen in Marinegrau lackiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Geht es auch um Kunstharz-, Nitro und Alkydharzfarben, oder oft um Schellackfarbe?

Bisher hatten wir nur bei den professionellen hochstrspazierfähigen 2k pu Lacken leichte Probleme die brauchen eine mehrfach Behandlung.

Was die Geruchsbelästigung angeht ist es echt extrem, danach sind die Bronchien frei. Da muß man schon die guten Aktiv Filter haben.
 

SB 13

User
Hallo Ingolf,

Natuerlich machst du einen Bericht ueber dein Mono Racer hier!;)

Ich habe hier auch noch einen Psychocat und eine kleine Rundnase rumstehen, die allerdings schon seit Jahren nicht mehr im Wasser waren.

Gruss Ralf
 

molalu

User
Natuerlich machst du einen Bericht ueber dein Mono Racer hier!

Zu Befehl Ralf - wird in Kürze erledigt😂😉😉

Ich habe hier auch noch einen Psychocat

Hüte Deinen Psychocat wie Deinen Augapfel. Leider macht der Schnippsi nichts mehr. Der Psychocat 2-motorig steht seit vielen Jahren auf meiner Wunschliste ganz oben. Beim SAW liefen 2 Psychos - die liefen wirklich gut und schnell.
 

molalu

User
Gestern gings am Sea Commander mit dem Unterwasserschiff weiter. Um die Sauerei mit dem Abbeizer zu umgehen, habe ich mit 60-iger Schleifpapier angefangen, um zu merken, dass zwar einiges an Alt-Lack runter geht, nicht aber alles. Gezählt habe ich 4 Lackschichten. Insbesondere der weiße Lack an den beiden Bordwänden ist extrem zäh.
Also bleibt nur die chemische Keule.

Beim Schleifen mit der Hand fiel mir aber auch auf, dass an diversen Stellen extrem viel Lack aufgetragen wurde. Weiterhin fiel mir auf, das der Schleifklotz nicht gerade, sondern in Wellenbewegungen lief.
Als ich mit den Fingerkuppen über den Rumpfboden ging war mir klar, was da passiert war. Das Sperrholz auf beiden Seiten des Unterwasserschiffs war auf einer Länge von mehr als 50% in Richtung Heck eingefallen. Demnach muss das Sperrholz feucht geworden sein und muss für längere Zeit in diesem feuchten Zustand abgestellt worden sein.
Die Beulen verlaufen an den tiefsten Stellen mit 3,5 - 3,8mm.

Hier mal 2 Fotos, auf denen sehr gut die Spalten zwischen Stahllineal und Rumpfboden zu erkennen sind:

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Mit derart starken Dellen im Rumpfboden ist so ein Schiffsmodell nicht fahrbar. Sobald man Gas gibt, wird der Rumpf hüpfen.

Um dieses "hüpfen" zu unterbinden finden Anfänger in aller Regel eine einfache Lösung - am Heckspiegel werden 2 verstellbare Trimmklappen angebracht. Die Trimmklappe wird dann nach unten gestellt, damit der Bug stärker ins Wasser gedrückt wird. Mag sein das in dem einen oder anderen Fall eine Verbesserung der Lage erreicht wurde, aber es kann nicht die Lösung sein. Zumal durch abgewinkelte Trimmklappen reichlich Fahrgeschwindigkeit genommen wird. Auch an meiner Sea Commander habe ich im Heckspiegel 2 x 4 Bohrlöcher gefunden, die das typische Maß vvon 2 Trimmklappen haben.

Bei den Powerbootfahrern ist es ein MUSS. Bei jedem neuen Rumpf (GFK oder CFK) werden als erstes die Laufflächen dahingehend untersucht, ob sie absolut plan sind. Kleinste Unebenheiten werden ausgespachtelt. Man glaubt garnicht wieviel, teilweise sündhaft teure Powerboot-Rümpfe, mit Verzügen aus der Form springen.
Die Monos bekommen in aller Regel an der Abrisskante Heckspiegel einen kleinen Keil (in der Regel max. 1mm) angespachtelt. Den Blödsinn mit den Trimmklappen braucht dann kein Mensch.

Wer von den Mitlesern dieses Problem an seinem Schiffsmodell feststellt, oder schon festgestellt hat, der sollte einfach mal ein Stahlineal auf der Lauffläche des Unterwasserschiffs anlegen. Diesen Rat gebe ich gerne auch den Besitzern von Schiffsmodellen mit ABS-Rümpfen, weil dieser Kuststoff besonders empfindlich ist. Insbesondere dann, wenn Spanten in den Rumpf gepresst und verklebt werden.

Bei meinem Sea Commander werde ich die Hohlflächen nicht ausspachteln können, weil die Flächen zu groß und zu tief sind.

Ich habe mich dazu entschieden die Hohlflächen mit 4mm Balsaholz aufzufüttern. Plan verschleifen, harzen und mit 80-iger Glasgewebe belegen.

Eigentlich ein wahnsinns Aufwand für so einen alten Kübel, aber es macht halt Spaß, die Zeit dafür ist ausreichend vorhanden und dann bin ich auch der Meinung, dass so alte Schätzchen erhaltenswert sind.

Nachdem die angeschliffenen Lackreste doch sehr widerspenstig waren, blieb nur der Abbeizer. Lieber diese Arbeit vor Weihnachten erledigt, bevor es Ärger mit den Nachbarn gibt.

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Ahoi Ingolf,

ein Profi bringt die SEA COMMANDER wieder richtig auf Trapp .
Großes Lob.

Das nennt man dann ein edles Weihnachtsgeschenk.
Auch nach Weihnachten een großes Vergnügen auf dem Wasser.

Na, dann mal fröhliche Weihnacht' & eenen Guten Rutsch ins Neue.
Ahoi.
VG
Gerd.
 

molalu

User
So, es ist geschafft - der Rumpf ist nackisch😂

Manchmal ist es gut seine Entscheidungen zu überschlafen. Ich bin von der zuerst angedachten Lösung, nämlich die Beulen im Rumpfboden mit Balsholz aufzufüttern, verworfen.
Ich habe mich heute entschieden die Bodenbretter zwischen den Spanten auszusägen und durch neue Brettchen aus Flugzeug-Sperrholz zu ersetzen. Das sind zwischen Heckspant und 2. Frontspant pro Seite 3 Sektionen. Die werden rechteckig ausgesägt und von innen leime ich Hilfsrahmen ein. In die Hilfsrahmen werden die passgenau zugeschnittenen, neuen und geraden Brettchen wieder eingeleimt. Die Fugen werden mit Epoxid verschlossen und plan verschliffen. So der Plan, mal schaun ob der Plan aufgeht.

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Ein Loch im Rumpfboden????? Ja, das war meine Probebohrung, um herauszufinden, welche Stärke das alte Sperrholz hat. Auflösung: 1,5mm.

Den dunklen Flecken nach vermute ich das das Sperrholz im Rumpfboden sehr stark durch den ehemals verwendeten Nitro-Verbrenner und dessen öligen Rückstände gelitten hat. Dadurch vermutlich auch die Beulen im Holz. Es wird spannend die nächsten Tage.

Heute war ein befreundeter Schiffsmodellbauer bei mir, dem ich mein Vorhaben erklärt habe. Der war total begeistert und machte den Vorschlag die 6 rechteckigen Ausschnitte rechts und links mit klarsichtigem Makrolon zu verschließen. Ähnlich den Glasboden-Booten, die den Touristen in tropischen Gewässern zur Ausfahrt angeboten werden, um Fische zu beobachten.

Sein Vorschlag ging noch weiter - eine GoPro im Rumpf verbauen und die Stellen filmen, wo die Hechte stehen. Auf diese Weise könnte man mit den Anglern am See Frieden schließen🥳🥳🤣🤣

Je älter, je doller. Wie kan man nur so bescheuerte Freunde haben😡
 

SB 13

User
Hallo Ingolf,

da hast du dir ja was vorgenommen!
Hast du keine Bedenken das die Stoesse der einzelnen Platte sich abzeichnen, bzw. an den Fugen der Platten du wieder einen Hoehenversatz bekommst?
Der Rumpfboden ist ja genagelt und Verleimt. Warum versuchst du nicht die Naegel zu entfernen und den Rumpfboden abzuheben und komplett zu ersetzen. Die alten Teile koenntest du direckt als Schablone benutzen?

Gruss Ralf
 
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